Fehlkommunikation
Warum Ihre Mitarbeiter oft nicht tun, was Sie ihnen sagen

Sie sagen Ihren Mitarbeitern ganz genau, was sie tun sollen und sie machen trotzdem alles ganz anders? Vielleicht steckt keine böse Absicht dahinter, sondern Fehlkommunikation. Wie das Problem entsteht und wie Sie es in den Griff bekommen.

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Fehlkommunikation
© jayk7 / Moment RF / Getty Images

„Das habe ich dem Mayer doch gesagt.“ „Ich hatte der Müller eine Mail geschrieben.“ Solche Aussagen hört man in Unternehmen oft, wenn etwas schief läuft – also zum Beispiel Aufgaben nicht wie gewünscht erledigt wurden. Dann beginnt meist die Suche nach dem Schuldigen. Und in der Regel hat derjenige den „Schwarzen Peter“, der zum Beispiel eine Notiz im Meeting-Protokoll überlas, eine E-Mail falsch interpretierte oder einer Bemerkung des Chefs oder Kollegen zu wenig Bedeutung beimaß. Denn er wurde ja informiert. Trotzdem geschah die Panne, denn die Botschaft kam entweder nicht beim Empfänger an oder er maß ihr nicht die gewünschte Bedeutung bei.

Der Gastautor
Dr. Albrecht Müllerschön ist Inhaber der Müllerschön Managementberatung im baden-württembergischen Starzeln, die Unternehmen und ihre Mitarbeiter beim Bewältigen von Changevorhaben unterstützt. Der Wirtschaftspsychologe und Lehrcoach ist Autor mehrerer Personal-Fachbücher.

„Kein Widerspruch? Dann ist wohl alles klar.“ Von wegen!

Viele Menschen unterschätzen, wie komplex zwischenmenschliche Kommunikationsprozesse sind. Führungskräfte beispielsweise gehen oft selbstverständlich davon aus: Wenn ich einen Mitarbeiter über einen Sachverhalt informiere, ist ihm klar, was dies für ihn und seine Arbeit bedeutet.

Und wenn sie einem Mitarbeiter einen Arbeitsauftrag erteilen und dieser nicht widerspricht? Dann erwarten sie, dass der Auftrag wie von ihnen gewünscht ausgeführt wird.

Sie vergewissern sich nicht:

  • Kam die Botschaft beim Mitarbeiter überhaupt an?
  • Weiß er, welche Erwartung ich an die Problemlösung habe?
  • Ist der Mitarbeiter bereit und fähig, den Auftrag auszuführen?

Und sind hinterher oft überrascht, wenn der Mitarbeiter – ebenso überrascht – sagt: „Das war mir nicht klar.“ Dann ist in der Kommunikation Führungskraft-Mitarbeiter etwas schief gelaufen.

Das Vier-Ohren-Modell

Der Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun hat das Vier-Ohren-Modell entwickelt. Ihm zufolge nehmen wir bei Kommunizieren die Botschaften unseres Gegenübers mit vier verschiedenen „Ohren“ wahr, und abhängig davon, mit welchem „Ohr“ wir gerade am intensivsten hören, interpretieren wir die Aussage verschieden (siehe Grafik).

In seinem Buch „Miteinander reden“ erläutert Schulz von Thun dies am Beispiel: Ein Paar im Auto steht vor einer Ampel, und der Mann sagt zur Frau am Steuer: „Die Ampel ist grün.“ Diese Aussage kann die Frau wie folgt verstehen:

  • als Hinweis, dass die Ampel gerade auf Grün geschaltet hat (Sachebene),
  • als Aufforderung, loszufahren (Appell-Ebene),
  • als Hilfestellung oder als Kritik ihres Fahrverhaltens (Beziehungsebene),
  • als Indiz dafür, dass der Mann es eilig hat und ungeduldig ist (Selbst-Aussage).

Und abhängig davon, mit welchem „Ohr“ die Frau gerade „hört“, wird sie auf die Aussage reagieren. Empfindet sie diese als typisch männliche Bevormundung (Beziehungsebene) kann sie gereizt erwidern: „Fährst du oder fahre ich?“. Empfindet sie die Aussage als Ausdruck von Stress (Selbstaussage-Ebene), antwortet sie zum Beispiel gelassen: „Keine Angst, wir kommen rechtzeitig ans Ziel.“

Ebenso verhält es sich bei der Kommunikation in Unternehmen. Ein- und dieselbe Aussage kann völlig unterschiedlich ankommen und folglich unterschiedliche Reaktionen auslösen – abhängig von

  • der Beziehung des Empfängers zum Sender,
  • der aktuellen Situation im Unternehmen,
  • dem aktuellen Befinden des Empfängers,
  • von seiner beruflichen Erfahrung und Persönlichkeit
  • und zahlreichen weiteren Faktoren.

Wurde meine Botschaft verstanden?

Deshalb müssen zum Beispiel Führungskräfte und Projektleiter sehr gute, sensible Kommunikatoren sein. Sie brauchen ein feines Gespür dafür, welche Botschaften sie aufgrund ihres Verhaltens, ihrer Worte, ihres Auftretens senden und wie diese Botschaften von ihren Gesprächspartnern interpretiert werden.

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Sie müssen zudem die Kommunikation mit Menschen so gestalten können, dass sie die gewünschte Wirkung erzielen. Das setzt voraus, dass die Kommunikation in einem angemessenen Rahmen erfolgt – zum Beispiel nicht zwischen Tür und Angel. Außerdem ist wichtig, dass sich die Führungskräfte ausreichend Zeit für die Kommunikation nehmen: etwa bei wichtigen Themen ihre Mitarbeiter nicht nur über den Sachverhalt informieren, sondern sich auch vergewissern:

  • Kam meine Botschaft an?
  • Wurde sie verstanden?
  • Und: Ist den Mitarbeitern klar, was sie für sie, ihre Arbeit, für das Unternehmen bedeutet?

Auch dieses Sich-Vergewissern erfordert Kompetenz. Denn eine Rückfrage wie „Haben Sie mich verstanden?“ kann gemäß dem Vier-Ohren-Modell ebenfalls unterschiedlich verstanden werden, zum Beispiel als reine Infofrage, ob die Botschaft ankam (Sachebene), aber auch als Ausdruck eines mangelnden Vertrauens in die Kompetenz des Empfängers (Beziehungsebene).

Deshalb sollten solche Rückfragen nicht als „Du-Botschaften“ („Haben Sie mich verstanden?“), sondern als „Ich-Botschaften“ formuliert werden: „Habe ich mich so ausgedrückt, dass meine Aussagen verständlich waren?“ Das beugt möglichen Irritationen vor.

Mehr Kanäle, noch mehr offene Fragen

Die Frage „Wie informieren wir einander und wie kommunizieren wir miteinander?“ ist heute relevanter denn je – unter anderem, weil Unternehmer immer stärker auf Team- und Projektarbeit setzen. Deshalb müssen Mitarbeiter viel abteilungs- und oft auch standort- und hierarchieübergreifender agieren als in der Vergangenheit. Sie müssen mit Kollegen zusammenarbeiten, die nicht im selben oder im Nachbar-Büro sitzen und die sie vielleicht nur selten sehen. Kommuniziert und informiert wird mit technischer Hilfe: etwa über Telefon, Videokonferenz, E-Mail oder Instant-Messenger.

Doch bei der elektronischen Kommunikation gehen viele Informationen verloren, die im persönlichen Gespräch mit vermittelt werden. Dadurch steigt das Risiko, dass Botschaften nicht oder falsch ankommen. Zudem sieht der Sender den Empfänger und seine Reaktion nicht – und kann daher schwerer einschätzen:

  • Kam die Botschaft an?
  • Wird sie angemessen interpretiert?
  • Und: Welches Empfinden, Verhalten löst sie aus?

Auch dies erhöht die Gefahr, dass die Kommunikation ins Leere läuft.

Deshalb müssen die Verantwortlichen in den Unternehmen die Informations- und Kommunikationsregeln überdenken. Sie müssen sich etwa fragen, was sie per E-Mail kommunizieren und wann sie das persönliche Gespräch suchen – sei es per Telefon, Skype oder unter vier Augen. Und sie müssen Verhaltensregeln für die Kommunikation per E-Mail oder mittels Social Media entwickeln.

„Das habe ich dem Mayer doch gesagt.“ „Ich hatte der Müller eine Mail geschrieben.“ Solche Aussagen hört man in Unternehmen oft, wenn etwas schief läuft – also zum Beispiel Aufgaben nicht wie gewünscht erledigt wurden. Dann beginnt meist die Suche nach dem Schuldigen. Und in der Regel hat derjenige den „Schwarzen Peter“, der zum Beispiel eine Notiz im Meeting-Protokoll überlas, eine E-Mail falsch interpretierte oder einer Bemerkung des Chefs oder Kollegen zu wenig Bedeutung beimaß. Denn er wurde ja informiert. Trotzdem geschah die Panne, denn die Botschaft kam entweder nicht beim Empfänger an oder er maß ihr nicht die gewünschte Bedeutung bei. [zur-person] „Kein Widerspruch? Dann ist wohl alles klar.“ Von wegen! Viele Menschen unterschätzen, wie komplex zwischenmenschliche Kommunikationsprozesse sind. Führungskräfte beispielsweise gehen oft selbstverständlich davon aus: Wenn ich einen Mitarbeiter über einen Sachverhalt informiere, ist ihm klar, was dies für ihn und seine Arbeit bedeutet. Und wenn sie einem Mitarbeiter einen Arbeitsauftrag erteilen und dieser nicht widerspricht? Dann erwarten sie, dass der Auftrag wie von ihnen gewünscht ausgeführt wird. Sie vergewissern sich nicht: Kam die Botschaft beim Mitarbeiter überhaupt an? Weiß er, welche Erwartung ich an die Problemlösung habe? Ist der Mitarbeiter bereit und fähig, den Auftrag auszuführen? Und sind hinterher oft überrascht, wenn der Mitarbeiter - ebenso überrascht - sagt: „Das war mir nicht klar.“ Dann ist in der Kommunikation Führungskraft-Mitarbeiter etwas schief gelaufen. Das Vier-Ohren-Modell Der Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun hat das Vier-Ohren-Modell entwickelt. Ihm zufolge nehmen wir bei Kommunizieren die Botschaften unseres Gegenübers mit vier verschiedenen „Ohren“ wahr, und abhängig davon, mit welchem „Ohr“ wir gerade am intensivsten hören, interpretieren wir die Aussage verschieden (siehe Grafik). In seinem Buch „Miteinander reden“ erläutert Schulz von Thun dies am Beispiel: Ein Paar im Auto steht vor einer Ampel, und der Mann sagt zur Frau am Steuer: „Die Ampel ist grün.“ Diese Aussage kann die Frau wie folgt verstehen: als Hinweis, dass die Ampel gerade auf Grün geschaltet hat (Sachebene), als Aufforderung, loszufahren (Appell-Ebene), als Hilfestellung oder als Kritik ihres Fahrverhaltens (Beziehungsebene), als Indiz dafür, dass der Mann es eilig hat und ungeduldig ist (Selbst-Aussage). Und abhängig davon, mit welchem „Ohr“ die Frau gerade „hört“, wird sie auf die Aussage reagieren. Empfindet sie diese als typisch männliche Bevormundung (Beziehungsebene) kann sie gereizt erwidern: „Fährst du oder fahre ich?“. Empfindet sie die Aussage als Ausdruck von Stress (Selbstaussage-Ebene), antwortet sie zum Beispiel gelassen: „Keine Angst, wir kommen rechtzeitig ans Ziel.“ Ebenso verhält es sich bei der Kommunikation in Unternehmen. Ein- und dieselbe Aussage kann völlig unterschiedlich ankommen und folglich unterschiedliche Reaktionen auslösen – abhängig von der Beziehung des Empfängers zum Sender, der aktuellen Situation im Unternehmen, dem aktuellen Befinden des Empfängers, von seiner beruflichen Erfahrung und Persönlichkeit und zahlreichen weiteren Faktoren. Wurde meine Botschaft verstanden? Deshalb müssen zum Beispiel Führungskräfte und Projektleiter sehr gute, sensible Kommunikatoren sein. Sie brauchen ein feines Gespür dafür, welche Botschaften sie aufgrund ihres Verhaltens, ihrer Worte, ihres Auftretens senden und wie diese Botschaften von ihren Gesprächspartnern interpretiert werden. Sie müssen zudem die Kommunikation mit Menschen so gestalten können, dass sie die gewünschte Wirkung erzielen. Das setzt voraus, dass die Kommunikation in einem angemessenen Rahmen erfolgt – zum Beispiel nicht zwischen Tür und Angel. Außerdem ist wichtig, dass sich die Führungskräfte ausreichend Zeit für die Kommunikation nehmen: etwa bei wichtigen Themen ihre Mitarbeiter nicht nur über den Sachverhalt informieren, sondern sich auch vergewissern: Kam meine Botschaft an? Wurde sie verstanden? Und: Ist den Mitarbeitern klar, was sie für sie, ihre Arbeit, für das Unternehmen bedeutet? Auch dieses Sich-Vergewissern erfordert Kompetenz. Denn eine Rückfrage wie „Haben Sie mich verstanden?“ kann gemäß dem Vier-Ohren-Modell ebenfalls unterschiedlich verstanden werden, zum Beispiel als reine Infofrage, ob die Botschaft ankam (Sachebene), aber auch als Ausdruck eines mangelnden Vertrauens in die Kompetenz des Empfängers (Beziehungsebene). Deshalb sollten solche Rückfragen nicht als „Du-Botschaften“ („Haben Sie mich verstanden?“), sondern als „Ich-Botschaften“ formuliert werden: „Habe ich mich so ausgedrückt, dass meine Aussagen verständlich waren?“ Das beugt möglichen Irritationen vor. [mehr-zum-thema] Mehr Kanäle, noch mehr offene Fragen Die Frage „Wie informieren wir einander und wie kommunizieren wir miteinander?“ ist heute relevanter denn je - unter anderem, weil Unternehmer immer stärker auf Team- und Projektarbeit setzen. Deshalb müssen Mitarbeiter viel abteilungs- und oft auch standort- und hierarchieübergreifender agieren als in der Vergangenheit. Sie müssen mit Kollegen zusammenarbeiten, die nicht im selben oder im Nachbar-Büro sitzen und die sie vielleicht nur selten sehen. Kommuniziert und informiert wird mit technischer Hilfe: etwa über Telefon, Videokonferenz, E-Mail oder Instant-Messenger. Doch bei der elektronischen Kommunikation gehen viele Informationen verloren, die im persönlichen Gespräch mit vermittelt werden. Dadurch steigt das Risiko, dass Botschaften nicht oder falsch ankommen. Zudem sieht der Sender den Empfänger und seine Reaktion nicht – und kann daher schwerer einschätzen: Kam die Botschaft an? Wird sie angemessen interpretiert? Und: Welches Empfinden, Verhalten löst sie aus? Auch dies erhöht die Gefahr, dass die Kommunikation ins Leere läuft. Deshalb müssen die Verantwortlichen in den Unternehmen die Informations- und Kommunikationsregeln überdenken. Sie müssen sich etwa fragen, was sie per E-Mail kommunizieren und wann sie das persönliche Gespräch suchen – sei es per Telefon, Skype oder unter vier Augen. Und sie müssen Verhaltensregeln für die Kommunikation per E-Mail oder mittels Social Media entwickeln.
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