Graphologie
Was die Handschrift eines Bewerbers verrät

Typische ­Erfolgsmenschen kann man an der Handschrift erkennen, glauben Graphologen. Nicht nur deshalb empfehlen sie die Schriftanalyse als Entscheidungshilfe bei der Personalauswahl.

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Mit Hilfe von Graphologie kann man anhand der Handschrift erkennen, ob ein Mensch Führungsstärke und Leistungswillen mitbringt.
Mit Hilfe von Graphologie kann man anhand der Handschrift erkennen, ob ein Mensch Führungsstärke und Leistungswillen mitbringt.
© mninni / Fotolia.com

Notizen werden heute oft im Mobiltelefon festgehalten, der Nutzer muss nur noch sprechen, das Gerät schreibt für ihn. Als Urlaubsgruß reicht eine kurze SMS oder ein Foto im Internet. Keiner muss mehr mit der Hand schreiben – vielleicht werden gerade deshalb gebundene Notizbücher und edle Füller wieder gekauft. Start-ups verfassen im Auftrag ihrer Kunden Briefe und Grußkarten in Tinte. Handschrift ist ein Kulturgut, an dem viele Menschen hängen. Sie kann zudem viel über den eigenen Charakter verraten, sagt Helmut Ploog, Vorsitzender des Bundesverbandes der Graphologen.

impulse: Herr Ploog, was können Sie in einer Handschrift lesen?

Helmut Ploog: Graphologie hat nichts mit Esoterik zu tun. Wir analysieren den Ausdruck in einer Handschrift. Man kann darin erkennen, wie stabil ein Mensch ist, ob er Entwicklungsstörungen hatte, wie seine Gefühlsbereiche beschaffen sind. Auch wie aktiv oder ehrlich jemand ist, lässt sich herauslesen. Nicht erkennen lassen sich hingegen Alter, ­Geschlecht, Krankheiten oder Gedankengut.

Auf welche Merkmale achten Sie?

Es gibt einige übergreifende Befunde, zum Beispiel den Rhythmus einer Schrift, wie schön sie fließt, ob eher die Form oder die Bewegung betont wird. Auch wie originell oder einheitlich eine Schrift ist, wird begutachtet. Wenn ich diese generellen Punkte bearbeitet habe, gehe ich auf rund 20 Einzelmerkmale ein: Ist die Schrift druckstark, ist sie groß oder klein, neigt sie sich nach rechts oder links, welche Formen stecken im Schriftbild?

Zeugt eine krakelige Schrift von einem schlechten Charakter?

Nein, das muss nicht sein. Wenn Sie eine krakelige Schrift haben mit sehr vielen Winkeln und ­starkem Druck und Drive dahinter, dann kann man sagen: Sie sind eine eigenwillige, kantige Persönlichkeit.

Wie sieht die Handschrift eines typischen ­Erfolgsmenschen aus?

Das kann man tatsächlich etwas eingrenzen. Es sollte eine Schrift sein, die zügig geschrieben und vereinfacht ist, also ohne viele Schleifen und An­fügungen auskommt. Jemand, der vereinfacht, konzentriert sich aufs Wesentliche und ist effizient. Denn wer unter Zeitdruck Leistung erbringen muss, hat keine Zeit, eine umständliche Schrift zu schreiben. Zudem sollte die Schrift einheitlich nach rechts geneigt und gut verbunden sein. Wenn jemand eine Schrift hat, die nach rechts und links schwankt wie ein Schilfrohr im Wind, ist das schon ein Knock-out-Kriterium – da sehen Sie, wie zerrissen der Mensch innerlich ist.

Wie können Unternehmer die Graphologie für sich nutzen?

Zum Beispiel als Entscheidungshilfe bei Bewerbungsgesprächen. Je mehr bei einer Position die gesamte Persönlichkeit gefordert ist – speziell bei Führungskräften –, desto besser ist die Graphologie einsetzbar. Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, wie viel jemand während seiner Ausbildung geschrieben hat. Jemand, der rein handwerklich tätig ist, hat natürlich nicht so eine ausgeschriebene Handschrift. Eine Buchhalterin, ein Vertriebsmann oder ein Geschäftsführer sind dagegen gut über ihre Schrift zu beurteilen.

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Sollten sich Chefs im Zuge einer Bewerbung eine Schriftprobe geben lassen?

Ja, das kann aber auch während des Auswahl­vorgangs passieren, etwa durch Notizen, die Bewerber sich machen. In der Regel ist das, was im Assessment-Center geschrieben wird, besonders authentisch, weil die Kandidaten nicht daran ­denken, dass sie eine Schriftprobe abgeben. Chefs kleinerer Firmen, die kein Assessment-Center durchführen, können Bewerber spontan während des Vorstellungsgesprächs etwas aus der Firmenbroschüre abschreiben lassen. Die Aussagen, die sich aufgrund solcher Schriftproben treffen lassen, treffen zu 90 Prozent zu.

Würde es nicht ausreichen, einen Blick auf die Unterschrift zu werfen?

Die Unterschrift zeigt, wie sich jemand nach außen hin darstellt, wie er sein will oder gesehen werden möchte. Die übrige Schrift hingegen zeigt, wie er tatsächlich ist. Wenn Unterschrift und Schrift gut übereinstimmen, ist es ein positives Zeichen, zum Beispiel für die Authentizität eines Menschen. Wenn die Unterschrift hingegen stark verschnörkelt, riesig oder unterstrichen ist, zeugt das von sehr starken Selbstdarstellungswünschen – und das ist keine tolle Empfehlung für eine Führungskraft.

Können Unternehmer ihre Schrift analysieren lassen, um Führungsqualitäten zu testen?

Es ist mir schon öfter passiert, dass Chefs ihre Schrift unter einen Stapel von Schriftproben der Bewerber schmuggeln und dann sehen wollen, wie sie selbst bei der Analyse abschneiden. Auch in Bezug auf Nachfolgefragen kann eine Schriftprobe sinnvoll sein. Wenn jemand den Betrieb übernehmen soll, lasse ich mir oft ein Schriftstück des ­früheren Positionsinhabers geben. Die Schrift des früheren Stelleninhabers dient mir als Richtlinie, wie es in der Firma zugeht.

Was raten Sie, wenn der aktuelle Chef und der Nachfolger extrem unterschiedlich schreiben?

Ich würde schon klar machen, dass die Firma sich dann umgewöhnen muss. Wenn jemand seit vielen Jahren in einem Betrieb arbeitet, war er akzeptiert und hatte Erfolg. Wenn der Neue jetzt ganz anders ist, kann es unter Umständen Probleme geben, besonders wenn es sich um ein Familienunternehmen oder einen kleinen Betrieb handelt.

Notizen werden heute oft im Mobiltelefon festgehalten, der Nutzer muss nur noch sprechen, das Gerät schreibt für ihn. Als Urlaubsgruß reicht eine kurze SMS oder ein Foto im Internet. Keiner muss mehr mit der Hand schreiben – vielleicht werden gerade deshalb gebundene Notizbücher und edle Füller wieder gekauft. Start-ups verfassen im Auftrag ihrer Kunden Briefe und Grußkarten in Tinte. Handschrift ist ein Kulturgut, an dem viele Menschen hängen. Sie kann zudem viel über den eigenen Charakter verraten, sagt Helmut Ploog, Vorsitzender des Bundesverbandes der Graphologen. impulse: Herr Ploog, was können Sie in einer Handschrift lesen? Helmut Ploog: Graphologie hat nichts mit Esoterik zu tun. Wir analysieren den Ausdruck in einer Handschrift. Man kann darin erkennen, wie stabil ein Mensch ist, ob er Entwicklungsstörungen hatte, wie seine Gefühlsbereiche beschaffen sind. Auch wie aktiv oder ehrlich jemand ist, lässt sich herauslesen. Nicht erkennen lassen sich hingegen Alter, ­Geschlecht, Krankheiten oder Gedankengut. Auf welche Merkmale achten Sie? Es gibt einige übergreifende Befunde, zum Beispiel den Rhythmus einer Schrift, wie schön sie fließt, ob eher die Form oder die Bewegung betont wird. Auch wie originell oder einheitlich eine Schrift ist, wird begutachtet. Wenn ich diese generellen Punkte bearbeitet habe, gehe ich auf rund 20 Einzelmerkmale ein: Ist die Schrift druckstark, ist sie groß oder klein, neigt sie sich nach rechts oder links, welche Formen stecken im Schriftbild? Zeugt eine krakelige Schrift von einem schlechten Charakter? Nein, das muss nicht sein. Wenn Sie eine krakelige Schrift haben mit sehr vielen Winkeln und ­starkem Druck und Drive dahinter, dann kann man sagen: Sie sind eine eigenwillige, kantige Persönlichkeit. Wie sieht die Handschrift eines typischen ­Erfolgsmenschen aus? Das kann man tatsächlich etwas eingrenzen. Es sollte eine Schrift sein, die zügig geschrieben und vereinfacht ist, also ohne viele Schleifen und An­fügungen auskommt. Jemand, der vereinfacht, konzentriert sich aufs Wesentliche und ist effizient. Denn wer unter Zeitdruck Leistung erbringen muss, hat keine Zeit, eine umständliche Schrift zu schreiben. Zudem sollte die Schrift einheitlich nach rechts geneigt und gut verbunden sein. Wenn jemand eine Schrift hat, die nach rechts und links schwankt wie ein Schilfrohr im Wind, ist das schon ein Knock-out-Kriterium – da sehen Sie, wie zerrissen der Mensch innerlich ist. Wie können Unternehmer die Graphologie für sich nutzen? Zum Beispiel als Entscheidungshilfe bei Bewerbungsgesprächen. Je mehr bei einer Position die gesamte Persönlichkeit gefordert ist – speziell bei Führungskräften –, desto besser ist die Graphologie einsetzbar. Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, wie viel jemand während seiner Ausbildung geschrieben hat. Jemand, der rein handwerklich tätig ist, hat natürlich nicht so eine ausgeschriebene Handschrift. Eine Buchhalterin, ein Vertriebsmann oder ein Geschäftsführer sind dagegen gut über ihre Schrift zu beurteilen. Sollten sich Chefs im Zuge einer Bewerbung eine Schriftprobe geben lassen? Ja, das kann aber auch während des Auswahl­vorgangs passieren, etwa durch Notizen, die Bewerber sich machen. In der Regel ist das, was im Assessment-Center geschrieben wird, besonders authentisch, weil die Kandidaten nicht daran ­denken, dass sie eine Schriftprobe abgeben. Chefs kleinerer Firmen, die kein Assessment-Center durchführen, können Bewerber spontan während des Vorstellungsgesprächs etwas aus der Firmenbroschüre abschreiben lassen. Die Aussagen, die sich aufgrund solcher Schriftproben treffen lassen, treffen zu 90 Prozent zu. Würde es nicht ausreichen, einen Blick auf die Unterschrift zu werfen? Die Unterschrift zeigt, wie sich jemand nach außen hin darstellt, wie er sein will oder gesehen werden möchte. Die übrige Schrift hingegen zeigt, wie er tatsächlich ist. Wenn Unterschrift und Schrift gut übereinstimmen, ist es ein positives Zeichen, zum Beispiel für die Authentizität eines Menschen. Wenn die Unterschrift hingegen stark verschnörkelt, riesig oder unterstrichen ist, zeugt das von sehr starken Selbstdarstellungswünschen – und das ist keine tolle Empfehlung für eine Führungskraft. Können Unternehmer ihre Schrift analysieren lassen, um Führungsqualitäten zu testen? Es ist mir schon öfter passiert, dass Chefs ihre Schrift unter einen Stapel von Schriftproben der Bewerber schmuggeln und dann sehen wollen, wie sie selbst bei der Analyse abschneiden. Auch in Bezug auf Nachfolgefragen kann eine Schriftprobe sinnvoll sein. Wenn jemand den Betrieb übernehmen soll, lasse ich mir oft ein Schriftstück des ­früheren Positionsinhabers geben. Die Schrift des früheren Stelleninhabers dient mir als Richtlinie, wie es in der Firma zugeht. Was raten Sie, wenn der aktuelle Chef und der Nachfolger extrem unterschiedlich schreiben? Ich würde schon klar machen, dass die Firma sich dann umgewöhnen muss. Wenn jemand seit vielen Jahren in einem Betrieb arbeitet, war er akzeptiert und hatte Erfolg. Wenn der Neue jetzt ganz anders ist, kann es unter Umständen Probleme geben, besonders wenn es sich um ein Familienunternehmen oder einen kleinen Betrieb handelt.
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