Personal
Absagen: Worauf Arbeitgeber achten müssen

Bei Absagen lauern für Arbeitgeber Fallen, immer wieder gibt es Rechtsstreitigkeiten. Rechtsanwalt Alexander Birkhahn erklärt, worauf Arbeitgeber achten sollten.

,

Kommentieren
Bei der Absage sollten Arbeitgeber die rechtlichen Fallstricke nicht außer Acht lassen.
Bei der Absage sollten Arbeitgeber die rechtlichen Fallstricke nicht außer Acht lassen.
© Jürgen Hüls - Fotolia.com

Wie beantworte ich eine Bewerbung richtig? Das sind Fragen, die sich viele Personalverantwortliche in Unternehmen stellen. Bewerber möchten sich naturgemäß positiv beim Unternehmen präsentieren. Dabei werden auch schon einmal scheinbar negative Eigenschaften wie etwa eine Schwerbehinderung bei der Bewerbung „vergessen“. Arbeitnehmer fragen sich dann, ob dies eigentlich zulässig ist oder sie verpflichtet sind, auf sämtliche Umstände, die bei der Auswahlentscheidung relevant sein könnten, ausdrücklich hinzuweisen.

Umgekehrt geht es Personalleitern oft so, dass sie Bewerber genau aufgrund solcher „negativer“ Merkmale, die diese in der Bewerbung erwähnt haben, bei der Einstellung nicht berücksichtigen.

Derartige Konstellationen beschäftigen immer wieder die Gerichte. Haben Arbeitnehmer solche Eigenschaften in der Bewerbung nicht erwähnt, stellt sich meistens die Frage, ob sie im Nachhinein daraus noch Rechte herleiten können.

Die wahren Gründe einer Absage vom Arbeitgeber

Personalern wiederum passiert es bisweilen, dass sie mit Kommentaren versehene Bewerbungsunterlagen an nicht berücksichtigte Bewerber zurückschicken. Aus diesen Kommentaren lassen sich dann gelegentlich die wahren Gründe einer Absage erahnen. Arbeitnehmer fühlen sich dann diskriminiert und verlangen eine Entschädigung. Am 18. September 2014 hatte sich das Bundesarbeitsgericht mit solchen Konstellationen zu beschäftigen.

Im ersten Fall (Az. 8 AZR 759/13) hatte sich ein schwerbehinderter Mann um eine Stelle im Öffentlichen Dienst beworben. Im Anschreiben bzw. im Lebenslauf hatte er nicht auf seine Schwerbehinderung hingewiesen. Allerdings war die Kopie des Schwerbehindertenausweises in den Anlagen auf Blatt 24 von 29 Blättern enthalten. Der Arbeitgeber hatte dem Bewerber ohne Einladung zu einem Vorstellungsgespräch abgesagt. Der Arbeitnehmer sah sich wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert und verlangte eine Entschädigung.

Hatte das Landesarbeitsgericht dem Arbeitnehmer noch Recht gegeben, so wies das Bundesarbeitsgericht die Klage des Bewerbers jetzt ab. Denn dieser hätte auf die Behinderung entweder im Anschreiben oder deutlich sichtbar im Lebenslauf hinweisen müssen. Ansonsten könne er sich auf diesen besonderen Schutz nicht berufen. Der Arbeitnehmer ging daher leer aus.

Absage einer Bewerbung: Vorsicht bei diskriminierenden Kommentaren

Die zweite Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Az. 8 AZR 753/13) bewegt sich an der Schnittstelle zwischen möglicher Diskriminierung wegen Geschlechts und wegen der Betreuung eines Kindes. Was war geschehen? Eine Frau hatte sich bei einem Radiosender um eine Vollzeitstelle als Buchhaltungskraft beworben. Im Lebenslauf hatte sie angegeben: „Familienstand: verheiratet, 1 Kind“. Wenige Wochen später erhielt sie eine Absage. Auf dem von der Personalabteilung zurückgesandten Lebenslauf war der Angabe zum Familienstand u.a. der Zusatz „7 Jahre alt!“ hinzugefügt. Die Bewerberin sah sich diskriminiert und klagte.

Das Landesarbeitsgericht gab ihr Recht und verurteilte den Radiosender. Das Bundesarbeitsgericht hob diese Entscheidung zwar jetzt auf, wies die Klage jedoch nicht ab, sondern verwies die Sache zu einer „erneuten Verhandlung“ an das Landesarbeitsgericht zurück. Dieses hatte in seiner Entscheidung eine mittelbare Diskriminierung der Klägerin wegen ihres Geschlechts gesehen. Dazu hatte es eine Statistik herangezogen, die Auskunft über den Anteil von Ehefrauen mit der Kind an der Gesamtzahl der Vollbeschäftigten gegeben hatte.

Das Bundesarbeitsgericht sah darin keine zulässige Grundlage. Allerdings deutete es an, dass ggf. eine unmittelbare Diskriminierung der Mutter als Frau gegeben wäre. Dies solle das Landesarbeitsgericht noch einmal prüfen.

Beginn einer Prozesswelle?

Hintergrund für diese „juristischen Winkelzüge“ ist folgender: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sieht kein Verbot der Diskriminierung von Eltern minderjähriger Kinder vor, etwa weil diese betreut werden müssen. Daher kann die Klage nur Erfolg haben, wenn eine Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegt. Diese lässt sich aber nicht ohne weiteres begründen.

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
Machen ist wie wollen, nur krasser
Die impulse-Mitgliedschaft - Rückenwind für Unternehmerinnen und Unternehmer

Der Fall gibt einen Einblick in die offenbar immer noch bestehende Lebenswirklichkeit: Eltern, vor allem Mütter, minderjähriger Kinder werden bei Stellenbesetzungen übergangen, da Personalchefs offenbar befürchten, es komme zu Fehlzeiten wegen Krankheiten der Kinder, die Arbeitnehmer wären nicht flexibel genug o.ä. Häufig anzutreffende positive Eigenschaften von jungen Eltern wie höheres Verantwortungsbewusstsein, bessere Arbeitsmotivation etc. werden dabei oft unberücksichtigt gelassen.

Es bleibt abzuwarten, wie der Fall letztlich entschieden werden wird: Sollte die Klägerin mit ihrer Klage durchdringen, dürfte dies jedenfalls den Beginn einer Prozesswelle bedeuten: Denn dann ist davon auszugehen, dass viele – vor allem ledige – Mütter nach einer Absage argumentieren werden, diese beruhe auf einer Diskriminierung wegen ihres Geschlechts und der Arbeitgeber müsse eine Entschädigung bezahlen.

Alexander Birkhahn ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und geschäftsführender Gesellschafter bei Dornbach in Koblenz

Wie beantworte ich eine Bewerbung richtig? Das sind Fragen, die sich viele Personalverantwortliche in Unternehmen stellen. Bewerber möchten sich naturgemäß positiv beim Unternehmen präsentieren. Dabei werden auch schon einmal scheinbar negative Eigenschaften wie etwa eine Schwerbehinderung bei der Bewerbung "vergessen". Arbeitnehmer fragen sich dann, ob dies eigentlich zulässig ist oder sie verpflichtet sind, auf sämtliche Umstände, die bei der Auswahlentscheidung relevant sein könnten, ausdrücklich hinzuweisen. Umgekehrt geht es Personalleitern oft so, dass sie Bewerber genau aufgrund solcher "negativer" Merkmale, die diese in der Bewerbung erwähnt haben, bei der Einstellung nicht berücksichtigen. Derartige Konstellationen beschäftigen immer wieder die Gerichte. Haben Arbeitnehmer solche Eigenschaften in der Bewerbung nicht erwähnt, stellt sich meistens die Frage, ob sie im Nachhinein daraus noch Rechte herleiten können. Die wahren Gründe einer Absage vom Arbeitgeber Personalern wiederum passiert es bisweilen, dass sie mit Kommentaren versehene Bewerbungsunterlagen an nicht berücksichtigte Bewerber zurückschicken. Aus diesen Kommentaren lassen sich dann gelegentlich die wahren Gründe einer Absage erahnen. Arbeitnehmer fühlen sich dann diskriminiert und verlangen eine Entschädigung. Am 18. September 2014 hatte sich das Bundesarbeitsgericht mit solchen Konstellationen zu beschäftigen. Im ersten Fall (Az. 8 AZR 759/13) hatte sich ein schwerbehinderter Mann um eine Stelle im Öffentlichen Dienst beworben. Im Anschreiben bzw. im Lebenslauf hatte er nicht auf seine Schwerbehinderung hingewiesen. Allerdings war die Kopie des Schwerbehindertenausweises in den Anlagen auf Blatt 24 von 29 Blättern enthalten. Der Arbeitgeber hatte dem Bewerber ohne Einladung zu einem Vorstellungsgespräch abgesagt. Der Arbeitnehmer sah sich wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert und verlangte eine Entschädigung. Hatte das Landesarbeitsgericht dem Arbeitnehmer noch Recht gegeben, so wies das Bundesarbeitsgericht die Klage des Bewerbers jetzt ab. Denn dieser hätte auf die Behinderung entweder im Anschreiben oder deutlich sichtbar im Lebenslauf hinweisen müssen. Ansonsten könne er sich auf diesen besonderen Schutz nicht berufen. Der Arbeitnehmer ging daher leer aus. Absage einer Bewerbung: Vorsicht bei diskriminierenden Kommentaren Die zweite Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Az. 8 AZR 753/13) bewegt sich an der Schnittstelle zwischen möglicher Diskriminierung wegen Geschlechts und wegen der Betreuung eines Kindes. Was war geschehen? Eine Frau hatte sich bei einem Radiosender um eine Vollzeitstelle als Buchhaltungskraft beworben. Im Lebenslauf hatte sie angegeben: „Familienstand: verheiratet, 1 Kind“. Wenige Wochen später erhielt sie eine Absage. Auf dem von der Personalabteilung zurückgesandten Lebenslauf war der Angabe zum Familienstand u.a. der Zusatz "7 Jahre alt!" hinzugefügt. Die Bewerberin sah sich diskriminiert und klagte. Das Landesarbeitsgericht gab ihr Recht und verurteilte den Radiosender. Das Bundesarbeitsgericht hob diese Entscheidung zwar jetzt auf, wies die Klage jedoch nicht ab, sondern verwies die Sache zu einer "erneuten Verhandlung" an das Landesarbeitsgericht zurück. Dieses hatte in seiner Entscheidung eine mittelbare Diskriminierung der Klägerin wegen ihres Geschlechts gesehen. Dazu hatte es eine Statistik herangezogen, die Auskunft über den Anteil von Ehefrauen mit der Kind an der Gesamtzahl der Vollbeschäftigten gegeben hatte. Das Bundesarbeitsgericht sah darin keine zulässige Grundlage. Allerdings deutete es an, dass ggf. eine unmittelbare Diskriminierung der Mutter als Frau gegeben wäre. Dies solle das Landesarbeitsgericht noch einmal prüfen. Beginn einer Prozesswelle? Hintergrund für diese "juristischen Winkelzüge" ist folgender: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sieht kein Verbot der Diskriminierung von Eltern minderjähriger Kinder vor, etwa weil diese betreut werden müssen. Daher kann die Klage nur Erfolg haben, wenn eine Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegt. Diese lässt sich aber nicht ohne weiteres begründen. Der Fall gibt einen Einblick in die offenbar immer noch bestehende Lebenswirklichkeit: Eltern, vor allem Mütter, minderjähriger Kinder werden bei Stellenbesetzungen übergangen, da Personalchefs offenbar befürchten, es komme zu Fehlzeiten wegen Krankheiten der Kinder, die Arbeitnehmer wären nicht flexibel genug o.ä. Häufig anzutreffende positive Eigenschaften von jungen Eltern wie höheres Verantwortungsbewusstsein, bessere Arbeitsmotivation etc. werden dabei oft unberücksichtigt gelassen. Es bleibt abzuwarten, wie der Fall letztlich entschieden werden wird: Sollte die Klägerin mit ihrer Klage durchdringen, dürfte dies jedenfalls den Beginn einer Prozesswelle bedeuten: Denn dann ist davon auszugehen, dass viele - vor allem ledige - Mütter nach einer Absage argumentieren werden, diese beruhe auf einer Diskriminierung wegen ihres Geschlechts und der Arbeitgeber müsse eine Entschädigung bezahlen. Alexander Birkhahn ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und geschäftsführender Gesellschafter bei Dornbach in Koblenz
Mehr lesen über