Gesundheits-Checks
„Check-ups finden nicht die Ursache von Stress“

Teure Gesundheitschecks speziell für Unternehmerinnen und Unternehmer – bringen die was? Klaus Koch vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen ist skeptisch. Das ist sein Rat.

26. November 2025, 12:40 Uhr, von Maximilian Münster, Redakteur

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Scherenschnitt eines Kopfes im Profil, aus dem Blüten heraus fliegen
Wer glaubt, sich durch teure Gesundheitschecks beruhigen zu können, irrt. Oft machen sie noch mehr Stress.
© Yummy pic/Getty Images

impulse: Herr Koch, viele Kliniken bieten teure Gesundheitschecks speziell für ­Führungskräfte. Man zahlt Tausende Euro und wird einen Tag lang untersucht. Halten Sie davon etwas?
Klaus Koch:
Ich bin skeptisch.

Warum?
Es gibt eine Handvoll Vorsorge-Untersuchungen, bei denen der medizinische Nutzen nachgewiesen ist. Die sind aber auch Teil des Routineangebots der gesetzlichen und privaten Krankenkassen. Ich kann sie kostenlos in jeder Praxis haben, da brauche ich keine zusätzlichen Gesundheitschecks für Manager.

Welche Untersuchungen sind nützlich?
­Die Untersuchungen zur Früherkennung von Gebärmutterhals- und Brustkrebs bei Frauen ab 20 Jahren beziehungsweise zwischen 50 und 75 und Darmkrebsfrüherkennung für Männer und Frauen ab 50 Jahren. Männer ab 65 können einen Ultraschall der Bauch­aorta machen lassen, um Gefäßaus­sackungen zu entdecken. Abgesehen von der Krebsvorsorge gibt es ab 35 das Angebot, Risikofaktoren von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes untersuchen zu lassen.

Wenn die Kassen diese Leistungen sowieso übernehmen, heißt das, die teuren Gesundheitscheck-ups sind reine Geldmacherei?
Ich gehe davon aus, dass einige der Standarduntersuchungen bei vielen Manager-Gesundheitschecks dazu­gehören. So gesehen können sie auch einen Nutzen haben. Das Problem ist aber: An diesen Kliniken bekommt man 20, 30 weitere Untersuchungen. Da können die Nachteile größer als die Vorteile sein.

Inwiefern?
Es passieren Fehler. Bei Ultraschalluntersuchungen zum Beispiel fallen immer wieder Veränderungen auf, bei denen man erst mal nicht einschätzen kann, ob sie behandlungsbedürftig sind. Oft sind sie harmlos. Das nennt man einen falsch-positiven Befund.

Man macht sich unnötig Stress.
In dem Fall ja. Betroffene müssen sich anderswo in Praxen einen Termin ­besorgen, um den Befund abzuklären. Das Tückische: Danach denken viele, ein Glück, dass ich es habe abklären lassen. Sie sind zufrieden, dabei hat es gar keinen Grund gegeben. Diese ­weiteren Untersuchungen müssen dann die Kassen bezahlen. Man zahlt für eine teure Leistung, belastet aber letztlich doch das normale Gesundheitssystem.

Sie raten also von den Kliniken ab.
Sagen wir es so: Die Programme sind in der Nachweispflicht zu zeigen, dass sie mehr Vor- als Nachteile haben. Man darf sich nicht blenden lassen: Man hat vielleicht einen Tag lang ein schönes Zimmer, die Ärztinnen und Ärzte nehmen sich Zeit. Das ist angenehm. Man darf es aber nicht mit guter medizinischer Versorgung verwechseln.

Wie schaffe ich es als Laie, dass man mich nicht an der Nase herumführt?
Fragen Sie, ob es konkrete Belege gibt, welche der Untersuchungen tatsächlich einen Nutzen bringen. Nur: Oft werden Sie Antworten bekommen, die für Nicht-Mediziner schwer zu bewerten sind. Gesundheit ist ein Geschäft geworden. Es gibt so viele Mittel, Methoden, Untersuchungen, dass es gesünder ist, skeptisch zu sein.

Warum boomt das Geschäft so?
Gesellschaftliche Trends. Fitness, Wellness, Longevity, also Methoden, um das Leben zu verlängern. Hinter alldem steckt geschicktes Marketing. Aber es gibt meistens keine starken medizinischen Argumente dafür.

Die Gesellschaft hat mehr Stress, ist das nicht ein Argument?
Vielleicht nehmen die Belastungen zu. Aber wir sprechen ja über Gesundheitscheck-ups. Die sind da ein Feigenblatt.

Weil sie nicht die Ursachen von Stress angehen?
Genau. Chronischer Stress kann der Gesundheit schaden. Bei einem Check-up würde man vielleicht Folgen erkennen, zum Beispiel Risiken für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung. Aber das hilft eben nicht, die Ursachen des Stresses zu finden.

Der Experte:
Klaus KochKlaus Koch leitet den Bereich Gesundheitsinformation beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen in Köln. Er hat zu Methoden der Krebsfrüherkennung promoviert.

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