Betriebsaufgabe
So kündigen Sie rechtssicher, wenn Sie Ihre Firma für immer schließen

Welche Regeln für Kündigungen bei einer Betriebsaufgabe zu beachten sind, was für Kleinbetriebe gilt, ob Sie Abfindungen zahlen müssen - und woran Sie noch denken müssen.

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Einfach ein Schild an die Tür hängen? So leicht ist eine Firmenschließung leider nicht.
© Claudio Divizia / Fotolia.com

Ob aus Altersgründen oder weil sich das Geschäft nicht mehr lohnt: Wer seine Firma vollständig und für immer schließt, braucht auch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr weiter beschäftigen – und darf diesen kündigen.

Doch Vorsicht: „Das ist ein sehr formales Vorgehen, bei dem es viele Stolpersteine gibt“, sagt Iris Henkel, Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Leipziger Kanzlei Petersen Hardrath Pruggmayer. Deshalb sollten Unternehmerinnen und Unternehmer, bevor sie Kündigungen aussprechen, einige taktische und strategische Überlegungen anstellen – zum Beispiel, ob die Firma in Etappen geschlossen werden soll. Entsprechend sind bestimmte Vorschriften zu beachten.

Lesen Sie, welche das sind, welche Regeln etwa bei Azubis, Schwangeren und bei befristeten Arbeitsverträgen gelten und wann bei einer Firmenschließung Abfindungen gezahlt werden müssen. Zudem erfahren Sie, was Sie darüber hinaus bei einer Betriebsaufgabe beachten sollten.

Welche Kündigungsfristen muss ich bei einer Firmenschließung einhalten?

Eine Firmenschließung ist kein Grund für eine fristlose, außerordentliche Kündigung. Arbeitgeber müssen Angestellten grundsätzlich ordentlich betriebsbedingt kündigen. Das heißt, es müssen Kündigungsfristen eingehalten werden, die im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder gesetzlich festgelegt sind. Laut § 622 BGB betragen die Fristen:

  • 1 Monat bei 2 Jahren Betriebszugehörigkeit
  • 2 Monate bei 5 Jahren Betriebszugehörigkeit
  • 3 Monate bei 8 Jahren Betriebszugehörigkeit
  • 4 Monate bei 10 Jahren Betriebszugehörigkeit
  •  5 Monate bei 12 Jahren Betriebszugehörigkeit
  • 6 Monate bei 15 Jahren Betriebszugehörigkeit
  • 7 Monate bei 20 Jahren Betriebszugehörigkeit

Die Kündigungsfrist gilt jeweils zum Ende eines Kalendermonats.

Bei langen Kündigungsfristen kann es sich lohnen, mit den Gekündigten Aufhebungsverträge abzuschließen. Hierbei beenden beide Seiten das Arbeitsverhältnis zu vorher festgelegten Bedingungen einvernehmlich. Was Sie beachten sollten: Aufhebungsvertrag: So trennt man sich im Guten

Zur Person
Iris Henkel ist promovierte Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin der Kanzlei Petersen Hardrath Pruggmayer in Leipzig. Sie betreut Firmen aller Branchen bei arbeitsrechtlichen Fragen und begleitet diese unter anderem bei Umstrukturierungen.

Bei Arbeitnehmern in der Probezeit beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist zwei Wochen – auch bei einer Betriebsschließung.

Welche Formalien muss ich bei der Kündigung bei Betriebsaufgabe beachten?

Für die Kündigung bei Firmenschließung gelten dieselben formalen Regeln wie für andere Kündigungen. So muss sie beispielsweise schriftlich erfolgen und eigenhändig vom Arbeitgeber unterschrieben sein. Lesen auch: Rechtssichere Kündigung: 8 teure Fehler

Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter zudem darauf hinweisen, dass diese sich innerhalb von drei Tagen nach Erhalt einer Kündigung persönlich bei der Agentur für Arbeit melden.

Wann ist die Kündigung unwirksam?

Eine Betriebsschließung ist grundsätzlich ein wirksamer und ausreichender Kündigungsgrund. Arbeitsgerichte hinterfragen nicht, ob es sich wirtschaftlich nicht doch gelohnt hätte, den Betrieb fortzuführen.

Dennoch gibt es Fälle, in denen Kündigungen wegen Firmenschließung anfechtbar sind. Zum Beispiel, wenn die Unternehmerin den Betrieb nur vorübergehend schließen oder nur teilweise fortführen will. Unwirksam ist auch eine Kündigung, wenn die Firma verkauft wird. Nach § 613a BGB übernimmt der neue Inhaber bei einem Betriebsübergang alle Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen.

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Unternehmerinnen und Unternehmer dürfen ihre Angestellten auch nicht vorsorglich oder vorschnell entlassen, zum Beispiel, indem sie einen Teil der Stellen in der Buchhaltung abbauen und die Arbeit auf die verbliebenen Köpfe verteilen. Selbst dann nicht, wenn die Kündigungsfrist eingehalten wird. „Firmen müssen plausibel darlegen können, warum bestimmte Stellen nicht mehr gebraucht werden“, erklärt die Fachanwältin Iris Henkel.

Lässt sich der etappenweise Stellenabbau nicht betrieblich begründen, müssen Mitarbeitende bis zur Betriebsschließung beschäftigt werden.

Wann sind Entlassungen anzeigepflichtig?

Bei einer Betriebsschließung werden häufig gleich mehrere Beschäftigte entlassen, man spricht auch von Massenentlassung. Diese muss schriftlich bei der Agentur für Arbeit gemeldet werden, auch wenn mit den Gekündigten Aufhebungsverträge abgeschlossen wurden.

Welche Pflichten der Arbeitgeber hier hat, regelt § 17 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Hat der Betrieb etwa mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmer, liegt ab fünf gekündigten Mitarbeitern in 30 Tagen eine Massenentlassung vor. Mehr dazu lesen Sie im Merkblatt der Agentur für Arbeit.

Kann ich Auszubildenden kündigen?

Auch Auszubildende können wegen einer Betriebsaufgabe gekündigt werden. Allerdings sind Ausbilder verpflichtet, bei der Suche nach einer neuen Stelle zu helfen, wo die Ausbildung fortgesetzt werden kann. Arbeitgeber sollten sich deshalb mit der Agentur für Arbeit in Verbindung setzen sowie mit ihrer Berufskammer.

Was gilt bei Betriebsschließung für befristete Verträge?

Befristete Verträge können nur dann gekündigt werden, wenn diese eine entsprechende Kündigungsklausel enthalten – das gilt auch bei einer Betriebsaufgabe. Ansonsten ist eine vorzeitige Kündigung nur möglich, wenn beide einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag abschließen.

Wie kündige ich schwangeren und schwerbehinderten Mitarbeitern?

Wollen Arbeitgeber Schwangeren oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Elternzeit kündigen, müssen VOR der Kündigung die Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde einholen. Eine Liste der Behörden finden Sie hier. Bei schwerbehinderten Mitarbeitern ist die Zustimmung des Integrationsamts (in einigen Bundesländern wurden diese Behörden in „Inklusionsamt“ umbenannt) erforderlich. Die zuständige Behörde finden Sie hier.

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Muss ich Arbeitszeugnisse ausstellen?

Auch wenn es den Betrieb nach der Firmenschließung nicht mehr gibt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, seinen Mitarbeitern ein Zeugnis auszustellen – das hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz 2011 klargestellt (Az.: 9 Ta 128/11).

Darf der Betriebsrat bei den Kündigungen mitbestimmen?

Ein vorhandener Betriebsrat muss VOR dem Ausspruch der Kündigungen angehört und schriftlich über Namen und Kündigungstermine informiert werden. Er hat aber kein Mitbestimmungsrecht.

Wann kann ich Betriebsräten kündigen?

Betriebsräte können frühestens zum Zeitpunkt der Stilllegung gekündigt werden.

Ab wann braucht es einen Sozialplan?

Wird das Unternehmen in Etappen geschlossen und sollen nicht alle Angestellten gleichzeitig entlassen werden, müssen Unternehmen vorher eine Sozialauswahl treffen und den „sozial Stärksten“ zuerst kündigen. Kriterien sind dabei Alter, Familienstand, Betriebszugehörigkeit. Mehr dazu lesen Sie hier.

Muss ich eine Abfindung zahlen?

Im Normalfall müssen Arbeitgeber gekündigten Angestellten keine Abfindung zahlen; sie ist eine freiwillige Leistung. In einigen Fällen sind sie jedoch dazu verpflichtet: zum Beispiel, wenn Abfindungen tariflich oder in der Betriebsvereinbarung geregelt sind oder Mitarbeiter bisher grundsätzlich bei einer Kündigung eine Abfindung erhalten haben. Es können auch nicht einzelne Beschäftigte eine Abfindung bekommen, während andere kein Geld erhalten. In Betrieben mit Betriebsrat kann dieser einen Sozialplan mit Abfindungen erzwingen.

„Idealerweise habe ich für Abfindungen einen Geldtopf eingerichtet und die Verteilung des Geldes mit dem Betriebsrat vereinbart“, erklärt die Arbeitsrechtlerin Iris Henkel aus Leipzig.

Welche Regeln gelten für Kleinbetriebe?

Unternehmen mit zehn oder weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fallen als Kleinbetriebe nicht unter das Kündigungsschutzgesetz – sie haben es leichter, Leute zu entlassen. Dennoch können Unternehmerinnen und Unternehmer ihre Teammitglieder nicht wahllos kündigen und müssen ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme einhalten, etwa bei der Kündigung keinen aufgrund von Geschlecht oder Herkunft zu diskriminieren oder Fachkräfte mit kurzer Betriebszugehörigkeit den langfristigen Kollegen vorziehen.


Was ist bei einer Firmenschließung noch zu tun?

Verträge

Miet- und Pachtverträge, Lieferverträge, Leasingverträge, Lizenzverträge, Darlehens- und Wartungsverträge sowie alle sonstigen Verträge (Stadtwerke, Entsorgung, Strom, Telekommunikation, Rundfunkgebühr, Software, Zeitschriften, Mietwäsche) fristgerecht kündigen. Prüfen Sie, ob Sie ein außerordentliches Kündigungsrecht haben.

Bankgeschäfte

Folgendes sollten Sie auflösen bzw. stornieren:

  • Geschäftskonten
  • Daueraufträge
  • Lastschriften/Einzugsermächtigungen
  • Kreditkartenverträge

Abmeldungen

  • Gewerbeamt
  • Sozialversicherung der Arbeitnehmer (Krankenkasse)
  • Zusatzversorgung der Arbeitnehmer (Zusatzversicherungskassen)
  • Betriebsnummern-Service (Bundesagentur für Arbeit)
  • Minijob-Zentrale (falls Mitarbeiter auf Minijob-Basis beschäftigt waren)
  • Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) binnen zwei Wochen nach Betriebsaufgabe
  • Gewerbe (Statist. Landesamt)
  • Kammer: z. B. IHK oder Handwerkskammer
  • selbstständige Tätigkeit (Finanzamt)
  • Außerdem muss über einen Notar beim Amtsgericht die Löschung des Eintrags im Handelsregister angemeldet werden.

Versicherungen

  • Beantragen Sie rechtzeitig Ihre Rente und klären Sie mit Ihrer Krankenversicherung, ob sich etwas für Sie ändert.
  • Kündigen Sie Betriebsversicherungen wie Feuer-, Sturm- und Betriebsunterbrechungsversicherung und eine eventuell vorhandene eigene Unfallversicherung fristgerecht.
  • Betriebshaftpflicht erst dann kündigen, wenn keine zeitlich verzögerten Schäden zu erwarten sind. Im Zweifel lassen sich befristete Nachversicherungen vereinbaren.

Weitere To-dos

  • Fahrzeuge um- bzw. abmelden
  • Post benachrichtigen (Nachsendeauftrag bei Standortwechsel)
  • Kunden/Geschäftspartner/Lieferanten informieren
  • Steuerberater über reduzierten Geschäftsumfang informieren (ggfs. Mandat kündigen)
  • Kündigungen Mitgliedschaften/Verbände
  • Einträge im Internet löschen (Homepage löschen oder anpassen)
  • Räumungsverkauf, Gutscheine einlösen
  • Entsorgung/Verkauf der Betriebs- und Geschäftsausstattung (Mobiliar/Maschinen/Fahrzeuge)
  • Liquidität während der Abwicklungsphase planen
  • Nachhaftung bei Gewährleistung beachten
  • Wiederherstellung der gemieteten Räume; eventuell Renovierung

Schlussbilanz und Aufgabegewinn

Neben der Steuererklärung für das letzte Geschäftsjahr braucht das Finanzamt eine Umsatzsteuerjahreserklärung zum Aufgabestichtag. Zudem müssen Unternehmer eine Schlussbilanz inklusive Inventarliste (mit Zeitwerten) abgeben. Dadurch werden die stillen Reserven offen gelegt.

Wer zum Ende des Geschäftsjahres schließt, spart sich doppelte Arbeit. Auch nach der Schließung müssen Bücher und Aufzeichnungen zehn Jahre aufbewahrt werden. Gewährleistungsfristen bestehen trotz Betriebsaufgabe fort. Mehr dazu hier: Betriebsaufgabegewinn: Das müssen Sie bei Betriebsaufgabe versteuern

Ob aus Altersgründen oder weil sich das Geschäft nicht mehr lohnt: Wer seine Firma vollständig und für immer schließt, braucht auch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr weiter beschäftigen – und darf diesen kündigen. Doch Vorsicht: „Das ist ein sehr formales Vorgehen, bei dem es viele Stolpersteine gibt“, sagt Iris Henkel, Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Leipziger Kanzlei Petersen Hardrath Pruggmayer. Deshalb sollten Unternehmerinnen und Unternehmer, bevor sie Kündigungen aussprechen, einige taktische und strategische Überlegungen anstellen - zum Beispiel, ob die Firma in Etappen geschlossen werden soll. Entsprechend sind bestimmte Vorschriften zu beachten. Lesen Sie, welche das sind, welche Regeln etwa bei Azubis, Schwangeren und bei befristeten Arbeitsverträgen gelten und wann bei einer Firmenschließung Abfindungen gezahlt werden müssen. Zudem erfahren Sie, was Sie darüber hinaus bei einer Betriebsaufgabe beachten sollten. Welche Kündigungsfristen muss ich bei einer Firmenschließung einhalten? Eine Firmenschließung ist kein Grund für eine fristlose, außerordentliche Kündigung. Arbeitgeber müssen Angestellten grundsätzlich ordentlich betriebsbedingt kündigen. Das heißt, es müssen Kündigungsfristen eingehalten werden, die im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder gesetzlich festgelegt sind. Laut § 622 BGB betragen die Fristen: 1 Monat bei 2 Jahren Betriebszugehörigkeit 2 Monate bei 5 Jahren Betriebszugehörigkeit 3 Monate bei 8 Jahren Betriebszugehörigkeit 4 Monate bei 10 Jahren Betriebszugehörigkeit  5 Monate bei 12 Jahren Betriebszugehörigkeit 6 Monate bei 15 Jahren Betriebszugehörigkeit 7 Monate bei 20 Jahren Betriebszugehörigkeit Die Kündigungsfrist gilt jeweils zum Ende eines Kalendermonats. Bei langen Kündigungsfristen kann es sich lohnen, mit den Gekündigten Aufhebungsverträge abzuschließen. Hierbei beenden beide Seiten das Arbeitsverhältnis zu vorher festgelegten Bedingungen einvernehmlich. Was Sie beachten sollten: Aufhebungsvertrag: So trennt man sich im Guten Bei Arbeitnehmern in der Probezeit beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist zwei Wochen – auch bei einer Betriebsschließung. Welche Formalien muss ich bei der Kündigung bei Betriebsaufgabe beachten? Für die Kündigung bei Firmenschließung gelten dieselben formalen Regeln wie für andere Kündigungen. So muss sie beispielsweise schriftlich erfolgen und eigenhändig vom Arbeitgeber unterschrieben sein. Lesen auch: Rechtssichere Kündigung: 8 teure Fehler Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter zudem darauf hinweisen, dass diese sich innerhalb von drei Tagen nach Erhalt einer Kündigung persönlich bei der Agentur für Arbeit melden. Wann ist die Kündigung unwirksam? Eine Betriebsschließung ist grundsätzlich ein wirksamer und ausreichender Kündigungsgrund. Arbeitsgerichte hinterfragen nicht, ob es sich wirtschaftlich nicht doch gelohnt hätte, den Betrieb fortzuführen. Dennoch gibt es Fälle, in denen Kündigungen wegen Firmenschließung anfechtbar sind. Zum Beispiel, wenn die Unternehmerin den Betrieb nur vorübergehend schließen oder nur teilweise fortführen will. Unwirksam ist auch eine Kündigung, wenn die Firma verkauft wird. Nach § 613a BGB übernimmt der neue Inhaber bei einem Betriebsübergang alle Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen. Unternehmerinnen und Unternehmer dürfen ihre Angestellten auch nicht vorsorglich oder vorschnell entlassen, zum Beispiel, indem sie einen Teil der Stellen in der Buchhaltung abbauen und die Arbeit auf die verbliebenen Köpfe verteilen. Selbst dann nicht, wenn die Kündigungsfrist eingehalten wird. „Firmen müssen plausibel darlegen können, warum bestimmte Stellen nicht mehr gebraucht werden“, erklärt die Fachanwältin Iris Henkel. Lässt sich der etappenweise Stellenabbau nicht betrieblich begründen, müssen Mitarbeitende bis zur Betriebsschließung beschäftigt werden. Wann sind Entlassungen anzeigepflichtig? Bei einer Betriebsschließung werden häufig gleich mehrere Beschäftigte entlassen, man spricht auch von Massenentlassung. Diese muss schriftlich bei der Agentur für Arbeit gemeldet werden, auch wenn mit den Gekündigten Aufhebungsverträge abgeschlossen wurden. Welche Pflichten der Arbeitgeber hier hat, regelt § 17 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Hat der Betrieb etwa mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmer, liegt ab fünf gekündigten Mitarbeitern in 30 Tagen eine Massenentlassung vor. Mehr dazu lesen Sie im Merkblatt der Agentur für Arbeit. Kann ich Auszubildenden kündigen? Auch Auszubildende können wegen einer Betriebsaufgabe gekündigt werden. Allerdings sind Ausbilder verpflichtet, bei der Suche nach einer neuen Stelle zu helfen, wo die Ausbildung fortgesetzt werden kann. Arbeitgeber sollten sich deshalb mit der Agentur für Arbeit in Verbindung setzen sowie mit ihrer Berufskammer. Was gilt bei Betriebsschließung für befristete Verträge? Befristete Verträge können nur dann gekündigt werden, wenn diese eine entsprechende Kündigungsklausel enthalten – das gilt auch bei einer Betriebsaufgabe. Ansonsten ist eine vorzeitige Kündigung nur möglich, wenn beide einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag abschließen. [mehr-zum-thema] Wie kündige ich schwangeren und schwerbehinderten Mitarbeitern? Wollen Arbeitgeber Schwangeren oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Elternzeit kündigen, müssen VOR der Kündigung die Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde einholen. Eine Liste der Behörden finden Sie hier. Bei schwerbehinderten Mitarbeitern ist die Zustimmung des Integrationsamts (in einigen Bundesländern wurden diese Behörden in "Inklusionsamt" umbenannt) erforderlich. Die zuständige Behörde finden Sie hier. Muss ich Arbeitszeugnisse ausstellen? Auch wenn es den Betrieb nach der Firmenschließung nicht mehr gibt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, seinen Mitarbeitern ein Zeugnis auszustellen - das hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz 2011 klargestellt (Az.: 9 Ta 128/11). Darf der Betriebsrat bei den Kündigungen mitbestimmen? Ein vorhandener Betriebsrat muss VOR dem Ausspruch der Kündigungen angehört und schriftlich über Namen und Kündigungstermine informiert werden. Er hat aber kein Mitbestimmungsrecht. Wann kann ich Betriebsräten kündigen? Betriebsräte können frühestens zum Zeitpunkt der Stilllegung gekündigt werden. Ab wann braucht es einen Sozialplan? Wird das Unternehmen in Etappen geschlossen und sollen nicht alle Angestellten gleichzeitig entlassen werden, müssen Unternehmen vorher eine Sozialauswahl treffen und den „sozial Stärksten“ zuerst kündigen. Kriterien sind dabei Alter, Familienstand, Betriebszugehörigkeit. Mehr dazu lesen Sie hier. Muss ich eine Abfindung zahlen? Im Normalfall müssen Arbeitgeber gekündigten Angestellten keine Abfindung zahlen; sie ist eine freiwillige Leistung. In einigen Fällen sind sie jedoch dazu verpflichtet: zum Beispiel, wenn Abfindungen tariflich oder in der Betriebsvereinbarung geregelt sind oder Mitarbeiter bisher grundsätzlich bei einer Kündigung eine Abfindung erhalten haben. Es können auch nicht einzelne Beschäftigte eine Abfindung bekommen, während andere kein Geld erhalten. In Betrieben mit Betriebsrat kann dieser einen Sozialplan mit Abfindungen erzwingen. „Idealerweise habe ich für Abfindungen einen Geldtopf eingerichtet und die Verteilung des Geldes mit dem Betriebsrat vereinbart“, erklärt die Arbeitsrechtlerin Iris Henkel aus Leipzig. Welche Regeln gelten für Kleinbetriebe? Unternehmen mit zehn oder weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fallen als Kleinbetriebe nicht unter das Kündigungsschutzgesetz – sie haben es leichter, Leute zu entlassen. Dennoch können Unternehmerinnen und Unternehmer ihre Teammitglieder nicht wahllos kündigen und müssen ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme einhalten, etwa bei der Kündigung keinen aufgrund von Geschlecht oder Herkunft zu diskriminieren oder Fachkräfte mit kurzer Betriebszugehörigkeit den langfristigen Kollegen vorziehen. Was ist bei einer Firmenschließung noch zu tun? Verträge Miet- und Pachtverträge, Lieferverträge, Leasingverträge, Lizenzverträge, Darlehens- und Wartungsverträge sowie alle sonstigen Verträge (Stadtwerke, Entsorgung, Strom, Telekommunikation, Rundfunkgebühr, Software, Zeitschriften, Mietwäsche) fristgerecht kündigen. Prüfen Sie, ob Sie ein außerordentliches Kündigungsrecht haben. Bankgeschäfte Folgendes sollten Sie auflösen bzw. stornieren: Geschäftskonten Daueraufträge Lastschriften/Einzugsermächtigungen Kreditkartenverträge Abmeldungen Gewerbeamt Sozialversicherung der Arbeitnehmer (Krankenkasse) Zusatzversorgung der Arbeitnehmer (Zusatzversicherungskassen) Betriebsnummern-Service (Bundesagentur für Arbeit) Minijob-Zentrale (falls Mitarbeiter auf Minijob-Basis beschäftigt waren) Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) binnen zwei Wochen nach Betriebsaufgabe Gewerbe (Statist. Landesamt) Kammer: z. B. IHK oder Handwerkskammer selbstständige Tätigkeit (Finanzamt) Außerdem muss über einen Notar beim Amtsgericht die Löschung des Eintrags im Handelsregister angemeldet werden. Versicherungen Beantragen Sie rechtzeitig Ihre Rente und klären Sie mit Ihrer Krankenversicherung, ob sich etwas für Sie ändert. Kündigen Sie Betriebsversicherungen wie Feuer-, Sturm- und Betriebsunterbrechungsversicherung und eine eventuell vorhandene eigene Unfallversicherung fristgerecht. Betriebshaftpflicht erst dann kündigen, wenn keine zeitlich verzögerten Schäden zu erwarten sind. Im Zweifel lassen sich befristete Nachversicherungen vereinbaren. Weitere To-dos Fahrzeuge um- bzw. abmelden Post benachrichtigen (Nachsendeauftrag bei Standortwechsel) Kunden/Geschäftspartner/Lieferanten informieren Steuerberater über reduzierten Geschäftsumfang informieren (ggfs. Mandat kündigen) Kündigungen Mitgliedschaften/Verbände Einträge im Internet löschen (Homepage löschen oder anpassen) Räumungsverkauf, Gutscheine einlösen Entsorgung/Verkauf der Betriebs- und Geschäftsausstattung (Mobiliar/Maschinen/Fahrzeuge) Liquidität während der Abwicklungsphase planen Nachhaftung bei Gewährleistung beachten Wiederherstellung der gemieteten Räume; eventuell Renovierung Schlussbilanz und Aufgabegewinn Neben der Steuererklärung für das letzte Geschäftsjahr braucht das Finanzamt eine Umsatzsteuerjahreserklärung zum Aufgabestichtag. Zudem müssen Unternehmer eine Schlussbilanz inklusive Inventarliste (mit Zeitwerten) abgeben. Dadurch werden die stillen Reserven offen gelegt. Wer zum Ende des Geschäftsjahres schließt, spart sich doppelte Arbeit. Auch nach der Schließung müssen Bücher und Aufzeichnungen zehn Jahre aufbewahrt werden. Gewährleistungsfristen bestehen trotz Betriebsaufgabe fort. Mehr dazu hier: Betriebsaufgabegewinn: Das müssen Sie bei Betriebsaufgabe versteuern