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Urteil: Ältere Beschäftigte dürfen mehr Urlaub haben

Ältere Mitarbeiter bekommen in manchen Betrieben mehr Urlaub als ihre jüngeren Kollegen. Zu Recht? Unter bestimmten Bedingungen ja, entschied das Bundesarbeitsgericht.

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Ältere Mitarbeiter bekommen in manchen Betrieben mehr Urlaub als ihre jüngeren Kollegen.
Ältere Mitarbeiter bekommen in manchen Betrieben mehr Urlaub als ihre jüngeren Kollegen.
© contrastwerkstatt - Fotolia.com

Sollen ältere Arbeitnehmer mehr Urlaubstage haben als jüngere? Einige Mitarbeiter eines Schuhherstellers aus Rheinland-Pfalz finden: Nein. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht über die Streitfrage entschieden.

Wer hat geklagt und was war die Forderung?

Geklagt hatten sieben Mitarbeiter einer Tochterfirma des Schuhherstellers Birkenstock aus Rheinland-Pfalz im Alter von 45 bis 56 Jahren. In den Arbeitsverträgen sind 34 Urlaubstage vereinbart, doch gewährt das Unternehmen seinen Mitarbeitern ab dem 58. Geburtstag zwei weitere Urlaubstage im Jahr. Die Kläger fühlen sich deswegen wegen ihres Alters diskriminiert und verlangen ebenfalls 36 Urlaubstage.

Wie hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?

Der neunte Senat hat die Auffassung der Kläger nicht geteilt und ist den Vorinstanzen gefolgt. Zwar würden junge und ältere Beschäftigte ungleich behandelt. Doch billigten die Richter dem Arbeitgeber einen Gestaltungsspielraum zum Schutz älterer Mitarbeiter zu. Den habe das Unternehmen mit der Annahme, die Älteren bräuchten wegen der schweren Arbeit in der Produktion längere Erholungszeiten, nicht überschritten, wenn es ihnen dabei zwei Tage Zusatzurlaub gewähre.

Gibt es vergleichbare Fälle, und wie wurde da entschieden?

Das Bundesarbeitsgericht hatte 2012 die Altersstaffel beim Urlaub im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen gekippt. Die dortige Regelung hatte allerdings viel früher angesetzt: Bis zum 30. Lebensjahr bekamen die Beschäftigten 26 Tage Urlaub, bis 40 Jahre 29 Tage und danach 30 Tage. Der neunte Senat sah darin einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, weil jüngere Angestellte wegen ihres Alters benachteiligt würden.

Ab wann ist eine Altersstaffel beim Urlaub nun rechtswidrig?

Dafür gibt es nach Auskunft von Juristen keine generelle Regel; vielmehr muss dies im Einzelfall entschieden werden. Für Büroarbeiten könnte die Abwägung anders ausfallen als bei schwerer körperlicher Arbeit in der Produktion. Auch kommt es wohl darauf an, wie viel Zusatzurlaub ein Unternehmen älteren Mitarbeitern gibt.

Wie viele Beschäftigte in Deutschland sind von solchen Urlaubsstaffeln nach Alter betroffen? 

Das können Arbeitgeber und Gewerkschaften nicht genau sagen. Doch ihren Angaben nach sind solche Altersstaffeln seltener geworden. Nach Auskunft der IG Metall gibt es in den von ihr ausgehandelten Tarifverträgen keine solchen Regelungen. Bei Verdi hieß es, dass in den vergangenen Jahren etliche Tarifverträge bereinigt worden seien – etwa im Handel. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber empfiehlt seit längerem eine Umstellung, etwa nach Dauer der Betriebszugehörigkeit.

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Warum gibt es überhaupt Vereinbarungen, wonach Ältere einen höheren Urlaubsanspruch haben?

Birkenstock verteidigt sein Vorgehen mit einer Fürsorgepflicht für ältere Arbeitnehmer. Sie bräuchten für die teils schwere und körperlich ermüdende Arbeit längere Erholungszeiten als jüngere Mitarbeiter. Auch die Internationale Arbeitsorganisation ILO hatte 1980 zum Schutz älterer Beschäftigter neben einer Verkürzung der Arbeitszeit etwa empfohlen, den „bezahlten Jahresurlaub auf der Grundlage der Beschäftigungsdauer oder des Alters“ zu verlängern. Das Bundesurlaubsgesetz kennt dagegen keinen Unterschied nach Alter. Dort heißt es nur: „Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.“
 

Weitere Urteile der Arbeitsgerichte im Überblick:

September 2014: Wer jahrelang beim gleichen Unternehmen beschäftigt ist, dem steht auch eine längere Kündigungsfrist zu. Eine nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte Frist diskriminiere jüngere Arbeitnehmer nicht, entscheidet das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (6 AZR 636/13). Der Gesetzgeber räumt Mitarbeitern, die über Jahre in einer Firma arbeiten, einen besseren Kündigungsschutz ein. Eine 31-Jährige hatte geklagt, weil sie ihren Aushilfsjob verloren hatte.

März 2012: Die Erfurter Arbeitsrichter entscheiden: Die altersabhängige Urlaubsstaffelung im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ist unwirksam (9 AZR 529/10). Damit haben alle Beschäftigten, unabhängig vom Alter, Anspruch auf 30 Tage Urlaub. Eine Staffelung benachteilige jüngere Arbeitnehmer und verstoße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, entscheidet das Gericht.

Juni 2009: Jüngere Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst dürfen bei der Berechnung des Grundgehalts gegenüber älteren Kollegen nicht benachteiligt werden. Das hessische Landesarbeitsgericht gibt der Klage eines 31 Jahre alten Angestellten statt, der die Eingruppierung in die höchste Lebensaltersstufe des Tarifvertrages verlangt hatte (2 Sa 1689/08). Systeme, die die Höhe des Gehalts nach dem Lebensalter staffelten, seien unwirksam, urteilen die Richter. In vielen Tarifverträgen hängt die Vergütung von den Berufsjahren ab.

Sollen ältere Arbeitnehmer mehr Urlaubstage haben als jüngere? Einige Mitarbeiter eines Schuhherstellers aus Rheinland-Pfalz finden: Nein. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht über die Streitfrage entschieden. Wer hat geklagt und was war die Forderung? Geklagt hatten sieben Mitarbeiter einer Tochterfirma des Schuhherstellers Birkenstock aus Rheinland-Pfalz im Alter von 45 bis 56 Jahren. In den Arbeitsverträgen sind 34 Urlaubstage vereinbart, doch gewährt das Unternehmen seinen Mitarbeitern ab dem 58. Geburtstag zwei weitere Urlaubstage im Jahr. Die Kläger fühlen sich deswegen wegen ihres Alters diskriminiert und verlangen ebenfalls 36 Urlaubstage. Wie hat das Bundesarbeitsgericht entschieden? Der neunte Senat hat die Auffassung der Kläger nicht geteilt und ist den Vorinstanzen gefolgt. Zwar würden junge und ältere Beschäftigte ungleich behandelt. Doch billigten die Richter dem Arbeitgeber einen Gestaltungsspielraum zum Schutz älterer Mitarbeiter zu. Den habe das Unternehmen mit der Annahme, die Älteren bräuchten wegen der schweren Arbeit in der Produktion längere Erholungszeiten, nicht überschritten, wenn es ihnen dabei zwei Tage Zusatzurlaub gewähre. Gibt es vergleichbare Fälle, und wie wurde da entschieden? Das Bundesarbeitsgericht hatte 2012 die Altersstaffel beim Urlaub im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen gekippt. Die dortige Regelung hatte allerdings viel früher angesetzt: Bis zum 30. Lebensjahr bekamen die Beschäftigten 26 Tage Urlaub, bis 40 Jahre 29 Tage und danach 30 Tage. Der neunte Senat sah darin einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, weil jüngere Angestellte wegen ihres Alters benachteiligt würden. Ab wann ist eine Altersstaffel beim Urlaub nun rechtswidrig? Dafür gibt es nach Auskunft von Juristen keine generelle Regel; vielmehr muss dies im Einzelfall entschieden werden. Für Büroarbeiten könnte die Abwägung anders ausfallen als bei schwerer körperlicher Arbeit in der Produktion. Auch kommt es wohl darauf an, wie viel Zusatzurlaub ein Unternehmen älteren Mitarbeitern gibt. Wie viele Beschäftigte in Deutschland sind von solchen Urlaubsstaffeln nach Alter betroffen?  Das können Arbeitgeber und Gewerkschaften nicht genau sagen. Doch ihren Angaben nach sind solche Altersstaffeln seltener geworden. Nach Auskunft der IG Metall gibt es in den von ihr ausgehandelten Tarifverträgen keine solchen Regelungen. Bei Verdi hieß es, dass in den vergangenen Jahren etliche Tarifverträge bereinigt worden seien - etwa im Handel. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber empfiehlt seit längerem eine Umstellung, etwa nach Dauer der Betriebszugehörigkeit. Warum gibt es überhaupt Vereinbarungen, wonach Ältere einen höheren Urlaubsanspruch haben? Birkenstock verteidigt sein Vorgehen mit einer Fürsorgepflicht für ältere Arbeitnehmer. Sie bräuchten für die teils schwere und körperlich ermüdende Arbeit längere Erholungszeiten als jüngere Mitarbeiter. Auch die Internationale Arbeitsorganisation ILO hatte 1980 zum Schutz älterer Beschäftigter neben einer Verkürzung der Arbeitszeit etwa empfohlen, den "bezahlten Jahresurlaub auf der Grundlage der Beschäftigungsdauer oder des Alters" zu verlängern. Das Bundesurlaubsgesetz kennt dagegen keinen Unterschied nach Alter. Dort heißt es nur: "Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage."   Weitere Urteile der Arbeitsgerichte im Überblick: September 2014: Wer jahrelang beim gleichen Unternehmen beschäftigt ist, dem steht auch eine längere Kündigungsfrist zu. Eine nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte Frist diskriminiere jüngere Arbeitnehmer nicht, entscheidet das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (6 AZR 636/13). Der Gesetzgeber räumt Mitarbeitern, die über Jahre in einer Firma arbeiten, einen besseren Kündigungsschutz ein. Eine 31-Jährige hatte geklagt, weil sie ihren Aushilfsjob verloren hatte. März 2012: Die Erfurter Arbeitsrichter entscheiden: Die altersabhängige Urlaubsstaffelung im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ist unwirksam (9 AZR 529/10). Damit haben alle Beschäftigten, unabhängig vom Alter, Anspruch auf 30 Tage Urlaub. Eine Staffelung benachteilige jüngere Arbeitnehmer und verstoße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, entscheidet das Gericht. Juni 2009: Jüngere Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst dürfen bei der Berechnung des Grundgehalts gegenüber älteren Kollegen nicht benachteiligt werden. Das hessische Landesarbeitsgericht gibt der Klage eines 31 Jahre alten Angestellten statt, der die Eingruppierung in die höchste Lebensaltersstufe des Tarifvertrages verlangt hatte (2 Sa 1689/08). Systeme, die die Höhe des Gehalts nach dem Lebensalter staffelten, seien unwirksam, urteilen die Richter. In vielen Tarifverträgen hängt die Vergütung von den Berufsjahren ab.
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