Stellennachbesetzung
Warum ich gleich fünf Azubis ausbilde

Teure Profis einstellen oder Azubis ausbilden? Unternehmerin Vanessa Weber hat beides ausprobiert, um freie Stellen nachzubesetzen. Sie hat viel Lehrgeld bezahlt und gibt auf die Frage jetzt eine klare Antwort.

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Wer bekommt den Job? Bei der Stellennachbesetzung müssen Unternehmer gut abwägen zwischen den Bewerbern.
Wer bekommt den Job? Bei der Stellennachbesetzung müssen Unternehmer gut abwägen zwischen den Bewerbern.

Klar, Qualität kostet – wer gute Mitarbeiter haben und halten möchte, muss investieren. Wie viel Geld ich investiere und wie ich eine freie Stelle im Betrieb nachbesetze – diese Frage stellt sich mir immer wieder.

Vor einiger Zeit ist ein Mitarbeiter aus dem Vertrieb in Rente gegangen. Wir wussten, dass es nicht leicht werden würde, so einen eingearbeiteten Profi zu ersetzen, der unser Unternehmen und die Produkte kennt wie seine Westentasche. Deshalb haben wir drei Jahre vor der Pensionierung angefangen, eine Nachbesetzung zu suchen.

Was wir nicht wussten: Das war der Beginn einer kleinen Odyssee, die mit einer klaren Neuorientierung in der Personalpolitik des Betriebs endete.

Er präsentierte sich als Held – und verkaufte keinen einzigen Schraubenzieher

Als erstes führten wir Gespräche mit externen Außendienstlern. Die Auswahl war nicht groß, wir suchten händeringend und ein Bewerber verlangte ein horrendes Gehalt. Gleichzeitig zeigte er eine riesige Kundenliste aus der für uns relevanten Region vor. Ich war mir in meiner Entscheidung für eine Zusammenarbeit nicht hundertprozentig sicher, aber ich habe ihm Glauben geschenkt und gedacht: „Ich muss jetzt mal in einen fertigen Mitarbeiter investieren.“

Doch es sollte anders kommen. Der Vertriebler hatte sich bei uns zwar als Held vom Erdbeerfeld präsentiert, aber dann in drei Monaten keinen einzigen Schraubenzieher verkauft. Das ging natürlich gar nicht! Kurz darauf haben wir uns getrennt. Auch mit dem zweiten Vertriebler hatten wir kein Glück: Er erkrankte leider schwer und musste aufhören.

Bei der dritten Besetzung ging dann wirklich alles schief: Der Mitarbeiter gab die Waren beim Kunden ab, kassierte bar, sagte uns nichts und steckte das Geld ein. Nach zwei Monaten kamen diese strategischen Diebstähle ans Licht. Sehr enttäuschend.

Danach versuchten wir es mit einem anderen Vertriebler, der aus der Industrie kam und zuvor nur ein spezielles Produkt verkauft hatte – aber es zeigte sich schnell, dass er mit dem Handel und unseren tausenden Produkten im Sortiment überfordert war.

Wir haben also viel Lehrgeld bezahlt – in Form hoher Gehälter und durch die Diebstähle sowie die Einarbeitung von „Profis“, die nicht lange blieben. Ganz ehrlich, ich hatte die Nase voll von der Suche.

Meine neue Strategie, um Stellen nachzubesetzen

Das hat mich zu einer Kehrtwende beim Personal gebracht: Wir brauchen nicht mehr externe Mitarbeiter, sondern Mitarbeiter, die wissen, wir unser Unternehmen tickt, und die unsere Produkte gut kennen. Also: weniger teure Profis, dafür mehr Azubis im Unternehmen, die im Haus intensiv eingearbeitet werden und langfristig bleiben.

Diese Entscheidung fiel vor zwei Jahren. Mittlerweile haben wir fünf Azubis – das ist recht viel für einen Betrieb mit 24 Mitarbeitern. Jeder Azubi durchläuft natürlich alle Abteilungen des Unternehmens, aber jeder hat auch einen Schwerpunkt, der seinen Interessen und Stärken entspricht – sei es E-Commerce, Verkauf, Buchhaltung oder Lagerlogistik.

In diesen Schwerpunkt-Abteilungen bilden wir unsere Azubis über längere Zeit intensiv aus, sie bekommen spezielle Coachings und Praxiserfahrungen.

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Unser Paten-Programm für Azubis

All das funktioniert natürlich nur mit intensiver Betreuung. Dafür haben wir ein Paten-Programm aufgebaut. Jeder Azubi hat einen Paten als direkten Ansprechpartner – für Probleme und fachliche Fragen. Durch die Paten bin ich als Ausbildungsleiterin gut informiert. Das wäre ich sonst wahrscheinlich nicht – denn wer möchte als Azubi wegen einer kleinen Frage gleich zum Chef laufen …

Das System funktioniert gut, wir haben motivierte Azubis. Wahrscheinlich trägt auch ihre gute Perspektive im Unternehmen dazu bei: Sie sollen ganz konkrete Stellen von bereits pensionierten Kollegen übernehmen oder von Mitarbeitern, die später mal in Rente gehen. Zum Beispiel ist geplant, dass Leon, unser Azubi mit dem Schwerpunkt Akquise, der Nachfolger des bereits pensionierten Vertrieblers wird.

Ich versuche, jungen Menschen Perspektiven zu bieten

Seit zwei Jahren ist diese Stelle schon auf die anderen Vertriebler verteilt. Das war übrigens kein großes Problem, denn als die Stelle ständig umbesetzt wurde, blieb die meiste Arbeit ohnehin an den anderen hängen. Nun arbeiten sie dem Azubi zu und wissen, dass in einem Jahr jemand da sein wird, der das Unternehmen, seine DNA und die Produkte kennt.

Es kommt aber nicht nur aufs Geld an, das man in Gehälter und Ausbildung investiert. Es heißt ja, wer mit Peanuts bezahlt, muss mit Affen arbeiten. Jeder soll ein gutes, angemessenes Gehalt erhalten. Stellen, für die ich Spezialisten brauche, muss ich auch mit Spezialisten nachbesetzen – zum Beispiel die Buchhalterin. Aber bei anderen Abteilungen geht es auch etwas flexibler – ich versuche einen guten Mittelweg finden. Auf jeden Fall habe ich gelernt, mit Hilfe einer langfristigen Planung Stellen intern nachzubesetzen.

Klar, Qualität kostet – wer gute Mitarbeiter haben und halten möchte, muss investieren. Wie viel Geld ich investiere und wie ich eine freie Stelle im Betrieb nachbesetze – diese Frage stellt sich mir immer wieder. Vor einiger Zeit ist ein Mitarbeiter aus dem Vertrieb in Rente gegangen. Wir wussten, dass es nicht leicht werden würde, so einen eingearbeiteten Profi zu ersetzen, der unser Unternehmen und die Produkte kennt wie seine Westentasche. Deshalb haben wir drei Jahre vor der Pensionierung angefangen, eine Nachbesetzung zu suchen. Was wir nicht wussten: Das war der Beginn einer kleinen Odyssee, die mit einer klaren Neuorientierung in der Personalpolitik des Betriebs endete. Er präsentierte sich als Held - und verkaufte keinen einzigen Schraubenzieher Als erstes führten wir Gespräche mit externen Außendienstlern. Die Auswahl war nicht groß, wir suchten händeringend und ein Bewerber verlangte ein horrendes Gehalt. Gleichzeitig zeigte er eine riesige Kundenliste aus der für uns relevanten Region vor. Ich war mir in meiner Entscheidung für eine Zusammenarbeit nicht hundertprozentig sicher, aber ich habe ihm Glauben geschenkt und gedacht: „Ich muss jetzt mal in einen fertigen Mitarbeiter investieren.“ Doch es sollte anders kommen. Der Vertriebler hatte sich bei uns zwar als Held vom Erdbeerfeld präsentiert, aber dann in drei Monaten keinen einzigen Schraubenzieher verkauft. Das ging natürlich gar nicht! Kurz darauf haben wir uns getrennt. Auch mit dem zweiten Vertriebler hatten wir kein Glück: Er erkrankte leider schwer und musste aufhören. Bei der dritten Besetzung ging dann wirklich alles schief: Der Mitarbeiter gab die Waren beim Kunden ab, kassierte bar, sagte uns nichts und steckte das Geld ein. Nach zwei Monaten kamen diese strategischen Diebstähle ans Licht. Sehr enttäuschend. Danach versuchten wir es mit einem anderen Vertriebler, der aus der Industrie kam und zuvor nur ein spezielles Produkt verkauft hatte – aber es zeigte sich schnell, dass er mit dem Handel und unseren tausenden Produkten im Sortiment überfordert war. Wir haben also viel Lehrgeld bezahlt – in Form hoher Gehälter und durch die Diebstähle sowie die Einarbeitung von "Profis", die nicht lange blieben. Ganz ehrlich, ich hatte die Nase voll von der Suche. Meine neue Strategie, um Stellen nachzubesetzen Das hat mich zu einer Kehrtwende beim Personal gebracht: Wir brauchen nicht mehr externe Mitarbeiter, sondern Mitarbeiter, die wissen, wir unser Unternehmen tickt, und die unsere Produkte gut kennen. Also: weniger teure Profis, dafür mehr Azubis im Unternehmen, die im Haus intensiv eingearbeitet werden und langfristig bleiben. Diese Entscheidung fiel vor zwei Jahren. Mittlerweile haben wir fünf Azubis – das ist recht viel für einen Betrieb mit 24 Mitarbeitern. Jeder Azubi durchläuft natürlich alle Abteilungen des Unternehmens, aber jeder hat auch einen Schwerpunkt, der seinen Interessen und Stärken entspricht – sei es E-Commerce, Verkauf, Buchhaltung oder Lagerlogistik. In diesen Schwerpunkt-Abteilungen bilden wir unsere Azubis über längere Zeit intensiv aus, sie bekommen spezielle Coachings und Praxiserfahrungen. Unser Paten-Programm für Azubis All das funktioniert natürlich nur mit intensiver Betreuung. Dafür haben wir ein Paten-Programm aufgebaut. Jeder Azubi hat einen Paten als direkten Ansprechpartner – für Probleme und fachliche Fragen. Durch die Paten bin ich als Ausbildungsleiterin gut informiert. Das wäre ich sonst wahrscheinlich nicht - denn wer möchte als Azubi wegen einer kleinen Frage gleich zum Chef laufen ... Das System funktioniert gut, wir haben motivierte Azubis. Wahrscheinlich trägt auch ihre gute Perspektive im Unternehmen dazu bei: Sie sollen ganz konkrete Stellen von bereits pensionierten Kollegen übernehmen oder von Mitarbeitern, die später mal in Rente gehen. Zum Beispiel ist geplant, dass Leon, unser Azubi mit dem Schwerpunkt Akquise, der Nachfolger des bereits pensionierten Vertrieblers wird. Ich versuche, jungen Menschen Perspektiven zu bieten Seit zwei Jahren ist diese Stelle schon auf die anderen Vertriebler verteilt. Das war übrigens kein großes Problem, denn als die Stelle ständig umbesetzt wurde, blieb die meiste Arbeit ohnehin an den anderen hängen. Nun arbeiten sie dem Azubi zu und wissen, dass in einem Jahr jemand da sein wird, der das Unternehmen, seine DNA und die Produkte kennt. Es kommt aber nicht nur aufs Geld an, das man in Gehälter und Ausbildung investiert. Es heißt ja, wer mit Peanuts bezahlt, muss mit Affen arbeiten. Jeder soll ein gutes, angemessenes Gehalt erhalten. Stellen, für die ich Spezialisten brauche, muss ich auch mit Spezialisten nachbesetzen – zum Beispiel die Buchhalterin. Aber bei anderen Abteilungen geht es auch etwas flexibler - ich versuche einen guten Mittelweg finden. Auf jeden Fall habe ich gelernt, mit Hilfe einer langfristigen Planung Stellen intern nachzubesetzen.
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