Stress managen
So bewältigst du Belastungen im Alltag

Puls, schwitzige Hände, angespannter Nacken: Unternehmerinnen und Unternehmer geraten häufig in Drucksituationen. Wann Stress nützlich ist – und wann er schadet.

26. November 2025, 09:02 Uhr, von Maximilian Münster, Redakteur

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Der Schriftzug Puuuuuuuuuuuuuuuuuuuh! auf lila Hintergrund
Puh, was ein Stress! Belastungen gehören zum Unternehmensalltag, doch sie sollten nicht chronisch werden.
© Kathrin Sander für impulse

Die Haustür fällt ins Schloss, dann merkst du, du hast den Schlüssel drinnen vergessen. Der Kunde sagt den Auftrag ab, mit dem du fest ­gerechnet hattest. Eine langjährige Mitarbeiterin droht mit Kündigung. Stress. Stress. Stress. Von der Mitte des Körpers breitet sich Hitze aus, du schwitzt, der Herzschlag beschleunigt sich, die Muskeln spannen sich an, die Schultern ziehen sich nach oben. Unangenehm.

Der Alltag ist voller Momente wie diesen. Es wird im Leben nicht ohne Stress gehen, doch nimmt er überhand und wird chronisch, kann er zu Erkrankungen führen.

Die Deutschen fühlen sich stark belastet. Ein aktueller Report der Deutschen Krankenver­sicherung DKV zeigt: Nur jede fünfte Person in Deutschland geht mit Stress gut um, indem sie ihn mit genug Bewegung, sozialen Kontakten oder Entspannungstechniken kompensiert. ­Eine Umfrage der Beratungsagentur Auctority mit dem Meinungsforschungsunternehmen ­Civey ergab, knapp 42 Prozent der Selbstständigen fühlen sich erschöpft. Ein Grund: Die großen Krisen der Welt scheinen die Menschen empfindsamer zu machen für die kleinen ­Krisen des Alltags.

In diesem Titeldossier soll es darum gehen zu verstehen, was Stress ist und wie du mit ihm fertig wirst. Wir berichten über leicht umsetzbare Maßnahmen, die für dein Wohlbefinden einen Unterschied machen.

Warum wir Stress empfinden

Stress ist erst mal die natürliche Reaktion auf eine herausfordernde Situation, zum Beispiel die, wenn auf einmal ein verärgerter Kunde in der Tür steht und zum Gespräch bittet. Wir ­geraten in einen Alarmzustand, der Körper a­ktiviert das sympathische Nervensystem, den Sympathikus. Er setzt Stresshormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin frei. Das Herz schlägt schneller, die Atmung beschleunigt sich. Energie wird in Form von Glukose bereitgestellt, um Muskeln und Gehirn zu versorgen. Der Mechanismus lässt uns im Kundengespräch aufmerksam und konzentriert sein.

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„Das ist eine notwendige Reaktion unseres Körpers, die evolutionsbiologisch darauf ausgelegt ist, uns zu unterstützen“, sagt Claudia Traunmüller. Sie forscht und lehrt an der Universität Graz im Bereich Gesundheitspsychologie. Sobald die Herausforderung vorüber ist, das Gespräch mit dem Kunden gemeistert, sorgt das parasympathische Nervensystem ­dafür, dass der Körper in den Ruhezustand ­zurückkehrt und sich regeneriert.

Graphische Darstellung der Stressreaktionen des Körpers© FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht gGmbH

Wann Stress gut ist

Stress an sich ist nichts Schlechtes, wir suchen Stresssituationen manchmal sogar bewusst. ­Etwa, wenn wir uns freiwillig zu einem Vortrag vor großem Publikum melden oder uns einem Marathon stellen. Das liegt am Hormoncocktail, der dabei ausgeschüttet wird. Das Dopamin macht uns kribbelig und kurzfristig glücklich. „Adrenalin oder Noradrenalin wirken auch direkt stimulierend auf unsere Gehirne“, sagt Martina Aßmann, Ärztin für Arbeitsmedizin und Psychotherapie in Hamburg.

Aßmann sagt, es gehe um die richtige ­Balance: Stress, dem wir uns aussetzen, und dann Momente, in denen wir uns Ruhe ­gönnen. Traunmüller von der Universität Graz sagt: „Dieses Gleichgewicht zwischen Aktivierung und Erholung ist entscheidend für langfristige Gesundheit und Wohlbefinden.“

Wann Stress schädlich wird

Doch Unternehmerinnen und Unternehmer ­geraten leicht aus diesem Gleichgewicht. Der Tag ist voller unerwarteter Stressmomente, auf die es zu reagieren gilt. „Dann geben wir dem Körper oft zu wenig Zeit zu regenerieren“, sagt Traunmüller. Längerfristige Probleme kommen meist dazu, etwa eine Auftragsflaute oder Ehekrise. Die lassen sich ohnehin nicht einfach so bewältigen. Der Organismus ist im Daueralarm. Anstatt bewusste Pausen einzulegen, einen gesunden Lebensstil mit Sport, ausreichend Schlaf und guter Ernährung zu pflegen, machen Menschen dann „eine Arschbombe ins Belohnungssystem“, sagt Aßmann. In ungesundem Maße greift man zu Dingen, die kurzfristig ein gutes Gefühl bereiten: Die Snackbox im Büro wird häufiger angesteuert, als es dem Wohlbefinden zuträglich wäre. Am Abend schafft man nichts anderes mehr als Trash-TV und eine Fertigpizza.

Symptome von chronischem Stress

Reihen sich die Stressmomente aneinander, verstetigen sich die körperlichen Reaktionen darauf. „Wenn der Blutdruck 200 Mal am Tag in die Höhe schnellen muss, bleibt er irgendwann oben“, sagt Aßmann. Der Atem bleibt schnell und flach, die Muskeln sind ständig ­angespannt, der Nacken ist steif.

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Auf den ersten Blick scheinen die Symptome für chronischen Stress leicht zu erkennen:

  • Druck auf der Brust und Herzrasen
  • Erschöpfung direkt morgens nach dem Schlaf
  • dauerhafte Nervosität und Gereiztheit
  • Magen- und Darmbeschwerden
  • Störung des Essverhaltens, entweder zu viel – oder zu wenig
  • das ständige Gefühl, überfordert zu sein

„Gerade den Leistungsträgern, die ein großes Projekt nach dem nächsten haben, kommt das Empfinden des eigenen Körpers abhanden“, sagt Aßmann. Sie nähmen sich keine Zeit, innezuhalten und die Signale des Körpers zu erkennen. Oft seien es die Angehörigen, die ständige Anspannung und Gereiztheit bei Betroffenen spürten. Claudia Traunmüller, die Gesundheitspsychologin aus Graz, sagt, häufig suchten Burnout-Patienten die Ursache für einen Zusammenbruch in der stressigen Phase, in der sie gerade steckten. Dabei habe sich das Problem über längere Zeit angebahnt. „Wenn ich das Fundament ständig unterspüle, kracht irgendwann das Haus zusammen“, sagt sie.

Was also tun? Weniger Stress, wäre die einfache Antwort. Aber das ist im Unternehmens­alltag schwer umsetzbar.

Ressourcen stärken

Claudia Traunmüller und ihr Team haben den Stress in Top-Management-Positionen untersucht. „Die Jobs stellen Anforderungen an den Organismus, wie das zum Beispiel im Spitzensport der Fall ist“, sagt Traunmüller. Sie rät Menschen, die unter Leistungsdruck stehen, nicht nur geistige, sondern auch körperliche Ressourcen zu stärken. Heißt: mehr Bewegung.

Ein trainierter Körper könne sich an vorhersehbare und nicht vorhersehbare Ereignisse besser anpassen und schneller Energie produzieren. Der Puls schnellt nicht so sehr in die Höhe in einer Stresssituation. „Dann liegt er vielleicht nur bei 80 statt bei 140. Das macht einen Riesenunterschied“, sagt Traunmüller. Wer fit sei, erhalte nicht nur schneller Energie, er könne die Energieproduktion auch besser abschalten und so zur Ruhe kommen und ­regenerieren. „Sie müssen ja kein Bodybuilder sein. Dreimal zehn Liegestütze am Tag machen schon einen Unterschied. Oder Kniebeugen. Besser als nichts“, sagt Traunmüller. Aber Achtung: „Sport kann auch zu Stress ausarten“, sagt Arbeitsmedizinerin Aßmann. Wichtig sei auch da, Pausen einzuplanen und sich zu ­belohnen.

Routinen beachten

Ein paar Liegestützen und Kniebeugen klingen machbar, im Alltag sind sie dann doch schwer umzusetzen. Routinen helfen dabei. „Nehmen Sie sich vor, mit dem Rad zu fahren statt mit dem Auto. Nehmen Sie immer die Treppe statt den Aufzug“, sagt Traunmüller. Abgesehen vom Sport haben Routinen einen wichtigen ­Effekt: Der Organismus kann sich an ihnen orientieren. Wer jeden Morgen sein Vollkornbrötchen isst und jeden Abend seine halbe Stunde lesend im Sessel verbringt, sprich, eine Abend- und Morgenroutine hat, der bereitet dem Körper keine unnötigen Überraschungen, auf die er sich einstellen muss.

Wahrnehmung schärfen

Stress machen wir uns oft grundlos. Die Mail ­eines langjährigen Kunden klingt forsch. Gab es etwa ein Problem? Die beste Freundin blockt Anrufe ab. Ist sie sauer? Achtsamkeitsübungen wie Meditation oder bewusstes Atmen helfen dabei, das System zu beruhigen und Situationen aus einem anderen Blickwinkel bewerten zu können. Gab es denn überhaupt Anzeichen dafür, dass Kunde oder Freundin wütend sein könnten? Und selbst wenn: Was wäre das Schlimmste, was passieren könnte? „Viele Menschen rufen die Feuerwehr, bevor es brennt“, sagt Claudia Traunmüller.

Sie empfiehlt eine einfache Atemübung als Einstieg. „Normalerweise nimmt der Mensch etwa 20 Atemzüge in der Minute. Versuchen Sie bewusst, nur sechs Mal zu atmen. Sie werden sehen, da stellt sich eine unglaubliche Erholung ein“, sagt Traunmüller. Eine Übung, die man leicht in den Alltag einbauen kann, im Fahrstuhl oder auf der Toilette.

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