Strategiefehler im Einzelhandel
9 Fehler, mit denen Händler Kunden vergraulen

Hat der stationäre Einzelhandel wirklich keine Chance gegen die Konkurrenten im Internet? Doch, hat er. Aber nur, wenn er diese Strategiefehler vermeidet.

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Immer mehr Einzelhändler machen dicht. Kein Wunder, meint Handelsberater Jürgen Schröcker: Modern sieht anders aus.
Immer mehr Einzelhändler machen dicht. Kein Wunder, meint Handelsberater Jürgen Schröcker: Modern sieht anders aus.

Vor ein paar Wochen beklebten Händler in der hessischen Kleinstadt Langenselbold ihre Schaufenster mit schwarzer Folie – um zu zeigen, wie trist eine Stadt ohne Läden aussieht. Sie wollten darauf aufmerksam machen, dass sie sich vom Online-Wettbewerb bedroht sehen.

Doch im Kampf gegen das Ladensterben muss sich der Einzelhandel mehr einfallen lassen. Durch die Konkurrenz im Internet haben Kunden höhere Erwartungen an Sortimentskompetenz, Bequemlichkeit, Lieferzeiten und Preis. Wer will, dass die Kunden treu bleiben, muss eine bessere Leistung spürbar machen – und zwar so.

Was will der Kunde? Ein tolles Sortiment

Fehler 1: Nur Durchschnitt bieten

Ein Kunde möchte ein hochwertiges japanisches Messer. Der Beratung wegen geht er in die Fachabteilung des lokalen Kaufhauses. Aber das führt nur 08/15-Ware. Also kauft er doch online. Anfang August, 30 Grad, ein Sommerhemd wird gebraucht. Leider ist die passende Größe ausverkauft, denn Sommerware soll schließlich schon Ende Juni raus sein und Nachdisponieren ist nicht vorgesehen. Trotz fester Kaufabsicht: kein Umsatz.

Keine Einzelfälle: Denn die Sortimentsgestaltung ist von Routinen geprägt. Gelistet ist, was Einkaufsverband und Lieferanten vorgeben. Kennzahlen wie „Umschlag je Artikel“ regieren, da hat manche Ware keine Chance. Das Resultat: Durchschnitt.

So geht es besser: Händler sollten mutig Ihre Chance suchen, sich mit einem einzigartigen Sortiment von ihren Wettbewerbern zu unterscheiden und ihren Kunden auch Besonderes bieten.

Fehler 2: Kundenbedürfnisse vernachlässigen

Hier der Hosen, dort die Shirts, daneben ein Marken-Shop. Aber keine Präsentation kompletter Outfits und spezieller Themen. Also keine Inspiration, etwa wenn man vor dem Urlaub Ideen für Strand und Sommerabende sucht. Schade.

Tausende T-Shirts liegen da gestapelt. Aber wenn ein Kunde kein Hersteller-Logo auf der Brust vor sich hertragen möchte und vielleicht noch meint, ein übergroßer Ausschnitt stehe ihm nicht, dann reduziert sich die Auswahl plötzlich auf Null.

Unser Experte
Jürgen SchröckerJürgen Schröcker war zwischen 1999 und 2013 Marketing- und Personal-Vorstand der Hornbach Baumarkt AG. Heute berät er Handelsunternehmen und ist Autor des Fachbuchs „Fit & Sexy“, in dem er Marketing- und Management-Strategien im Einzelhandel beschreibt. Fit & sexy

Für den Handel zählt der„Abverkauf“. Aber sich in Bedürfnisse von Kunden hineinzuversetzen, dafür fehlt das Bewusstsein. Dabei wäre dies der Schlüssel zu erfolgreichem Verkauf.

So geht es besser: Händler sollten nicht Produkte ins Zentrum stellen, sondern Lösungen. Vor allem müssen sie sich in die Gefühlswelt unterschiedlicher Kunden hineinversetzen.

Was will der Kunde? Einen Preis, der überzeugt

Fehler 3: Durch schlechte Prozesse Kostendruck erzeugen

Der Schuhverkäufer holt den Schuh in der richtigen Größe immer aus dem Lager im Keller. Im Modeladen muss der Kunde jedes T-Shirt im Stapel anfassen, um dessen Konfektionsgröße zu sehen. Was für ein Aufwand, den Stapel immer wieder in Ordnung zu bringen!

Eine schlechte Organisation kostet Zeit. Die fehlt bei der Beratung und drückt die Marge.

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So geht es besser: Mindestens ebenso wichtig wie die Höhe der Löhne und Einkaufspreise sind effizient organisierte Prozesse. Sie sind die Grundlage für niedrige Kosten und Preise – und eine Chance, mehr Zeit für guten Service zu haben.

Fehler 4: Mit Mischkalkulation den Normalpreis verderben

„Wir können mit den Internet-Preisen nicht mithalten“ heißt es. Manchmal aber auch: „Die Leute denken, das Internet sei billiger, dabei stimmt das gar nicht.“

Keine Frage: Wer zu teuer ist oder als zu teuer eingeschätzt wird, hat ein Problem. Jedoch sind die Preise im stationären Handel im Schnitt durchaus konkurrenzfähig. Viele Händler machen allerdings eine Mischkalkulation: Ihre Sonderangebote locken mit hohen Rabatten, die Normalpreise liegen über denen im Internet.

Diese Strategie funktioniert nicht mehr. Im Internet muss der Kunde nicht auf Angebote warten: Er googelt einfach, wo er ein Produkt am günstigsten bekommt. Und mit diesem Preis kann der Händler mit dem zu hohen Normalpreis nicht konkurrieren.

So geht es besser: Weniger Sonderangebote und Rabatte, dafür bessere Normalpreise.

Fehler 5: Preise der (Online)-Konkurrenz ignorieren

Früher, auf dem Markt, machte sich jeder Händler die Mühe, seine Kunden von seinen guten Preisen zu überzeugen. Heute tun viele so, als gäbe es den Online-Wettbewerb nicht. Ein fataler Fehler; denn Kunden prüfen die Internet-Preise, bevor sie kaufen.

So geht es besser: Entweder ist der Händler tatsächlich teurer – dann muss er das durch gute Leistung begründen. Oder er ist gar nicht teurer – dann kann er das den Kunden sagen! So oder so sollten Händler den Preisvergleich mit dem Internet offensiv thematisieren: in Verkaufsgesprächen, für die sie ihren Mitarbeitern Argumente an die Hand geben. Und über die Beschilderung im Laden.

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Was will der Kunde? Eine Ansprache, die überzeugt

Fehler 6: Sich altbacken präsentieren

Die meisten Online-Stores wirken modern, haben schicke Namen und Logos. Dagegen zeigen stationäre Händler oft ein altmodisches Erscheinungsbild. Manche wirken ungepflegt, andere haben von Architekt und Ladenbauer einen austauschbaren Einheitslook verpasst bekommen, bei dem Design mehr zählt als Wirtschaftlichkeit. Liebe zum Detail fehlt oftmals.

So geht es besser: Wer die Kunden von heute überzeugen will, muss für ein Umfeld sorgen, in dem sie sich wohlfühlen. Vielleicht braucht man für unterschiedliche Kundengruppen sogar verschiedene „Shops im Shop“?

Fehler 7: Auf traditionelle Werbeformate beschränken

Auch die Werbung vieler Händler kommt altbacken daher: Allzu oft beschränken sie sich auf Handzettel. Wer setzt Youtube und Facebook ein? Wer bietet eine Website, die mehr ist als nur Visitenkarte – mit Chat, Terminvereinbarung, Auftragsverfolgung oder Sortimentsübersichten? Nur die wenigsten.

So geht es besser: Wer als modern wahrgenommen werden will, kommt nicht umher, seine Werbung zu modernisieren. Der stationäre Handel sollte die Kundengewinnung durch Online-Marketing nicht kampflos der Online-Konkurrenz überlassen.

Was will der Kunde? Service, der überzeugt

Fehler 8: Kunden wegschicken

Der Kunde steht im Laden und will das T-Shirt in Größe M – aber leider ist es nicht mehr auf Lager? Eine Jacke ist im Angebot, die passende „Zip-in“-Weste fehlt? Wer den Kunden in dieser Situation wieder wegschickt, muss sich nicht wundern, wenn der die Ware später im Internet bestellt.

So geht es besser: „Etwas ist nicht vorrätig? Lieber Kunde, kein Problem, wir schicken es Dir nach Hause.“ Moderne Technologien gilt es zu nutzen! Auch hier gilt: In Lösungen für den Kunden denken und mit besonderem Service punkten.

Fehler 9: Die Trumpfkarte „Mitarbeiter“ nicht ausspielen

Allzu oft sind keine Verkäufer zur Stelle, um Fragen zu beantworten. Vielleicht sind es zu wenige, vor allem in Stoßzeiten? Vielleicht ist es ihnen wichtiger, Ware aufzuräumen, als Kunden zu beraten? Und: Wollen sie den Kunden wirklich helfen – oder nur ihre Provisionsmarke aufkleben?

So geht es besser: Händler sollten ihre Stärken ausspielen – ihre Mitarbeiter sind eine. Auch Service wie das sofortige Kürzen einer Hose wäre ein Vorteil, den der stationäre Händler bieten kann, nicht aber der Onlineshop. Vor allem aber muss der Kunde Engagement und eine gute Stimmung spüren. Dies zu ermöglichen, das ist die oberste Aufgabe des Managements!

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Leider ist die passende Größe ausverkauft, denn Sommerware soll schließlich schon Ende Juni raus sein und Nachdisponieren ist nicht vorgesehen. Trotz fester Kaufabsicht: kein Umsatz. Keine Einzelfälle: Denn die Sortimentsgestaltung ist von Routinen geprägt. Gelistet ist, was Einkaufsverband und Lieferanten vorgeben. Kennzahlen wie „Umschlag je Artikel“ regieren, da hat manche Ware keine Chance. Das Resultat: Durchschnitt. So geht es besser: Händler sollten mutig Ihre Chance suchen, sich mit einem einzigartigen Sortiment von ihren Wettbewerbern zu unterscheiden und ihren Kunden auch Besonderes bieten. Fehler 2: Kundenbedürfnisse vernachlässigen Hier der Hosen, dort die Shirts, daneben ein Marken-Shop. Aber keine Präsentation kompletter Outfits und spezieller Themen. Also keine Inspiration, etwa wenn man vor dem Urlaub Ideen für Strand und Sommerabende sucht. Schade. Tausende T-Shirts liegen da gestapelt. Aber wenn ein Kunde kein Hersteller-Logo auf der Brust vor sich hertragen möchte und vielleicht noch meint, ein übergroßer Ausschnitt stehe ihm nicht, dann reduziert sich die Auswahl plötzlich auf Null. Für den Handel zählt der„Abverkauf“. Aber sich in Bedürfnisse von Kunden hineinzuversetzen, dafür fehlt das Bewusstsein. Dabei wäre dies der Schlüssel zu erfolgreichem Verkauf. So geht es besser: Händler sollten nicht Produkte ins Zentrum stellen, sondern Lösungen. Vor allem müssen sie sich in die Gefühlswelt unterschiedlicher Kunden hineinversetzen. Was will der Kunde? Einen Preis, der überzeugt Fehler 3: Durch schlechte Prozesse Kostendruck erzeugen Der Schuhverkäufer holt den Schuh in der richtigen Größe immer aus dem Lager im Keller. Im Modeladen muss der Kunde jedes T-Shirt im Stapel anfassen, um dessen Konfektionsgröße zu sehen. Was für ein Aufwand, den Stapel immer wieder in Ordnung zu bringen! Eine schlechte Organisation kostet Zeit. Die fehlt bei der Beratung und drückt die Marge. So geht es besser: Mindestens ebenso wichtig wie die Höhe der Löhne und Einkaufspreise sind effizient organisierte Prozesse. Sie sind die Grundlage für niedrige Kosten und Preise - und eine Chance, mehr Zeit für guten Service zu haben. Fehler 4: Mit Mischkalkulation den Normalpreis verderben „Wir können mit den Internet-Preisen nicht mithalten“ heißt es. Manchmal aber auch: „Die Leute denken, das Internet sei billiger, dabei stimmt das gar nicht.“ Keine Frage: Wer zu teuer ist oder als zu teuer eingeschätzt wird, hat ein Problem. Jedoch sind die Preise im stationären Handel im Schnitt durchaus konkurrenzfähig. Viele Händler machen allerdings eine Mischkalkulation: Ihre Sonderangebote locken mit hohen Rabatten, die Normalpreise liegen über denen im Internet. Diese Strategie funktioniert nicht mehr. Im Internet muss der Kunde nicht auf Angebote warten: Er googelt einfach, wo er ein Produkt am günstigsten bekommt. Und mit diesem Preis kann der Händler mit dem zu hohen Normalpreis nicht konkurrieren. So geht es besser: Weniger Sonderangebote und Rabatte, dafür bessere Normalpreise. Fehler 5: Preise der (Online)-Konkurrenz ignorieren Früher, auf dem Markt, machte sich jeder Händler die Mühe, seine Kunden von seinen guten Preisen zu überzeugen. Heute tun viele so, als gäbe es den Online-Wettbewerb nicht. Ein fataler Fehler; denn Kunden prüfen die Internet-Preise, bevor sie kaufen. So geht es besser: Entweder ist der Händler tatsächlich teurer - dann muss er das durch gute Leistung begründen. Oder er ist gar nicht teurer - dann kann er das den Kunden sagen! So oder so sollten Händler den Preisvergleich mit dem Internet offensiv thematisieren: in Verkaufsgesprächen, für die sie ihren Mitarbeitern Argumente an die Hand geben. Und über die Beschilderung im Laden. Was will der Kunde? Eine Ansprache, die überzeugt Fehler 6: Sich altbacken präsentieren Die meisten Online-Stores wirken modern, haben schicke Namen und Logos. Dagegen zeigen stationäre Händler oft ein altmodisches Erscheinungsbild. Manche wirken ungepflegt, andere haben von Architekt und Ladenbauer einen austauschbaren Einheitslook verpasst bekommen, bei dem Design mehr zählt als Wirtschaftlichkeit. Liebe zum Detail fehlt oftmals. So geht es besser: Wer die Kunden von heute überzeugen will, muss für ein Umfeld sorgen, in dem sie sich wohlfühlen. Vielleicht braucht man für unterschiedliche Kundengruppen sogar verschiedene „Shops im Shop“? Fehler 7: Auf traditionelle Werbeformate beschränken Auch die Werbung vieler Händler kommt altbacken daher: Allzu oft beschränken sie sich auf Handzettel. Wer setzt Youtube und Facebook ein? Wer bietet eine Website, die mehr ist als nur Visitenkarte – mit Chat, Terminvereinbarung, Auftragsverfolgung oder Sortimentsübersichten? Nur die wenigsten. So geht es besser: Wer als modern wahrgenommen werden will, kommt nicht umher, seine Werbung zu modernisieren. Der stationäre Handel sollte die Kundengewinnung durch Online-Marketing nicht kampflos der Online-Konkurrenz überlassen. Was will der Kunde? Service, der überzeugt Fehler 8: Kunden wegschicken Der Kunde steht im Laden und will das T-Shirt in Größe M – aber leider ist es nicht mehr auf Lager? Eine Jacke ist im Angebot, die passende „Zip-in“-Weste fehlt? Wer den Kunden in dieser Situation wieder wegschickt, muss sich nicht wundern, wenn der die Ware später im Internet bestellt. So geht es besser: „Etwas ist nicht vorrätig? Lieber Kunde, kein Problem, wir schicken es Dir nach Hause.“ Moderne Technologien gilt es zu nutzen! Auch hier gilt: In Lösungen für den Kunden denken und mit besonderem Service punkten. Fehler 9: Die Trumpfkarte „Mitarbeiter“ nicht ausspielen Allzu oft sind keine Verkäufer zur Stelle, um Fragen zu beantworten. Vielleicht sind es zu wenige, vor allem in Stoßzeiten? Vielleicht ist es ihnen wichtiger, Ware aufzuräumen, als Kunden zu beraten? Und: Wollen sie den Kunden wirklich helfen - oder nur ihre Provisionsmarke aufkleben? So geht es besser: Händler sollten ihre Stärken ausspielen - ihre Mitarbeiter sind eine. Auch Service wie das sofortige Kürzen einer Hose wäre ein Vorteil, den der stationäre Händler bieten kann, nicht aber der Onlineshop. Vor allem aber muss der Kunde Engagement und eine gute Stimmung spüren. Dies zu ermöglichen, das ist die oberste Aufgabe des Managements!
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