Bonitätsprüfung
Kunde zahlt nicht? So prüfen Sie die Kreditwürdigkeit, bevor es zu spät ist

Schon wieder offene Rechnungen? Mit einer Bonitätsprüfung vermeiden Sie solche bösen Überraschungen. Wie Sie prüfen können, ob ein Kunde zuverlässig ist, und welche Anbieter Sie dabei unterstützen.

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Bonität prüfen
© Boris Zhitkov / Moment / Getty Images

Die Zusammenarbeit mit dem Kunden läuft blendend, bis dieser seine Rechnungen bezahlen soll. Plötzlich geht niemand mehr ans Telefon, Briefe bleiben unbeantwortet und auf Nachfrage per Mail kommen nur vage Ausflüchte. Schlimmstenfalls bleibt der Kunde das Geld ganz schuldig.

Wer so ein Szenario vermeiden möchte, sollte sich vor Vertragsabschluss über die Kreditwürdigkeit seiner Geschäftspartner informieren. Mit einer Bonitätsprüfung stellen Unternehmen sicher, dass ihre Kunden eingegangene finanzielle Verpflichtungen auch einhalten können.

Eine intensive Bonitätsprüfung machen beispielsweise Banken, bevor sie einen Kredit vergeben. Dafür sehen sie sich Finanzkennzahlen über einen längeren Zeitraum an. Bei Beziehungen unter Unternehmen, geht es dagegen meist um kurzfristige Lieferantenkredite. Doch auch hier sollten Unternehmerinnen und Unternehmer genau hinsehen.

„Die Bonitätsprüfung von Kunden ist eine Aufgabe der Geschäftsführung“, sagt Georg Gerdes, Unternehmensberater und Spezialist für Finanzierung aus Papenburg, Niedersachsen. Dabei stellt sich immer die Frage von Aufwand und Nutzen: Lohnt sich eine umfangreiche Bonitätsprüfung?

Wann sollten Unternehmer genauer hinsehen?

„Bei kleineren Summen wird man sich in der Regel auf die gewachsene Geschäftsbeziehung verlassen“, sagt Gerdes. Bei Neukunden oder größeren Auftragsvolumen sei es dagegen sinnvoll, im Vorfeld die Bonität zu prüfen.

Auch gibt es bestimmte Warnsignale, die beachtet werden sollten. „Meine Empfehlung wäre, sich einmal im Monat die Liste der Schuldner anzuschauen und zu prüfen: Entwickelt sich das Volumen nicht bezahlter Rechnungen langsam nach oben?“, rät Gerdes.

Im nächsten Schritt sollten sich Unternehmerinnen und Unternehmer gezielt die größeren Posten unter den Ausständen ansehen. Gibt es Veränderungen im Rechnungsvolumen oder in der Zahlungsmoral? Werden Zahlungsziele immer stärker ausgereizt? „Auf diese Weise bekommen Unternehmer ein Gefühl dafür, über wen sie weitere Informationen einholen sollten“, sagt Gerdes.

Welche Faktoren sind für die Bonitätsprüfung wichtig?

Die Beurteilung der Bonität setzt sich aus drei Komponenten zusammen, sagt Gabriele Romeike, Inhaberin des Beratungsunternehmens Financial Projects in Mülheim an der Ruhr:

  1. Die quantitative Komponente umfasst alle messbaren Finanzkennzahlen eines Unternehmens, wie Jahresabschlüsse oder die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA).
  2. Qualitative Faktoren sind etwa Branchenzugehörigkeit, eine Sonderstellung innerhalb der Branche und Erfahrungen mit der Unternehmensführung. Auch die persönliche Reputation spielt eine Rolle: Ist das Gegenüber ein Mittelständler, der nach den Regeln des ehrbaren Kaufmanns handelt und auf eine gewachsene Geschäftsbeziehung setzt? Oder ein Großkonzern, der nur die Preise drücken will?
  3. Das bisherige Zahlungsverhalten sollte ebenfalls in die Beurteilung einfließen: Hat der Kunde seine Zahlungsziele immer eingehalten – und pünktlich sowie vollständig gezahlt?
Die Experten
Gabriele Romeike ist geschäftsführende Gesellschafterin der Unternehmen Financial Projects und mietfinanz.de in Mülheim an der Ruhr. Sie war über 20 Jahre lang bei Commerzbank AG und Westfalenbank AG verantwortlich für das Firmenkundengeschäft. In der Finanzkrise 2007 gründete die Volkswirtin ihre Beratungsgesellschaften.

Georg Gerdes ist Inhaber der gleichnamigen Wirtschaftskanzlei im niedersächsischen Papenburg. Gerdes berät bundesweit kleine und mittelständische Unternehmen aus den Bereichen Handwerk, Gastronomie, Produktion und Handel in Finanzierungsfragen, etwa, wenn Investitionen in Produktion, Logistik oder Verkaufsfläche anstehen.
Beide Unternehmensberater sind Mitglied im Verband „Die KMU-Berater“.

Können Unternehmer die Bonität selbst prüfen?

Die qualitativen Faktoren der Bonität können Inhaber in den meisten Fällen selbst prüfen. Insbesondere im Geschäftskundenbereich (B2B) würden diese eine große Rolle spielen, sagt Beraterin Romeike. Denn dabei gehe es auch um Menschenkenntnis und um Erfahrung: „In vielen Fällen ist ein direktes Gespräch mit dem Kunden aufschlussreicher als jede Auskunft.“

Alle Finanzkennzahlen eines Geschäftspartners selbst zu prüfen, übersteigt allerdings in der Regel die zeitlichen Möglichkeiten der Geschäftsführung. „Sich in jeden Fall selbst einzulesen, wäre viel zu aufwendig“, sagt die Finanzexpertin Romeike. „Die rein quantitative Beurteilung würde ich daher immer auslagern.“

Welche internen Informationsquellen gibt es?

Unternehmen haben verschiedene Möglichkeiten, die Bonität ihrer Kunden zu überprüfen, dazu zählen auch interne Informationsquellen.

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Eigenes Rechnungswesen

Überschreitet der Kunde häufig sein Zahlungsziel? Stellt er regelmäßig Antrag auf spätere Zahlung? Musste wiederholt eine Mahnung geschrieben werden? Solche Informationen finden sich in der Regel im Rechnungswesen der Firma und sollten systematisch erfasst und ausgewertet werden.

Erfahrungen von Mitarbeitern

Erfahrene Außendienstmitarbeiter haben einen direkten Draht zum Kunden und erkennen häufig sehr früh, wann und wo es brennt. Ein Warnsignal könnte beispielsweise sein, wenn der Kunde regelmäßig versucht, Rechnungen wegen angeblicher Mängel zu reklamieren.

Erfahrungen im Netzwerk

Der Austausch mit anderen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern aus der Branche kann ebenfalls ein sinnvolles Mittel sein, um mehr über das Zahlungsverhalten eines Kunden zu erfahren. „Wer hier ein gutes Netzwerk hat, profitiert auch bei der Bonitätseinschätzung“, sagt Gerdes.

Welche externen Informationsquellen gibt es?

Daneben gibt es eine Reihe externer Informationsquellen, die Unternehmen nutzen können, um eine Einschätzung der Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden und Geschäftspartner zu erhalten.

Jahresabschlüsse

Kapitalgesellschaften müssen ihre Jahresabschlüsse veröffentlichen. Diese enthalten alle wichtigen Informationen zur Geschäftstätigkeit und Finanzausstattung. Das Unternehmensregister ist die zentrale Plattform für Unternehmensdaten, die Abschlüsse sind dort kostenlos online abrufbar.

Wirtschaftsauskunfteien

Zu den externen Informationsquellen gehören auch Auskunfteien, die Informationen über Unternehmen bereitstellen. Sie liefern etwa Angaben zu Rechtsform, Gründungsjahr, Gesellschafter, Unternehmenssitz, Bilanzsumme, Haftungslage und Eigenkapitalausstattung. Zusätzlich bewerten die Auskunfteien meist die Bonität mit einer Ratingnote.

Bundesweit tätige Wirtschaftsauskunfteien sind etwa die Creditreform oder CRIF (ehemals Bürgel).

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Bonitätsauskünfte kosten abhängig vom Dienstleister eine Gebühr von 10 bis 30 Euro pro Anfrage. „Natürlich wird man nicht jeden Debitor anfragen“, sagt Gerdes. „Aber bei 15 bis 20 Anfragen im Jahr, ist das sehr gut investiertes Geld.“

Viele Daten stammen auch aus dem Inkassobereich: Wird eine Rechnung an ein Inkassounternehmen weitergereicht, zieht dies oft automatisch einen Eintrag bei den Auskunftsdiensten nach sich, was das Rating des betroffenen Kunden negativ beeinflussen kann.

Mehr dazu hier: Ratingnoten von Unternehmen: Wissen Sie, wie kreditwürdig Ihre Firma ist?

Die Qualität der Auskünfte ist jedoch umstritten. Oft werde nur ein unvollständiges Bild der Kreditwürdigkeit vermittelt, kritisiert Romeike. „Diese Dienste erfragen regelmäßig, ob es im Umgang mit Geschäftskunden zu Zahlungsproblemen kam“, erklärt sie. Bei den Auskünften handelt es sich also um einen Blick in die Vergangenheit. Im digitalen Zeitalter seien die Ratings der Auskunfteien häufig bereits überholt.

Gerdes widerspricht dieser Einschätzung: Die Ratingqualität habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Der Grund für die verbesserte Datenqualität sind die weitergehenden Veröffentlichungspflichten. „Die Bonitätseinschätzungen decken sich häufig mit dem, was wir als Berater wahrnehmen.“

Schufa-Auskunft

Die Schufa-Auskunft ist ein Instrument für den B2C-Bereich, also für Geschäfte mit Endverbrauchern. „Eine Schufa für Firmenkunden gibt es nicht“, sagt Romeike. Vertragspartner der Schufa erfahren hier, ob Kunden zahlungsunfähig sind und wie viele Mahn- oder sogar Vollstreckungsbescheide bereits verschickt wurden.

Eine Alternative zur Schufa-Auskunft für Endkundengeschäfte ist der Infoscore von Arvato, der eine Bonitätsprüfung auch vollkommen digital ermöglicht.

Bankauskunft

Wenn es sich bei dem Kunden um eine juristische Person oder einen eingetragenen Kaufmann handelt, können Unternehmer auch bei der Hausbank eine Auskunft einholen. Dafür erkundigen sie sich bei der Bank nach der Kreditwürdigkeit für eine konkrete Summe – etwa, ob sie mit einem Kunden ein Geschäft über 50.000 Euro abschließen können.

Die Auskünfte, die die Bank erteilt, sind oft verklausuliert. So heißt es dann etwa: „Wir stehen mit Kredit gegen Besicherung zur Verfügung.“ Oder auch: „Wir stehen mit voll deckungsbietenden Sicherheiten zur Verfügung.“

Die Bonitätseinschätzungen der Banken seien oft sehr restriktiv, da diese strengen Regularien unterliegen, warnt Romeike. Sie empfiehlt daher, die Auskunft nicht als endgültiges Urteil über die Zahlungsfähigkeit eines potenziellen Kunden zu betrachten.

Ein weiterer Nachteil: Damit die Bank eine solche Auskunft erteilen darf, hält sie üblicherweise Rücksprache mit dem Kunden, der so über die Anfrage informiert wird. Auch, weil es mittlerweile bessere Alternativen gibt, wird dieses Instrument in der Praxis kaum noch genutzt.

Factoring

Eine weitere Möglichkeit zur Bonitätsprüfung ist die Zusammenarbeit mit einem Factoring- Dienstleister: „Die Anbieter haben Zugang zu Daten, die weit über das hinausgehen, was traditionelle Auskunftsdienste bieten“, sagt Romeike.

Durch die Zusammenarbeit mit großen Kreditversicherern hätten die Finanzdienstleister ein präzises Bild der Kreditwürdigkeit potenzieller oder bestehender Kunden. Romeike: „Dabei gilt: Je größer der Anbieter, desto besser die Datenlage.“

„Besonders, wenn es um Neukundengeschäft geht, ist professionelles Factoring eine effektive Lösung“, sagt Romeike. Schließlich haben Factoring-Anbieter viel Erfahrung darin, zu entscheiden, welche Forderungen angekauft werden und welche nicht.

Mehr zum Thema: Vorteile und Nachteile von Factoring: Wann lohnt es sich für mein Unternehmen?

Warenkreditversicherer

Auch Warenkreditversicherungen bieten eine Möglichkeit, die Bonität zu prüfen. „Die großen Warenkreditversicherer kennen die Ausfallrisiken ganz genau“, sagt Romeike. Ein Versicherungsnehmer kann jederzeit anfragen, ob ein spezifisches Geschäft abgesichert wird. Üblicherweise fragt er dafür ein bestimmtes Limit an.

„Das ist ein direkter Weg, das Risiko der Zahlungsunfähigkeit eines Kunden zu bewerten“, so Romeike. Droht ein Kunde zahlungsunfähig zu werden, wird der Versicherer die Übernahme des Risikos ablehnen. Unternehmer sollten dann zum Beispiel auf Vorkasse umstellen.

Was tun bei einer negativen Bonitätsbewertung?

Fällt die Bonitätseinschätzung negativ aus, sollten Unternehmerinnen und Unternehmer das nicht auf die leichte Schulter nehmen. „Wenn es Warnsignale gibt, sollte man sofort mit dem Kunden ins Gespräch treten“, sagt Gerdes.

Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer müssen sich dann überlegen, wie sehr sie bei diesem Kunden noch ins Risiko gehen möchten. So könnten sie mit dem Geschäftspartner bei größeren Aufträgen Vorkasse vereinbaren oder sich vertraglich gegen Forderungsausfälle absichern und zum Beispiel einen Eigentumsvorbehalt vereinbaren.

Mehr dazu hier: Eigentumsvorbehalt: So sichern Sie sich gegen Insolvenzen von Kunden ab

Doch auch Auskunfteien machen Fehler. Mitunter ist das Rating auch schlechter als die tatsächliche Bonität. In solchen Fällen können Firmen die Bonitätsbewertung auch verbessern, indem sie der Wirtschaftsauskunftei freiwillig Unternehmenszahlen zur Verfügung stellen.

Lesen Sie dazu auch: Ratingnote verbessern: Hilfe, die Bank gibt meiner Firma keinen Kredit!

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Die Zusammenarbeit mit dem Kunden läuft blendend, bis dieser seine Rechnungen bezahlen soll. Plötzlich geht niemand mehr ans Telefon, Briefe bleiben unbeantwortet und auf Nachfrage per Mail kommen nur vage Ausflüchte. Schlimmstenfalls bleibt der Kunde das Geld ganz schuldig. Wer so ein Szenario vermeiden möchte, sollte sich vor Vertragsabschluss über die Kreditwürdigkeit seiner Geschäftspartner informieren. Mit einer Bonitätsprüfung stellen Unternehmen sicher, dass ihre Kunden eingegangene finanzielle Verpflichtungen auch einhalten können. Eine intensive Bonitätsprüfung machen beispielsweise Banken, bevor sie einen Kredit vergeben. Dafür sehen sie sich Finanzkennzahlen über einen längeren Zeitraum an. Bei Beziehungen unter Unternehmen, geht es dagegen meist um kurzfristige Lieferantenkredite. Doch auch hier sollten Unternehmerinnen und Unternehmer genau hinsehen. „Die Bonitätsprüfung von Kunden ist eine Aufgabe der Geschäftsführung“, sagt Georg Gerdes, Unternehmensberater und Spezialist für Finanzierung aus Papenburg, Niedersachsen. Dabei stellt sich immer die Frage von Aufwand und Nutzen: Lohnt sich eine umfangreiche Bonitätsprüfung? Wann sollten Unternehmer genauer hinsehen? „Bei kleineren Summen wird man sich in der Regel auf die gewachsene Geschäftsbeziehung verlassen“, sagt Gerdes. Bei Neukunden oder größeren Auftragsvolumen sei es dagegen sinnvoll, im Vorfeld die Bonität zu prüfen. Auch gibt es bestimmte Warnsignale, die beachtet werden sollten. „Meine Empfehlung wäre, sich einmal im Monat die Liste der Schuldner anzuschauen und zu prüfen: Entwickelt sich das Volumen nicht bezahlter Rechnungen langsam nach oben?“, rät Gerdes. Im nächsten Schritt sollten sich Unternehmerinnen und Unternehmer gezielt die größeren Posten unter den Ausständen ansehen. Gibt es Veränderungen im Rechnungsvolumen oder in der Zahlungsmoral? Werden Zahlungsziele immer stärker ausgereizt? „Auf diese Weise bekommen Unternehmer ein Gefühl dafür, über wen sie weitere Informationen einholen sollten“, sagt Gerdes. Welche Faktoren sind für die Bonitätsprüfung wichtig? Die Beurteilung der Bonität setzt sich aus drei Komponenten zusammen, sagt Gabriele Romeike, Inhaberin des Beratungsunternehmens Financial Projects in Mülheim an der Ruhr: Die quantitative Komponente umfasst alle messbaren Finanzkennzahlen eines Unternehmens, wie Jahresabschlüsse oder die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA). Qualitative Faktoren sind etwa Branchenzugehörigkeit, eine Sonderstellung innerhalb der Branche und Erfahrungen mit der Unternehmensführung. Auch die persönliche Reputation spielt eine Rolle: Ist das Gegenüber ein Mittelständler, der nach den Regeln des ehrbaren Kaufmanns handelt und auf eine gewachsene Geschäftsbeziehung setzt? Oder ein Großkonzern, der nur die Preise drücken will? Das bisherige Zahlungsverhalten sollte ebenfalls in die Beurteilung einfließen: Hat der Kunde seine Zahlungsziele immer eingehalten – und pünktlich sowie vollständig gezahlt? [zur-person] Können Unternehmer die Bonität selbst prüfen? Die qualitativen Faktoren der Bonität können Inhaber in den meisten Fällen selbst prüfen. Insbesondere im Geschäftskundenbereich (B2B) würden diese eine große Rolle spielen, sagt Beraterin Romeike. Denn dabei gehe es auch um Menschenkenntnis und um Erfahrung: „In vielen Fällen ist ein direktes Gespräch mit dem Kunden aufschlussreicher als jede Auskunft.“ Alle Finanzkennzahlen eines Geschäftspartners selbst zu prüfen, übersteigt allerdings in der Regel die zeitlichen Möglichkeiten der Geschäftsführung. „Sich in jeden Fall selbst einzulesen, wäre viel zu aufwendig“, sagt die Finanzexpertin Romeike. „Die rein quantitative Beurteilung würde ich daher immer auslagern.“ Welche internen Informationsquellen gibt es? Unternehmen haben verschiedene Möglichkeiten, die Bonität ihrer Kunden zu überprüfen, dazu zählen auch interne Informationsquellen. Eigenes Rechnungswesen Überschreitet der Kunde häufig sein Zahlungsziel? Stellt er regelmäßig Antrag auf spätere Zahlung? Musste wiederholt eine Mahnung geschrieben werden? Solche Informationen finden sich in der Regel im Rechnungswesen der Firma und sollten systematisch erfasst und ausgewertet werden. Erfahrungen von Mitarbeitern Erfahrene Außendienstmitarbeiter haben einen direkten Draht zum Kunden und erkennen häufig sehr früh, wann und wo es brennt. Ein Warnsignal könnte beispielsweise sein, wenn der Kunde regelmäßig versucht, Rechnungen wegen angeblicher Mängel zu reklamieren. Erfahrungen im Netzwerk Der Austausch mit anderen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern aus der Branche kann ebenfalls ein sinnvolles Mittel sein, um mehr über das Zahlungsverhalten eines Kunden zu erfahren. „Wer hier ein gutes Netzwerk hat, profitiert auch bei der Bonitätseinschätzung“, sagt Gerdes. [mehr-zum-thema-1] Welche externen Informationsquellen gibt es? Daneben gibt es eine Reihe externer Informationsquellen, die Unternehmen nutzen können, um eine Einschätzung der Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden und Geschäftspartner zu erhalten. Jahresabschlüsse Kapitalgesellschaften müssen ihre Jahresabschlüsse veröffentlichen. Diese enthalten alle wichtigen Informationen zur Geschäftstätigkeit und Finanzausstattung. Das Unternehmensregister ist die zentrale Plattform für Unternehmensdaten, die Abschlüsse sind dort kostenlos online abrufbar. Wirtschaftsauskunfteien Zu den externen Informationsquellen gehören auch Auskunfteien, die Informationen über Unternehmen bereitstellen. Sie liefern etwa Angaben zu Rechtsform, Gründungsjahr, Gesellschafter, Unternehmenssitz, Bilanzsumme, Haftungslage und Eigenkapitalausstattung. Zusätzlich bewerten die Auskunfteien meist die Bonität mit einer Ratingnote. Bundesweit tätige Wirtschaftsauskunfteien sind etwa die Creditreform oder CRIF (ehemals Bürgel). Bonitätsauskünfte kosten abhängig vom Dienstleister eine Gebühr von 10 bis 30 Euro pro Anfrage. „Natürlich wird man nicht jeden Debitor anfragen“, sagt Gerdes. „Aber bei 15 bis 20 Anfragen im Jahr, ist das sehr gut investiertes Geld.“ Viele Daten stammen auch aus dem Inkassobereich: Wird eine Rechnung an ein Inkassounternehmen weitergereicht, zieht dies oft automatisch einen Eintrag bei den Auskunftsdiensten nach sich, was das Rating des betroffenen Kunden negativ beeinflussen kann. Mehr dazu hier: Ratingnoten von Unternehmen: Wissen Sie, wie kreditwürdig Ihre Firma ist? Die Qualität der Auskünfte ist jedoch umstritten. Oft werde nur ein unvollständiges Bild der Kreditwürdigkeit vermittelt, kritisiert Romeike. „Diese Dienste erfragen regelmäßig, ob es im Umgang mit Geschäftskunden zu Zahlungsproblemen kam“, erklärt sie. Bei den Auskünften handelt es sich also um einen Blick in die Vergangenheit. Im digitalen Zeitalter seien die Ratings der Auskunfteien häufig bereits überholt. Gerdes widerspricht dieser Einschätzung: Die Ratingqualität habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Der Grund für die verbesserte Datenqualität sind die weitergehenden Veröffentlichungspflichten. „Die Bonitätseinschätzungen decken sich häufig mit dem, was wir als Berater wahrnehmen.“ Schufa-Auskunft Die Schufa-Auskunft ist ein Instrument für den B2C-Bereich, also für Geschäfte mit Endverbrauchern. „Eine Schufa für Firmenkunden gibt es nicht“, sagt Romeike. Vertragspartner der Schufa erfahren hier, ob Kunden zahlungsunfähig sind und wie viele Mahn- oder sogar Vollstreckungsbescheide bereits verschickt wurden. Eine Alternative zur Schufa-Auskunft für Endkundengeschäfte ist der Infoscore von Arvato, der eine Bonitätsprüfung auch vollkommen digital ermöglicht. Bankauskunft Wenn es sich bei dem Kunden um eine juristische Person oder einen eingetragenen Kaufmann handelt, können Unternehmer auch bei der Hausbank eine Auskunft einholen. Dafür erkundigen sie sich bei der Bank nach der Kreditwürdigkeit für eine konkrete Summe – etwa, ob sie mit einem Kunden ein Geschäft über 50.000 Euro abschließen können. Die Auskünfte, die die Bank erteilt, sind oft verklausuliert. So heißt es dann etwa: „Wir stehen mit Kredit gegen Besicherung zur Verfügung.“ Oder auch: „Wir stehen mit voll deckungsbietenden Sicherheiten zur Verfügung.“ Die Bonitätseinschätzungen der Banken seien oft sehr restriktiv, da diese strengen Regularien unterliegen, warnt Romeike. Sie empfiehlt daher, die Auskunft nicht als endgültiges Urteil über die Zahlungsfähigkeit eines potenziellen Kunden zu betrachten. Ein weiterer Nachteil: Damit die Bank eine solche Auskunft erteilen darf, hält sie üblicherweise Rücksprache mit dem Kunden, der so über die Anfrage informiert wird. Auch, weil es mittlerweile bessere Alternativen gibt, wird dieses Instrument in der Praxis kaum noch genutzt. [mehr-zum-thema-2] Factoring Eine weitere Möglichkeit zur Bonitätsprüfung ist die Zusammenarbeit mit einem Factoring- Dienstleister: „Die Anbieter haben Zugang zu Daten, die weit über das hinausgehen, was traditionelle Auskunftsdienste bieten“, sagt Romeike. Durch die Zusammenarbeit mit großen Kreditversicherern hätten die Finanzdienstleister ein präzises Bild der Kreditwürdigkeit potenzieller oder bestehender Kunden. Romeike: „Dabei gilt: Je größer der Anbieter, desto besser die Datenlage.“ „Besonders, wenn es um Neukundengeschäft geht, ist professionelles Factoring eine effektive Lösung“, sagt Romeike. Schließlich haben Factoring-Anbieter viel Erfahrung darin, zu entscheiden, welche Forderungen angekauft werden und welche nicht. Mehr zum Thema: Vorteile und Nachteile von Factoring: Wann lohnt es sich für mein Unternehmen? Warenkreditversicherer Auch Warenkreditversicherungen bieten eine Möglichkeit, die Bonität zu prüfen. „Die großen Warenkreditversicherer kennen die Ausfallrisiken ganz genau“, sagt Romeike. Ein Versicherungsnehmer kann jederzeit anfragen, ob ein spezifisches Geschäft abgesichert wird. Üblicherweise fragt er dafür ein bestimmtes Limit an. „Das ist ein direkter Weg, das Risiko der Zahlungsunfähigkeit eines Kunden zu bewerten“, so Romeike. Droht ein Kunde zahlungsunfähig zu werden, wird der Versicherer die Übernahme des Risikos ablehnen. Unternehmer sollten dann zum Beispiel auf Vorkasse umstellen. Was tun bei einer negativen Bonitätsbewertung? Fällt die Bonitätseinschätzung negativ aus, sollten Unternehmerinnen und Unternehmer das nicht auf die leichte Schulter nehmen. „Wenn es Warnsignale gibt, sollte man sofort mit dem Kunden ins Gespräch treten“, sagt Gerdes. Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer müssen sich dann überlegen, wie sehr sie bei diesem Kunden noch ins Risiko gehen möchten. So könnten sie mit dem Geschäftspartner bei größeren Aufträgen Vorkasse vereinbaren oder sich vertraglich gegen Forderungsausfälle absichern und zum Beispiel einen Eigentumsvorbehalt vereinbaren. Mehr dazu hier: Eigentumsvorbehalt: So sichern Sie sich gegen Insolvenzen von Kunden ab Doch auch Auskunfteien machen Fehler. Mitunter ist das Rating auch schlechter als die tatsächliche Bonität. In solchen Fällen können Firmen die Bonitätsbewertung auch verbessern, indem sie der Wirtschaftsauskunftei freiwillig Unternehmenszahlen zur Verfügung stellen. Lesen Sie dazu auch: Ratingnote verbessern: Hilfe, die Bank gibt meiner Firma keinen Kredit!
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