Marketing für Familienunternehmen
So verwandeln Sie Vertrauen in Umsatz

Gute Nachricht für Familienunternehmen: Kunden halten sie für besonders vertrauenswürdig. Wie sich dieser Vertrauensbonus fürs Marketing nutzen lässt und ob Unternehmer Markenbotschafter werden sollten.

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Babykost-Hersteller Claus Hipp mit Breigläschen: "Dafür stehe ich mit meinem Namen."
Babykost-Hersteller Claus Hipp mit Breigläschen: "Dafür stehe ich mit meinem Namen."
© picture-alliance / dpa

Wie nehmen Konsumenten Familienunternehmen wahr? Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit ein Forscherteam um Susanne Beck am Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen (FIF) der Zeppelin Universität. Gefördert werden die Studien von der Kommunikationsagentur. Erste Studienergebnisse liegen inzwischen vor. Ein Gespräch mit Susanne Beck vom FIF und Michael Meier von Schindler Parent über Vertrauen, Markenstärke – und fleischlose Wurst. Beispiele fürs Marketing von Familienunternehmen finden Sie außerdem in unserer Bildergalerie.

impulse: Frau Beck, wer ein Familienunternehmen leitet, muss sich bei der Werbestrategie entscheiden: Soll ich den Aspekt „Familienunternehmen“ betonen oder lieber nicht? Welche Empfehlung können Sie Firmen auf Basis Ihrer Forschung geben?

Susanne Beck: Je stärker Konsumenten ein Unternehmen als Familienunternehmen wahrnehmen, desto mehr vertrauen sie ihm. Sie sehen das Unternehmen eher als eine Person an – das konnten wir durch unsere Studie ganz klar belegen. Für die Unternehmen ist dieses Vertrauen ganz entscheidend: Je mehr die Konsumenten einer Firma vertrauen, desto eher sind sie bereit, eins ihrer Produkte zu kaufen.

Herr Meier, Ihre Agentur Schindler Parent betreut viele Familienunternehmen. Wie kann ein Familienunternehmen seine familiären Wurzeln betonen?

Michael Meier: Je stärker der Chef als Mensch in den Mittelpunkt der Kommunikation gerückt wird, desto mehr kann man den Familien-Background als Stärke ausspielen. Unternehmen wie Aldi sind zwar Familienunternehmen, doch Familie ist dort keine Determinante der Kommunikation. Anders sieht es beispielsweise bei Hipp aus. Firmenchef Claus Hipp sagt in der Werbung: „Dafür stehe ich mit meinem Namen.“

Nun hat aber nicht jeder Familienunternehmer Lust, als Markenbotschafter vor der Kamera zu stehen.

Meier: Das ist auch nicht unbedingt nötig; das Thema Familienunternehmen kann man auf unterschiedliche Arten spielen. Miele ist hierfür ein gutes Beispiel: Die Eigentümer haben sich zwar aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, in der Kommunikation setzt man aber auf typisch familiäre Werte wie Langlebigkeit, Zuverlässigkeit. Das vermittelt den Kunden: Wir sind nicht irgendein großer Industriekonzern, sondern ein vertrauenswürdiges Familienunternehmen.

Die Interviewpartner
 susanne-beckSusanne Beck forscht am Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen der Zeppelin Universität.     michael-meierMichael Meier ist geschäftsführender Gesellschafter der Kommunikationsagentur Schindler Parent, die der Zeppelin Universität das Gemeinschaftsprojekt „Erfolgsfaktoren der Markenführung in und von Familienunternehmen“ verwirklicht.

Lassen sich die Erkenntnisse auch auf das B2B-Geschäft übertragen?

Meier: Auch im B2B-Geschäft genießen Familienunternehmen tendenziell ein höheres Vertrauen. Das deckt sich mit einer McKinsey-Studie zum Einkaufsverhalten von Unternehmen. Derzufolge fällt die Kaufentscheidung zu 27 Prozent über den Preis, ebenso wichtig sind aber Markenstärke und Seriosität – Faktoren, mit denen Familienunternehmen punkten können.

Beck: Der Vertrauensbonus gilt übrigens auch für Händler: Werden sie als Familienunternehmen wahrgenommen, vertrauen die Kunden eher darauf, dass sie nur gute Produkte verkaufen. Von welchen Unternehmen die Produkte hergestellt wurden, ist hierbei egal.

Profitieren Familienunternehmen auch bei neuen Produkten vom Vertrauensbonus? Als besonders innovativ gelten sie ja nicht unbedingt …

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Beck: Auch diese Frage haben wir in einem Experiment untersucht. Das Ergebnis: Die bloße Information, dass der Hersteller ein Familienunternehmen ist, steigerte bei neuen Produkten die Akzeptanz.

Wie erklären Sie sich das?

Beck: Bei der Einführung neuer Produkte spielt Vertrauen eine ganz wichtige Rolle. Angenommen, Sie stehen im Supermarkt vor zwei Produkten und kennen beide nicht. Sie versuchen nun, das Risiko zu minimieren, dass das Produkt nichts taugt, können dazu aber als Informationen nur heranziehen, was sie an Verpackung und Preis ablesen können. Auf Produkt A steht „Familienunternehmen“, auf Produkt B nicht. Sie assoziieren das Wort Familienunternehmen mit Vertrauen – und entscheiden sich für Produkt A.

Herr Meier, kennen Sie aus der Marketingpraxis ein Beispiel für ein Familienunternehmen, das mit innovativen Produkten punkten konnte?

Meier: Rügenwalder Mühle ist mit fleischloser Wurst als Produktinnovation höchst erfolgreich. Sie präsentieren nicht nur sich selbst sehr geschickt und authentisch als Familienunternehmen, sondern binden in der Kommunikation auch die Mitarbeiter als Teil der „Rügenwalder-Familie“ ein. Diese Tatsache hat ihnen bei ihrer Innovation zu einem Vertrauensvorschuss verholfen.

Warum überhaupt halten Kunden Familienunternehmen für besonders vertrauenswürdig?

Meier: Mit dem Wort Familie verbinden die meisten Menschen etwas Positives: Wärme, Geborgenheit, das Zusammenleben mehrerer Generationen, die Weitergabe von Werten an die eigenen Kinder. Übertragen auf Familienunternehmen könnte das bedeuten: Da wird nicht kurzfristig gedacht, sondern langfristig.

Und wenn sich herausstellt, dass der Chef Steuern hinterzogen oder seine Frau betrogen hat – dann ist das Vertrauen futsch?

Beck: Möglicherweise sind die Kunden besonders enttäuscht, wenn sie vorher ein höheres Vertrauen zu dem Unternehmen hatten. Möglich ist aber auch, dass eine Krise, die vom Unternehmen ausgeht und nicht von der Person des Unternehmers, bei Familienunternehmen weniger schlimme Auswirkungen hat als bei anderen Firmen. Das ist eine spannende Frage, an der wir gerade forschen.

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Wie nehmen Konsumenten Familienunternehmen wahr? Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit ein Forscherteam um Susanne Beck am Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen (FIF) der Zeppelin Universität. Gefördert werden die Studien von der Kommunikationsagentur. Erste Studienergebnisse liegen inzwischen vor. Ein Gespräch mit Susanne Beck vom FIF und Michael Meier von Schindler Parent über Vertrauen, Markenstärke - und fleischlose Wurst. Beispiele fürs Marketing von Familienunternehmen finden Sie außerdem in unserer Bildergalerie. impulse: Frau Beck, wer ein Familienunternehmen leitet, muss sich bei der Werbestrategie entscheiden: Soll ich den Aspekt "Familienunternehmen" betonen oder lieber nicht? Welche Empfehlung können Sie Firmen auf Basis Ihrer Forschung geben? Susanne Beck: Je stärker Konsumenten ein Unternehmen als Familienunternehmen wahrnehmen, desto mehr vertrauen sie ihm. Sie sehen das Unternehmen eher als eine Person an - das konnten wir durch unsere Studie ganz klar belegen. Für die Unternehmen ist dieses Vertrauen ganz entscheidend: Je mehr die Konsumenten einer Firma vertrauen, desto eher sind sie bereit, eins ihrer Produkte zu kaufen. Herr Meier, Ihre Agentur Schindler Parent betreut viele Familienunternehmen. Wie kann ein Familienunternehmen seine familiären Wurzeln betonen? Michael Meier: Je stärker der Chef als Mensch in den Mittelpunkt der Kommunikation gerückt wird, desto mehr kann man den Familien-Background als Stärke ausspielen. Unternehmen wie Aldi sind zwar Familienunternehmen, doch Familie ist dort keine Determinante der Kommunikation. Anders sieht es beispielsweise bei Hipp aus. Firmenchef Claus Hipp sagt in der Werbung: „Dafür stehe ich mit meinem Namen.“ Nun hat aber nicht jeder Familienunternehmer Lust, als Markenbotschafter vor der Kamera zu stehen. Meier: Das ist auch nicht unbedingt nötig; das Thema Familienunternehmen kann man auf unterschiedliche Arten spielen. Miele ist hierfür ein gutes Beispiel: Die Eigentümer haben sich zwar aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, in der Kommunikation setzt man aber auf typisch familiäre Werte wie Langlebigkeit, Zuverlässigkeit. Das vermittelt den Kunden: Wir sind nicht irgendein großer Industriekonzern, sondern ein vertrauenswürdiges Familienunternehmen. Lassen sich die Erkenntnisse auch auf das B2B-Geschäft übertragen? Meier: Auch im B2B-Geschäft genießen Familienunternehmen tendenziell ein höheres Vertrauen. Das deckt sich mit einer McKinsey-Studie zum Einkaufsverhalten von Unternehmen. Derzufolge fällt die Kaufentscheidung zu 27 Prozent über den Preis, ebenso wichtig sind aber Markenstärke und Seriosität – Faktoren, mit denen Familienunternehmen punkten können. Beck: Der Vertrauensbonus gilt übrigens auch für Händler: Werden sie als Familienunternehmen wahrgenommen, vertrauen die Kunden eher darauf, dass sie nur gute Produkte verkaufen. Von welchen Unternehmen die Produkte hergestellt wurden, ist hierbei egal. Profitieren Familienunternehmen auch bei neuen Produkten vom Vertrauensbonus? Als besonders innovativ gelten sie ja nicht unbedingt ... Beck: Auch diese Frage haben wir in einem Experiment untersucht. Das Ergebnis: Die bloße Information, dass der Hersteller ein Familienunternehmen ist, steigerte bei neuen Produkten die Akzeptanz. Wie erklären Sie sich das? Beck: Bei der Einführung neuer Produkte spielt Vertrauen eine ganz wichtige Rolle. Angenommen, Sie stehen im Supermarkt vor zwei Produkten und kennen beide nicht. Sie versuchen nun, das Risiko zu minimieren, dass das Produkt nichts taugt, können dazu aber als Informationen nur heranziehen, was sie an Verpackung und Preis ablesen können. Auf Produkt A steht „Familienunternehmen“, auf Produkt B nicht. Sie assoziieren das Wort Familienunternehmen mit Vertrauen - und entscheiden sich für Produkt A. Herr Meier, kennen Sie aus der Marketingpraxis ein Beispiel für ein Familienunternehmen, das mit innovativen Produkten punkten konnte? Meier: Rügenwalder Mühle ist mit fleischloser Wurst als Produktinnovation höchst erfolgreich. Sie präsentieren nicht nur sich selbst sehr geschickt und authentisch als Familienunternehmen, sondern binden in der Kommunikation auch die Mitarbeiter als Teil der „Rügenwalder-Familie“ ein. Diese Tatsache hat ihnen bei ihrer Innovation zu einem Vertrauensvorschuss verholfen. Warum überhaupt halten Kunden Familienunternehmen für besonders vertrauenswürdig? Meier: Mit dem Wort Familie verbinden die meisten Menschen etwas Positives: Wärme, Geborgenheit, das Zusammenleben mehrerer Generationen, die Weitergabe von Werten an die eigenen Kinder. Übertragen auf Familienunternehmen könnte das bedeuten: Da wird nicht kurzfristig gedacht, sondern langfristig. Und wenn sich herausstellt, dass der Chef Steuern hinterzogen oder seine Frau betrogen hat - dann ist das Vertrauen futsch? Beck: Möglicherweise sind die Kunden besonders enttäuscht, wenn sie vorher ein höheres Vertrauen zu dem Unternehmen hatten. Möglich ist aber auch, dass eine Krise, die vom Unternehmen ausgeht und nicht von der Person des Unternehmers, bei Familienunternehmen weniger schlimme Auswirkungen hat als bei anderen Firmen. Das ist eine spannende Frage, an der wir gerade forschen.
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