Ethikrichtlinien
Was Firmen beim Ethikkodex beachten sollten

Ethikrichtlinien sind bei Unternehmen beliebt. Doch wie soll der Arbeitgeber reagieren, wenn Mitarbeiter gegen den Ethikkodex verstoßen?

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Alle zusammen - für die Firma: Ethikrichtlinien geben Mitarbeiter Orientierung, welches Handeln das Unternehmen für anständig hält.
Alle zusammen - für die Firma: Ethikrichtlinien geben Mitarbeiter Orientierung, welches Handeln das Unternehmen für anständig hält.
© lassedesignen/fotolia

In einer globalisierten Weltwirtschaft sehen sich immer mehr Unternehmen veranlasst, ethische Grundsätze zu entwickeln, die das Handeln der Führungskräfte und der Mitarbeiter bestimmen sollen. Zunehmend verfassen Unternehmen so genannte „Unternehmensleitsätze“, „Ethik-Kodizes“, „Handlungsmaximen“ oder „Codes of Conduct“ als Leitbild ihres Handelns.

Dabei stehen freilich selten rein altruistische Motive im Vordergrund. Angesichts der meinungsbildenden Medienmacht sind die Gefahren des unethischen oder gar gesetzeswidrigen Verhaltens einzelner Mitarbeiter für den Ruf des Unternehmens erheblich. Zudem können gesetzliche Vorschriften (SOX) die Einführung von Ethikrichtlinien erforderlich machen. Ziel eines Code of Conduct ist dabei etwa, dass Arbeitnehmer veranlasst werden, sich gemäß der dort vorgesehenen Bestimmungen ethisch und rechtstreu zu verhalten. Es stellt sich dabei die Frage, wie der Arbeitgeber reagieren kann, wenn ein Arbeitnehmer gegen den Ethikkodex des Unternehmens verstößt.

Ein arbeitsrechtliches Nachspiel für den Mitarbeiter setzt zunächst voraus, dass dieser gegen seine Pflichten verstoßen hat. Hier beginnen oftmals bereits die Herausforderungen für den Arbeitgeber, der sich fragen muss, ob der bei ihm geltenden Code of Conduct tatsächlich verbindlich und damit pflichtenbegründet für den Arbeitnehmer gilt. Dies ist regelmäßig unproblematisch, wenn der Ethikkodex durch einen Arbeitsvertrag oder eine Betriebsvereinbarung – unter Berücksichtigung der Grenzen der rechtlichen Gestaltungsmacht der Arbeitsvertrags-/Betriebsparteien – auf das Arbeitsverhältnis einwirkt.

Unwirksam in den Ethikrichtlinien: Das „Flirtverbot“ am Arbeitsplatz

Eine Abrede, die das Verhalten von Dritten, zum Beispiel den Wertpapierbesitz von Familienangehörigen, steuern soll, ist unwirksam. Gleiches gilt für ein so genanntes „Flirtverbot“ am Arbeitsplatz, das nach einer Entscheidung des LAG Düsseldorf wie folgt formuliert war (Beschl. v. 14.11.2005 – 10 TaBV 46/05): „Von den Mitarbeitern wird ein Verhalten verlangt, das Respekt, Vertrauen, Sicherheit und Effizienz am Arbeitsplatz fördert. Sie dürfen nicht mit jemanden ausgehen oder in eine Liebesbeziehung mit jemanden treten, wenn Sie die Arbeitsbedingungen dieser Person beeinflussen können, oder der Mitarbeiter Ihre Arbeitsbedingungen beeinflussen kann.“ Eine entsprechende Regelung des US-Supermarktkonzerns Wal-Mart wurde deshalb vom Düsseldorfer Landesarbeitsgericht für unwirksam erklärt.

Alternativ kann der Arbeitgeber die Verbindlichkeit des Code of Conduct einseitig über sein Direktionsrecht anordnen (§ 106 GewO); dies gilt jedoch nur, wenn in diesem arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflichten konkretisiert werden, etwa bei der Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.

Sinnvoll: Ethikrichtlinien für die Annahme von Geschenken

Eine Regelung zur Annahme von Geschenken kann wie folgt lauten: „Für eine Bevorzugung bei der Anbahnung, Vergabe oder Abwicklung eines Auftrags dürfen von den Mitarbeitern keine persönlichen Vorteile gefordert, angenommen, angeboten oder gewährt werden. Insbesondere ist die Annahme von Geldgeschenken verboten. Den Mitarbeitern ist es darüber hinaus gehend untersagt, insbesondere Amts- oder Entscheidungsträgern, Kunden, potenziellen Kunden, Lieferanten oder Wettbewerbern persönliche Vorteile anzubieten oder zuzuwenden.

Sachgeschenke dürfen grundsätzlich nicht gewährt oder angenommen werden. Ausnahmen gelten nur bei allgemein üblichen Gelegenheits- oder Werbegeschenken bis zu einem Wert von 20 Euro und bei Sachgeschenken, die der üblichen Praxis oder Sitte und Höflichkeit in einem Land entsprechen und nicht als Gegenleistung für eine Vorzugsbehandlung oder zur Umgehung gesetzlicher Vorschriften gewährt oder angenommen werden.“

Erforderlich ist stets ein hinreichender Zusammenhang zur geschuldeten Tätigkeit des Arbeitnehmers. Neue Verpflichtungen können vom Arbeitgeber nicht per Weisung wirksam begründet werden; gleiches gilt für die beabsichtigte Steuerung des außerdienstlichen Verhaltens des Mitarbeiters, wenn kein betrieblicher Bezug besteht.

Verstoß gegen Ethikrichtlinien hat keine arbeitsrechtlichen Folgen

Verstößt ein Arbeitnehmer gegen die sich aus dem Code of Conduct ergebenden Pflichten, stellt sich für den Arbeitgeber die Frage, ob und ggf. wie er damit umgehen kann/soll/muss. Zunächst gibt es keinen aus dem Arbeitsrecht erwachsenden Zwang, überhaupt auf einen Verstoß zu reagieren. Dies kann jedoch nicht die Leitlinie des Handelns des Arbeitgebers sein, da er durch eine Untätigkeit die durch den Ethikkodex gewünschte Verhaltenssteuerung der Arbeitnehmer ad absurdum führen würde.

Der Arbeitgeber kann den Mitarbeiter abmahnen, wenn erstmalig ein leichter Verstoß gegen die im Code of Conduct vorgesehenen Pflichten vorliegt. Der Arbeitnehmer soll „einen Schuss vor den Bug erhalten“, indem der Arbeitgeber in der Abmahnung das vertragswidrige Verhalten beanstandet und der Mitarbeiter darauf hingewiesen wird, dass er das beanstandete Verhalten korrigieren und bei einer erneuten gleichartigen Pflichtverletzung mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechnen muss. Eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers kann – auch ohne vorherige Abmahnung – ausgesprochen werden, wenn eine Änderung des zukünftigen Verhaltens nicht zu erwarten ist oder die Pflichtverletzung so schwer wiegt, dass der Arbeitnehmer davon ausgehen musste, dass deren Hinnahme für den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen war.

Fristlose Kündigung wegen Verstoß gegen den Ethikkodex

Eine fristlose Kündigung kommt in Betracht, wenn gravierende Verstöße gegen die Verhaltensregelungen des Code of Conduct vorliegen („wichtiger Grund“), etwa bei Straftaten zu Lasten des Unternehmens. Ist der Verstoß vom Arbeitgeber nicht abschließend beweisbar, können auch schon der dringende Verdachtsmomente eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall jedoch schnell reagieren: innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der kündigungsrelevanten Umstände muss dem Mitarbeiter die fristlose Kündigung zugehen (§ 626 Abs. 2 BGB). Innerhalb dieser Frist muss der Arbeitgeber auch den Betriebsrat – sofern vorhanden – anhören (§ 102 BetrVG).

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Im Ergebnis sollte ein Unternehmen bei Verstößen gegen einen Ethikkodex unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls angemessen reagieren. Dabei sollte sich der Arbeitgeber bei der arbeitsrechtlichen Aufarbeitung des Vorgangs nicht nur von der Intensität und den Folgen der Pflichtverletzung leiten lassen. Zudem sollte die Position des Arbeitnehmers in der Unternehmenshierarchie und gegebenenfalls abzuleitende Sekundäreffekte auf die Mitarbeiter berücksichtigen, wenn der Verstoß eines Vorgesetzten ohne „Sanktionierung“ hingenommen wird („negative Vorbildwirkung“).

Alexander Bissels ist Rechtsanwalt bei CMS Hasche Sigle.

In einer globalisierten Weltwirtschaft sehen sich immer mehr Unternehmen veranlasst, ethische Grundsätze zu entwickeln, die das Handeln der Führungskräfte und der Mitarbeiter bestimmen sollen. Zunehmend verfassen Unternehmen so genannte "Unternehmensleitsätze", "Ethik-Kodizes", "Handlungsmaximen" oder "Codes of Conduct" als Leitbild ihres Handelns. Dabei stehen freilich selten rein altruistische Motive im Vordergrund. Angesichts der meinungsbildenden Medienmacht sind die Gefahren des unethischen oder gar gesetzeswidrigen Verhaltens einzelner Mitarbeiter für den Ruf des Unternehmens erheblich. Zudem können gesetzliche Vorschriften (SOX) die Einführung von Ethikrichtlinien erforderlich machen. Ziel eines Code of Conduct ist dabei etwa, dass Arbeitnehmer veranlasst werden, sich gemäß der dort vorgesehenen Bestimmungen ethisch und rechtstreu zu verhalten. Es stellt sich dabei die Frage, wie der Arbeitgeber reagieren kann, wenn ein Arbeitnehmer gegen den Ethikkodex des Unternehmens verstößt. Ein arbeitsrechtliches Nachspiel für den Mitarbeiter setzt zunächst voraus, dass dieser gegen seine Pflichten verstoßen hat. Hier beginnen oftmals bereits die Herausforderungen für den Arbeitgeber, der sich fragen muss, ob der bei ihm geltenden Code of Conduct tatsächlich verbindlich und damit pflichtenbegründet für den Arbeitnehmer gilt. Dies ist regelmäßig unproblematisch, wenn der Ethikkodex durch einen Arbeitsvertrag oder eine Betriebsvereinbarung - unter Berücksichtigung der Grenzen der rechtlichen Gestaltungsmacht der Arbeitsvertrags-/Betriebsparteien - auf das Arbeitsverhältnis einwirkt. Unwirksam in den Ethikrichtlinien: Das "Flirtverbot" am Arbeitsplatz Eine Abrede, die das Verhalten von Dritten, zum Beispiel den Wertpapierbesitz von Familienangehörigen, steuern soll, ist unwirksam. Gleiches gilt für ein so genanntes "Flirtverbot" am Arbeitsplatz, das nach einer Entscheidung des LAG Düsseldorf wie folgt formuliert war (Beschl. v. 14.11.2005 - 10 TaBV 46/05): "Von den Mitarbeitern wird ein Verhalten verlangt, das Respekt, Vertrauen, Sicherheit und Effizienz am Arbeitsplatz fördert. Sie dürfen nicht mit jemanden ausgehen oder in eine Liebesbeziehung mit jemanden treten, wenn Sie die Arbeitsbedingungen dieser Person beeinflussen können, oder der Mitarbeiter Ihre Arbeitsbedingungen beeinflussen kann." Eine entsprechende Regelung des US-Supermarktkonzerns Wal-Mart wurde deshalb vom Düsseldorfer Landesarbeitsgericht für unwirksam erklärt. Alternativ kann der Arbeitgeber die Verbindlichkeit des Code of Conduct einseitig über sein Direktionsrecht anordnen (§ 106 GewO); dies gilt jedoch nur, wenn in diesem arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflichten konkretisiert werden, etwa bei der Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Sinnvoll: Ethikrichtlinien für die Annahme von Geschenken Eine Regelung zur Annahme von Geschenken kann wie folgt lauten: "Für eine Bevorzugung bei der Anbahnung, Vergabe oder Abwicklung eines Auftrags dürfen von den Mitarbeitern keine persönlichen Vorteile gefordert, angenommen, angeboten oder gewährt werden. Insbesondere ist die Annahme von Geldgeschenken verboten. Den Mitarbeitern ist es darüber hinaus gehend untersagt, insbesondere Amts- oder Entscheidungsträgern, Kunden, potenziellen Kunden, Lieferanten oder Wettbewerbern persönliche Vorteile anzubieten oder zuzuwenden. Sachgeschenke dürfen grundsätzlich nicht gewährt oder angenommen werden. Ausnahmen gelten nur bei allgemein üblichen Gelegenheits- oder Werbegeschenken bis zu einem Wert von 20 Euro und bei Sachgeschenken, die der üblichen Praxis oder Sitte und Höflichkeit in einem Land entsprechen und nicht als Gegenleistung für eine Vorzugsbehandlung oder zur Umgehung gesetzlicher Vorschriften gewährt oder angenommen werden." Erforderlich ist stets ein hinreichender Zusammenhang zur geschuldeten Tätigkeit des Arbeitnehmers. Neue Verpflichtungen können vom Arbeitgeber nicht per Weisung wirksam begründet werden; gleiches gilt für die beabsichtigte Steuerung des außerdienstlichen Verhaltens des Mitarbeiters, wenn kein betrieblicher Bezug besteht. Verstoß gegen Ethikrichtlinien hat keine arbeitsrechtlichen Folgen Verstößt ein Arbeitnehmer gegen die sich aus dem Code of Conduct ergebenden Pflichten, stellt sich für den Arbeitgeber die Frage, ob und ggf. wie er damit umgehen kann/soll/muss. Zunächst gibt es keinen aus dem Arbeitsrecht erwachsenden Zwang, überhaupt auf einen Verstoß zu reagieren. Dies kann jedoch nicht die Leitlinie des Handelns des Arbeitgebers sein, da er durch eine Untätigkeit die durch den Ethikkodex gewünschte Verhaltenssteuerung der Arbeitnehmer ad absurdum führen würde. Der Arbeitgeber kann den Mitarbeiter abmahnen, wenn erstmalig ein leichter Verstoß gegen die im Code of Conduct vorgesehenen Pflichten vorliegt. Der Arbeitnehmer soll "einen Schuss vor den Bug erhalten", indem der Arbeitgeber in der Abmahnung das vertragswidrige Verhalten beanstandet und der Mitarbeiter darauf hingewiesen wird, dass er das beanstandete Verhalten korrigieren und bei einer erneuten gleichartigen Pflichtverletzung mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechnen muss. Eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers kann – auch ohne vorherige Abmahnung – ausgesprochen werden, wenn eine Änderung des zukünftigen Verhaltens nicht zu erwarten ist oder die Pflichtverletzung so schwer wiegt, dass der Arbeitnehmer davon ausgehen musste, dass deren Hinnahme für den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen war. Fristlose Kündigung wegen Verstoß gegen den Ethikkodex Eine fristlose Kündigung kommt in Betracht, wenn gravierende Verstöße gegen die Verhaltensregelungen des Code of Conduct vorliegen ("wichtiger Grund"), etwa bei Straftaten zu Lasten des Unternehmens. Ist der Verstoß vom Arbeitgeber nicht abschließend beweisbar, können auch schon der dringende Verdachtsmomente eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall jedoch schnell reagieren: innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der kündigungsrelevanten Umstände muss dem Mitarbeiter die fristlose Kündigung zugehen (§ 626 Abs. 2 BGB). Innerhalb dieser Frist muss der Arbeitgeber auch den Betriebsrat – sofern vorhanden – anhören (§ 102 BetrVG). Im Ergebnis sollte ein Unternehmen bei Verstößen gegen einen Ethikkodex unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls angemessen reagieren. Dabei sollte sich der Arbeitgeber bei der arbeitsrechtlichen Aufarbeitung des Vorgangs nicht nur von der Intensität und den Folgen der Pflichtverletzung leiten lassen. Zudem sollte die Position des Arbeitnehmers in der Unternehmenshierarchie und gegebenenfalls abzuleitende Sekundäreffekte auf die Mitarbeiter berücksichtigen, wenn der Verstoß eines Vorgesetzten ohne "Sanktionierung" hingenommen wird ("negative Vorbildwirkung"). Alexander Bissels ist Rechtsanwalt bei CMS Hasche Sigle.
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