Preis ablehnen
Netter Preis – aber ich habe Wichtigeres zu tun

Danke, aber nein danke! Gastronom Jürgen Krenzer war für den Großen Preis des Mittelstandes nominiert - und hat verzichtet. Hier erklärt er, warum er sich lieber mit der Zukunft als mit der Vergangenheit beschäftigt.

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Ein Gala-Abend mit rotem Teppich macht etwas her - aber bringt so eine Preisverleihung wirklich etwas? Jürgen Krenzer hat sich dagegen entschieden, die Unterlagen für einen renommierten Preis einzureichen - und kümmert sich lieber um die Zukunft seines Unternehmens.
Ein Gala-Abend mit rotem Teppich macht etwas her - aber bringt so eine Preisverleihung wirklich etwas? Jürgen Krenzer hat sich dagegen entschieden, die Unterlagen für einen renommierten Preis einzureichen - und kümmert sich lieber um die Zukunft seines Unternehmens.

Karfreitag, 14. April 2017, 23.59 Uhr. In 60 Sekunden läuft die Frist ab. Von der vielleicht meine zukünftige Karriere abhängt. Aber nur vielleicht.

Ich, oder besser mein Betrieb „krenzers rhön“, wurde nämlich nominiert. Für den Großen Preis des Mittelstands. Ich kenne diesen Preis der Oskar-Patzelt-Stiftung sehr gut. Es ist der „Oscar“ des Mittelstands. Ohne Frage. Und ich fühle mich selbstverständlich durch die Nominierung geehrt. Geehrt für regionales Engagement, pfiffiges Marketing und Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region. Ohne Frage. Aber …

Ein Preis bedeutet vor allem: viel Arbeit

Mit der Nominierung geht für mich die Arbeit erst los. Umfangreiche Fragebögen müssen ausgefüllt werden. Bilanzen der letzten Jahre müssen dafür wieder hervorgeholt (ist wie das Kramen in alten Geschichtsbüchern) und Beweise für unsere (frühere) Rentabilität und Effizienz erbracht werden. Oh weia! Das kostet Zeit im Büro. Dabei sind wir gerade wieder dabei zu bauen. Und da ich meine Lebenszeit nicht so gern am Schreibtisch verbringe (was ja in Deutschland mittlerweile gefühlt 60 Prozent der Menschen tun und damit auch nicht wirklich glücklich sind), lasse ich es auch jetzt sein. Die Frist verstreicht einfach so und ich reiche nichts ein.

Reines Bauchgefühl. Denn wenn du schon ein Bauchgefühl hast, dann kannste dich ja mal drauf verlassen. Ein Fehler? Vielleicht. Absicht? Ja.

Was bringen solche Preise? Sicher für Newcomer eine Menge Publicity. Gut so. Die brauchen das. Und sie schüren Erwartungen. Beim Kunden. Bei künftigen Mitarbeitern. Doch nicht jedes preisgekrönte Haus kann sie erfüllen. Da habe nicht nur ich schon viele Erfahrungen gesammelt. Es gibt ja nun auch wirklich für (fast) alles eine Auszeichnung. Meist nutzen sie dem, der sie vergibt, mehr als dem, der sie erhält. Darüber nachzudenken lohnt sich.

Was bringt mir so ein Preis wirklich?

In meiner Gastro- und Hotel-Branche kannst du dir sogar Preise kaufen. Zack, mal 1000 Euro (plus Umsatzsteuer) auf den Tisch gelegt und du bekommst garantiert einen Preis von irgendeinem selbst ernannten Gastro-Institut. Natürlich mit riesengroßer, dekorativer Urkunde. In vielen Läden hängen ganze Wände damit voll. Die Gastwirtschaft ist aber leer. Marketing – und nichts anderes ist das – hilft auch nicht immer.

Dazu fallen mir gerade diese Werbeplakate à la Musikantenstadl ein. Da steht dann bei irgendeiner Dorfveranstaltung einer bunten Kapelle unter dem Foto: „Bekannt aus Funk & Fernsehen!“ Tja, wenn die bekannt wären aus Funk und Fernsehen, müsste man es nicht extra erwähnen, oder?

Und genau so ist es auch mit diesen Preisen. Ein Top-Ausbildungsbetrieb ist ein Top-Ausbildungsbetrieb, weil er eben ein Top-Ausbildungsbetrieb ist. Und nicht, weil er anlässlich eines Wettbewerbs die Unterlagen so „veredelt“ hat, dass er dafür einen Preis bekommen muss. Ich hoffe, Sie, liebe Leser, sind noch bei mir und verstehen, worauf ich hinaus will.

Mir geht es um die Zukunft, nicht um die Vergangenheit

Und wenn man bei einem Preis dann die Juryauswahl übersteht, darf man an einem Gala-Abend teilnehmen. Gala-Abende sind ja so was von 2012, würde meine Azubine Marlene sagen. Dann muss ich mir wieder so ein Pinguin-Kostüm namens Gala-Anzug kaufen. Weil ich in das komische Teil, das ich mir extra für die Verleihung des „Hotelier des Jahres“ 2012 gekauft hatte, schon wieder nicht mehr reinpasse. Man wächst eben mit seinen Aufgaben …

Nein, ich war nicht nominiert zum Hotelier des Jahres. Hatte aber Karten bekommen. Die bekommen nur knapp 1000 Leute in der Republik. Für eine elitäre Gala-Veranstaltung mit hübschen Kleidchen und Einstecktüchern kann man sich ja mal einen Anzug für 1000 Euro kaufen, oder? Übrigens: Mitarbeiter sind zu diesen Gala-Abenden nicht mit eingeladen. Dabei wäre das sooo wichtig.

Mal ehrlich: Mir geht es um die Zukunft und nicht um die Vergangenheit. Ich habe einfach keine Zeit, in meinen unternehmerischen Geschichtsbüchern zu schmökern. Nur damit eine wie auch immer besetzte Jury weiß, wie meine Vergangenheit aussah. Die Vergangenheit interessiert mich nicht mehr. Basta! Ich lebe in der Gegenwart. Und die dauert gefühlt drei Sekunden. Auch blöd. Also lebt es sich am besten in der Zukunft. Wie heißt noch dieser wundervolle philosophische Satz: „Wir leben von Dingen der Vergangenheit, die wir erdacht und erfunden haben, als die Gegenwart noch Zukunft war.“ Genau so ist es.

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Mein Blick ist nach vorne gerichtet

Um diese Zukunft kümmere ich mich gerade wieder. Wie sieht die Gastronomie, Hotellerie und die Spezialitäten-Produktion im Jahr 2022 aus? Eines steht fest: Kein Stein wird auf dem anderen bleiben. Das war schon früher so. Aber das Tempo beschleunigt sich gerade massiv. Ein paar Stichworte gefällig? Mitarbeiter. Technik. Digitalisierung.

Ich stehe gerade in meiner Branche vor riesengroßen Herausforderungen. Die kann ich aber nicht durch eine Preisverleihung, einen netten Gala-Abend oder einen Aufkleber an der Tür meistern. Ich brauche einen freien Kopf für die Zukunft. Mein Blick ist nach vorne gerichtet. Deshalb bin ich Unternehmer geworden. Und nicht Historiker. Ich halte es eben jetzt gerade für wichtiger, mich um meine Küche der Zukunft zu kümmern, als irgendwelche Bögen auszufüllen.

Und um meine Mitarbeiter. Die sind das Allerwichtigste. Und mit denen habe ich noch viel vor.

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Und da ich meine Lebenszeit nicht so gern am Schreibtisch verbringe (was ja in Deutschland mittlerweile gefühlt 60 Prozent der Menschen tun und damit auch nicht wirklich glücklich sind), lasse ich es auch jetzt sein. Die Frist verstreicht einfach so und ich reiche nichts ein. Reines Bauchgefühl. Denn wenn du schon ein Bauchgefühl hast, dann kannste dich ja mal drauf verlassen. Ein Fehler? Vielleicht. Absicht? Ja. Was bringen solche Preise? Sicher für Newcomer eine Menge Publicity. Gut so. Die brauchen das. Und sie schüren Erwartungen. Beim Kunden. Bei künftigen Mitarbeitern. Doch nicht jedes preisgekrönte Haus kann sie erfüllen. Da habe nicht nur ich schon viele Erfahrungen gesammelt. Es gibt ja nun auch wirklich für (fast) alles eine Auszeichnung. Meist nutzen sie dem, der sie vergibt, mehr als dem, der sie erhält. Darüber nachzudenken lohnt sich. Was bringt mir so ein Preis wirklich? In meiner Gastro- und Hotel-Branche kannst du dir sogar Preise kaufen. Zack, mal 1000 Euro (plus Umsatzsteuer) auf den Tisch gelegt und du bekommst garantiert einen Preis von irgendeinem selbst ernannten Gastro-Institut. Natürlich mit riesengroßer, dekorativer Urkunde. In vielen Läden hängen ganze Wände damit voll. Die Gastwirtschaft ist aber leer. Marketing – und nichts anderes ist das – hilft auch nicht immer. Dazu fallen mir gerade diese Werbeplakate à la Musikantenstadl ein. Da steht dann bei irgendeiner Dorfveranstaltung einer bunten Kapelle unter dem Foto: "Bekannt aus Funk & Fernsehen!" Tja, wenn die bekannt wären aus Funk und Fernsehen, müsste man es nicht extra erwähnen, oder? Und genau so ist es auch mit diesen Preisen. Ein Top-Ausbildungsbetrieb ist ein Top-Ausbildungsbetrieb, weil er eben ein Top-Ausbildungsbetrieb ist. Und nicht, weil er anlässlich eines Wettbewerbs die Unterlagen so "veredelt" hat, dass er dafür einen Preis bekommen muss. Ich hoffe, Sie, liebe Leser, sind noch bei mir und verstehen, worauf ich hinaus will. Mir geht es um die Zukunft, nicht um die Vergangenheit Und wenn man bei einem Preis dann die Juryauswahl übersteht, darf man an einem Gala-Abend teilnehmen. Gala-Abende sind ja so was von 2012, würde meine Azubine Marlene sagen. Dann muss ich mir wieder so ein Pinguin-Kostüm namens Gala-Anzug kaufen. Weil ich in das komische Teil, das ich mir extra für die Verleihung des „Hotelier des Jahres“ 2012 gekauft hatte, schon wieder nicht mehr reinpasse. Man wächst eben mit seinen Aufgaben ... Nein, ich war nicht nominiert zum Hotelier des Jahres. Hatte aber Karten bekommen. Die bekommen nur knapp 1000 Leute in der Republik. Für eine elitäre Gala-Veranstaltung mit hübschen Kleidchen und Einstecktüchern kann man sich ja mal einen Anzug für 1000 Euro kaufen, oder? Übrigens: Mitarbeiter sind zu diesen Gala-Abenden nicht mit eingeladen. Dabei wäre das sooo wichtig. Mal ehrlich: Mir geht es um die Zukunft und nicht um die Vergangenheit. Ich habe einfach keine Zeit, in meinen unternehmerischen Geschichtsbüchern zu schmökern. Nur damit eine wie auch immer besetzte Jury weiß, wie meine Vergangenheit aussah. Die Vergangenheit interessiert mich nicht mehr. Basta! Ich lebe in der Gegenwart. Und die dauert gefühlt drei Sekunden. Auch blöd. Also lebt es sich am besten in der Zukunft. Wie heißt noch dieser wundervolle philosophische Satz: "Wir leben von Dingen der Vergangenheit, die wir erdacht und erfunden haben, als die Gegenwart noch Zukunft war." Genau so ist es. Mein Blick ist nach vorne gerichtet Um diese Zukunft kümmere ich mich gerade wieder. Wie sieht die Gastronomie, Hotellerie und die Spezialitäten-Produktion im Jahr 2022 aus? Eines steht fest: Kein Stein wird auf dem anderen bleiben. Das war schon früher so. Aber das Tempo beschleunigt sich gerade massiv. Ein paar Stichworte gefällig? Mitarbeiter. Technik. Digitalisierung. Ich stehe gerade in meiner Branche vor riesengroßen Herausforderungen. Die kann ich aber nicht durch eine Preisverleihung, einen netten Gala-Abend oder einen Aufkleber an der Tür meistern. Ich brauche einen freien Kopf für die Zukunft. Mein Blick ist nach vorne gerichtet. Deshalb bin ich Unternehmer geworden. Und nicht Historiker. Ich halte es eben jetzt gerade für wichtiger, mich um meine Küche der Zukunft zu kümmern, als irgendwelche Bögen auszufüllen. Und um meine Mitarbeiter. Die sind das Allerwichtigste. Und mit denen habe ich noch viel vor.
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