Diesel als Firmenwagen
Was mach‘ ich jetzt mit meinem Diesel?

Fahrverbote, Wertverlust, Image-Desaster: Wer beim Firmenwagen bisher auf Diesel setzt, hat jetzt viele Fragen. Die wichtigsten Antworten - und gute Nachrichten.

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Fast alle VW Passat wurden bislang als Diesel verkauft: Der Außendienst-Klassiker  ist als Firmenwagen vor allem bei Vielfahrern beliebt.
Fast alle VW Passat wurden bislang als Diesel verkauft: Der Außendienst-Klassiker ist als Firmenwagen vor allem bei Vielfahrern beliebt.
© Volkswagen

Ein Diesel als Firmenwagen? Jahrzehntelang war das für viele kleine Betriebe eine rhetorische Frage. Die Selbstzünder verbrauchen weniger Kraftstoff und die Tankrechnung fällt dank steuerlicher Vorteile deutlich niedriger aus als bei ihren Benzin-Brüdern. Deshalb sind drei von vier Dienstwagen in Deutschland mit einem Dieselmotor unterwegs. So einfach war die Rechnung. Bis jetzt.

Drohende Fahrverbote, Rückruf-Aktionen und sinkende Preise für gebrauchte Diesel verändern das Bild. Die Verunsicherung ist nicht nur bei Privatbesitzern groß. Kleinunternehmer, für die ihre Firmenwagen oft die größte Investition sind, befürchten das Schlimmste. Wenn Handwerker nicht mehr in die Innenstädte fahren dürfen, weil Diesel-Transporter dort nicht mehr erlaubt sind, bedroht das ihr Geschäft.

Ein Beispiel: Allein in einer mittelgroßen Stadt wie Wiesbaden werden täglich 10.000 Fahrten von Handwerksbetrieben gezählt. Drei Viertel der Autos verfügen nicht über die neue Euro-6-Norm, bei der Diesel von Fahrverboten verschont blieben. Viele Betriebe könnten es sich nicht leisten, die Autos schnell zu ersetzen, warnt die örtliche Handelskammer im Wiesbadener Kurier.

Welche Diesel könnten von Fahrverboten betroffen sein?

Aktuell sieht es so aus, dass neuere Diesel mit der Euro-6-Norm von möglichen Fahrverboten etwa in Stuttgart oder München nicht betroffen sein werden. „Unternehmen, die Euro-5-Diesel im Fuhrpark haben, können diese wie Privatbesitzer von den deutschen Herstellern voraussichtlich kostenlos durch ein Software-Update hochstufen lassen“, erklärt Michael Velte, Vorstandschef des Verbands der markenunabhängigen Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF). Das ist einer der Beschlüsse des sogenannten Diesel-Gipfels in der vergangenen Woche. Ausländische Hersteller sind zwar nicht Teil der Abmachung, könnten bald aber nachziehen und ebenfalls ein Update anbieten.

Für ältere Diesel gibt es diese kostenlose Möglichkeit allerdings nicht. Da diese aber auch heute schon in vielen Orten nicht in Umweltzonen fahren dürfen, haben Firmen, die dort unterwegs sind, sie schon vor längerer Zeit umrüsten lassen oder sind auf neuere Modelle umgestiegen. In einigen Städten mit Umweltzonen gibt es zudem Ausnahmen für das Handwerk und Lieferdienste. Andere sind bereits auf Elektro-Transporter umgestiegen. Dies ist besonders praktisch, wenn Sie eine eigene Stromtankstelle besitzen.

Welche Besonderheiten gelten bei Volkswagen?

Im Fall von Volkswagen können Besitzer ihre Diesel-Autos sogar zurückgeben oder in bestimmten Fällen Schadensersatz fordern, da laut einem Gerichtsurteil hier die Kunden getäuscht wurden. Wie VW-Fahrer dabei am besten vorgehen und wie die Chancen auf finanzielle Wiedergutmachung stehen, hat das Verbraucherportal Finanztip zusammengefasst. Unabhängig von der Marke eines alten Diesel (bis Euro-Norm-4) bietet VW zudem den Besitzern Rabatte bis zu 10.000 Euro, wenn sie einen modernes VW-Fahrzeug kaufen. Ähnliche Lockangebote, die an die „Abwrackprämie“ in der Finanzkrise erinnern, kündigten auch Ford, BMW und Toyota an.

Allerdings: Die Debatte, welche Diesel aus den Städten verbannt werden könnten, ist noch in vollem Gange. So warnt die Deutsche Umwelthilfe sogar vor der Anschaffung von Euro-6-Fahrzeugen und empfiehlt auf die sogenannten 6d-Fahrzeuge zu warten. Diese Norm wird Ende des Jahres eingeführt. Die Kauf-Rabatte der Hersteller können aber auch dann in Anspruch genommen werden, wenn ein Diesel gegen einen Benziner oder ein Elektroauto eingetauscht wird.

Unser Experte
Michael Velte ist Vorstandschef des Verbands der markenunabhängigen Fuhrparkmanagement-Gesellschaften (VMF) und Geschäftsführer von Deutsche Leasing Fleet, einer auf Mittelständler spezialisierten Firmenauto-Finanzierungsgesellschaft.

Was sind die finanziellen Folgen bei geleasten Fahrzeugen?

Die gute Nachricht: Die meisten Betriebe zwischen Nordsee und Alpen können vorerst abwarten. Finanziell trifft sie das Diesel-Dilemma weniger als Privatbesitzer, für die der sinkende Wiederverkaufswert aktuell das größte Ärgernis ist. Der Grund dafür ist die Art der Finanzierung: Firmen leasen mehrheitlich ihre Fahrzeuge. Das heißt, sie kaufen das Auto nicht, sondern zahlen eine monatliche Gebühr für die Nutzung. Das trifft auf vier von fünf Dienstwagen zu. „Das Risiko des Wertverlusts liegt deshalb in der Regel bei den Leasinggesellschaften“, erklärt Fuhrpark-Experte Velte. Das könnte langfristig zwar zu höheren Gebühren führen, wenn die Anbieter die drohenden Verluste berücksichtigen. Bereits abgeschlossene Verträge sind davon aber nicht betroffen.

Und wenn der Firmenwagen selbst finanziert wurde?

Ein Minus einkalkulieren müssen Selbständige und Unternehmen, die ihre Diesel-Firmenautos selbst finanziert haben, etwa durch Kauf. Der Wertverlust schlägt sich dann direkt in der Bilanz nieder. Allerdings: Bislang sinken die Wiederverkaufspreise vor allem in jenen Regionen spürbar, in denen wie in Stuttgart besonders intensiv über Fahrverbote diskutiert wird. Im Rest der Republik und in vielen ländlichen Regionen sind die Preise noch stabil oder sinken nur leicht. Da viele Gebrauchtwagen auch oft ins Ausland exportiert werden, könnte der Wertverlust weniger dramatisch ausfallen, als viele Betroffene zurzeit befürchten.

Zudem nutzen Firmen Fahrzeuge, die sie nicht geleast, sondern gekauft haben, oft so viele Jahre, dass ihr Wiederverkaufswert ohnehin zu vernachlässigen ist. Das ist dann unterm Strich oft günstiger als Leasing, auch wenn der Wagen am Ende „totgefahren“, also fast wertlos ist. „Bei einem zehn Jahre alten Auto geht es dann auch nicht mehr um Diesel oder Benziner, sondern eher um den absoluten Kaufpreis, Kilometerstand und den Zustand des Wagens“, erklärt Velte.

Neuanschaffung: Lohnt sich ein Diesel trotz allem?   

Es klingt paradox, aber zumindest als Dienstwagen ist der Diesel immer noch gefragt. Dass die Verkaufszahlen sinken, liegt vor allem an privaten Autofahrern, die zunehmend einen Bogen um die in Verruf geratene Technologie machen. Fuhrparks setzen weiterhin auf Firmenwagen mit Dieselmotor. Ökonomisch hat sich für sie nämlich noch nicht viel geändert: „Die Kosten pro gefahrenem Kilometer sind in einem Diesel weiterhin am niedrigsten“, sagt Velte. „Ein Benziner kostet bei hoher Fahrleistung zwanzig bis dreißig Prozent mehr.“

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Gerade für Vielfahrer sind diese Zahlen auch im Jahr 2017 der ausschlaggebende Punkt bei der Fahrzeugwahl. Elektroautos, etwa der Tesla als Firmenwagen, sind in der Anschaffung im Vergleich oft teurer. Außerdem halten sie viele Unternehmen wegen der fehlenden Lade-Infrastruktur noch immer für unpraktisch. Auch Auto- und Erdgas, das wie Diesel ebenfalls preisgünstig ist, gibt es nicht an jeder Tankstelle. Rein praktisch spricht auch wenig gegen die neuesten Dieselmodelle, da ihnen zumindest kurzfristig kein Fahrverbot droht. Anders könnte die Rechnung aussehen, falls die Politik irgendwann die Steuern für Diesel an der Tankstelle auf das Niveau von Benzin anhebt.

Für welche Unternehmen ist der Umstieg sinnvoll?

Wer umsteigt, tut das zumindest im Moment weniger aus finanziellen Gründen, sondern aus Überzeugung. Oder er denkt ans eigene Image: „In einigen Branchen oder bei bestimmten Zielgruppen kriege ich mit einem Diesel schnell ein Kommunikationsproblem“, beobachtet Velte. „Wenn ich zum Beispiel als Handwerksbetrieb Solaranlagen als ökologischen Beitrag für unsere Umwelt installiere und dann mit einem Diesel auftauche, sieht das für viele Leute aktuell komisch aus.“

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Ein Diesel als Firmenwagen? Jahrzehntelang war das für viele kleine Betriebe eine rhetorische Frage. Die Selbstzünder verbrauchen weniger Kraftstoff und die Tankrechnung fällt dank steuerlicher Vorteile deutlich niedriger aus als bei ihren Benzin-Brüdern. Deshalb sind drei von vier Dienstwagen in Deutschland mit einem Dieselmotor unterwegs. So einfach war die Rechnung. Bis jetzt. Drohende Fahrverbote, Rückruf-Aktionen und sinkende Preise für gebrauchte Diesel verändern das Bild. Die Verunsicherung ist nicht nur bei Privatbesitzern groß. Kleinunternehmer, für die ihre Firmenwagen oft die größte Investition sind, befürchten das Schlimmste. Wenn Handwerker nicht mehr in die Innenstädte fahren dürfen, weil Diesel-Transporter dort nicht mehr erlaubt sind, bedroht das ihr Geschäft. Ein Beispiel: Allein in einer mittelgroßen Stadt wie Wiesbaden werden täglich 10.000 Fahrten von Handwerksbetrieben gezählt. Drei Viertel der Autos verfügen nicht über die neue Euro-6-Norm, bei der Diesel von Fahrverboten verschont blieben. Viele Betriebe könnten es sich nicht leisten, die Autos schnell zu ersetzen, warnt die örtliche Handelskammer im Wiesbadener Kurier. Welche Diesel könnten von Fahrverboten betroffen sein? Aktuell sieht es so aus, dass neuere Diesel mit der Euro-6-Norm von möglichen Fahrverboten etwa in Stuttgart oder München nicht betroffen sein werden. "Unternehmen, die Euro-5-Diesel im Fuhrpark haben, können diese wie Privatbesitzer von den deutschen Herstellern voraussichtlich kostenlos durch ein Software-Update hochstufen lassen", erklärt Michael Velte, Vorstandschef des Verbands der markenunabhängigen Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF). Das ist einer der Beschlüsse des sogenannten Diesel-Gipfels in der vergangenen Woche. Ausländische Hersteller sind zwar nicht Teil der Abmachung, könnten bald aber nachziehen und ebenfalls ein Update anbieten. Für ältere Diesel gibt es diese kostenlose Möglichkeit allerdings nicht. Da diese aber auch heute schon in vielen Orten nicht in Umweltzonen fahren dürfen, haben Firmen, die dort unterwegs sind, sie schon vor längerer Zeit umrüsten lassen oder sind auf neuere Modelle umgestiegen. In einigen Städten mit Umweltzonen gibt es zudem Ausnahmen für das Handwerk und Lieferdienste. Andere sind bereits auf Elektro-Transporter umgestiegen. Dies ist besonders praktisch, wenn Sie eine eigene Stromtankstelle besitzen. Welche Besonderheiten gelten bei Volkswagen? Im Fall von Volkswagen können Besitzer ihre Diesel-Autos sogar zurückgeben oder in bestimmten Fällen Schadensersatz fordern, da laut einem Gerichtsurteil hier die Kunden getäuscht wurden. Wie VW-Fahrer dabei am besten vorgehen und wie die Chancen auf finanzielle Wiedergutmachung stehen, hat das Verbraucherportal Finanztip zusammengefasst. Unabhängig von der Marke eines alten Diesel (bis Euro-Norm-4) bietet VW zudem den Besitzern Rabatte bis zu 10.000 Euro, wenn sie einen modernes VW-Fahrzeug kaufen. Ähnliche Lockangebote, die an die "Abwrackprämie" in der Finanzkrise erinnern, kündigten auch Ford, BMW und Toyota an. Allerdings: Die Debatte, welche Diesel aus den Städten verbannt werden könnten, ist noch in vollem Gange. So warnt die Deutsche Umwelthilfe sogar vor der Anschaffung von Euro-6-Fahrzeugen und empfiehlt auf die sogenannten 6d-Fahrzeuge zu warten. Diese Norm wird Ende des Jahres eingeführt. Die Kauf-Rabatte der Hersteller können aber auch dann in Anspruch genommen werden, wenn ein Diesel gegen einen Benziner oder ein Elektroauto eingetauscht wird. Was sind die finanziellen Folgen bei geleasten Fahrzeugen? Die gute Nachricht: Die meisten Betriebe zwischen Nordsee und Alpen können vorerst abwarten. Finanziell trifft sie das Diesel-Dilemma weniger als Privatbesitzer, für die der sinkende Wiederverkaufswert aktuell das größte Ärgernis ist. Der Grund dafür ist die Art der Finanzierung: Firmen leasen mehrheitlich ihre Fahrzeuge. Das heißt, sie kaufen das Auto nicht, sondern zahlen eine monatliche Gebühr für die Nutzung. Das trifft auf vier von fünf Dienstwagen zu. "Das Risiko des Wertverlusts liegt deshalb in der Regel bei den Leasinggesellschaften", erklärt Fuhrpark-Experte Velte. Das könnte langfristig zwar zu höheren Gebühren führen, wenn die Anbieter die drohenden Verluste berücksichtigen. Bereits abgeschlossene Verträge sind davon aber nicht betroffen. Und wenn der Firmenwagen selbst finanziert wurde? Ein Minus einkalkulieren müssen Selbständige und Unternehmen, die ihre Diesel-Firmenautos selbst finanziert haben, etwa durch Kauf. Der Wertverlust schlägt sich dann direkt in der Bilanz nieder. Allerdings: Bislang sinken die Wiederverkaufspreise vor allem in jenen Regionen spürbar, in denen wie in Stuttgart besonders intensiv über Fahrverbote diskutiert wird. Im Rest der Republik und in vielen ländlichen Regionen sind die Preise noch stabil oder sinken nur leicht. Da viele Gebrauchtwagen auch oft ins Ausland exportiert werden, könnte der Wertverlust weniger dramatisch ausfallen, als viele Betroffene zurzeit befürchten. Zudem nutzen Firmen Fahrzeuge, die sie nicht geleast, sondern gekauft haben, oft so viele Jahre, dass ihr Wiederverkaufswert ohnehin zu vernachlässigen ist. Das ist dann unterm Strich oft günstiger als Leasing, auch wenn der Wagen am Ende "totgefahren", also fast wertlos ist. "Bei einem zehn Jahre alten Auto geht es dann auch nicht mehr um Diesel oder Benziner, sondern eher um den absoluten Kaufpreis, Kilometerstand und den Zustand des Wagens", erklärt Velte. Neuanschaffung: Lohnt sich ein Diesel trotz allem?    Es klingt paradox, aber zumindest als Dienstwagen ist der Diesel immer noch gefragt. Dass die Verkaufszahlen sinken, liegt vor allem an privaten Autofahrern, die zunehmend einen Bogen um die in Verruf geratene Technologie machen. Fuhrparks setzen weiterhin auf Firmenwagen mit Dieselmotor. Ökonomisch hat sich für sie nämlich noch nicht viel geändert: "Die Kosten pro gefahrenem Kilometer sind in einem Diesel weiterhin am niedrigsten", sagt Velte. "Ein Benziner kostet bei hoher Fahrleistung zwanzig bis dreißig Prozent mehr." Gerade für Vielfahrer sind diese Zahlen auch im Jahr 2017 der ausschlaggebende Punkt bei der Fahrzeugwahl. Elektroautos, etwa der Tesla als Firmenwagen, sind in der Anschaffung im Vergleich oft teurer. Außerdem halten sie viele Unternehmen wegen der fehlenden Lade-Infrastruktur noch immer für unpraktisch. Auch Auto- und Erdgas, das wie Diesel ebenfalls preisgünstig ist, gibt es nicht an jeder Tankstelle. Rein praktisch spricht auch wenig gegen die neuesten Dieselmodelle, da ihnen zumindest kurzfristig kein Fahrverbot droht. Anders könnte die Rechnung aussehen, falls die Politik irgendwann die Steuern für Diesel an der Tankstelle auf das Niveau von Benzin anhebt. Für welche Unternehmen ist der Umstieg sinnvoll? Wer umsteigt, tut das zumindest im Moment weniger aus finanziellen Gründen, sondern aus Überzeugung. Oder er denkt ans eigene Image: "In einigen Branchen oder bei bestimmten Zielgruppen kriege ich mit einem Diesel schnell ein Kommunikationsproblem", beobachtet Velte. "Wenn ich zum Beispiel als Handwerksbetrieb Solaranlagen als ökologischen Beitrag für unsere Umwelt installiere und dann mit einem Diesel auftauche, sieht das für viele Leute aktuell komisch aus."
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