Finanzen
Wie Unternehmer Anwaltskosten sparen

Rund 180 Euro kostet eine Anwaltsstunde, ausgewiesene Spezialisten verlangen sogar bis zu 500 Euro. Doch die Preise sind längst nicht mehr in Stein gemeißelt. Wer den Markt und die Regeln kennt, kann verhandeln.

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Was für die einen die Wirtschaftskrise, ist für andere der Gesundheitsfonds. Für die Streifeneder Gruppe zum Beispiel. Der Fonds, so befürchten sie beim Hersteller für Orthopädie-, Sanitäts- und Reha-Artikel, wird die Preise sacken lassen. Und deswegen gehen sie beim Emmeringer Gesundheitsartikler vorsichtshalber schon mal die Kostenstrukturen durch. Und wo fängt man da am besten an? Na klar, bei externen Kosten wie den Anwaltshonoraren. „Bis zu fünf Prozent Senkung sind bei den Stundensätzen drin“, gibt Hausjuristin Sabine Bilz das Ziel vor.

Damit gehört die Streifeneder Gruppe bislang noch zu einer Minderheit. Nach einer Umfrage des Essener Soldan Instituts für Anwaltsmanagement sprechen allenfalls 20 Prozent der Mittelständler bei ihren Anwälten regelmäßig die Honorarfrage an. „Je kleiner das Unternehmen, desto seltener wird über die Kosten gesprochen, vom Verhandeln ganz zu schweigen“, sagt Barbara Mayer, Anwältin in der Kanzlei Graf von Westphalen. Man traut sich halt nicht, und sollte man sich in einer gediegen getäfelten Kanzlei denn benehmen wie auf dem Basar? Das gehört sich doch nicht, denken viele.

Mag sein, aber lohnen tut es sich allemal: Die Chancen auf Rabatte stehen derzeit so gut wie nie. Immerhin gibt es hierzulande mehr als 150.000 Anwälte, der Konkurrenzdruck ist enorm. Dass die Rechtsabteilungen der Unternehmen ihre Budgets schärfer denn je im Blick behalten, setzt den Wirtschaftskanzleien obendrein zu. Und weil derzeit kein Anwalt ohne Not einen guten Mandanten oder ein gutes Mandat sausen lässt, darf er sich Preisverhandlungen nicht verschließen. „Wenn die Leistung stimmt, uns aber zu teuer wird, suchen wir das Gespräch mit dem Anwalt“, sagt Adi Drotleff, Vorstandsvorsitzender der Software-Firma Mensch und Maschine im oberbayerischen Weßling. „Auf diesem Klavier sollte jeder Nachfrager spielen.“

Gute Anwälte sind fix

Die am Gegenstandswert orientierte Gebührenordnung der Anwälte ist im Unternehmensgeschäft wenig hilfreich. Das starre Gesetz führe „oft zu schiefen Ergebnissen“, sagt selbst der Münchner Anwalt Marc Laukemann von Schaal & Partner. So sollte seine Kanzlei einst ein Schmerzensgeld von 2500 Euro eintreiben. „Wir dachten: eine kurze Beratung, ein Schrieb, fertig.“ Doch der Fall kam vor Gericht und zog sich so lange hin, dass der Stundensatz am Ende 6,50 Euro betragen hätte. „Kostendeckend sind bei uns 100 Euro.“

In der Wirtschaftswirklichkeit läuft deswegen vieles über feste Stundensätze. Laut einer Erhebung des Soldan Instituts kostet die Anwaltsstunde hierzulande im Schnitt 182 Euro, 60 Prozent der Anwälte verlangen zwischen 125 und 200 Euro. In den neuen Ländern sind es durchschnittlich 46 Euro weniger als im Westen, die Sätze der Anwältinnen liegen 35 Euro unter denen der männlichen Kollegen. Und auf dem Land sind Juristen billiger als in den Zentren.

Kampfpreise machen skeptisch

So viel zur Empirie. Zwar lässt sich mit diesen Zahlen vergleichen, ob ein Anwalt mit seinen Stundensätzen über oder unter dem Durchschnitt liegt. Aber wie bekommt der Kunde heraus, ob der Mann (oder die Frau) auch wirklich sein Geld wert ist? Diese Frage beantworten sich die meisten eher anhand ihres Bauchgefühls. „Ein guter Anwalt braucht weniger Stunden, weil er schneller arbeitet“, sagt Adi Drotleff. Kampfpreise bei den Stundensätzen machen ihn eher skeptisch: „Warum hat der das nötig?“

Auch Jurist Laukemann bestätigt: „Der Spezialist erledigt in einer Viertelstunde, wofür andere eine Stunde brauchen.“ Anwältin Mayer rät Mittelständlern deshalb, bei komplexen Fragen auf der Beratung durch erfahrene und spezialisierte Partner zu bestehen und sich nicht mit den angestellten Anwälten – „Associates“ – zu begnügen, auch wenn das pro Stunde weniger koste.

Über die Höhe des Honorars sollten Unternehmer schon ziemlich früh nachdenken, am besten noch vor Mandatsvergabe. Inwieweit differieren etwa Gebührenordnung und der Honorarwunsch des Anwalts? Warum variieren innerhalb derselben Kanzlei die Stundensätze? Schaal & Partner berechnet zum Beispiel je nach Erfahrung des Beraters, Rechtsgebiet oder Haftungsrisiko zwischen 170 und 250 Euro pro Stunde, in anderen Wirtschaftskanzleien werden für Spezialfälle bis zu 500 Euro fällig. Die konkrete Höhe, sagt Marc Laukemann, sei Verhandlungssache und damit für den Unternehmer eine gute Gelegenheit, Kostenbewusstsein zu signalisieren. Wer zusätzlich die Preise der Mitbewerber kennt, kann noch besser verhandeln. In der Kanzlei läuft es tatsächlich nicht
anders als auf dem Basar.

Und wenn alles nichts hilft, bleibt nur ein radikaler Schnitt: der Kanzleiwechsel. So hatte Software-Unternehmer Drotleff bei einer großen internationalen Adresse mehrfach auf Kostensenkung gedrungen. „Das wurde mir jedes Mal zugesagt, und dann wurde es doch wieder teurer.“ Erst als er die Zusammenarbeit aufkündigte, halbierten sich die Preise. Für Drotleff kam der Rabatt zu spät: „Da fühlte ich mich nur noch betrogen.“ Bei der Nachfolgekanzlei schrumpfte die Rechnung gleich auf ein Drittel.

Doch das Adieu sollte gut überlegt sein, denn auch Kontinuität kann ein Kostenfaktor sein. „Unsere Anwälte kennen das Unternehmen, sie verstehen ohne viele Erklärungen, worum es geht“, sagt Unternehmer Gerhard Auerswald, der in Cremlingen eine Firma für Festnetz-Telefonanlagen betreibt. Seit 20 Jahren arbeitet er mit denselben Juristen zusammen, die Wege, auch die der Kommunikation, sind kurz. Was auch heißt: Nicht nach jeder telefonischen Anfrage in der Kanzlei kommt gleich eine Rechnung. Das sei wichtig, sagt Auerswald, um alltägliche Unsicherheiten schnell
auszuräumen.

Kalkulation vom Juristen

Und wenn doch mehr Arbeit drinsteckt, sorgt der Firmenchef vorab für Klarheit: „Vor einem Auftrag möchte ich wissen, mit welchen Gesamtkosten zu rechnen ist, über diese gibt der Anwalt eine Schätzung ab.“ Diese Voranschläge, woanders schon längst üblich, setzen sich in der Juristerei langsam durch. „Früher waren manche Kanzleien damit etwas zurückhaltend“, sagt Streifeneder-Juristin Bilz, „das legt sich aber.“ Rechtsverbindlich sind die Schätzungen zwar nicht, aber immerhin geben sie einen gewissen Rahmen und lassen Vergleiche zu.

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Und irgendwie fühlen sich die Advokaten dann doch an ihre Berechnungen gebunden. „Wir nehmen das sehr ernst, denn wenn die Rechnung später höher ausfällt, müssen wir begründen, weshalb es zu der Abweichung gekommen ist“, sagt Anwältin Mayer. In ihrer Kanzlei ist es üblich, bei hohen Rechnungen die Mandanten vorzuwarnen, um Unmut zu vermeiden. Auch bei Freshfields Bruckhaus Deringer, Deutschlands größter Kanzlei, gilt: keine Überraschungen beim Honorar. „Wir sprechen das Thema von uns aus an“, sagt Anwalt Manfred Finken.

Häufig sind Nachforderungen zu erwarten

Häufig lassen sich die Kosten allerdings nicht exakt absehen, etwa weil der Aufwand stark vom Verhalten eines Kontrahenten abhängt. Oder weil der Unternehmer seinem juristischen Beistand wichtige Informationen vorenthalten hat. In beiden Fällen sind Nachforderungen zu erwarten. Je besser ein Auftrag und das dazugehörige Material für den Anwalt vorbereitet sind, desto leichter lässt sich das Honorar abschätzen.

Für Zweifelsfälle gibt es auch das sogenannte Erfolgshonorar, das vor rund einem Jahr gesetzlich geregelt wurde. Es kann vereinbart werden, wenn ein Mandant „bei verständiger Betrachtung die Sache nicht verfolgt hätte, weil sie wirtschaftlich für ihn zu riskant wäre“, sagt Udo Henke, Geschäftsführer beim Deutschen Anwaltverein (DAV). Und wer ganz auf Nummer sicher gehen möchte, sollte ein Pauschalhonorar abmachen. Als Sparmodell taugt diese Variante allerdings kaum.

Allgemein gilt: Mit der Anzahl der Spezialisten in einer Kanzlei steigen die Honorare. Trotzdem sei eine Großkanzlei auch für Mittelständler interessant, wenn sie sich etwa international aufstellen, findet Freshfields-Anwalt Finken: Gerade beim Start ins Chinageschäft sei Extra-Know-how wichtig. Ähnlich argumentiert Streifeneder-Hausjuristin Sabine Bilz, was nicht verwundert, denn sie beschäftigt eine Law-Firm genau aus diesem Grund: „Eines unserer Tochterunternehmen exportiert in 80 Länder, da ergeben sich viele Spezialfragen, die eine Kanzlei komplett betreut.“ Und obwohl die Sozietät hohe Honorare berechnet, ist Bilz zufrieden: „Wir bekommen dafür maximale Sicherheit.“

In so viel Lob mag Unternehmer Drotleff nicht einstimmen. Er hat schlechte Erfahrungen mit einer Law-Firm gemacht: „An die Partner sind wir einfach nicht rangekommen, die Arbeit haben Junganwälte erledigt, mal der eine, dann wieder ein anderer, der alles anders gemacht hat, auf unsere Kosten. Dagegen ist kaum etwas zu machen.“ Sein Ratschlag: „Die Größe der Kanzlei sollte zur Größe des Unternehmens passen.“

Bevor es zu spät ist

Geht es auch ganz ohne kostspielige Kanzlei? Manchmal reicht womöglich schon die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband. Deren Anwälte leisten gute Arbeit, hat Telefonanlagen-Hersteller Auerswald festgestellt, der ehrenamtlich als Arbeitsrichter tätig ist. „Sie kennen die lokale Rechtsprechung und sind vor Gericht sehr gut vorbereitet.“

Aber eines bleibt sich gleich – egal ob es um eine namhafte Kanzlei oder den einfachen Rechtsbeistand geht: Liegt die Rechnung auf dem Tisch, ist es zum Sparen zu spät. Der Mandant könne lediglich die Plausibilität prüfen, sagt Anwältin Mayer. Auf gerichtliche Hilfe darf er nur selten hoffen, so DAV-Geschäftsführer Henke: „Die Richter kürzen das Honorar in der Regel erst ab dem Fünffachen der gesetzlichen Höchstgebühren.“

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Anwaltsentgelt im Überblick

Gesetzliche Gebühren: Die gesetzlichen Gebühren richten sich nach dem Streitwert. Im Prozess darf der Anwalt nicht weniger verlangen, mehr hingegen schon. In der Honorarvereinbarung muss er darauf hinweisen, dass ihm der Zuschlag bei Prozessgewinn nicht vom Gegner ersetzt wird.

Zeithonorar: Die Basis der meisten Honorarvereinbarungen. Stundensätze sagen nichts über Kompetenz und Arbeitsstil des Anwalts aus. Wie beim Handyvertrag ist die Taktung wichtig: Inakzeptabel ist es, wenn der Anwalt jede angefangene halbe Stunde abrechnet. Manche Gerichte lehnen auch den Viertelstundentakt und sogar zehn Minuten als zu lang ab. Endgültig entschieden ist diese Frage nicht.

Pauschale: Sie schafft Kostenklarheit für beide Seiten und wird von Unternehmen deshalb oft gewünscht. Ein fairer Preis ist vom Anwalt nur bei klar abschätzbarem Aufwand zu erwarten, ansonsten wird er versuchen, das Kalkulationsrisiko durch einen Sicherheitsaufschlag abzufangen. Fazit: Maximale Kalkulationssicherheit ist nicht unbedingt ein Sparmodell.

Rahmenvertrag: Er regelt bei Dauermandat die Beziehung, häufig mit Monatspauschale für Standardleistungen. Wichtig: genau abgrenzen, was mit der Pauschale bezahlt ist. Der Vertrag sagt, in welchen Abständen die Pauschale überprüft wird.

Honorarkreationen: In der Praxis werden gelegentlich Honorarmischformen angeboten, etwa Stundensatz, mindestens aber gesetzliche Vergütung oder gesetzliche Vergütung plus Zuschlag. Solche Varianten vom Anwalt genau erklären lassen: Begründung für die Konstruktion, zu erwartende Gesamtkosten, Verhältnis zu gesetzlichem und Stundenhonorar.

So wird gefeilscht

Berechnung: Lassen Sie sich vor dem Auftrag eine Vergütungsvereinbarung erklären. Fragen Sie, welche zusätzlichen Kosten anfallen können, etwa für Auslagen. Lassen Sie sich vorrechnen, wie hoch die entsprechende gesetzliche Vergütung wäre. Dann wissen Sie besser, worauf Sie sich einlassen. Und der Anwalt weiß, dass Sie auf die Kosten schauen.

Kostenschätzung: Eine – möglichst schriftliche – Schätzung ist nicht rechtsverbindlich, aber eine wirksame Kostenbremse, denn bei Überschreitung steht der Anwalt unter Rechtfertigungsdruck. Nur wer den Anwalt umfassend informiert, darf eine brauchbare Schätzung erwarten, und nur dann wird der Anwalt sie als verbindlich akzeptieren. Lassen Sie sich die Schätzung vorrechnen. Falls der Anwalt behauptet, wegen nicht absehbaren Aufwands könne er die Kosten nicht schätzen, sollte er das begründen. Kostenschätzungen machen die Angebote verschiedener Kanzleien vergleichbar.

Erfolgskomponente: Wenn der Anwalt ankündigt, bei besonders guter Arbeit nachträglich ein Zusatzhonorar vorzuschlagen, sollte der Mandant sofort überlegen, wie er dazu steht. Ein Nein ist unter Umständen schwierig, auch wenn der Anwalt seinen Wunsch rechtlich nicht durchsetzen kann.

Ansprechpartner: Bestehen Sie auf feste Ansprechpartner und – bei längerer Auftragsdauer – Vertreter, die auch für die Bearbeitung Ihres Falles zuständig sind. Der gute persönliche Kontakt ist ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Qualifikations-Check: Erfahrung und Spezialisierung sind ein Kostenfaktor, sie beeinflussen das Arbeitstempo und damit die abgerechnete Stundenzahl. Ein Fachanwaltstitel ist Beleg für eine Basisqualifikation,
Spitzenleistungen sind damit nicht garantiert. Referenzen sagen oft mehr aus, auch eine Empfehlung durch den Hausanwalt.

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Was für die einen die Wirtschaftskrise, ist für andere der Gesundheitsfonds. Für die Streifeneder Gruppe zum Beispiel. Der Fonds, so befürchten sie beim Hersteller für Orthopädie-, Sanitäts- und Reha-Artikel, wird die Preise sacken lassen. Und deswegen gehen sie beim Emmeringer Gesundheitsartikler vorsichtshalber schon mal die Kostenstrukturen durch. Und wo fängt man da am besten an? Na klar, bei externen Kosten wie den Anwaltshonoraren. "Bis zu fünf Prozent Senkung sind bei den Stundensätzen drin", gibt Hausjuristin Sabine Bilz das Ziel vor. Damit gehört die Streifeneder Gruppe bislang noch zu einer Minderheit. Nach einer Umfrage des Essener Soldan Instituts für Anwaltsmanagement sprechen allenfalls 20 Prozent der Mittelständler bei ihren Anwälten regelmäßig die Honorarfrage an. "Je kleiner das Unternehmen, desto seltener wird über die Kosten gesprochen, vom Verhandeln ganz zu schweigen", sagt Barbara Mayer, Anwältin in der Kanzlei Graf von Westphalen. Man traut sich halt nicht, und sollte man sich in einer gediegen getäfelten Kanzlei denn benehmen wie auf dem Basar? Das gehört sich doch nicht, denken viele. Mag sein, aber lohnen tut es sich allemal: Die Chancen auf Rabatte stehen derzeit so gut wie nie. Immerhin gibt es hierzulande mehr als 150.000 Anwälte, der Konkurrenzdruck ist enorm. Dass die Rechtsabteilungen der Unternehmen ihre Budgets schärfer denn je im Blick behalten, setzt den Wirtschaftskanzleien obendrein zu. Und weil derzeit kein Anwalt ohne Not einen guten Mandanten oder ein gutes Mandat sausen lässt, darf er sich Preisverhandlungen nicht verschließen. "Wenn die Leistung stimmt, uns aber zu teuer wird, suchen wir das Gespräch mit dem Anwalt", sagt Adi Drotleff, Vorstandsvorsitzender der Software-Firma Mensch und Maschine im oberbayerischen Weßling. "Auf diesem Klavier sollte jeder Nachfrager spielen." Gute Anwälte sind fix Die am Gegenstandswert orientierte Gebührenordnung der Anwälte ist im Unternehmensgeschäft wenig hilfreich. Das starre Gesetz führe "oft zu schiefen Ergebnissen", sagt selbst der Münchner Anwalt Marc Laukemann von Schaal & Partner. So sollte seine Kanzlei einst ein Schmerzensgeld von 2500 Euro eintreiben. "Wir dachten: eine kurze Beratung, ein Schrieb, fertig." Doch der Fall kam vor Gericht und zog sich so lange hin, dass der Stundensatz am Ende 6,50 Euro betragen hätte. "Kostendeckend sind bei uns 100 Euro." In der Wirtschaftswirklichkeit läuft deswegen vieles über feste Stundensätze. Laut einer Erhebung des Soldan Instituts kostet die Anwaltsstunde hierzulande im Schnitt 182 Euro, 60 Prozent der Anwälte verlangen zwischen 125 und 200 Euro. In den neuen Ländern sind es durchschnittlich 46 Euro weniger als im Westen, die Sätze der Anwältinnen liegen 35 Euro unter denen der männlichen Kollegen. Und auf dem Land sind Juristen billiger als in den Zentren. Kampfpreise machen skeptisch So viel zur Empirie. Zwar lässt sich mit diesen Zahlen vergleichen, ob ein Anwalt mit seinen Stundensätzen über oder unter dem Durchschnitt liegt. Aber wie bekommt der Kunde heraus, ob der Mann (oder die Frau) auch wirklich sein Geld wert ist? Diese Frage beantworten sich die meisten eher anhand ihres Bauchgefühls. "Ein guter Anwalt braucht weniger Stunden, weil er schneller arbeitet", sagt Adi Drotleff. Kampfpreise bei den Stundensätzen machen ihn eher skeptisch: "Warum hat der das nötig?" Auch Jurist Laukemann bestätigt: "Der Spezialist erledigt in einer Viertelstunde, wofür andere eine Stunde brauchen." Anwältin Mayer rät Mittelständlern deshalb, bei komplexen Fragen auf der Beratung durch erfahrene und spezialisierte Partner zu bestehen und sich nicht mit den angestellten Anwälten – "Associates" – zu begnügen, auch wenn das pro Stunde weniger koste. Über die Höhe des Honorars sollten Unternehmer schon ziemlich früh nachdenken, am besten noch vor Mandatsvergabe. Inwieweit differieren etwa Gebührenordnung und der Honorarwunsch des Anwalts? Warum variieren innerhalb derselben Kanzlei die Stundensätze? Schaal & Partner berechnet zum Beispiel je nach Erfahrung des Beraters, Rechtsgebiet oder Haftungsrisiko zwischen 170 und 250 Euro pro Stunde, in anderen Wirtschaftskanzleien werden für Spezialfälle bis zu 500 Euro fällig. Die konkrete Höhe, sagt Marc Laukemann, sei Verhandlungssache und damit für den Unternehmer eine gute Gelegenheit, Kostenbewusstsein zu signalisieren. Wer zusätzlich die Preise der Mitbewerber kennt, kann noch besser verhandeln. In der Kanzlei läuft es tatsächlich nicht anders als auf dem Basar. Und wenn alles nichts hilft, bleibt nur ein radikaler Schnitt: der Kanzleiwechsel. So hatte Software-Unternehmer Drotleff bei einer großen internationalen Adresse mehrfach auf Kostensenkung gedrungen. "Das wurde mir jedes Mal zugesagt, und dann wurde es doch wieder teurer." Erst als er die Zusammenarbeit aufkündigte, halbierten sich die Preise. Für Drotleff kam der Rabatt zu spät: "Da fühlte ich mich nur noch betrogen." Bei der Nachfolgekanzlei schrumpfte die Rechnung gleich auf ein Drittel. Doch das Adieu sollte gut überlegt sein, denn auch Kontinuität kann ein Kostenfaktor sein. "Unsere Anwälte kennen das Unternehmen, sie verstehen ohne viele Erklärungen, worum es geht", sagt Unternehmer Gerhard Auerswald, der in Cremlingen eine Firma für Festnetz-Telefonanlagen betreibt. Seit 20 Jahren arbeitet er mit denselben Juristen zusammen, die Wege, auch die der Kommunikation, sind kurz. Was auch heißt: Nicht nach jeder telefonischen Anfrage in der Kanzlei kommt gleich eine Rechnung. Das sei wichtig, sagt Auerswald, um alltägliche Unsicherheiten schnell auszuräumen. Kalkulation vom Juristen Und wenn doch mehr Arbeit drinsteckt, sorgt der Firmenchef vorab für Klarheit: "Vor einem Auftrag möchte ich wissen, mit welchen Gesamtkosten zu rechnen ist, über diese gibt der Anwalt eine Schätzung ab." Diese Voranschläge, woanders schon längst üblich, setzen sich in der Juristerei langsam durch. "Früher waren manche Kanzleien damit etwas zurückhaltend", sagt Streifeneder-Juristin Bilz, "das legt sich aber." Rechtsverbindlich sind die Schätzungen zwar nicht, aber immerhin geben sie einen gewissen Rahmen und lassen Vergleiche zu. Und irgendwie fühlen sich die Advokaten dann doch an ihre Berechnungen gebunden. "Wir nehmen das sehr ernst, denn wenn die Rechnung später höher ausfällt, müssen wir begründen, weshalb es zu der Abweichung gekommen ist", sagt Anwältin Mayer. In ihrer Kanzlei ist es üblich, bei hohen Rechnungen die Mandanten vorzuwarnen, um Unmut zu vermeiden. Auch bei Freshfields Bruckhaus Deringer, Deutschlands größter Kanzlei, gilt: keine Überraschungen beim Honorar. "Wir sprechen das Thema von uns aus an", sagt Anwalt Manfred Finken. Häufig sind Nachforderungen zu erwarten Häufig lassen sich die Kosten allerdings nicht exakt absehen, etwa weil der Aufwand stark vom Verhalten eines Kontrahenten abhängt. Oder weil der Unternehmer seinem juristischen Beistand wichtige Informationen vorenthalten hat. In beiden Fällen sind Nachforderungen zu erwarten. Je besser ein Auftrag und das dazugehörige Material für den Anwalt vorbereitet sind, desto leichter lässt sich das Honorar abschätzen. Für Zweifelsfälle gibt es auch das sogenannte Erfolgshonorar, das vor rund einem Jahr gesetzlich geregelt wurde. Es kann vereinbart werden, wenn ein Mandant "bei verständiger Betrachtung die Sache nicht verfolgt hätte, weil sie wirtschaftlich für ihn zu riskant wäre", sagt Udo Henke, Geschäftsführer beim Deutschen Anwaltverein (DAV). Und wer ganz auf Nummer sicher gehen möchte, sollte ein Pauschalhonorar abmachen. Als Sparmodell taugt diese Variante allerdings kaum. Allgemein gilt: Mit der Anzahl der Spezialisten in einer Kanzlei steigen die Honorare. Trotzdem sei eine Großkanzlei auch für Mittelständler interessant, wenn sie sich etwa international aufstellen, findet Freshfields-Anwalt Finken: Gerade beim Start ins Chinageschäft sei Extra-Know-how wichtig. Ähnlich argumentiert Streifeneder-Hausjuristin Sabine Bilz, was nicht verwundert, denn sie beschäftigt eine Law-Firm genau aus diesem Grund: "Eines unserer Tochterunternehmen exportiert in 80 Länder, da ergeben sich viele Spezialfragen, die eine Kanzlei komplett betreut." Und obwohl die Sozietät hohe Honorare berechnet, ist Bilz zufrieden: "Wir bekommen dafür maximale Sicherheit." [mehr-zum-thema] In so viel Lob mag Unternehmer Drotleff nicht einstimmen. Er hat schlechte Erfahrungen mit einer Law-Firm gemacht: "An die Partner sind wir einfach nicht rangekommen, die Arbeit haben Junganwälte erledigt, mal der eine, dann wieder ein anderer, der alles anders gemacht hat, auf unsere Kosten. Dagegen ist kaum etwas zu machen." Sein Ratschlag: "Die Größe der Kanzlei sollte zur Größe des Unternehmens passen." Bevor es zu spät ist Geht es auch ganz ohne kostspielige Kanzlei? Manchmal reicht womöglich schon die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband. Deren Anwälte leisten gute Arbeit, hat Telefonanlagen-Hersteller Auerswald festgestellt, der ehrenamtlich als Arbeitsrichter tätig ist. "Sie kennen die lokale Rechtsprechung und sind vor Gericht sehr gut vorbereitet." Aber eines bleibt sich gleich – egal ob es um eine namhafte Kanzlei oder den einfachen Rechtsbeistand geht: Liegt die Rechnung auf dem Tisch, ist es zum Sparen zu spät. Der Mandant könne lediglich die Plausibilität prüfen, sagt Anwältin Mayer. Auf gerichtliche Hilfe darf er nur selten hoffen, so DAV-Geschäftsführer Henke: "Die Richter kürzen das Honorar in der Regel erst ab dem Fünffachen der gesetzlichen Höchstgebühren." Anwaltsentgelt im Überblick Gesetzliche Gebühren: Die gesetzlichen Gebühren richten sich nach dem Streitwert. Im Prozess darf der Anwalt nicht weniger verlangen, mehr hingegen schon. In der Honorarvereinbarung muss er darauf hinweisen, dass ihm der Zuschlag bei Prozessgewinn nicht vom Gegner ersetzt wird. Zeithonorar: Die Basis der meisten Honorarvereinbarungen. Stundensätze sagen nichts über Kompetenz und Arbeitsstil des Anwalts aus. Wie beim Handyvertrag ist die Taktung wichtig: Inakzeptabel ist es, wenn der Anwalt jede angefangene halbe Stunde abrechnet. Manche Gerichte lehnen auch den Viertelstundentakt und sogar zehn Minuten als zu lang ab. Endgültig entschieden ist diese Frage nicht. Pauschale: Sie schafft Kostenklarheit für beide Seiten und wird von Unternehmen deshalb oft gewünscht. Ein fairer Preis ist vom Anwalt nur bei klar abschätzbarem Aufwand zu erwarten, ansonsten wird er versuchen, das Kalkulationsrisiko durch einen Sicherheitsaufschlag abzufangen. Fazit: Maximale Kalkulationssicherheit ist nicht unbedingt ein Sparmodell. Rahmenvertrag: Er regelt bei Dauermandat die Beziehung, häufig mit Monatspauschale für Standardleistungen. Wichtig: genau abgrenzen, was mit der Pauschale bezahlt ist. Der Vertrag sagt, in welchen Abständen die Pauschale überprüft wird. Honorarkreationen: In der Praxis werden gelegentlich Honorarmischformen angeboten, etwa Stundensatz, mindestens aber gesetzliche Vergütung oder gesetzliche Vergütung plus Zuschlag. Solche Varianten vom Anwalt genau erklären lassen: Begründung für die Konstruktion, zu erwartende Gesamtkosten, Verhältnis zu gesetzlichem und Stundenhonorar. So wird gefeilscht Berechnung: Lassen Sie sich vor dem Auftrag eine Vergütungsvereinbarung erklären. Fragen Sie, welche zusätzlichen Kosten anfallen können, etwa für Auslagen. Lassen Sie sich vorrechnen, wie hoch die entsprechende gesetzliche Vergütung wäre. Dann wissen Sie besser, worauf Sie sich einlassen. Und der Anwalt weiß, dass Sie auf die Kosten schauen. Kostenschätzung: Eine – möglichst schriftliche – Schätzung ist nicht rechtsverbindlich, aber eine wirksame Kostenbremse, denn bei Überschreitung steht der Anwalt unter Rechtfertigungsdruck. Nur wer den Anwalt umfassend informiert, darf eine brauchbare Schätzung erwarten, und nur dann wird der Anwalt sie als verbindlich akzeptieren. Lassen Sie sich die Schätzung vorrechnen. Falls der Anwalt behauptet, wegen nicht absehbaren Aufwands könne er die Kosten nicht schätzen, sollte er das begründen. Kostenschätzungen machen die Angebote verschiedener Kanzleien vergleichbar. Erfolgskomponente: Wenn der Anwalt ankündigt, bei besonders guter Arbeit nachträglich ein Zusatzhonorar vorzuschlagen, sollte der Mandant sofort überlegen, wie er dazu steht. Ein Nein ist unter Umständen schwierig, auch wenn der Anwalt seinen Wunsch rechtlich nicht durchsetzen kann. Ansprechpartner: Bestehen Sie auf feste Ansprechpartner und – bei längerer Auftragsdauer – Vertreter, die auch für die Bearbeitung Ihres Falles zuständig sind. Der gute persönliche Kontakt ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Qualifikations-Check: Erfahrung und Spezialisierung sind ein Kostenfaktor, sie beeinflussen das Arbeitstempo und damit die abgerechnete Stundenzahl. Ein Fachanwaltstitel ist Beleg für eine Basisqualifikation, Spitzenleistungen sind damit nicht garantiert. Referenzen sagen oft mehr aus, auch eine Empfehlung durch den Hausanwalt.
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