Zurück in die GKV
So entkommen Sie dem Beitragshorror in der privaten Krankenversicherung

Beiträge in der privaten Krankenversicherung erreichen mitunter existenzbedrohende Höhen. Eine Lösung ist die Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung. So gelingt der Wechsel PKV in GKV.

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Die Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung spart Geld.
© the_burtons / Moment / Getty Images

Privat versichert: Das klingt nach dem Luxus, sofort zum Facharzt gehen zu können, wenn das Knie schmerzt. Und nach dem Gefühl, zu den Privilegierten zu gehören – schließlich darf sich nicht jeder privat versichern. Doch im Alter wird der Luxus einer privaten Krankenversicherung (PKV) oft zur Kostenfalle: Ältere Privatversicherte ächzen unter ständig steigenden Beiträgen.

Viele Selbstständige wollen ihrem privaten Krankenversicherer deshalb den Rücken kehren. Allerdings sind die Möglichkeiten für eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) begrenzt. Zwei Experten erklären, mit welchen Tricks der Wechsel zurück zu einer gesetzlichen Krankenkasse gelingen kann.

Warum wollen Selbstständige zurück in die GKV?

Angestellte können sich ihre Krankenversicherung in der Regel nicht aussuchen – sie dürfen sich nur privat versichern, wenn sie im Jahr mehr als 64.350 Euro brutto verdienen (Stand 2021). Für Selbstständige und Unternehmer spielt diese Versicherungspflichtgrenze dagegen keine Rolle. Sie kommen jederzeit und mit jedem Einkommen in die PKV.

Steigende Beiträge

Gerade für junge Selbstständige lohnt sich das häufig: Eine private Krankenversicherung ist für sie meist günstiger als die Mitgliedschaft in einer Krankenkasse. Doch der größte Vorteil der PKV, ihre zunächst günstigen Beiträge, wird mit jedem weiteren Lebensjahr zum größten Nachteil. Denn private Krankenversicherer berechnen die Prämien nach den Gesundheitskosten und der Lebenserwartung ihrer Versicherten – und nicht wie im gesetzlichen System nach dem Einkommen.

„Für die allermeisten Privatversicherten ziehen die Versicherungsbeiträge im Alter deutlich an“, erklärt Jochen Sunken, Leiter des Bereichs Gesundheit und Patientenschutz bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Monatliche Prämien von 1000 Euro und mehr sind dann keine Seltenheit. Als Ausweg bleiben oft nur PKV-Tarife mit einem reduzierten Leistungsumfang.

Wie Sie innerhalb der PKV in einen günstigeren Tarif wechseln können, lesen Sie hier: Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung: Raus aus der Beitragsfalle

Streit um Erstattung von Behandlungskosten

Ein weiterer Nachteil, der sich besonders im Alter bemerkbar macht, ist der hohe Verwaltungsaufwand: Anders als Kassenpatienten müssen Privatpatienten die meisten Behandlungen zunächst selbst zahlen, der Versicherer erstattet dann das Geld für die eingereichten Rechnungen.

„Der damit verbundene Aufwand ist nicht unerheblich“, erklärt Verbraucherschützer Sunken. „Schon für Gesunde kann das schwer zu bewältigen sein, aber wer schwer krank ist, hat oft gar nicht die Kraft, sich damit zu befassen, was unter welchen Umständen erstattet wird.“ Doch genau das müssen Privatversicherte tun. Und so kann jede Rechnung zur zusätzlichen Belastung werden: „Wir erleben immer wieder, dass private Krankenversicherer nur einen Teil der Kosten erstatten wollen.“

Wann ist eine Rückkehr in die GKV möglich?

Unternehmer, die unter extrem gestiegenen Beiträgen zu ihrer privaten Krankenversicherung leiden und daran zweifeln, dass sie diese in Zukunft überhaupt noch tragen können, sollten überlegen, ob sie zurück zu einer gesetzlichen Krankenkasse wechseln. Allerdings ist die Rückkehr in die GKV für Privatversicherte nicht ohne weiteres möglich: Wer einmal privat versichert ist, der bleibt es in der Regel auch.

Die Regelungen sollen verhindern, dass gesunde Gutverdiener in jungen Jahren von geringen Kosten und Privatpatienten-Status profitieren, später aber, wenn Arztkosten und Beiträge steigen, in die dann günstigere gesetzliche Krankenversicherung wechseln. „Es ist schlicht unsolidarisch, wenn Versicherte von der Solidargemeinschaft profitieren, obwohl sie selbst nicht ins gesetzliche System eingezahlt haben“, sagt Gesundheitsexperte Sunken.

Rückkehr in die GKV mit über 55 Jahren

Besonders schwierig ist der Weg zurück in die GKV für ältere Privatversicherte. Die Altersgrenze für eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung liegt bei 55 Jahren. Wer älter ist, hat kaum noch Chancen auf einen Wechsel. Ältere kommen nur zurück in die gesetzlichen Kassen, wenn sie höchstens 470 Euro verdienen und der Ehepartner gesetzlich krankenversichert ist.

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Rückkehr in die GKV bei Angestellten

Gutverdienende Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und auf diese Weise auch ihr Gehalt. So rutschen sie unter die maßgebliche Versicherungspflichtgrenze. „Wenn das Gehalt später wieder steigt, bleiben sie trotzdem gesetzlich versichert“, erklärt Carola Sraier, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen (BAGP). Selbstständige haben diese Möglichkeit nicht. Doch auch für sie gibt es Wege zurück in die GKV.

Welche Wege zurück in die gesetzliche Krankenversicherung gibt es für Selbstständige?

Szenario 1: Die Selbstständigkeit aufgeben und sich arbeitslos melden

Eine Möglichkeit besteht darin, sich arbeitslos zu melden: Arbeitslose unterliegen ebenfalls der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. „Wer sich arbeitslos meldet, wird wieder versicherungspflichtig und kommt damit zurück in das System gesetzlicher Krankenkassen“, sagt Patientenberaterin Sraier.

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass zuvor eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abgeschlossen wurde und die Selbstständigkeit aufgegeben wird. Nur dann besteht Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG I) und damit eine Versicherungspflicht in der GKV. Wer nicht arbeitslosenversichert ist, hat lediglich Anspruch auf ALG II und kann schließlich nur beim privaten Krankenversicherer in einen Sozialtarif wechseln.

Allerdings sagt Sraier auch: „Dieser Ausweg entspricht in der Regel nicht der Mentalität von Selbstständigen und Unternehmern, die es gewohnt sind, für sich selbst zu sorgen.“

Szenario 2: Sich im Hauptberuf festanstellen lassen

Auch die Festanstellung kann eine Alternative sein, um sich wieder gesetzlich zu versichern. Denn: Wer im Hauptberuf angestellt ist, unterliegt der Versicherungspflicht und darf in die gesetzliche Krankenversicherung zurückwechseln. Voraussetzung dafür ist, dass das Einkommen zwischen der Minijobgrenze von 5400 Euro im Jahr und der Jahresarbeitsentgeltgrenze von 64.350 Euro liegt.

„Das Modell, sich bei einem befreundeten Unternehmer anstellen zu lassen, ist relativ weit verbreitet“, sagt Sraier. Gerade während der Coronakrise hätten viele Selbstständige diese Möglichkeit genutzt, um ihre teuren PKV-Prämien loszuwerden.

Allerdings erfordert dieser Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung ebenfalls die Aufgabe der Selbstständigkeit. Die Kassen prüfen außerdem, ob das Arbeitsverhältnis nur zum Schein eingegangen wurde oder ob es sich um eine echte Anstellung handelt.

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Szenario 3: Die Selbstständigkeit zum Nebenerwerb machen

Wer nur noch im Nebenerwerb selbstständig ist, hauptsächlich aber einer Angestelltentätigkeit nachgeht, kann unter Umständen ebenfalls in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln. „Das ist möglich“, sagt Sraier. „Allerdings muss die Festanstellung zeitlich und wirtschaftlich überwiegen.“

Der neue Job muss also mehr als die Hälfte der Arbeitszeit beanspruchen und das Gehalt muss höher sein als die Einkünfte aus der Selbstständigkeit. Erst dann ist eine Rückkehr in die GKV möglich.

Szenario 4: Ins Ausland gehen

Einen weiteren Ausweg bietet der Gang ins europäische Ausland: Wer sich die Beiträge zu seiner privaten Krankenversicherung nicht mehr leisten kann, könnte auch übers Auswandern nachdenken. In vielen anderen europäischen Ländern wie etwa in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich oder Schweden gibt es nur eine einzige, obligatorische Krankenversicherung für Selbstständige und Angestellte gleichermaßen.

Wer seine private Krankenversicherung in Deutschland kündigt, den Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegt, dort arbeitet und sich mindestens zwölf Monate gesetzlich krankenversichert, den müssen gesetzliche Kassen in Deutschland bei einer Rückkehr als freiwilliges Mitglied versichern.

„Das nutzen zum Beispiel viele Gastronomen, die in Deutschland ein eigenes Lokal hatten, indem sie nach der Geschäftsaufgabe noch eine Saison in Österreich als Servicekraft arbeiten“, berichtet Sraier.

Szenario 5: Sich beim Bundesfreiwilligendienst bewerben

Um einen Platz beim Bundesfreiwilligendienst, etwa als Sanitäter oder in der Kinderbetreuung, kann sich jeder bewerben. Wer sich auf diese Weise sozial engagiert, profitiert unter Umständen auch selbst. Denn: Teilnehmer des Bundesfreiwilligendienstes, der meistens zwölf Monate dauert, sind in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Wer im Anschluss daran seine selbstständige Tätigkeit wieder aufnimmt, kann als freiwilliges Mitglied gesetzlich krankenversichert bleiben.

Szenario 6: Sich beim Partner mitversichern lassen

Wenn der Ehe- oder Lebenspartner gesetzlich krankenversichert ist, können Privatversicherte auch über die kostenfreie Familienversicherung zurück in die GKV. Diese Lösung funktioniert allerdings nur, solange der Verdienst – abzüglich Werbekosten – unter der Einkommensgrenze in der Familienversicherung von 470 Euro im Monat liegt. Bei einer geringfügigen Beschäftigung, einem sogenannten Minijob, liegt die Einkommensgrenze bei 450 Euro.

Mehr zum Thema: Minijob anmelden: Wie Arbeitgeber Minijobber einstellen – und was sie dabei beachten müssen

Die Rückkehr in die GKV mit Hilfe des Umwegs der Familienversicherung funktioniert theoretisch auch noch bei Privatversicherten, die 55 Jahre und älter sind. „Für Menschen über 55 ist dies eine der wenigen halbwegs realistischen Möglichkeit, in eine gesetzliche Krankenkasse zu kommen“, sagt Sunken von der Hamburger Verbraucherzentrale.

Allerdings setzt diese Lösung voraus, dass das regelmäßige Einkommen des Versicherten unter der 470-Euro-Grenze liegt. Auch dieses Szenario geht also mit der Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit einher. Auch für Rentner ist die Zuverdienstgrenze ein Problem: „Selbst eine Minirente verhindert bereits den Weg in die Familienversicherung“, sagt Sraier.

Was ist, wenn die Krankenversicherung eine Aufnahme ablehnt?

„Wenn die formalen Rahmenbedingungen erfüllt sind, ist ein Wechsel in die GKV in der Regel unproblematisch möglich“, sagt Patientenberaterin Sraier. Allerdings käme es durchaus vor, dass die Kassen noch Unterlagen nachfordern würden. Dies sei etwa der Fall, wenn die kostenfreie Familienversicherung über den Ehepartner beantragt werde: „Hier muss oft der Nachweis erbracht werden, dass wirklich kein eigenes Einkommen vorliegt.“

Wer von einer Krankenkasse – mutmaßlich zu Unrecht – abgelehnt wird, hat einen Monat Zeit, dem Bescheid zu widersprechen. Wird der Widerspruch ebenfalls abgelehnt, kann der Antragsteller vor dem Sozialgericht dagegen klagen. Spätestens vor einem Rechtsstreit sollten Betroffene sich jedoch juristischen Rat bei einem Fachanwalt für Sozialrecht holen. Besser ist es, sich bereits im Vorfeld beraten zu lassen.

Wo erhalten Versicherte weitere Beratung?

Zum Wechsel von der PKV in die GKV können sich Versicherte unter anderem bei den Verbraucherzentralen ihres Bundeslands beraten lassen. Adressen von unabhängigen Beratungsstellen finden sich auch auf der Website der Arbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen sowie beim Verbund unabhängige Patientenberatung. Fragen zum Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung können Versicherte schließlich auch direkt bei der Patientenberatung der Krankenkassen klären.

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Privat versichert: Das klingt nach dem Luxus, sofort zum Facharzt gehen zu können, wenn das Knie schmerzt. Und nach dem Gefühl, zu den Privilegierten zu gehören – schließlich darf sich nicht jeder privat versichern. Doch im Alter wird der Luxus einer privaten Krankenversicherung (PKV) oft zur Kostenfalle: Ältere Privatversicherte ächzen unter ständig steigenden Beiträgen. Viele Selbstständige wollen ihrem privaten Krankenversicherer deshalb den Rücken kehren. Allerdings sind die Möglichkeiten für eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) begrenzt. Zwei Experten erklären, mit welchen Tricks der Wechsel zurück zu einer gesetzlichen Krankenkasse gelingen kann. Warum wollen Selbstständige zurück in die GKV? Angestellte können sich ihre Krankenversicherung in der Regel nicht aussuchen – sie dürfen sich nur privat versichern, wenn sie im Jahr mehr als 64.350 Euro brutto verdienen (Stand 2021). Für Selbstständige und Unternehmer spielt diese Versicherungspflichtgrenze dagegen keine Rolle. Sie kommen jederzeit und mit jedem Einkommen in die PKV. Steigende Beiträge Gerade für junge Selbstständige lohnt sich das häufig: Eine private Krankenversicherung ist für sie meist günstiger als die Mitgliedschaft in einer Krankenkasse. Doch der größte Vorteil der PKV, ihre zunächst günstigen Beiträge, wird mit jedem weiteren Lebensjahr zum größten Nachteil. Denn private Krankenversicherer berechnen die Prämien nach den Gesundheitskosten und der Lebenserwartung ihrer Versicherten – und nicht wie im gesetzlichen System nach dem Einkommen. „Für die allermeisten Privatversicherten ziehen die Versicherungsbeiträge im Alter deutlich an“, erklärt Jochen Sunken, Leiter des Bereichs Gesundheit und Patientenschutz bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Monatliche Prämien von 1000 Euro und mehr sind dann keine Seltenheit. Als Ausweg bleiben oft nur PKV-Tarife mit einem reduzierten Leistungsumfang. Wie Sie innerhalb der PKV in einen günstigeren Tarif wechseln können, lesen Sie hier: Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung: Raus aus der Beitragsfalle Streit um Erstattung von Behandlungskosten Ein weiterer Nachteil, der sich besonders im Alter bemerkbar macht, ist der hohe Verwaltungsaufwand: Anders als Kassenpatienten müssen Privatpatienten die meisten Behandlungen zunächst selbst zahlen, der Versicherer erstattet dann das Geld für die eingereichten Rechnungen. „Der damit verbundene Aufwand ist nicht unerheblich“, erklärt Verbraucherschützer Sunken. „Schon für Gesunde kann das schwer zu bewältigen sein, aber wer schwer krank ist, hat oft gar nicht die Kraft, sich damit zu befassen, was unter welchen Umständen erstattet wird.“ Doch genau das müssen Privatversicherte tun. Und so kann jede Rechnung zur zusätzlichen Belastung werden: „Wir erleben immer wieder, dass private Krankenversicherer nur einen Teil der Kosten erstatten wollen.“ Wann ist eine Rückkehr in die GKV möglich? Unternehmer, die unter extrem gestiegenen Beiträgen zu ihrer privaten Krankenversicherung leiden und daran zweifeln, dass sie diese in Zukunft überhaupt noch tragen können, sollten überlegen, ob sie zurück zu einer gesetzlichen Krankenkasse wechseln. Allerdings ist die Rückkehr in die GKV für Privatversicherte nicht ohne weiteres möglich: Wer einmal privat versichert ist, der bleibt es in der Regel auch. Die Regelungen sollen verhindern, dass gesunde Gutverdiener in jungen Jahren von geringen Kosten und Privatpatienten-Status profitieren, später aber, wenn Arztkosten und Beiträge steigen, in die dann günstigere gesetzliche Krankenversicherung wechseln. „Es ist schlicht unsolidarisch, wenn Versicherte von der Solidargemeinschaft profitieren, obwohl sie selbst nicht ins gesetzliche System eingezahlt haben“, sagt Gesundheitsexperte Sunken. Rückkehr in die GKV mit über 55 Jahren Besonders schwierig ist der Weg zurück in die GKV für ältere Privatversicherte. Die Altersgrenze für eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung liegt bei 55 Jahren. Wer älter ist, hat kaum noch Chancen auf einen Wechsel. Ältere kommen nur zurück in die gesetzlichen Kassen, wenn sie höchstens 470 Euro verdienen und der Ehepartner gesetzlich krankenversichert ist. Rückkehr in die GKV bei Angestellten Gutverdienende Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und auf diese Weise auch ihr Gehalt. So rutschen sie unter die maßgebliche Versicherungspflichtgrenze. „Wenn das Gehalt später wieder steigt, bleiben sie trotzdem gesetzlich versichert“, erklärt Carola Sraier, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen (BAGP). Selbstständige haben diese Möglichkeit nicht. Doch auch für sie gibt es Wege zurück in die GKV. Welche Wege zurück in die gesetzliche Krankenversicherung gibt es für Selbstständige? Szenario 1: Die Selbstständigkeit aufgeben und sich arbeitslos melden Eine Möglichkeit besteht darin, sich arbeitslos zu melden: Arbeitslose unterliegen ebenfalls der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. „Wer sich arbeitslos meldet, wird wieder versicherungspflichtig und kommt damit zurück in das System gesetzlicher Krankenkassen“, sagt Patientenberaterin Sraier. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass zuvor eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abgeschlossen wurde und die Selbstständigkeit aufgegeben wird. Nur dann besteht Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG I) und damit eine Versicherungspflicht in der GKV. Wer nicht arbeitslosenversichert ist, hat lediglich Anspruch auf ALG II und kann schließlich nur beim privaten Krankenversicherer in einen Sozialtarif wechseln. Allerdings sagt Sraier auch: „Dieser Ausweg entspricht in der Regel nicht der Mentalität von Selbstständigen und Unternehmern, die es gewohnt sind, für sich selbst zu sorgen.“ Szenario 2: Sich im Hauptberuf festanstellen lassen Auch die Festanstellung kann eine Alternative sein, um sich wieder gesetzlich zu versichern. Denn: Wer im Hauptberuf angestellt ist, unterliegt der Versicherungspflicht und darf in die gesetzliche Krankenversicherung zurückwechseln. Voraussetzung dafür ist, dass das Einkommen zwischen der Minijobgrenze von 5400 Euro im Jahr und der Jahresarbeitsentgeltgrenze von 64.350 Euro liegt. „Das Modell, sich bei einem befreundeten Unternehmer anstellen zu lassen, ist relativ weit verbreitet“, sagt Sraier. Gerade während der Coronakrise hätten viele Selbstständige diese Möglichkeit genutzt, um ihre teuren PKV-Prämien loszuwerden. Allerdings erfordert dieser Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung ebenfalls die Aufgabe der Selbstständigkeit. Die Kassen prüfen außerdem, ob das Arbeitsverhältnis nur zum Schein eingegangen wurde oder ob es sich um eine echte Anstellung handelt. Szenario 3: Die Selbstständigkeit zum Nebenerwerb machen Wer nur noch im Nebenerwerb selbstständig ist, hauptsächlich aber einer Angestelltentätigkeit nachgeht, kann unter Umständen ebenfalls in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln. „Das ist möglich“, sagt Sraier. „Allerdings muss die Festanstellung zeitlich und wirtschaftlich überwiegen.“ Der neue Job muss also mehr als die Hälfte der Arbeitszeit beanspruchen und das Gehalt muss höher sein als die Einkünfte aus der Selbstständigkeit. Erst dann ist eine Rückkehr in die GKV möglich. Szenario 4: Ins Ausland gehen Einen weiteren Ausweg bietet der Gang ins europäische Ausland: Wer sich die Beiträge zu seiner privaten Krankenversicherung nicht mehr leisten kann, könnte auch übers Auswandern nachdenken. In vielen anderen europäischen Ländern wie etwa in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich oder Schweden gibt es nur eine einzige, obligatorische Krankenversicherung für Selbstständige und Angestellte gleichermaßen. Wer seine private Krankenversicherung in Deutschland kündigt, den Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegt, dort arbeitet und sich mindestens zwölf Monate gesetzlich krankenversichert, den müssen gesetzliche Kassen in Deutschland bei einer Rückkehr als freiwilliges Mitglied versichern. „Das nutzen zum Beispiel viele Gastronomen, die in Deutschland ein eigenes Lokal hatten, indem sie nach der Geschäftsaufgabe noch eine Saison in Österreich als Servicekraft arbeiten“, berichtet Sraier. Szenario 5: Sich beim Bundesfreiwilligendienst bewerben Um einen Platz beim Bundesfreiwilligendienst, etwa als Sanitäter oder in der Kinderbetreuung, kann sich jeder bewerben. Wer sich auf diese Weise sozial engagiert, profitiert unter Umständen auch selbst. Denn: Teilnehmer des Bundesfreiwilligendienstes, der meistens zwölf Monate dauert, sind in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Wer im Anschluss daran seine selbstständige Tätigkeit wieder aufnimmt, kann als freiwilliges Mitglied gesetzlich krankenversichert bleiben. Szenario 6: Sich beim Partner mitversichern lassen Wenn der Ehe- oder Lebenspartner gesetzlich krankenversichert ist, können Privatversicherte auch über die kostenfreie Familienversicherung zurück in die GKV. Diese Lösung funktioniert allerdings nur, solange der Verdienst – abzüglich Werbekosten – unter der Einkommensgrenze in der Familienversicherung von 470 Euro im Monat liegt. Bei einer geringfügigen Beschäftigung, einem sogenannten Minijob, liegt die Einkommensgrenze bei 450 Euro. Mehr zum Thema: Minijob anmelden: Wie Arbeitgeber Minijobber einstellen - und was sie dabei beachten müssen Die Rückkehr in die GKV mit Hilfe des Umwegs der Familienversicherung funktioniert theoretisch auch noch bei Privatversicherten, die 55 Jahre und älter sind. „Für Menschen über 55 ist dies eine der wenigen halbwegs realistischen Möglichkeit, in eine gesetzliche Krankenkasse zu kommen“, sagt Sunken von der Hamburger Verbraucherzentrale. Allerdings setzt diese Lösung voraus, dass das regelmäßige Einkommen des Versicherten unter der 470-Euro-Grenze liegt. Auch dieses Szenario geht also mit der Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit einher. Auch für Rentner ist die Zuverdienstgrenze ein Problem: „Selbst eine Minirente verhindert bereits den Weg in die Familienversicherung“, sagt Sraier. Was ist, wenn die Krankenversicherung eine Aufnahme ablehnt? „Wenn die formalen Rahmenbedingungen erfüllt sind, ist ein Wechsel in die GKV in der Regel unproblematisch möglich“, sagt Patientenberaterin Sraier. Allerdings käme es durchaus vor, dass die Kassen noch Unterlagen nachfordern würden. Dies sei etwa der Fall, wenn die kostenfreie Familienversicherung über den Ehepartner beantragt werde: „Hier muss oft der Nachweis erbracht werden, dass wirklich kein eigenes Einkommen vorliegt.“ Wer von einer Krankenkasse – mutmaßlich zu Unrecht – abgelehnt wird, hat einen Monat Zeit, dem Bescheid zu widersprechen. Wird der Widerspruch ebenfalls abgelehnt, kann der Antragsteller vor dem Sozialgericht dagegen klagen. Spätestens vor einem Rechtsstreit sollten Betroffene sich jedoch juristischen Rat bei einem Fachanwalt für Sozialrecht holen. Besser ist es, sich bereits im Vorfeld beraten zu lassen. Wo erhalten Versicherte weitere Beratung? Zum Wechsel von der PKV in die GKV können sich Versicherte unter anderem bei den Verbraucherzentralen ihres Bundeslands beraten lassen. Adressen von unabhängigen Beratungsstellen finden sich auch auf der Website der Arbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen sowie beim Verbund unabhängige Patientenberatung. Fragen zum Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung können Versicherte schließlich auch direkt bei der Patientenberatung der Krankenkassen klären.