Marketing
Was sind verbotene Preisabsprachen – und welche Auswege gibt es für Unternehmer?

Der Autozulieferer Schaeffler muss wegen verbotener Preisabsprachen eine millionenschwere Kartellstrafe zahlen. Im impulse-Interview erklärt Kartellrechtsexperte Maxim Kleine, was überhaupt als verbotene Preisabsprache gilt - und was Unternehmen tun können, wenn sie gegen das Kartellrecht verstoßen haben.

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Die Schaeffler-Zentrale in Herzogenaurach.
Die Schaeffler-Zentrale in Herzogenaurach.
© Schaeffler AG

Es ist eine saftige Strafe, die auf den Autozulieferer Schaeffler zukommt: 370 Millionen Euro muss das fränkische Unternehmen nach einem Urteil der EU-Kommission zahlen – wegen verbotener Preisabsprachen.

Im Hause Schaeffler hat man laut eigener Auskunft mit der EU-Kartellstrafe gerechnet: „Wir haben ausreichend Rückstellungen in Höhe von 380 Millionen Euro gebildet“, sagte ein Firmensprecher am Mittwoch. Schaeffler habe die Kommission bei den Ermittlungen unterstützt – nun sei der Fall abgeschlossen.

Ob das Unternehmen die Strafe im Detail akzeptiert, werde sich in einigen Tagen herausstellen herausstellen: Nämlich dann, wenn der Bußgeldbescheid eintreffe und geprüft worden sei.

 

Kartellrechtsexperte Maxim Kleine erklärt im impulse-Interview, was überhaupt als verbotene Preisabsprache gilt – und welche Auswege es für Unternehmen gibt, die vermuten,  gegen das Kartellrecht verstoßen zu haben.

impulse: Herr Kleine, ab wann spricht man von Preisabsprachen zwischen Unternehmen?

Maxim Kleine: Sehr, sehr früh. Man spricht von Preisabsprachen, sobald Unternehmen, die im Wettbewerb zu einander stehen, direkt mit einander Informationen über Preise austauschen, die über das hinausgehen, was aus öffentlichen Quellen zu entnehmen ist. Wahrscheinlich würde man es als Kartellrechtler schon bedenklich finden, wenn beispielsweise Wettbewerber sich gegenseitig ihre bereits an Kunden kommunizierten und damit öffentlichen Preislisten zuschicken.

Sollten Wettbewerber unter diesen Umständen überhaupt keinen Kontakt haben?

Nein, so strikt kann man das nicht sagen. Es gehört zu einem guten Marktauftritt, zu wissen was die Wettbewerber tun und wie der Trend in der Branche ist. Es gibt aber rote Lienen, die Wettbewerber nicht übertreten dürfen.

Was sind diese roten Linien?

Das sind zum Beispiel Preise, die man zukünftig verlangen möchte, also Preistrends. Alles was die Zukunft betrifft, ist prinzipiell tabu.

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Und worüber dürfen Unternehmen, die im Wettbewerb zu einander stehen, sprechen?

Prinzipiell über alles, worunter die Kunden nicht leiden. Wenn man sich etwa Lebensmittelhersteller anguckt, müssen die Wettbewerber sich natürlich über neue Trends des Gesundheitsschutzes austauschen. Welche Verpackungen gibt es? Wie kann man Probleme in der Branche bereinigen? Dinge wie etwa den Pferdefleischskandal vor einiger Zeit müssen Wettbewerber natürlich mit einander besprechen. Da fragt man sich dann: Wie können wir uns als Branche so aufstellen, dass wir sicher sind, dass so etwas nicht passiert? Da kann man natürlich viel von einander lernen – ohne dass dadurch Schaden für den Verbraucher entsteht.

Gibt es eine Faustformel, mit der man feststellen kann, ob es sich um „erlaubte“ oder „verbotene“ Kommunikation handelt?

Als Grundsatzregelung kann man immer die Überlegung anstellen: Schadet der Informationsaustausch dem Verbraucher? Oder nutzt er ihm? Das ist eine ganz einfache Bauchgefühlsüberlegung, die oft schon ein sehr wichtiges Indiz dafür liefert, ob ein Verhalten kartellrechtlich problematisch ist oder nicht. Wann immer Wettbewerber etwas tun, das dazu führt, dass Verbraucher günstigere oder sicherere Produkte am Ende erhalten, wird es sich in der Regel nicht um eine kartellrechtswidrige Wettbewerbsbeschränkung handeln.

Und welche Möglichkeiten haben Unternehmen, wenn eine rote Linie doch übertreten wurde?

Das Unternehmen hat dann eigentlich nur eine Option: Es muss möglichst schnell und möglichst still und leise aufklären, ob etwas kartellrechtswidriges passiert ist. Wenn das der Fall ist, kann das Unternehmen einen so genannten Kronzeugenantrag stellen. Der hat zur Folge, dass man kein Bußgeld bekommt, wenn man ihn als erstes stellt. Die Aufklärungsarbeit wird dabei faktisch von Anwälten erledigt, die das Unternehmen zu bezahlen hat. Wenn man eine Ahnung von einem Verstoß hat, geht man sofort auf die zuständigen Kartellbehörden zu, stellt einen solchen Antrag und klärt den Verstoß vollständig auf – denn das ist die Pflicht des Bonusantragsstellers, damit er von der Bußgeldsanktion befreit wird.

 

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Maxim KleineZur Person:

Maxim Kleine ist Anwalt für Kartellrecht und Partner der Kanzlei Oppenhoff und Partner. Er berät im deutschen und europäischen Kartellrecht – insbesondere in Kartellverfahren vor dem Bundeskartellamt und der Europäischen Kommission.

mit dpa

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Es ist eine saftige Strafe, die auf den Autozulieferer Schaeffler zukommt: 370 Millionen Euro muss das fränkische Unternehmen nach einem Urteil der EU-Kommission zahlen - wegen verbotener Preisabsprachen. Im Hause Schaeffler hat man laut eigener Auskunft mit der EU-Kartellstrafe gerechnet: "Wir haben ausreichend Rückstellungen in Höhe von 380 Millionen Euro gebildet", sagte ein Firmensprecher am Mittwoch. Schaeffler habe die Kommission bei den Ermittlungen unterstützt - nun sei der Fall abgeschlossen. Ob das Unternehmen die Strafe im Detail akzeptiert, werde sich in einigen Tagen herausstellen herausstellen: Nämlich dann, wenn der Bußgeldbescheid eintreffe und geprüft worden sei.   Kartellrechtsexperte Maxim Kleine erklärt im impulse-Interview, was überhaupt als verbotene Preisabsprache gilt - und welche Auswege es für Unternehmen gibt, die vermuten,  gegen das Kartellrecht verstoßen zu haben. impulse: Herr Kleine, ab wann spricht man von Preisabsprachen zwischen Unternehmen? Maxim Kleine: Sehr, sehr früh. Man spricht von Preisabsprachen, sobald Unternehmen, die im Wettbewerb zu einander stehen, direkt mit einander Informationen über Preise austauschen, die über das hinausgehen, was aus öffentlichen Quellen zu entnehmen ist. Wahrscheinlich würde man es als Kartellrechtler schon bedenklich finden, wenn beispielsweise Wettbewerber sich gegenseitig ihre bereits an Kunden kommunizierten und damit öffentlichen Preislisten zuschicken. Sollten Wettbewerber unter diesen Umständen überhaupt keinen Kontakt haben? Nein, so strikt kann man das nicht sagen. Es gehört zu einem guten Marktauftritt, zu wissen was die Wettbewerber tun und wie der Trend in der Branche ist. Es gibt aber rote Lienen, die Wettbewerber nicht übertreten dürfen. Was sind diese roten Linien? Das sind zum Beispiel Preise, die man zukünftig verlangen möchte, also Preistrends. Alles was die Zukunft betrifft, ist prinzipiell tabu. Und worüber dürfen Unternehmen, die im Wettbewerb zu einander stehen, sprechen? Prinzipiell über alles, worunter die Kunden nicht leiden. Wenn man sich etwa Lebensmittelhersteller anguckt, müssen die Wettbewerber sich natürlich über neue Trends des Gesundheitsschutzes austauschen. Welche Verpackungen gibt es? Wie kann man Probleme in der Branche bereinigen? Dinge wie etwa den Pferdefleischskandal vor einiger Zeit müssen Wettbewerber natürlich mit einander besprechen. Da fragt man sich dann: Wie können wir uns als Branche so aufstellen, dass wir sicher sind, dass so etwas nicht passiert? Da kann man natürlich viel von einander lernen – ohne dass dadurch Schaden für den Verbraucher entsteht. Gibt es eine Faustformel, mit der man feststellen kann, ob es sich um „erlaubte“ oder „verbotene“ Kommunikation handelt? Als Grundsatzregelung kann man immer die Überlegung anstellen: Schadet der Informationsaustausch dem Verbraucher? Oder nutzt er ihm? Das ist eine ganz einfache Bauchgefühlsüberlegung, die oft schon ein sehr wichtiges Indiz dafür liefert, ob ein Verhalten kartellrechtlich problematisch ist oder nicht. Wann immer Wettbewerber etwas tun, das dazu führt, dass Verbraucher günstigere oder sicherere Produkte am Ende erhalten, wird es sich in der Regel nicht um eine kartellrechtswidrige Wettbewerbsbeschränkung handeln. Und welche Möglichkeiten haben Unternehmen, wenn eine rote Linie doch übertreten wurde? Das Unternehmen hat dann eigentlich nur eine Option: Es muss möglichst schnell und möglichst still und leise aufklären, ob etwas kartellrechtswidriges passiert ist. Wenn das der Fall ist, kann das Unternehmen einen so genannten Kronzeugenantrag stellen. Der hat zur Folge, dass man kein Bußgeld bekommt, wenn man ihn als erstes stellt. Die Aufklärungsarbeit wird dabei faktisch von Anwälten erledigt, die das Unternehmen zu bezahlen hat. Wenn man eine Ahnung von einem Verstoß hat, geht man sofort auf die zuständigen Kartellbehörden zu, stellt einen solchen Antrag und klärt den Verstoß vollständig auf – denn das ist die Pflicht des Bonusantragsstellers, damit er von der Bußgeldsanktion befreit wird.   Zur Person: Maxim Kleine ist Anwalt für Kartellrecht und Partner der Kanzlei Oppenhoff und Partner. Er berät im deutschen und europäischen Kartellrecht - insbesondere in Kartellverfahren vor dem Bundeskartellamt und der Europäischen Kommission. mit dpa
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