Diesel-Fahrverbot
In welchen Städten 2019 Fahrverbote drohen

Saubere Luft geht vor: Städte müssen Fahrverbote verhängen, wenn die Belastung mit Schadstoffen zu hoch ist. Was das für Betriebe mit Dieselfahrzeugen bedeutet – und welche Optionen sie jetzt haben.

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Alarmstufe Rot für alle, die Diesel tanken: 2019 werden Diesel-Fahrverbote ausgeweitet.
Alarmstufe Rot für alle, die Diesel tanken: 2019 werden Diesel-Fahrverbote ausgeweitet.

Für alle Dieselfahrer war das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Anfang 2018 ein Paukenschlag: Städte können seitdem Fahrverbote für Dieselfahrzeuge verhängen. Mehr noch: Sie sind sogar dazu verpflichtet, wenn Grenzwerte überschritten werden. Vor allem Unternehmer, die beruflich viel unterwegs sind, oder kleine Handwerksbetriebe haben seither Angst vor geschäftlichen Nachteilen. Denn viele haben bislang vor allem auf spritsparende Diesel gesetzt. Was das Urteil regelt – und wo Dieselfahrer 2019 mit Fahrverboten rechnen müssen.

Worum geht es bei dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht?

Lange Zeit war umstritten, ob Fahrverbote speziell für Dieselfahrzeuge rechtens sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil vom 27. Februar 2018 (BVerwG 7 C 26.16 und 30.17) klargestellt: Wenn Städte die Schadstoffbelastung nicht anders in den Griff bekommen, müssen sie handeln. Zulässig sind Fahrverbote demnach sowohl auf einzelnen Strecken als auch in ganzen Zonen.

Die Entscheidung der Leipziger Richter hat sich zunächst nur auf Stuttgart und Düsseldorf bezogen, gilt aber für alle 19 Städte, in denen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wegen der hohen Schadstoffbelastung geklagt hat.

Welche Fahrzeugklassen sind betroffen?

Dass die Fahrverbote ältere Diesel treffen, hat einen Grund: Diese Fahrzeuge stoßen besonders viel Stickstoffdioxid (chemische Abkürzung: NO2) und andere Stickoxide aus. Solche Verbindungen von Stickstoff und Sauerstoff können bei einer hohen Konzentration in der Luft krank machen.

Von Fahrverboten sind zunächst nur ältere Diesel der Schadstoffklassen bis Euro 4 betroffen gewesen. Ab September 2019 können die Verbote auch auf Fahrzeuge der Euro-5-Klasse ausgeweitet werden. Besonders ärgerlich: Darunter können auch Autos sein, die noch 2016 als Neuwagen verkauft wurden. Welche Schadstoffklasse ein Wagen hat, steht im Fahrzeugschein. Die Besitzer dürfen mit den betroffenen Fahrzeugen dann nicht mehr in die Verbotszonen fahren.

In welchen Städten gibt es bereits Fahrverbote?

In Hamburg besteht seit 2018 ein Diesel-Fahrverbote auf zwei Hauptverkehrsstraßen. Stuttgart verbietet seit Anfang 2019 allen Fahrzeugen mit der Abgasnorm Euro 4/IV oder schlechter die Einfahrt ins Stadtgebiet – und plant, diese Regelung ab 2020 auf Diesel mit der Norm 5/V auszuweiten.

In welchen Städten drohen 2019 weitere Fahrverbote?

2019 wird es etliche weitere Fahrverbote geben. Auch wenn sich mancherorts noch Gerichte mit den genauen Regelungen befassen, sollten Diesel-Fahrer in folgenden Städten mit Einschränkungen rechnen:

  • Bonn und Köln (ab April 2019)
  • Darmstadt (ab Juni 2019)
  • Berlin (wahrscheinlich ab Ende Juni 2019)
  • Essen  (ab 1. Juli, unter anderem auf einem Abschnitt der A40)
  • Gelsenkirchen (ab Juli 2019)
  • Mainz (spätestens ab September 2019).

Und: Dabei muss es nicht bleiben. Aktuell überschreiten 65 Städte die Grenzwerte für Stickoxide, zum Teil schon seit Jahren. Das geht aus einer Liste des Umweltbundesamts hervor. Wenn sie die Schadstoffbelastung nicht anders in den Griff bekommen, müssen auch diese Städte Fahrverbote verhängen. Die Messdaten liegen oft deutlich über dem zulässigen Höchstwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft. So weisen etwa auch Reutlingen, Düsseldorf und Kiel deutlich erhöhte Messwerte auf – mitunter sollen hier Tempolimits und einspurige Fahrverbote helfen, umfassendere Einschränkungen zu vermeiden.

Was bedeutet das für Unternehmer und kleine Betriebe?

Unter strikten Fahrverboten leiden vor allem kleine Handwerksfirmen: „Die Fuhrparks unserer Betriebe bestehen zu 80 bis 90 Prozent aus Dieselfahrzeugen“, erklärt Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). Doch Heizkessel, Fensterglasscheiben oder sperrige Rohre lassen sich nicht mit dem Fahrrad zum Kunden transportieren. Die Leipziger Richter machten deshalb deutlich: Fahrverbote, ja. Aber sie müssen verhältnismäßig sein und in zumutbaren Schritten erfolgen.

Konkret heißt das: Es muss Ausnahmen geben für Handwerker, Rettungssanitäter und behinderte Menschen. Auch Anwohner sollen wie gewohnt zu ihren Wohnungen und Häusern fahren können – unabhängig vom Alter ihres Dieselfahrzeugs.

Wird eine Blaue Plakette eingeführt?

Einfacher als Fahrverbote für einzelne Straßenzüge wäre die Einführung einer Blauen Plakette für bestehende Umweltzonen. In vielen Städten gibt es bereits solche Zonen, Autos mit hohem Schadstoffausstoß sind dort nicht erlaubt. Die bundeseinheitliche Plakette bekämen dann nur „saubere Diesel“ der Euro-6-Norm. Das würde es leichter machen, die Einhaltung der Fahrverbote zu kontrollieren.

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Allerdings warnt Hans Peter Wollseifer vom Handwerksverband, die Einführung einer Plakette „käme fast einem Komplettverbot gleich“. Dieselautos wären dann vielerorts praktisch unbrauchbar. Schon jetzt sinkt der Wiederverkaufswert: So bringt ein gebrauchter Diesel beim Weiterverkauf deutlich weniger ein als ein vergleichbarer Benziner. Bislang hat sich die Bundesregierung gegen die Einführung einer Blauen Plakette ausgesprochen.

Können Betriebe alte Diesel nachrüsten?

Im Januar 2019 hat das Verkehrsministerium ein Förderprogramm gestartet: Mit Zuschüssen von bis zu 60 Prozent der Kosten sollen Handwerker unterstützt werden, die gewerblich genutzte Dieselfahrzeuge nachrüsten lassen wollen (mehr dazu hier: Diesel feinstaubsauber machen: So hilft der Staat). Beispielsweise können bessere Abgasfilter für Dieselautos den Schadstoffausstoß wirksam reduzieren. So ist es möglich, Fahrzeuge der Klasse Euro 5 auf den Euro-6-Standard zu bringen.

Die Hersteller sind bislang nicht zu Nachrüstungen verpflichtet. Volkswagen und Mercedes haben sich allerdings inzwischen bereit erklärt, in einigen Fällen die Nachrüstung mit einigen Tausend Euro zu unterstützen, wenn Fahrzeughalter von Einschränkungen betroffen sind und es behördlich genehmigte Systeme für die Hardware-Nachrüstung gibt – dies ist bislang jedoch nur bei Bussen der Fall.

Die deutschen Autobauer selbst bieten keine eigenen Hardware-Lösungen an, sondern nur ein kostenloses Software-Update, das den Schadstoffausstoß etwas reduziert. Das Ziel, 2018 5,3 Millionen Fahrzeuge damit auszustatten, haben die deutschen Autohersteller allerdings um 1,5 Millionen verfehlt, wie Verkehrsminister Andreas Scheuer in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse erklärte.

Ausländische Hersteller bieten nicht einmal das an. Betriebe mit solchen Fahrzeugen müssten einen echten Umbau ihrer Flotte daher in jedem Fall aus eigener Tasche zahlen.

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Für alle Dieselfahrer war das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Anfang 2018 ein Paukenschlag: Städte können seitdem Fahrverbote für Dieselfahrzeuge verhängen. Mehr noch: Sie sind sogar dazu verpflichtet, wenn Grenzwerte überschritten werden. Vor allem Unternehmer, die beruflich viel unterwegs sind, oder kleine Handwerksbetriebe haben seither Angst vor geschäftlichen Nachteilen. Denn viele haben bislang vor allem auf spritsparende Diesel gesetzt. Was das Urteil regelt – und wo Dieselfahrer 2019 mit Fahrverboten rechnen müssen. Worum geht es bei dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht? Lange Zeit war umstritten, ob Fahrverbote speziell für Dieselfahrzeuge rechtens sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil vom 27. Februar 2018 (BVerwG 7 C 26.16 und 30.17) klargestellt: Wenn Städte die Schadstoffbelastung nicht anders in den Griff bekommen, müssen sie handeln. Zulässig sind Fahrverbote demnach sowohl auf einzelnen Strecken als auch in ganzen Zonen. Die Entscheidung der Leipziger Richter hat sich zunächst nur auf Stuttgart und Düsseldorf bezogen, gilt aber für alle 19 Städte, in denen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wegen der hohen Schadstoffbelastung geklagt hat. Welche Fahrzeugklassen sind betroffen? Dass die Fahrverbote ältere Diesel treffen, hat einen Grund: Diese Fahrzeuge stoßen besonders viel Stickstoffdioxid (chemische Abkürzung: NO2) und andere Stickoxide aus. Solche Verbindungen von Stickstoff und Sauerstoff können bei einer hohen Konzentration in der Luft krank machen. Von Fahrverboten sind zunächst nur ältere Diesel der Schadstoffklassen bis Euro 4 betroffen gewesen. Ab September 2019 können die Verbote auch auf Fahrzeuge der Euro-5-Klasse ausgeweitet werden. Besonders ärgerlich: Darunter können auch Autos sein, die noch 2016 als Neuwagen verkauft wurden. Welche Schadstoffklasse ein Wagen hat, steht im Fahrzeugschein. Die Besitzer dürfen mit den betroffenen Fahrzeugen dann nicht mehr in die Verbotszonen fahren. In welchen Städten gibt es bereits Fahrverbote? In Hamburg besteht seit 2018 ein Diesel-Fahrverbote auf zwei Hauptverkehrsstraßen. Stuttgart verbietet seit Anfang 2019 allen Fahrzeugen mit der Abgasnorm Euro 4/IV oder schlechter die Einfahrt ins Stadtgebiet – und plant, diese Regelung ab 2020 auf Diesel mit der Norm 5/V auszuweiten. In welchen Städten drohen 2019 weitere Fahrverbote? 2019 wird es etliche weitere Fahrverbote geben. Auch wenn sich mancherorts noch Gerichte mit den genauen Regelungen befassen, sollten Diesel-Fahrer in folgenden Städten mit Einschränkungen rechnen: Bonn und Köln (ab April 2019) Darmstadt (ab Juni 2019) Berlin (wahrscheinlich ab Ende Juni 2019) Essen  (ab 1. Juli, unter anderem auf einem Abschnitt der A40) Gelsenkirchen (ab Juli 2019) Mainz (spätestens ab September 2019). Und: Dabei muss es nicht bleiben. Aktuell überschreiten 65 Städte die Grenzwerte für Stickoxide, zum Teil schon seit Jahren. Das geht aus einer Liste des Umweltbundesamts hervor. Wenn sie die Schadstoffbelastung nicht anders in den Griff bekommen, müssen auch diese Städte Fahrverbote verhängen. Die Messdaten liegen oft deutlich über dem zulässigen Höchstwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft. So weisen etwa auch Reutlingen, Düsseldorf und Kiel deutlich erhöhte Messwerte auf – mitunter sollen hier Tempolimits und einspurige Fahrverbote helfen, umfassendere Einschränkungen zu vermeiden. Was bedeutet das für Unternehmer und kleine Betriebe? Unter strikten Fahrverboten leiden vor allem kleine Handwerksfirmen: „Die Fuhrparks unserer Betriebe bestehen zu 80 bis 90 Prozent aus Dieselfahrzeugen“, erklärt Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). Doch Heizkessel, Fensterglasscheiben oder sperrige Rohre lassen sich nicht mit dem Fahrrad zum Kunden transportieren. Die Leipziger Richter machten deshalb deutlich: Fahrverbote, ja. Aber sie müssen verhältnismäßig sein und in zumutbaren Schritten erfolgen. Konkret heißt das: Es muss Ausnahmen geben für Handwerker, Rettungssanitäter und behinderte Menschen. Auch Anwohner sollen wie gewohnt zu ihren Wohnungen und Häusern fahren können – unabhängig vom Alter ihres Dieselfahrzeugs. Wird eine Blaue Plakette eingeführt? Einfacher als Fahrverbote für einzelne Straßenzüge wäre die Einführung einer Blauen Plakette für bestehende Umweltzonen. In vielen Städten gibt es bereits solche Zonen, Autos mit hohem Schadstoffausstoß sind dort nicht erlaubt. Die bundeseinheitliche Plakette bekämen dann nur „saubere Diesel“ der Euro-6-Norm. Das würde es leichter machen, die Einhaltung der Fahrverbote zu kontrollieren. Allerdings warnt Hans Peter Wollseifer vom Handwerksverband, die Einführung einer Plakette „käme fast einem Komplettverbot gleich“. Dieselautos wären dann vielerorts praktisch unbrauchbar. Schon jetzt sinkt der Wiederverkaufswert: So bringt ein gebrauchter Diesel beim Weiterverkauf deutlich weniger ein als ein vergleichbarer Benziner. Bislang hat sich die Bundesregierung gegen die Einführung einer Blauen Plakette ausgesprochen. Können Betriebe alte Diesel nachrüsten? Im Januar 2019 hat das Verkehrsministerium ein Förderprogramm gestartet: Mit Zuschüssen von bis zu 60 Prozent der Kosten sollen Handwerker unterstützt werden, die gewerblich genutzte Dieselfahrzeuge nachrüsten lassen wollen (mehr dazu hier: Diesel feinstaubsauber machen: So hilft der Staat). Beispielsweise können bessere Abgasfilter für Dieselautos den Schadstoffausstoß wirksam reduzieren. So ist es möglich, Fahrzeuge der Klasse Euro 5 auf den Euro-6-Standard zu bringen. Die Hersteller sind bislang nicht zu Nachrüstungen verpflichtet. Volkswagen und Mercedes haben sich allerdings inzwischen bereit erklärt, in einigen Fällen die Nachrüstung mit einigen Tausend Euro zu unterstützen, wenn Fahrzeughalter von Einschränkungen betroffen sind und es behördlich genehmigte Systeme für die Hardware-Nachrüstung gibt – dies ist bislang jedoch nur bei Bussen der Fall. Die deutschen Autobauer selbst bieten keine eigenen Hardware-Lösungen an, sondern nur ein kostenloses Software-Update, das den Schadstoffausstoß etwas reduziert. Das Ziel, 2018 5,3 Millionen Fahrzeuge damit auszustatten, haben die deutschen Autohersteller allerdings um 1,5 Millionen verfehlt, wie Verkehrsminister Andreas Scheuer in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse erklärte. Ausländische Hersteller bieten nicht einmal das an. Betriebe mit solchen Fahrzeugen müssten einen echten Umbau ihrer Flotte daher in jedem Fall aus eigener Tasche zahlen.
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