Strategie
Visioning: Die Kunst, Ziele zu entwickeln

Nicht das Gestern, nicht das Heute - für Ari Weinzweig zählt nur das Morgen. Ziele für die Zukunft sind essentiell für unternehmerisches Handeln, sagt er. Wie das "Visioning" seine Betriebskultur bestimmt, erklärt der Gründer des Delikatessenhändlers "Zingerman’s Community of Business" in Ann Arbor.

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„Ich will das machen, was mir Spaß macht“, sagt Unternehmer Ari Weinzweig
„Ich will das machen, was mir Spaß macht“, sagt Unternehmer Ari Weinzweig
© impulse

Wer in Deutschland von Visionen spricht, setzt sich schnell der Gefahr aus, nicht ernst genommen zu werden – zu präsent ist der berühmte Satz von Ex-Kanzler Helmut Schmidt: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ In den USA ist dies anders, vor allem wenn man in Ann Arbor – eine halbe Stunde von Detroit entfernt – Ari Weinzweig besucht, den Gründer von Zingerman’s.

1982 gründete er mit einem Partner einen kleinen Delikatessenladen, heute ist daraus eine ganze Firmengruppe mit 600 Beschäftigten entstanden, zu der Kunden weit über Ann Arbor hinaus strömen: Geschäfte, eine Bäckerei, eine Kaffeerösterei, eine Molkerei, ein Restaurant und ein Versandhandel gehören zur Zingerman’s Community of Business. Was sie zusammenhält: eine radikale Ausrichtung auf Qualität und Service. Eine starke Stellung der Mitarbeiter, die angeleitet werden, unternehmerisch zu denken. Und eine seit vielen Jahren erprobte Technik, sich Ziele für die Zukunft zu setzen: „Visioning“.

Es gibt zahlreiche Metaphern, um zu beschreiben, was Ari Weinzweig unter „Visioning“ versteht: Er selbst greift gerne zum Vergleich mit dem Fußball: Es gebe Spieler, die wüssten, wie sie ihre Position ausfüllten. Und andere, die verstünden, wie das gesamte Spiel abläuft. Oder das Bild vom Bau: Entwirf erst ein Haus – dann fange an, die Wände zu bauen, nicht umgekehrt. Oder das Bild vom Mailänder Dom: Es mache einen großen Unterschied, ob man nur Steine aufeinanderschichte – oder an einer Kathedrale baue. „Jeder möchte Teil von etwas Großartigem sein“, sagt Weinzweig.

Umso wichtiger ist es, sich eine konkrete, inspirierende Vorstellung davon zu machen, wie die Zukunft zu einem konkreten Zeitpunkt, etwa in fünf oder zehn Jahren, aussehen soll. Weinzweig hat daraus eine richtige Methode entwickelt, die er in seinem eigenen Unternehmen seit den 1990er-Jahren mit Erfolg anwendet. Der Trick: Er stellt sich die Zukunft so vor, als sei sie genauso bereits eingetreten, und formuliert dazu im Präsens einen Text mit lauter konkreten Details. „Es macht einen großen Unterschied, ob man sich auf das konzentriert, was in der Gegenwart falsch läuft, oder man fragt, was man sich wirklich wünscht“, sagt Weinzweig. Diese Vision, die meist über Monate hinweg mit Dutzenden Personen diskutiert, ausformuliert und schließlich öffentlich gemacht wird, ist die Grundlage für eine strategische Planung (hier der Link zu Zingerman’s Vision für das Jahr 2020).

Von Marktanalysen, wie sie in Business Schools gelehrt werden, hält Weinzweig nichts – auch nicht von angeblich vielversprechenden neuen Nischen. Im Kern gehe es darum, zu überlegen, worauf man wirklich Lust habe und dann entsprechend zu handeln, sagt Weinzweig, der sich selbst als verflossenen Anarchisten bezeichnet. „Ich will das machen, was mir Spaß macht.“ Es sei absurd, so zu tun, als sei die Zukunft ein Unfall, der plötzlich passiere. Die Zukunft lasse sich nach den eigenen Wünschen gestalten. Wer sie sich – im Prozess des „Visioning“ – konkret ausmale, habe bereits den ersten Schritt zu ihrer Realisierung gemacht.

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