Strategie
Der Yogaunternehmer: Alles ist erleuchtet

Volker Bretz hätte die Sofafabrik seines Vaters übernehmen können. Doch er wollte nicht Unternehmer werden, sondern den Sinn des Lebens finden. Heute führt er die größte Yogakette Europas.

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Yoga-Unternehmer Volker Bretz
Yoga-Unternehmer Volker Bretz

Das mit der Vision, so viel wird schnell klar, meint Volker Bretz ein wenig wörtlicher als andere. Bretz, schütteres Haar, pfälzischer Akzent, sitzt in seinem Büro und sichtet Excel-Tabellen: Übernachtungen pro Monat. Mitarbeiter pro Gast. Auslastung in Prozent. Jeden Tag prüft er die Zahlen, erstellt daraus Prognosen. Statistik habe er schon immer gemocht, sagt Bretz – und wenig später einen denkwürdigen Satz: „Ich habe den Meister gesehen.“

Der Meister, das ist Swami Sivananda, ein indischer Arzt, der einst eine nach ihm benannte Yogarichtung begründet hatte. Sivananda starb 1963. Bretz begegnete ihm 1992. Man könne das nicht in Worte fassen, sagt Bretz. Es sei, nun ja – Bretz atmet schnappend ein, massiert seinen großen Zeh –, ein erwei­tertes Bewusstsein gewesen. In diesem hätte ihm der Meister, Bretz würde das jetzt anders formulieren, einen Businessplan diktiert. Erster Schritt: Yogaschule in Frankfurt eröffnen. Nach spätestens fünf Jahren: erstes Yogahaus. Später mehr davon. Außerdem: Yogastudios in jeder Stadt und Region Deutschlands. Die ­Sache musste groß werden.

Verjüngungskur für 800 Euro

Heute kontrolliert Bretz von seiner Zentrale aus, umgeben von Gummibäumen und Elefantengöttern, einen beachtlichen Teil des deutschen Yoga-Business: Knapp 100 Schulen unterrichten nach seinem Prinzip. Er hat die ehemalige Kurklinik des Städtchens Bad Meinberg zu einem Yogahotel umgebaut. Ashram nennt Bretz es. Morgens und abends besteigt er eine Bühne im Schwimmbad des Hauses, trommelt, singt und erzählt von Shiva oder Vishnu. Deutschlandweit hat Bretz vier solcher Yogahäuser errichtet. Allein für das Hauptquartier in Bad Meinberg zählte er vergangenes Jahr 85 000 Übernach­tungen. Mehr als 1000 Menschen gleichzeitig können hier Selbstfindungsseminare, Ayurvedakuren, Yogawochenenden und -ferien buchen – oder gleich für immer in eines der Plattenbau-Apartments ziehen. Ein Wochenende „Kantha Yoga für eine schöne Stimme“ ist inklusive Vollpension für 200 Euro zu haben, für die „Ayurvedische Verjüngungskur“ werden 800 Euro berechnet.

Bretz leitet täglich einen Yoga-Gottesdienst.

Bretz leitet täglich einen Yoga-Gottesdienst, © Veith Mette

Volker Bretz hat es geschafft, aus einer indischen Philosophie ein deutsches Unternehmen zu machen. Yoga Vidya heißt sein Imperium. 2012 machte es knapp 10 Millionen Euro Umsatz – Tendenz steigend. Es ist das größte Yoga-Franchise in Europa und die Marke, unter der Bretz nicht nur seine Studios und Seminarhäuser betreibt, sondern auch von ihm verfasste Bücher, CDs und eine Kosmetikserie verkauft. Jedes Jahr bildet Bretz mehr als 1000 Yogafans zu Yogalehrern aus. Manche behaupten, er betreibe eine Yogalehrerfabrik. Marke. Franchise. Fabrik! Bretz mag es nicht, wenn diese Begriffe im Zusammenhang mit Yoga Vidya fallen. Und überhaupt: Der Papst bezeichne sich doch auch nicht als Unternehmer, sagt Bretz. „Yoga, das ist was Spirituelles.“

Auf der Suche nach Glück

In den USA hat sich jedoch längst ein eigener Industriezweig entwickelt: Der Yogahosenhersteller Lululemon ist ein börsennotierter Konzern mit Milliardenumsatz. Die Lifestyle-Firma Gaiam wächst mit DVDs und Online-Yoga zweistellig. 2012 gaben die Amerikaner fast 7 Milliarden Dollar für Yoga aus. Hierzulande ist das Geschäft mit der Seelengymnastik weniger ausgereift: Auf der einen Seite stehen die Fitnessketten. Sie haben Geld und das betriebswirtschaftliche Know-how, aber außer ein paar Stunden im Kursprogramm kein Interesse an Yoga. Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die zwar Interesse haben, eine biegsame Wirbelsäule und ein gütiges Lächeln, aber sie haben…nun ja, eben nur das. Und es gibt Volker Bretz. Sohn des Sofafabrikanten Karl-Fritz Bretz aus dem rheinland-pfälzischen Gensingen.

Bretz, geboren am 3. Februar 1963, ist ein Junge mit wenigen Freunden und vielen Büchern. Er liest über Cäsar und Alexander den Großen. Dass sie mächtig, aber nie glücklich waren. Bretz ist weder das eine noch das andere. Statt mit den Brüdern im elterlichen Partykeller Mädchen zu beeindrucken, überspringt er eine Klasse, wird im Abitur Jahrgangsbester. Schnitt: 1,1. Leistungskurs: Mathematik. Weil der Vater sich ihn als Nachfolger wünscht, macht Bretz ein Praktikum in der elterlichen Sofafabrik. Er fühlt sich weit entfernt vom Glück.

Weil man es immer gebrauchen kann, studiert Bretz in München Betriebswirtschaft. Aber eigentlich interessieren ihn andere Dinge: An der Uni belegt er Psychologievorlesungen, besucht abends ein Astrologie-Institut und schließlich – eine Yogaschule. „Tiefes Berührtsein“ notiert er dazu in seinem Lebenslauf. Im Jahr darauf, 1981, zieht Bretz in der Yoga­schule ein, schläft auf einer Isomatte im Übungsraum. Der Vater telefoniert nun regelmäßig mit dem Sektenbeauftragten der Kirche, fordert vom Bruder: „Du musst den Volker da loseisen!“

Wenig später wird Bretz zum Leiter des Münchener Yogazentrums ernannt. Man braucht einen, der was von Zahlen versteht. Im Jahr darauf schickt man ihn nach Wien. Dann Genf. Los Angeles, Paris, London, New York, Toronto. Volker Bretz, der etwas eigenbrötlerische Diplomkaufmann aus Deutschland, macht sich auf der ganzen Welt einen Namen, weil er die kurz vor der Pleite stehenden Yogaschulen auf Vordermann bringt. Bretz sagt: „Ich war so was wie die Feuerwehr.“

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Sieht sich als Vater der deutschen Yogawelle: Volker Bretz.

Sieht sich als Vater der deutschen Yogawelle: Volker Bretz, © Veith Mette

Knapp zehn Jahre geht das so. Bis zu jenem Tag im März 1992: „Vision Swami Sivanandas mit Berufung, Yogazentren in Deutschland zu eröffnen“, steht im Internet, wo Bretz – damit es jeder nachlesen kann – seine gesammelten Lebensdaten veröffentlicht hat. Derzeit baut er ein Yoga-Wikipedia auf. Vier seiner Angestellten arbeiten Vollzeit daran. Es solle „nicht so yogakritisch“ sein wie das richtige Wikipedia. Dort nämlich wurde vor einiger Zeit der Artikel über ihn gelöscht. Bretz habe ein „Selbstdarstellungsproblem“ und sei „als Yoga-Eintrag irrelevant“, heißt es in der dazugehörigen Diskussion. In Bretz’ eigenem Wiki finden sich unter seinem Namen nun 18 gedruckte Seiten. Er habe nichts zu verbergen, sagt Bretz. Aber etwas später muss er es doch loswerden: „Ich bin sicherlich der relevanteste Mensch in der Yogaszene in Deutschland.“

Der lohnende Teil des Yoga

Bretz’ Hochrechnungen zufolge üben mittlerweile eine halbe Million Deutsche nach seinem System. Das ist viel in einer Branche, die so verästelt ist, dass sich keiner traut, belastbare Zahlen zu erheben, und oft schon innerhalb eines Stadtviertels bis zu zehn verschiedene Stile unterrichtet werden. Die meisten Schätzungen gehen davon aus, dass sich die Zahl der Yoga­treibenden in den letzten Jahren deutschlandweit auf rund fünf Millionen verdoppelt hat. Bretz sagt: „Ich behaupte, dass die jetzige Yogawelle in Deutschland durch Yoga Vidya angestoßen wurde – und damit durch mich.“

Tatsache ist, dass Bretz einen recht effizienten Mechanismus entwickelt hat, um seine Anhängerschaft zu vergrößern: Bis heute hat Yoga Vidya über 10 000 Yogalehrer „zertifiziert“. Was für den Einzelnen nicht viel heißt, weil sich in Deutschland ohnehin jeder Yogalehrer nennen darf. Für Bretz aber bedeutet es, dass viele seiner Absolventen sich selbstständig machen und noch mehr Yoga-Vidya-Studios eröffnen. Bretz bekommt eine Umsatzbeteiligung, die Studiobetreiber einen Businessplan, eine Homepage und einen garantierten Abstand von mindestens 15 Kilometern zum nächsten Yoga Vidya Cooperations Center, wie Bretz seine Franchisenehmer nennt. Die meisten steigen später selbst in das Geschäft mit der Lehrerausbildung ein. Teile des Programms müssen in der Bad Meinberger Zentrale absolviert werden, was dort für steigende Übernachtungszahlen sorgt.

Alles im Netz

Dass dies der lohnende Teil des Yoga-Business ist, entdeckte Bretz Anfang der 90er-Jahre: Sein erstes Frankfurter „Yoga Center am Zoo“ lief schleppend. Bretz klebte Plakate, verteilte Handzettel, nichts half. In jener Zeit wollten die Deutschen an die Börse, nicht ins Yogastudio. Sein Erbteil aus der Sofafabrik war fast aufgebraucht, als Bretz feststellte, dass es Schüler gab, die lieber Lehrer sein wollten – und die richtigen Schlüsse zog. Wenige Monate später schrieb seine Yogaschule Gewinne.

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Eine gewöhnliche Yogastunde kostet zwischen 10 und 15 Euro. Eine Yogalehrerausbildung bei Yoga Vidya – je nach Dauer – zwischen 3000 und 7000 Euro. Vier Wochen dauert der kürzeste von Bretz entwickelte Kurs. Schon deshalb produziert Yoga Vidya wesentlich mehr Yogalehrer als andere Schulen, deren Ausbildungen oft über vier Jahre gehen. Was vor allem den alteingesessenen Bund Deutscher Yogalehrer ärgert. Eine Vierwochen-Ausbildung sei Schmalspur, findet dessen Chefin Angelika Beßler. „Die Leute haben dann ein Zertifikat und werden aufs Volk losgelassen.“ Bretz sagt: „Ich habe mein BWL-Grundstudium auch in nur einem Semester gemacht. Das hat mir nicht geschadet.“Sieht sich als Vater der deutschen Yogawelle: Volker Bretz.

So oder so. Der Verband weigert sich, mit Bretz zusammenzuarbeiten, weshalb der einfach seine eigene Interessenvertretung aufgemacht hat: den Berufsverband der Yoga Vidya Lehrer. Später gründete Bretz einen Verband der Yoga Vidya Gesundheitsberater, einen Verband der Yoga- und Ayurvedatherapeuten sowie zwei Über- und sechs Unterverbände dieser Verbände. Das Prinzip „Viel hilft viel“ hat Bretz auch in eine effektive Onlinestrategie verwandelt: Unter seinem gelben Yogakittel trägt er stets ein winziges MP3-Aufnahmegerät samt Mikrofon. Wenn er ein Seminar oder einen Workshop gibt, und das ist mehrmals täglich, schneidet er seine Worte mit oder lässt sich per Video aufzeichnen. Dann stellt er alles ins Netz.

Insgesamt bespielt Yoga Vidya zehn Youtube-Kanäle und zwölf weitere bei ähnlichen Portalen. Hinzu kommen 15 Blogs, 26 Podcasts und ungefähr 70 Kanäle bei Twitter. Es gibt Sendungen zum richtigen Atmen, einen Videokochkurs für Veganer oder den Burn-out-Podcast. Bretz sagt: „Wir müssen keine Angst vor irgendwelchen Google-Algorithmen haben.“

Zum Wachsen verdammt

Angst haben die anderen. Nicht vor Google, sondern vor Bretz. „Die Allgegenwart von Yoga Vidya“ erzeuge in ihm Unbehagen, schreibt der Kölner Yogalehrer Bernd Franzen in seinem Blog. Eine Nutzerin sagt: „Ich finde es beängstigend, wie Yoga Vidya sich ausbreitet.“ Die Leute dort verdrängten „mit ausgefeilten Marketingkonzepten und Dumpingangeboten alle anderen Yogalehrer vom Markt“. Tatsächlich unterbietet Bretz die gängigen Preise. Er beschäftigt rund 200 fest angestellte Mitarbeiter. Die meisten leben und arbeiten in seinen Yogazentren. Sechs Tage die Woche. 42 Stunden. Dafür bekommen sie rund 300 Euro im Monat, zweimal täglich Essen, einen Schlafplatz. Für Teamleiter legt Bretz noch 30 Euro drauf.

Ausbeutung, sagen Arbeitsrechtler. Beträgt ein Gehalt weniger als zwei Drittel des üblichen Tariflohns, spricht das Bundesarbeitsgericht von Sittenwidrigkeit und Lohnwucher. Nur: Was ist der übliche Tariflohn eines Yogis? Bretz sagt, dass wer in seinen Zentren lebe, zwar wenig Geld bekäme. „Aber jede Menge anderer Dinge.“ Persönliche Betreuung zum Beispiel. Wer mehr als drei Jahre angestellt ist, für den zahlt Bretz zusätzlich knapp 1500 Euro jährlich in eine Art betriebliche Altersvorsorge. Das Gros der Mitarbeiter bleibt ein halbes Jahr kürzer. Wer geht, bekommt ein Arbeitszeugnis. Es gehe nicht darum, reich zu werden, sagt Bretz. Nur groß.

Dass es ihm nicht ums Geld geht, sondern darum, die Welt mit Yoga zu beglücken, glauben selbst seine Kritiker: „Bretz ist ein sehr cleverer Geschäftsmann“, sagt die bekannte Yoga-Autorin Anna Trökes. Trotzdem sei er, wie sie es ausdrückt, dem Yogagedanken tief verbunden. Deshalb hat Bretz Yoga Vidya auch als gemeinnützigen Verein organisiert. Laut Satzung muss er alle Gewinne wieder in die „Verbreitung des Yoga“ investieren – sein System ist zum Wachstum verdammt.

Und weil Bretz findet, dass Yoga für jeden gut ist, hat er sich für eine breite Zielgruppe entschieden. Durchtrainierte Großstädter sieht man bei Yoga Vidya kaum. Dafür Hausfrauen aus Diepholz und Menschen mit Vorliebe für bunte Stoffhosen und Wollsocken. Ansonsten – und das Problem haben viele, die ihn kennen – sucht man vergeblich die Schublade, in die sich Bretz stecken lässt. Er ist zu erfolgreich für einen esoterischen Spinner. Zu ausgeglichen für einen Getriebenen. Er mag ein Selbstdarsteller sein – und bringt beim persönlichen Small Talk kaum ein Wort heraus. Er kontrolliert täglich die Unternehmenszahlen – und glaubt doch fest, dass man ohnehin nichts unter Kontrolle hat. Er ist der Tiere wegen Veganer – und zu Gast auf dem Bad Meinberger Schützenfest.

Yoga- statt Kurbetrieb

Seit Jahren lebt Bretz selbst in seinem Yogahochhaus. Verfügt über wenige Quadratmeter im siebten Stock, das vereinsübliche Gehalt und schlechten Handyempfang. Morgens um halb sechs sitzt er auf dem schmalen Betonbalkon, macht Atem- und Yogaübungen. Drinnen hat er eine Kochnische und eine behindertengerechte Toilette – die stammt noch aus Kurklinikzeiten.

Schließlich lebte Bad Meinberg bis zur Jahrtausendwende von Tausenden Kurgästen. Dann kamen die Gesundheitsreformen und keine Gäste mehr. Vier von einst sechs Kliniken gingen pleite. Drei davon hat Bretz gekauft. Auch weil der Bürgermeister des Städtchens sich persönlich dafür eingesetzt hat. Der heißt Eberhard Block und hat keine Zeit für Yoga, ist aber Vegetarier. 1000 Arbeitsplätze seien damals weggefallen, erzählt Block. Die kann Bretz zwar nicht ersetzen, aber er bringt Menschen in die Stadt, die Geld ausgeben.

Wer sich auf den „besonderen Bedarf“ der Yogis einstelle, sagt Block, könne gute Geschäfte machen.Der Bioladen hat Anfang des Jahres seine Verkaufsfläche von 40 auf 120 Quadratmeter ausgedehnt. Sie habe sich spezialisiert, sagt die Inhaberin. Rohkostriegel. Sojaschnitzel. Trockenfrüchte. Die Buchhandlung nebenan hat ihre Esoterikabteilung aufgestockt. Das Wollgeschäft bietet Naturgarne an. Längst gibt es eine Bürger­initiative: „Yogastadt Bad Meinberg“. Vergangenes Jahr benannte der Stadtrat die Straße, an der Bretz’ Zentrale liegt, in „Yogaweg“ um.

Die Stadt hat Bretz den Yoga-Weg gewidmet.

„Yogastadt Bad Meinberg“ heißt eine Bürgerinitiative im Kurort, © Veith Mette

Aber Bretz wäre nicht Bretz, wenn ihm das reichen würde. So zählt der „Aufbau von Yogabibliotheken sowie eines Yogamuseums“ zu den erklärten Vereinszielen. Zuletzt hat er die ehemalige Parkklinik der Stadt gekauft. Bei Yoga Vidya heißt sie „Projekt Shanti“. Dort sollen sich künftig auch andere Seminaranbieter einmieten. Bretz träumt von einer „Yoga-Universität“. Zurzeit stehen in den Räumen hauptsächlich einige sehr bunte, wenig benutzte Sofas aus dem Unternehmen seiner Brüder. Egal, bei Yoga Vidya ist man zuversichtlich: Schließlich sei sogar Thomas D schon mal im „Shanti“ gewesen. Zuversicht zählt ohnehin zu den Dingen, die man von Bretz lernen kann. Andere nennen es Größenwahn, Chuzpe, Mut oder Unternehmergeist.

Diesen Monat eröffnet er ein Yogahaus im Allgäu. 1 Million Euro hat Bretz in die Sache gesteckt. Ein weiteres an der Ostsee? Warum nicht? Dann hätte man alle Himmelsrichtungen abgedeckt. Außerdem gebe es noch in gut 50 deutschen Städten Platz für weitere Yoga-Vidya-Schulen. Dann sei Deutschland voll. Erste Studios in den Niederlanden und der Schweiz stehen. Das restliche Europa soll folgen. „Groß denken“, sagt Bretz „das habe ich von meinem Vater gelernt.“

Wahrscheinlich besser, als er es je vorhatte. So gut, dass der Vater sagt, sein Sohn tue nun genau das, was er nie gewollt habe: ein Unternehmen führen. So gut, dass seine Mitarbeiter hin und wieder unruhig werden: dieses „immer mehr, immer größer“. So gut, dass ihn sein yogischer Vollkommenheitsanspruch manchmal selbst stresst. Sonntags geht Bretz jetzt wieder in die Kirche. Zur Entspannung.

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Das mit der Vision, so viel wird schnell klar, meint Volker Bretz ein wenig wörtlicher als andere. Bretz, schütteres Haar, pfälzischer Akzent, sitzt in seinem Büro und sichtet Excel-Tabellen: Übernachtungen pro Monat. Mitarbeiter pro Gast. Auslastung in Prozent. Jeden Tag prüft er die Zahlen, erstellt daraus Prognosen. Statistik habe er schon immer gemocht, sagt Bretz – und wenig später einen denkwürdigen Satz: "Ich habe den Meister gesehen." Der Meister, das ist Swami Sivananda, ein indischer Arzt, der einst eine nach ihm benannte Yogarichtung begründet hatte. Sivananda starb 1963. Bretz begegnete ihm 1992. Man könne das nicht in Worte fassen, sagt Bretz. Es sei, nun ja – Bretz atmet schnappend ein, massiert seinen großen Zeh –, ein erwei­tertes Bewusstsein gewesen. In diesem hätte ihm der Meister, Bretz würde das jetzt anders formulieren, einen Businessplan diktiert. Erster Schritt: Yogaschule in Frankfurt eröffnen. Nach spätestens fünf Jahren: erstes Yogahaus. Später mehr davon. Außerdem: Yogastudios in jeder Stadt und Region Deutschlands. Die ­Sache musste groß werden. Verjüngungskur für 800 Euro Heute kontrolliert Bretz von seiner Zentrale aus, umgeben von Gummibäumen und Elefantengöttern, einen beachtlichen Teil des deutschen Yoga-Business: Knapp 100 Schulen unterrichten nach seinem Prinzip. Er hat die ehemalige Kurklinik des Städtchens Bad Meinberg zu einem Yogahotel umgebaut. Ashram nennt Bretz es. Morgens und abends besteigt er eine Bühne im Schwimmbad des Hauses, trommelt, singt und erzählt von Shiva oder Vishnu. Deutschlandweit hat Bretz vier solcher Yogahäuser errichtet. Allein für das Hauptquartier in Bad Meinberg zählte er vergangenes Jahr 85 000 Übernach­tungen. Mehr als 1000 Menschen gleichzeitig können hier Selbstfindungsseminare, Ayurvedakuren, Yogawochenenden und -ferien buchen – oder gleich für immer in eines der Plattenbau-Apartments ziehen. Ein Wochenende "Kantha Yoga für eine schöne Stimme" ist inklusive Vollpension für 200 Euro zu haben, für die "Ayurvedische Verjüngungskur" werden 800 Euro berechnet. Bretz leitet täglich einen Yoga-Gottesdienst, © Veith Mette Volker Bretz hat es geschafft, aus einer indischen Philosophie ein deutsches Unternehmen zu machen. Yoga Vidya heißt sein Imperium. 2012 machte es knapp 10 Millionen Euro Umsatz – Tendenz steigend. Es ist das größte Yoga-Franchise in Europa und die Marke, unter der Bretz nicht nur seine Studios und Seminarhäuser betreibt, sondern auch von ihm verfasste Bücher, CDs und eine Kosmetikserie verkauft. Jedes Jahr bildet Bretz mehr als 1000 Yogafans zu Yogalehrern aus. Manche behaupten, er betreibe eine Yogalehrerfabrik. Marke. Franchise. Fabrik! Bretz mag es nicht, wenn diese Begriffe im Zusammenhang mit Yoga Vidya fallen. Und überhaupt: Der Papst bezeichne sich doch auch nicht als Unternehmer, sagt Bretz. "Yoga, das ist was Spirituelles." Auf der Suche nach Glück In den USA hat sich jedoch längst ein eigener Industriezweig entwickelt: Der Yogahosenhersteller Lululemon ist ein börsennotierter Konzern mit Milliardenumsatz. Die Lifestyle-Firma Gaiam wächst mit DVDs und Online-Yoga zweistellig. 2012 gaben die Amerikaner fast 7 Milliarden Dollar für Yoga aus. Hierzulande ist das Geschäft mit der Seelengymnastik weniger ausgereift: Auf der einen Seite stehen die Fitnessketten. Sie haben Geld und das betriebswirtschaftliche Know-how, aber außer ein paar Stunden im Kursprogramm kein Interesse an Yoga. Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die zwar Interesse haben, eine biegsame Wirbelsäule und ein gütiges Lächeln, aber sie haben...nun ja, eben nur das. Und es gibt Volker Bretz. Sohn des Sofafabrikanten Karl-Fritz Bretz aus dem rheinland-pfälzischen Gensingen. Bretz, geboren am 3. Februar 1963, ist ein Junge mit wenigen Freunden und vielen Büchern. Er liest über Cäsar und Alexander den Großen. Dass sie mächtig, aber nie glücklich waren. Bretz ist weder das eine noch das andere. Statt mit den Brüdern im elterlichen Partykeller Mädchen zu beeindrucken, überspringt er eine Klasse, wird im Abitur Jahrgangsbester. Schnitt: 1,1. Leistungskurs: Mathematik. Weil der Vater sich ihn als Nachfolger wünscht, macht Bretz ein Praktikum in der elterlichen Sofafabrik. Er fühlt sich weit entfernt vom Glück. Weil man es immer gebrauchen kann, studiert Bretz in München Betriebswirtschaft. Aber eigentlich interessieren ihn andere Dinge: An der Uni belegt er Psychologievorlesungen, besucht abends ein Astrologie-Institut und schließlich – eine Yogaschule. "Tiefes Berührtsein" notiert er dazu in seinem Lebenslauf. Im Jahr darauf, 1981, zieht Bretz in der Yoga­schule ein, schläft auf einer Isomatte im Übungsraum. Der Vater telefoniert nun regelmäßig mit dem Sektenbeauftragten der Kirche, fordert vom Bruder: "Du musst den Volker da loseisen!" Wenig später wird Bretz zum Leiter des Münchener Yogazentrums ernannt. Man braucht einen, der was von Zahlen versteht. Im Jahr darauf schickt man ihn nach Wien. Dann Genf. Los Angeles, Paris, London, New York, Toronto. Volker Bretz, der etwas eigenbrötlerische Diplomkaufmann aus Deutschland, macht sich auf der ganzen Welt einen Namen, weil er die kurz vor der Pleite stehenden Yogaschulen auf Vordermann bringt. Bretz sagt: "Ich war so was wie die Feuerwehr." Sieht sich als Vater der deutschen Yogawelle: Volker Bretz, © Veith Mette Knapp zehn Jahre geht das so. Bis zu jenem Tag im März 1992: "Vision Swami Sivanandas mit Berufung, Yogazentren in Deutschland zu eröffnen", steht im Internet, wo Bretz – damit es jeder nachlesen kann – seine gesammelten Lebensdaten veröffentlicht hat. Derzeit baut er ein Yoga-Wikipedia auf. Vier seiner Angestellten arbeiten Vollzeit daran. Es solle "nicht so yogakritisch" sein wie das richtige Wikipedia. Dort nämlich wurde vor einiger Zeit der Artikel über ihn gelöscht. Bretz habe ein "Selbstdarstellungsproblem" und sei "als Yoga-Eintrag irrelevant", heißt es in der dazugehörigen Diskussion. In Bretz’ eigenem Wiki finden sich unter seinem Namen nun 18 gedruckte Seiten. Er habe nichts zu verbergen, sagt Bretz. Aber etwas später muss er es doch loswerden: "Ich bin sicherlich der relevanteste Mensch in der Yogaszene in Deutschland." Der lohnende Teil des Yoga Bretz’ Hochrechnungen zufolge üben mittlerweile eine halbe Million Deutsche nach seinem System. Das ist viel in einer Branche, die so verästelt ist, dass sich keiner traut, belastbare Zahlen zu erheben, und oft schon innerhalb eines Stadtviertels bis zu zehn verschiedene Stile unterrichtet werden. Die meisten Schätzungen gehen davon aus, dass sich die Zahl der Yoga­treibenden in den letzten Jahren deutschlandweit auf rund fünf Millionen verdoppelt hat. Bretz sagt: "Ich behaupte, dass die jetzige Yogawelle in Deutschland durch Yoga Vidya angestoßen wurde – und damit durch mich." Tatsache ist, dass Bretz einen recht effizienten Mechanismus entwickelt hat, um seine Anhängerschaft zu vergrößern: Bis heute hat Yoga Vidya über 10 000 Yogalehrer "zertifiziert". Was für den Einzelnen nicht viel heißt, weil sich in Deutschland ohnehin jeder Yogalehrer nennen darf. Für Bretz aber bedeutet es, dass viele seiner Absolventen sich selbstständig machen und noch mehr Yoga-Vidya-Studios eröffnen. Bretz bekommt eine Umsatzbeteiligung, die Studiobetreiber einen Businessplan, eine Homepage und einen garantierten Abstand von mindestens 15 Kilometern zum nächsten Yoga Vidya Cooperations Center, wie Bretz seine Franchisenehmer nennt. Die meisten steigen später selbst in das Geschäft mit der Lehrerausbildung ein. Teile des Programms müssen in der Bad Meinberger Zentrale absolviert werden, was dort für steigende Übernachtungszahlen sorgt. Alles im Netz Dass dies der lohnende Teil des Yoga-Business ist, entdeckte Bretz Anfang der 90er-Jahre: Sein erstes Frankfurter "Yoga Center am Zoo" lief schleppend. Bretz klebte Plakate, verteilte Handzettel, nichts half. In jener Zeit wollten die Deutschen an die Börse, nicht ins Yogastudio. Sein Erbteil aus der Sofafabrik war fast aufgebraucht, als Bretz feststellte, dass es Schüler gab, die lieber Lehrer sein wollten – und die richtigen Schlüsse zog. Wenige Monate später schrieb seine Yogaschule Gewinne. Eine gewöhnliche Yogastunde kostet zwischen 10 und 15 Euro. Eine Yogalehrerausbildung bei Yoga Vidya – je nach Dauer – zwischen 3000 und 7000 Euro. Vier Wochen dauert der kürzeste von Bretz entwickelte Kurs. Schon deshalb produziert Yoga Vidya wesentlich mehr Yogalehrer als andere Schulen, deren Ausbildungen oft über vier Jahre gehen. Was vor allem den alteingesessenen Bund Deutscher Yogalehrer ärgert. Eine Vierwochen-Ausbildung sei Schmalspur, findet dessen Chefin Angelika Beßler. "Die Leute haben dann ein Zertifikat und werden aufs Volk losgelassen." Bretz sagt: "Ich habe mein BWL-Grundstudium auch in nur einem Semester gemacht. Das hat mir nicht geschadet."Sieht sich als Vater der deutschen Yogawelle: Volker Bretz. So oder so. Der Verband weigert sich, mit Bretz zusammenzuarbeiten, weshalb der einfach seine eigene Interessenvertretung aufgemacht hat: den Berufsverband der Yoga Vidya Lehrer. Später gründete Bretz einen Verband der Yoga Vidya Gesundheitsberater, einen Verband der Yoga- und Ayurvedatherapeuten sowie zwei Über- und sechs Unterverbände dieser Verbände. Das Prinzip "Viel hilft viel" hat Bretz auch in eine effektive Onlinestrategie verwandelt: Unter seinem gelben Yogakittel trägt er stets ein winziges MP3-Aufnahmegerät samt Mikrofon. Wenn er ein Seminar oder einen Workshop gibt, und das ist mehrmals täglich, schneidet er seine Worte mit oder lässt sich per Video aufzeichnen. Dann stellt er alles ins Netz. Insgesamt bespielt Yoga Vidya zehn Youtube-Kanäle und zwölf weitere bei ähnlichen Portalen. Hinzu kommen 15 Blogs, 26 Podcasts und ungefähr 70 Kanäle bei Twitter. Es gibt Sendungen zum richtigen Atmen, einen Videokochkurs für Veganer oder den Burn-out-Podcast. Bretz sagt: "Wir müssen keine Angst vor irgendwelchen Google-Algorithmen haben." Zum Wachsen verdammt Angst haben die anderen. Nicht vor Google, sondern vor Bretz. "Die Allgegenwart von Yoga Vidya" erzeuge in ihm Unbehagen, schreibt der Kölner Yogalehrer Bernd Franzen in seinem Blog. Eine Nutzerin sagt: "Ich finde es beängstigend, wie Yoga Vidya sich ausbreitet." Die Leute dort verdrängten "mit ausgefeilten Marketingkonzepten und Dumpingangeboten alle anderen Yogalehrer vom Markt". Tatsächlich unterbietet Bretz die gängigen Preise. Er beschäftigt rund 200 fest angestellte Mitarbeiter. Die meisten leben und arbeiten in seinen Yogazentren. Sechs Tage die Woche. 42 Stunden. Dafür bekommen sie rund 300 Euro im Monat, zweimal täglich Essen, einen Schlafplatz. Für Teamleiter legt Bretz noch 30 Euro drauf. Ausbeutung, sagen Arbeitsrechtler. Beträgt ein Gehalt weniger als zwei Drittel des üblichen Tariflohns, spricht das Bundesarbeitsgericht von Sittenwidrigkeit und Lohnwucher. Nur: Was ist der übliche Tariflohn eines Yogis? Bretz sagt, dass wer in seinen Zentren lebe, zwar wenig Geld bekäme. "Aber jede Menge anderer Dinge." Persönliche Betreuung zum Beispiel. Wer mehr als drei Jahre angestellt ist, für den zahlt Bretz zusätzlich knapp 1500 Euro jährlich in eine Art betriebliche Altersvorsorge. Das Gros der Mitarbeiter bleibt ein halbes Jahr kürzer. Wer geht, bekommt ein Arbeitszeugnis. Es gehe nicht darum, reich zu werden, sagt Bretz. Nur groß. Dass es ihm nicht ums Geld geht, sondern darum, die Welt mit Yoga zu beglücken, glauben selbst seine Kritiker: "Bretz ist ein sehr cleverer Geschäftsmann", sagt die bekannte Yoga-Autorin Anna Trökes. Trotzdem sei er, wie sie es ausdrückt, dem Yogagedanken tief verbunden. Deshalb hat Bretz Yoga Vidya auch als gemeinnützigen Verein organisiert. Laut Satzung muss er alle Gewinne wieder in die "Verbreitung des Yoga" investieren – sein System ist zum Wachstum verdammt. Und weil Bretz findet, dass Yoga für jeden gut ist, hat er sich für eine breite Zielgruppe entschieden. Durchtrainierte Großstädter sieht man bei Yoga Vidya kaum. Dafür Hausfrauen aus Diepholz und Menschen mit Vorliebe für bunte Stoffhosen und Wollsocken. Ansonsten – und das Problem haben viele, die ihn kennen – sucht man vergeblich die Schublade, in die sich Bretz stecken lässt. Er ist zu erfolgreich für einen esoterischen Spinner. Zu ausgeglichen für einen Getriebenen. Er mag ein Selbstdarsteller sein – und bringt beim persönlichen Small Talk kaum ein Wort heraus. Er kontrolliert täglich die Unternehmenszahlen – und glaubt doch fest, dass man ohnehin nichts unter Kontrolle hat. Er ist der Tiere wegen Veganer – und zu Gast auf dem Bad Meinberger Schützenfest. Yoga- statt Kurbetrieb Seit Jahren lebt Bretz selbst in seinem Yogahochhaus. Verfügt über wenige Quadratmeter im siebten Stock, das vereinsübliche Gehalt und schlechten Handyempfang. Morgens um halb sechs sitzt er auf dem schmalen Betonbalkon, macht Atem- und Yogaübungen. Drinnen hat er eine Kochnische und eine behindertengerechte Toilette – die stammt noch aus Kurklinikzeiten. Schließlich lebte Bad Meinberg bis zur Jahrtausendwende von Tausenden Kurgästen. Dann kamen die Gesundheitsreformen und keine Gäste mehr. Vier von einst sechs Kliniken gingen pleite. Drei davon hat Bretz gekauft. Auch weil der Bürgermeister des Städtchens sich persönlich dafür eingesetzt hat. Der heißt Eberhard Block und hat keine Zeit für Yoga, ist aber Vegetarier. 1000 Arbeitsplätze seien damals weggefallen, erzählt Block. Die kann Bretz zwar nicht ersetzen, aber er bringt Menschen in die Stadt, die Geld ausgeben. Wer sich auf den "besonderen Bedarf" der Yogis einstelle, sagt Block, könne gute Geschäfte machen.Der Bioladen hat Anfang des Jahres seine Verkaufsfläche von 40 auf 120 Quadratmeter ausgedehnt. Sie habe sich spezialisiert, sagt die Inhaberin. Rohkostriegel. Sojaschnitzel. Trockenfrüchte. Die Buchhandlung nebenan hat ihre Esoterikabteilung aufgestockt. Das Wollgeschäft bietet Naturgarne an. Längst gibt es eine Bürger­initiative: "Yogastadt Bad Meinberg". Vergangenes Jahr benannte der Stadtrat die Straße, an der Bretz’ Zentrale liegt, in "Yogaweg" um. "Yogastadt Bad Meinberg" heißt eine Bürgerinitiative im Kurort, © Veith Mette Aber Bretz wäre nicht Bretz, wenn ihm das reichen würde. So zählt der "Aufbau von Yogabibliotheken sowie eines Yogamuseums" zu den erklärten Vereinszielen. Zuletzt hat er die ehemalige Parkklinik der Stadt gekauft. Bei Yoga Vidya heißt sie "Projekt Shanti". Dort sollen sich künftig auch andere Seminaranbieter einmieten. Bretz träumt von einer "Yoga-Universität". Zurzeit stehen in den Räumen hauptsächlich einige sehr bunte, wenig benutzte Sofas aus dem Unternehmen seiner Brüder. Egal, bei Yoga Vidya ist man zuversichtlich: Schließlich sei sogar Thomas D schon mal im "Shanti" gewesen. Zuversicht zählt ohnehin zu den Dingen, die man von Bretz lernen kann. Andere nennen es Größenwahn, Chuzpe, Mut oder Unternehmergeist. Diesen Monat eröffnet er ein Yogahaus im Allgäu. 1 Million Euro hat Bretz in die Sache gesteckt. Ein weiteres an der Ostsee? Warum nicht? Dann hätte man alle Himmelsrichtungen abgedeckt. Außerdem gebe es noch in gut 50 deutschen Städten Platz für weitere Yoga-Vidya-Schulen. Dann sei Deutschland voll. Erste Studios in den Niederlanden und der Schweiz stehen. Das restliche Europa soll folgen. "Groß denken", sagt Bretz "das habe ich von meinem Vater gelernt." Wahrscheinlich besser, als er es je vorhatte. So gut, dass der Vater sagt, sein Sohn tue nun genau das, was er nie gewollt habe: ein Unternehmen führen. So gut, dass seine Mitarbeiter hin und wieder unruhig werden: dieses "immer mehr, immer größer". So gut, dass ihn sein yogischer Vollkommenheitsanspruch manchmal selbst stresst. Sonntags geht Bretz jetzt wieder in die Kirche. Zur Entspannung.
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