Krisengespräche führen
Wie ich mit Mitarbeitern über Fehler spreche

Produktionsstillstand, weil die Verpackungsfolie aus ist: Diesen Super-GAU hat Unternehmerin Nina Forkefeld erlebt - und musste ein Krisengespräch mit einem Mitarbeiter führen. So hat sie die Situation gemeistert.

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Krisengespräche führen ist in Stress-Situationen gar nicht so einfach für Unternehmer.
Krisengespräche führen ist in Stress-Situationen gar nicht so einfach für Unternehmer.

Wer je in einem produzierenden mittelständischen Unternehmen tätig war, der weiß, dass Stillstand nicht gut ist: vor allem der Produktions-Stillstand. Dieser kann aus verschiedenen Gründen eintreten, zum Beispiel durch maschinelle also technische Probleme, fehlende Rohstoffe oder auch zu wenig Personal.

Neulich war es bei uns soweit. Das Verpackungsmaterial für eines unserer Produkte ist ausgegangen und niemand aus der Produktion hatte einen Ton gesagt. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurde dann ein Folienhersteller angerufen, der binnen 24 Stunden für Ersatz sorgen konnte. Wir hätten den Stillstand also vermeiden können – wenn die Produktion doch nur vorab ein Signal gegeben hätte. Doch den Mut, Fehler einzugestehen, finden Mitarbeiter manchmal nicht.

3 Tipps für Krisengespräche mit Mitarbeitern

Wie aber kann man Mitarbeiter und Kollegen ermutigen, das Unbehagliche dennoch zu formulieren – und zwar rechtzeitig an den Verantwortlichen?

Es gibt einige Spielregeln in der Kommunikation, die ich in einer solchen Situation zu beherzigen versuche. Diese Regeln mögen vielleicht längst in unseren Köpfen sein, aber sie umzusetzen fällt nicht immer leicht.

Feindbilder loslassen

Wenn mal wieder etwas schiefgelaufen ist, ist es unmittelbar da: dieses „Ärger-Gefühl“. Allzu gerne halte ich die Betreffenden dann für zu langsam, zu wenig sorgfältig und manchmal auch für zu faul. In meinem Ärger bastele ich mir eine Art Feindbild. Da aber derlei Emotionen und Schuldzuweisungen eher Energie rauben als zur Problemlösung beitragen, versuche ich schnellstmöglich auf den Beobachtungsposten zu wechseln und die Perspektive der anderen Seite einzunehmen: die des Mitarbeiters.

Beispielsweise so: Ich hinterfragte, wieso die Produktion nicht mit der Verpackungsfirma gesprochen hatte. Bei näherer Recherche stellte sich heraus, dass der betreffende Produktionsmitarbeiter dort zwar angerufen, aber den Zuständigen nicht erreicht hatte. In dem ebenfalls mittelständisch geführten Unternehmen war nur der Geschäftsführer erreichbar.

Nun ist es dem Produktionsmitarbeiter aber ein Bedürfnis, mit einem Kollegen auf seiner Ebene zu sprechen. Er war der Ansicht, dass der Geschäftsführer ihm auch nicht hätte helfen können, und hielt es für nicht angemessen, sich mit ihm direkt zu unterhalten. So wartete er, leider vergeblich, auf Rückmeldung eines Produktionsmitarbeiters der Verpackungsfirma.

Beobachten statt bewerten

Ich suchte also das Gespräch mit unserem Mitarbeiter aus der Produktion. Gleich zu Anfang machte ich deutlich, dass es darum gehe, den Ablauf zu rekonstruieren, und nicht darum, ihn zu bewerten oder womöglich zu bestrafen.

Der Mitarbeiter öffnete sich, als ihm klar wurde, dass keine Schelte drohte. Auch er wollte gern eine Lösung für die Zukunft finden. Er vertraute mir an, warum er generell nicht mit Geschäftsführern reden wollte – eine tradierte Ansicht aus vorangegangenen Beschäftigungsverhältnissen. Wir einigten uns darauf, dass er bei den nächsten Kundengesprächen mit dabei ist, um seine Bedenken gegenüber der Geschäftsführungsebene abzubauen.

Hätte ich meinem Ärger Luft gemacht, ihm aufgelauert und mit Vorschriften und „So bitte nicht …“-Phrasen konfrontiert, wäre das Gespräch kontraproduktiv gewesen. Ich hätte nicht erfahren, dass er Berührungsängste mit den Geschäftsführern anderer Unternehmen hat – und hätte keine Lösung herbeiführen können.

Nur wer beobachtet und hinterfragt und nicht gleich verurteilt, kann Dinge in Erfahrung bringen. Ein Fakt, den schon der Kommunikationspsychologe Marshall Rosenberg kannte: „Wenn Du anderen mit einem Feindbild begegnest, verlierst Du an Macht“. (Zitat: Marshall B. Rosenberg, „Gewaltfreie Kommunikation“)

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Machen ist wie wollen, nur krasser
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Nachfragen statt interpretieren

Wer sich wirklich über die Bedürfnisse und Bedenken seiner Mitarbeiter informiert, kann es schaffen, eine gute Kommunikations- und auch eine gute Fehlerkultur zu entwickeln. Mitarbeiter handeln nach Gründen – und anstatt diese selbst in ihr Handeln hineinzuinterpretieren, tut es oft ein offenes Gespräch. Wer sich diese Zeit auch gleich zu Beginn mit neuen Mitarbeitern nimmt, spart sich viel Kraft und Mühe.

Womit wir wieder bei Marshall Rosenberg wären, der meint: „Worte können Mauern sein oder Fenster“ – und gerade ein in Berlin ansässiges Unternehmen kann und will sich keine Mauer leisten.

 

Wer je in einem produzierenden mittelständischen Unternehmen tätig war, der weiß, dass Stillstand nicht gut ist: vor allem der Produktions-Stillstand. Dieser kann aus verschiedenen Gründen eintreten, zum Beispiel durch maschinelle also technische Probleme, fehlende Rohstoffe oder auch zu wenig Personal. Neulich war es bei uns soweit. Das Verpackungsmaterial für eines unserer Produkte ist ausgegangen und niemand aus der Produktion hatte einen Ton gesagt. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurde dann ein Folienhersteller angerufen, der binnen 24 Stunden für Ersatz sorgen konnte. Wir hätten den Stillstand also vermeiden können - wenn die Produktion doch nur vorab ein Signal gegeben hätte. Doch den Mut, Fehler einzugestehen, finden Mitarbeiter manchmal nicht. 3 Tipps für Krisengespräche mit Mitarbeitern Wie aber kann man Mitarbeiter und Kollegen ermutigen, das Unbehagliche dennoch zu formulieren - und zwar rechtzeitig an den Verantwortlichen? Es gibt einige Spielregeln in der Kommunikation, die ich in einer solchen Situation zu beherzigen versuche. Diese Regeln mögen vielleicht längst in unseren Köpfen sein, aber sie umzusetzen fällt nicht immer leicht. Feindbilder loslassen Wenn mal wieder etwas schiefgelaufen ist, ist es unmittelbar da: dieses "Ärger-Gefühl". Allzu gerne halte ich die Betreffenden dann für zu langsam, zu wenig sorgfältig und manchmal auch für zu faul. In meinem Ärger bastele ich mir eine Art Feindbild. Da aber derlei Emotionen und Schuldzuweisungen eher Energie rauben als zur Problemlösung beitragen, versuche ich schnellstmöglich auf den Beobachtungsposten zu wechseln und die Perspektive der anderen Seite einzunehmen: die des Mitarbeiters. Beispielsweise so: Ich hinterfragte, wieso die Produktion nicht mit der Verpackungsfirma gesprochen hatte. Bei näherer Recherche stellte sich heraus, dass der betreffende Produktionsmitarbeiter dort zwar angerufen, aber den Zuständigen nicht erreicht hatte. In dem ebenfalls mittelständisch geführten Unternehmen war nur der Geschäftsführer erreichbar. Nun ist es dem Produktionsmitarbeiter aber ein Bedürfnis, mit einem Kollegen auf seiner Ebene zu sprechen. Er war der Ansicht, dass der Geschäftsführer ihm auch nicht hätte helfen können, und hielt es für nicht angemessen, sich mit ihm direkt zu unterhalten. So wartete er, leider vergeblich, auf Rückmeldung eines Produktionsmitarbeiters der Verpackungsfirma. Beobachten statt bewerten Ich suchte also das Gespräch mit unserem Mitarbeiter aus der Produktion. Gleich zu Anfang machte ich deutlich, dass es darum gehe, den Ablauf zu rekonstruieren, und nicht darum, ihn zu bewerten oder womöglich zu bestrafen. Der Mitarbeiter öffnete sich, als ihm klar wurde, dass keine Schelte drohte. Auch er wollte gern eine Lösung für die Zukunft finden. Er vertraute mir an, warum er generell nicht mit Geschäftsführern reden wollte - eine tradierte Ansicht aus vorangegangenen Beschäftigungsverhältnissen. Wir einigten uns darauf, dass er bei den nächsten Kundengesprächen mit dabei ist, um seine Bedenken gegenüber der Geschäftsführungsebene abzubauen. Hätte ich meinem Ärger Luft gemacht, ihm aufgelauert und mit Vorschriften und „So bitte nicht ...“-Phrasen konfrontiert, wäre das Gespräch kontraproduktiv gewesen. Ich hätte nicht erfahren, dass er Berührungsängste mit den Geschäftsführern anderer Unternehmen hat - und hätte keine Lösung herbeiführen können. Nur wer beobachtet und hinterfragt und nicht gleich verurteilt, kann Dinge in Erfahrung bringen. Ein Fakt, den schon der Kommunikationspsychologe Marshall Rosenberg kannte: „Wenn Du anderen mit einem Feindbild begegnest, verlierst Du an Macht“. (Zitat: Marshall B. Rosenberg, „Gewaltfreie Kommunikation“) Nachfragen statt interpretieren Wer sich wirklich über die Bedürfnisse und Bedenken seiner Mitarbeiter informiert, kann es schaffen, eine gute Kommunikations- und auch eine gute Fehlerkultur zu entwickeln. Mitarbeiter handeln nach Gründen - und anstatt diese selbst in ihr Handeln hineinzuinterpretieren, tut es oft ein offenes Gespräch. Wer sich diese Zeit auch gleich zu Beginn mit neuen Mitarbeitern nimmt, spart sich viel Kraft und Mühe. Womit wir wieder bei Marshall Rosenberg wären, der meint: „Worte können Mauern sein oder Fenster“ – und gerade ein in Berlin ansässiges Unternehmen kann und will sich keine Mauer leisten.  
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