Testament schreiben
9 Fehler, mit denen Sie garantiert jedes Testament ruinieren

Jeder kann sein Testament schreiben, Zettel und Stift reichen. Doch je mehr es zu vererben gibt, desto mehr kann dabei schiefgehen. Diese Fehler sollten Sie unbedingt vermeiden.

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Testament schreiben
© knallgrün / photocase.de

Ein Testament zu verfassen, ist ganz einfach: Zettel nehmen, aufschreiben, unterschreiben, fertig. So steht es in jedem Ratgeber, und so ist es im Prinzip auch richtig. Je mehr es allerdings zu vererben gibt, und je komplexer die Erbmasse ist, etwa weil ein Unternehmen darin steckt, desto weniger reichen ein paar handschriftliche Sätze.

Obendrein können sich Laien in den juristischen Begrifflichkeiten dermaßen verheddern, dass das Testament kaum noch Sinn ergibt und Gerichte ihn ergründen müssen. Hier sind die neun häufigsten Fehler in Testamenten – und wie Sie diese vermeiden:

Fehler 1: Sie haben ein Testament – und nicht mehr

Es ist natürlich kein Fehler, ein Testament zu haben. Es kann aber ein Fehler sein, nur ein Testament zu haben – was insbesondere für Unternehmerinnen und Unternehmer gilt, die den Betrieb an ihre Kinder übergeben wollen.

„Unternehmer sollten sich bei der Nachfolge nicht aufs Testament verlassen“, sagt Reinhard Kössinger, Notar im bayrischen Illertissen. „Der vernünftige Weg ist es, den Betrieb zu Lebzeiten zu übergeben.“ Das sei schon komplex genug, sagt Kössinger, der Autor eines juristischen Standardwerks zur Testamentsgestaltung ist.

Idealerweise ist die Nachfolge ein über Jahre andauernder Prozess. Oft erhält ein Firmennachfolger im ersten Schritt Prokura, also eine unbeschränkte Handelsvollmacht, aber nur 24 Prozent der Anteile, damit er keine wichtigen Beschlüsse verhindern kann (was mit einer Sperrminorität von 25 Prozent möglich wäre). In einem zweiten Schritt – Jahre später, wenn alles gut geht – übernimmt der Juniorchef dann die Mehrheit der Anteile, während sich der Senior irgendwann in den Beirat zurückzieht.

Dieser Prozess muss sorgsam geplant und gesteuert, vielleicht auch angepasst werden. Nur mit einem Testament, das die Firmenübergabe quasi im Hauruck-Stil über die Kinder bringt, ist das nicht zu machen. Ein Testament sollte deshalb nie das einzige Dokument sein, das die Nachfolge im Unternehmen regelt – es gehören auch ein schriftliches Übergabeprogramm oder ein Schenkungsvertrag dazu.

Fehler 2: Das Testament hat die falsche Form

Abseits von strategischen Überlegungen passieren beim Testieren so banale wie tückische Fehler. Sven Gelbke, Gründer der auf Pflichtteilsansprüche spezialisierten Plattform „Die Erbschützer“, hat beobachtet, dass besonders Testamente aus den frühen 2000er-Jahren durch eine folgenschwere Gemeinsamkeit auffallen: Sie sind mit dem Computer geschrieben.

Damals war der PC für Zuhause noch etwas Besonderes. Viele, die ganz akkurat und ordentlich sein wollten, tippten seinerzeit ihr Testament am Rechner. Doch selbst, wenn der Ausdruck am Ende unterschrieben wird, ist das Papier wertlos. „Der letzte Wille muss vollständig mit der Hand geschrieben sein oder vom Notar beurkundet werden“, sagt Gelbke.

Gefährlich wird es auch, wenn zwar ein handschriftliches Testament vorliegt, es aber auf eine computergetippte Anlage Bezug nimmt. In einem Fall vor dem Bundesgerichtshof wollte ein Ehepaar nach seinem Tod „fünf befreundete Familien“ als Erben ihres Grundstücks in Italien einsetzen. Im Testament schrieben sie: „Namen und Adressen für das Erbteil in Italia sind im PC-Ausdruck angehängt und persönlich unterschrieben.“

Gut gemeint, schlecht gemacht: Weil sich die Identität der Grundstückserben nicht aus dem handschriftlichen Teil, sondern nur aus der maschinenschriftlichen Anlage ergab, war dieser Teil des Testaments unwirksam (Az.: IV ZB 30/20). Geklagt hatte übrigens die Tochter des Ehepaars. Sie war als Erbin für das deutsche Vermögen eingesetzt, bekam durch das Urteil aber auch das Grundstück in Italia.

Fehler 3: Das Testament enthält Textbausteine aus dem Netz

Ein Experte wie Rechtsanwalt Gelbke erkennt sie in Laientestamenten auf den ersten Blick: Textbausteine und Musterformulierungen aus dem Internet. Sie werden oft so unbedarft kombiniert, dass sie sich manchmal sogar widersprechen.

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„Als klassisches Beispiel wird an einer Stelle von Vermächtnis und an anderer von Erbe gesprochen“, sagt er. Doch bei einem Vermächtnis werden nur einzelne Gegenstände, bei einem Erbe das Vermögen sowie Pflichten übertragen. „Achten Sie darauf“, rät Gelbke, „klar zu formulieren, wer Erbe werden soll.“

Fehler 4: Das Testament ist zu gut versteckt

Ein Testament ist eine wichtige Sache und muss gut geschützt werden. Liegt es ganz oben in der Schublade, kann es schnell verschwinden, wenn es nach dem Tod des Unternehmers oder der Unternehmerin der Falsche findet. Zu gut sollte es aber nicht versteckt werden, denn dann findet es auch der Richtige nicht. Liegt der letzte Wille im Safe mit der unbekannten Zahlenkombination oder unauffindbar in einem Buch im Regal, nutzt es niemandem etwas.

Experten empfehlen, das Testament beim Nachlassgericht zu hinterlegen. Das kostet selten mehr als 75 Euro. Der letzte Wille ist dann nicht nur beim Nachlassgericht deponiert, sondern wird zugleich im Zentralen Testamentsregister vermerkt. Das wird von den Standesämtern automatisch über Todesfälle informiert, so dass das Testament dann hervorgeholt und eröffnet wird.

Fehler 5: Das Testament ist zu schwammig formuliert

„Ein großer Teil unseres Vermögens soll einer gemeinnützigen Organisation zugutekommen“ – edle Absicht, aber leider zu unklar formuliert: Welche Organisation ist gemeint? Und was ist „ein großer Teil“? Wer ein Testament verfasst, sollte möglichst konkret schreiben – und in diesem Fall Namen und Adresse der gemeinnützigen Organisation nennen und bestenfalls auch den Prozentsatz des Vermögens, der gespendet werden soll.

Oft wollen Erblasser die Menschen belohnen, die sie in den letzten Jahren gepflegt haben. Der Satz: „Den Hauptteil des Vermögens soll die Person bekommen, die sich bis zu meinem Tode um mich kümmert“ findet sich in diversen Varianten in vielen Testamenten. Trauernde Familien verwandeln sich im Handumdrehen in einen zankenden Haufen, wenn es darum geht, wer sich am innigsten um Opa gekümmert hat.

Das Oberlandesgericht München (Az.: 31 Wx 55/13) verwarf den Passus 2013 als nichtig – weil schon unklar sei, „an welche Art von Kümmern der Erblasser gedacht hat“. Meinte er die körperliche Pflege? Die Einkaufsgänge? Die Spielnachmittage?

Dasselbe Prinzip gilt, wenn die Firmennachfolge im Testament geregelt wird (was nicht immer empfehlenswert ist, siehe oben). Der Satz: „Wer sich von meinen Kindern am besten für die Geschäftsleitung eignet, soll den Betrieb übernehmen“ ist weder konkret noch klug, sondern hetzt allenfalls die Kinder gegeneinander auf. „Sofern man die erbrechtliche Übertragung tatsächlich an die individuellen Fähigkeiten der Erben knüpfen will, sollte man auf objektiv überprüfbare Kriterien achten“, sagt Rechtsanwalt Gelbke. Das kann zum Beispiel die bessere Abschlussnote sein.

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Fehler 6: Es sind mehrere Erben eingesetzt

Hat eine Unternehmerin mehrere wohlgeratene Kinder, will sie diese im Testament gleichermaßen bedenken – alles andere wäre ungerecht. Das ist gut möglich, wenn Geld, Immobilien oder sonstiges leicht aufteilbares Vermögen das Erbe bilden.

Doch ein Betrieb lässt sich nicht ohne Weiteres in vier Teile schneiden, wenn vier Unternehmerkinder ihn erben sollen. Sie bilden eine Erbengemeinschaft, die nur dann funktioniert, wenn sich alle einig sind. Wenn nicht, geht es für das Unternehmen um die Existenz. Die Einsetzung mehrerer Erben erweist sich dann als Fehler.

Notar Reinhard Kössinger sagt: „Eine Erbengemeinschaft führt in einem Unternehmen regelmäßig zu Problemen.“ Er empfiehlt, das Kind, das die Firma ohnehin übernehmen soll, im Testament als Alleinerben einzusetzen. Der hinterbliebene Ehepartner und die Geschwister können im Gegenzug das übrige Vermögen bekommen, zum Beispiel das Familienheim oder die vermietete Eigentumswohnung.

Wer sein Unternehmen dennoch an mehrere Kinder vererben will, sollte sich genau beraten lassen – und auf keinen Fall selbst zum Stift greifen. Obendrein, so gibt Notar Kössinger zu bedenken, spart ein notarielles Testament Zeit und Geld, weil Erben damit – anderes als bei einem privaten Testament – kein langwieriges, monatelanges Erbscheinsverfahren durchlaufen müssen. Bei einem Nachlasswert von 1 Million Euro fallen bei einem notariellen Testament Kosten von 1910 Euro netto an, bei der selbstgeschriebenen Variante sind es mit rund 3470 Euro netto fast das Doppelte.

Lesen Sie dazu auch: Schenkung: So verschenken Sie Vermögen an die Kinder

Fehler 7: Es gibt ein Berliner Testament, aber auch eine neue Ehe

Die Zeiten ändern sich: Während Ehen vor 60 Jahren praktisch für den Rest des Lebens geschlossen wurden, liegt die Scheidungsquote heute bei 40 Prozent. Das Berliner Testament, mit dem sich Eheleute gegenseitig als Erben einsetzen, stammt aber noch aus den alten Zeiten – und passt nicht mehr zu den heutigen Patchwork-Verhältnissen.

Beim Berliner Testament setzen sich die Eheleute zwar gegenseitig als Erben ein, doch die Kinder bekommen alles, wenn der letzte Elternteil gestorben ist. Das erfordert nicht übermäßig viel Geduld, denn Eltern sind um einiges älter als ihre Kinder und sterben in der Regel auch viel früher. Doch was ist, wenn die neue Ehefrau des Vaters genauso alt ist wie die älteste Tochter? Dann erweist sich das Berliner Testament zugunsten der neuen Ehefrau als Fehler – und als komplett nutzlos.

Eine Konstellation, die Rechtsanwalt Sven Gelbke in vergangener Zeit immer häufiger begegnet. „Gerade bei erheblichen Altersunterschieden führt das häufig zu Pflichtteilsauseinandersetzungen“, sagt er. Die Kinder aus früheren Ehen wollen nicht bis zum Tod des neuen Ehepartners warten, bis sie am Erbe teilhaben dürfen, und verlangen den Pflichtteil. Die neue Ehefrau muss ihre Erbschaft dann zu Geld machen, um die Pflichtteile bedienen zu können.

Gelbkes Empfehlung: Rechtzeitig miteinander reden, fair bleiben und eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung finden.

Mehr dazu hier: Berliner Testament: Wer erbt wann? Was beim Berliner Testament zu beachten ist

Fehler 8: Für das Erbe gilt ausländisches Recht

Die Finca auf Mallorca, das Chalet in Sankt Moritz, der Bauernhof in Kärnten – es gibt viele Möglichkeiten, sich den Winter an einem Zweitwohnsitz außerhalb Deutschlands zu vertreiben. Es ist jedoch ein Fehler, das im Testament nicht zu berücksichtigen. Sonst gilt im Fall der Fälle nicht das deutsche, sondern das Erbrecht eines anderen EU-Landes für den Nachlass. Und das ist in den seltensten Fällen gewollt.

Mit der Europäischen Erbrechtsverordnung kam es 2015 zu einem Systemwechsel: Während für deutsche Staatsangehörige im EU-Ausland bis dahin deutsches Erbrecht anwendbar war, kommt es heutzutage darauf an, wo der Verstorbene zuletzt seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ hatte. Stirbt also ein deutscher Unternehmer im Winterdomizil auf Mallorca und kommt ein mallorquinischer Richter zu dem Ergebnis, dass der Verstorbene seinen gewöhnlichen Aufenthalt auf den Balearen hatte, dann gilt fürs Erbe spanisches Recht – und zwar auch für das Vermögen, das in Deutschland liegt.

Das lässt sich ganz einfach vermeiden, indem das Testament für den Nachlass deutsches Recht festlegt. Übrigens: Nicht immer ist es die Finca oder ein mondänes Chalet, das diese Abgrenzungsfragen aufwirft. Auch wenn Mutti oder Vati aus Kostengründen in einem tschechischen oder rumänischen Pflegeheim untergebracht sind, kann sich überraschend das dortige Recht als maßgeblich erweisen.

Fehler 9: Sie haben gar kein Testament

Auch das muss klar gesagt werden: Der größte Fehler ist es, gar kein Testament zu haben – denn es kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren. „Ein Unternehmertestament ist vor allem bei Unfällen wichtig“, sagt Kössinger, „es dient der Risikovorsorge.“ Der Notar kennt Fälle, wo die komplette Führungsspitze von Unternehmen mit einem Privatflieger abstürzte oder der Seniorchef an einer geplatzten Arterie starb, plötzlich und unerwartet.

In einem Unglücksfall nutzt die schönste Nachfolgeplanung für den Betrieb nichts mehr. Wenn testamentarisch nichts geregelt ist, dann, so Kössinger, sei die „Katastrophe da“ – eine Erbengemeinschaft – siehe oben. Die vielköpfige, aber selten einige Familie erbt das Unternehmen und kann nur gemeinsam Entscheidungen treffen. Sind Minderjährige in der Erbengemeinschaft, muss ein Pfleger bestellt werden, bei dementen ein Betreuer. Beide wollen natürlich auch noch mitreden. Das verzögert die Entscheidungen nochmals. Flinkes unternehmerisches Handeln ist nicht mehr möglich.

Ein Testament könnte im Notfall helfen: Etwa, indem es nur ein Kind zum Erben und Firmennachfolger bestimmt. Dann fallen die qualvollen Diskussionen in der Erbengemeinschaft weg.

Lesen Sie dazu auch: Unternehmertestament: Wie Sie vermeiden, dass die Familie an Ihrem Testament zerbricht

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Ein Testament zu verfassen, ist ganz einfach: Zettel nehmen, aufschreiben, unterschreiben, fertig. So steht es in jedem Ratgeber, und so ist es im Prinzip auch richtig. Je mehr es allerdings zu vererben gibt, und je komplexer die Erbmasse ist, etwa weil ein Unternehmen darin steckt, desto weniger reichen ein paar handschriftliche Sätze. Obendrein können sich Laien in den juristischen Begrifflichkeiten dermaßen verheddern, dass das Testament kaum noch Sinn ergibt und Gerichte ihn ergründen müssen. Hier sind die neun häufigsten Fehler in Testamenten – und wie Sie diese vermeiden: Fehler 1: Sie haben ein Testament – und nicht mehr Es ist natürlich kein Fehler, ein Testament zu haben. Es kann aber ein Fehler sein, nur ein Testament zu haben – was insbesondere für Unternehmerinnen und Unternehmer gilt, die den Betrieb an ihre Kinder übergeben wollen. „Unternehmer sollten sich bei der Nachfolge nicht aufs Testament verlassen“, sagt Reinhard Kössinger, Notar im bayrischen Illertissen. „Der vernünftige Weg ist es, den Betrieb zu Lebzeiten zu übergeben.“ Das sei schon komplex genug, sagt Kössinger, der Autor eines juristischen Standardwerks zur Testamentsgestaltung ist. Idealerweise ist die Nachfolge ein über Jahre andauernder Prozess. Oft erhält ein Firmennachfolger im ersten Schritt Prokura, also eine unbeschränkte Handelsvollmacht, aber nur 24 Prozent der Anteile, damit er keine wichtigen Beschlüsse verhindern kann (was mit einer Sperrminorität von 25 Prozent möglich wäre). In einem zweiten Schritt – Jahre später, wenn alles gut geht – übernimmt der Juniorchef dann die Mehrheit der Anteile, während sich der Senior irgendwann in den Beirat zurückzieht. Dieser Prozess muss sorgsam geplant und gesteuert, vielleicht auch angepasst werden. Nur mit einem Testament, das die Firmenübergabe quasi im Hauruck-Stil über die Kinder bringt, ist das nicht zu machen. Ein Testament sollte deshalb nie das einzige Dokument sein, das die Nachfolge im Unternehmen regelt – es gehören auch ein schriftliches Übergabeprogramm oder ein Schenkungsvertrag dazu. Fehler 2: Das Testament hat die falsche Form Abseits von strategischen Überlegungen passieren beim Testieren so banale wie tückische Fehler. Sven Gelbke, Gründer der auf Pflichtteilsansprüche spezialisierten Plattform „Die Erbschützer“, hat beobachtet, dass besonders Testamente aus den frühen 2000er-Jahren durch eine folgenschwere Gemeinsamkeit auffallen: Sie sind mit dem Computer geschrieben. Damals war der PC für Zuhause noch etwas Besonderes. Viele, die ganz akkurat und ordentlich sein wollten, tippten seinerzeit ihr Testament am Rechner. Doch selbst, wenn der Ausdruck am Ende unterschrieben wird, ist das Papier wertlos. „Der letzte Wille muss vollständig mit der Hand geschrieben sein oder vom Notar beurkundet werden“, sagt Gelbke. Gefährlich wird es auch, wenn zwar ein handschriftliches Testament vorliegt, es aber auf eine computergetippte Anlage Bezug nimmt. In einem Fall vor dem Bundesgerichtshof wollte ein Ehepaar nach seinem Tod „fünf befreundete Familien“ als Erben ihres Grundstücks in Italien einsetzen. Im Testament schrieben sie: „Namen und Adressen für das Erbteil in Italia sind im PC-Ausdruck angehängt und persönlich unterschrieben.“ Gut gemeint, schlecht gemacht: Weil sich die Identität der Grundstückserben nicht aus dem handschriftlichen Teil, sondern nur aus der maschinenschriftlichen Anlage ergab, war dieser Teil des Testaments unwirksam (Az.: IV ZB 30/20). Geklagt hatte übrigens die Tochter des Ehepaars. Sie war als Erbin für das deutsche Vermögen eingesetzt, bekam durch das Urteil aber auch das Grundstück in Italia. [mehr-zum-thema] Fehler 3: Das Testament enthält Textbausteine aus dem Netz Ein Experte wie Rechtsanwalt Gelbke erkennt sie in Laientestamenten auf den ersten Blick: Textbausteine und Musterformulierungen aus dem Internet. Sie werden oft so unbedarft kombiniert, dass sie sich manchmal sogar widersprechen. „Als klassisches Beispiel wird an einer Stelle von Vermächtnis und an anderer von Erbe gesprochen“, sagt er. Doch bei einem Vermächtnis werden nur einzelne Gegenstände, bei einem Erbe das Vermögen sowie Pflichten übertragen. „Achten Sie darauf“, rät Gelbke, „klar zu formulieren, wer Erbe werden soll.“ Fehler 4: Das Testament ist zu gut versteckt Ein Testament ist eine wichtige Sache und muss gut geschützt werden. Liegt es ganz oben in der Schublade, kann es schnell verschwinden, wenn es nach dem Tod des Unternehmers oder der Unternehmerin der Falsche findet. Zu gut sollte es aber nicht versteckt werden, denn dann findet es auch der Richtige nicht. Liegt der letzte Wille im Safe mit der unbekannten Zahlenkombination oder unauffindbar in einem Buch im Regal, nutzt es niemandem etwas. Experten empfehlen, das Testament beim Nachlassgericht zu hinterlegen. Das kostet selten mehr als 75 Euro. Der letzte Wille ist dann nicht nur beim Nachlassgericht deponiert, sondern wird zugleich im Zentralen Testamentsregister vermerkt. Das wird von den Standesämtern automatisch über Todesfälle informiert, so dass das Testament dann hervorgeholt und eröffnet wird. Fehler 5: Das Testament ist zu schwammig formuliert „Ein großer Teil unseres Vermögens soll einer gemeinnützigen Organisation zugutekommen“ – edle Absicht, aber leider zu unklar formuliert: Welche Organisation ist gemeint? Und was ist „ein großer Teil“? Wer ein Testament verfasst, sollte möglichst konkret schreiben – und in diesem Fall Namen und Adresse der gemeinnützigen Organisation nennen und bestenfalls auch den Prozentsatz des Vermögens, der gespendet werden soll. Oft wollen Erblasser die Menschen belohnen, die sie in den letzten Jahren gepflegt haben. Der Satz: „Den Hauptteil des Vermögens soll die Person bekommen, die sich bis zu meinem Tode um mich kümmert“ findet sich in diversen Varianten in vielen Testamenten. Trauernde Familien verwandeln sich im Handumdrehen in einen zankenden Haufen, wenn es darum geht, wer sich am innigsten um Opa gekümmert hat. Das Oberlandesgericht München (Az.: 31 Wx 55/13) verwarf den Passus 2013 als nichtig – weil schon unklar sei, „an welche Art von Kümmern der Erblasser gedacht hat“. Meinte er die körperliche Pflege? Die Einkaufsgänge? Die Spielnachmittage? Dasselbe Prinzip gilt, wenn die Firmennachfolge im Testament geregelt wird (was nicht immer empfehlenswert ist, siehe oben). Der Satz: „Wer sich von meinen Kindern am besten für die Geschäftsleitung eignet, soll den Betrieb übernehmen“ ist weder konkret noch klug, sondern hetzt allenfalls die Kinder gegeneinander auf. „Sofern man die erbrechtliche Übertragung tatsächlich an die individuellen Fähigkeiten der Erben knüpfen will, sollte man auf objektiv überprüfbare Kriterien achten“, sagt Rechtsanwalt Gelbke. Das kann zum Beispiel die bessere Abschlussnote sein. Fehler 6: Es sind mehrere Erben eingesetzt Hat eine Unternehmerin mehrere wohlgeratene Kinder, will sie diese im Testament gleichermaßen bedenken – alles andere wäre ungerecht. Das ist gut möglich, wenn Geld, Immobilien oder sonstiges leicht aufteilbares Vermögen das Erbe bilden. Doch ein Betrieb lässt sich nicht ohne Weiteres in vier Teile schneiden, wenn vier Unternehmerkinder ihn erben sollen. Sie bilden eine Erbengemeinschaft, die nur dann funktioniert, wenn sich alle einig sind. Wenn nicht, geht es für das Unternehmen um die Existenz. Die Einsetzung mehrerer Erben erweist sich dann als Fehler. Notar Reinhard Kössinger sagt: „Eine Erbengemeinschaft führt in einem Unternehmen regelmäßig zu Problemen.“ Er empfiehlt, das Kind, das die Firma ohnehin übernehmen soll, im Testament als Alleinerben einzusetzen. Der hinterbliebene Ehepartner und die Geschwister können im Gegenzug das übrige Vermögen bekommen, zum Beispiel das Familienheim oder die vermietete Eigentumswohnung. Wer sein Unternehmen dennoch an mehrere Kinder vererben will, sollte sich genau beraten lassen – und auf keinen Fall selbst zum Stift greifen. Obendrein, so gibt Notar Kössinger zu bedenken, spart ein notarielles Testament Zeit und Geld, weil Erben damit – anderes als bei einem privaten Testament – kein langwieriges, monatelanges Erbscheinsverfahren durchlaufen müssen. Bei einem Nachlasswert von 1 Million Euro fallen bei einem notariellen Testament Kosten von 1910 Euro netto an, bei der selbstgeschriebenen Variante sind es mit rund 3470 Euro netto fast das Doppelte. Lesen Sie dazu auch: Schenkung: So verschenken Sie Vermögen an die Kinder Fehler 7: Es gibt ein Berliner Testament, aber auch eine neue Ehe Die Zeiten ändern sich: Während Ehen vor 60 Jahren praktisch für den Rest des Lebens geschlossen wurden, liegt die Scheidungsquote heute bei 40 Prozent. Das Berliner Testament, mit dem sich Eheleute gegenseitig als Erben einsetzen, stammt aber noch aus den alten Zeiten – und passt nicht mehr zu den heutigen Patchwork-Verhältnissen. Beim Berliner Testament setzen sich die Eheleute zwar gegenseitig als Erben ein, doch die Kinder bekommen alles, wenn der letzte Elternteil gestorben ist. Das erfordert nicht übermäßig viel Geduld, denn Eltern sind um einiges älter als ihre Kinder und sterben in der Regel auch viel früher. Doch was ist, wenn die neue Ehefrau des Vaters genauso alt ist wie die älteste Tochter? Dann erweist sich das Berliner Testament zugunsten der neuen Ehefrau als Fehler – und als komplett nutzlos. Eine Konstellation, die Rechtsanwalt Sven Gelbke in vergangener Zeit immer häufiger begegnet. „Gerade bei erheblichen Altersunterschieden führt das häufig zu Pflichtteilsauseinandersetzungen“, sagt er. Die Kinder aus früheren Ehen wollen nicht bis zum Tod des neuen Ehepartners warten, bis sie am Erbe teilhaben dürfen, und verlangen den Pflichtteil. Die neue Ehefrau muss ihre Erbschaft dann zu Geld machen, um die Pflichtteile bedienen zu können. Gelbkes Empfehlung: Rechtzeitig miteinander reden, fair bleiben und eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung finden. Mehr dazu hier: Berliner Testament: Wer erbt wann? Was beim Berliner Testament zu beachten ist Fehler 8: Für das Erbe gilt ausländisches Recht Die Finca auf Mallorca, das Chalet in Sankt Moritz, der Bauernhof in Kärnten – es gibt viele Möglichkeiten, sich den Winter an einem Zweitwohnsitz außerhalb Deutschlands zu vertreiben. Es ist jedoch ein Fehler, das im Testament nicht zu berücksichtigen. Sonst gilt im Fall der Fälle nicht das deutsche, sondern das Erbrecht eines anderen EU-Landes für den Nachlass. Und das ist in den seltensten Fällen gewollt. Mit der Europäischen Erbrechtsverordnung kam es 2015 zu einem Systemwechsel: Während für deutsche Staatsangehörige im EU-Ausland bis dahin deutsches Erbrecht anwendbar war, kommt es heutzutage darauf an, wo der Verstorbene zuletzt seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ hatte. Stirbt also ein deutscher Unternehmer im Winterdomizil auf Mallorca und kommt ein mallorquinischer Richter zu dem Ergebnis, dass der Verstorbene seinen gewöhnlichen Aufenthalt auf den Balearen hatte, dann gilt fürs Erbe spanisches Recht – und zwar auch für das Vermögen, das in Deutschland liegt. Das lässt sich ganz einfach vermeiden, indem das Testament für den Nachlass deutsches Recht festlegt. Übrigens: Nicht immer ist es die Finca oder ein mondänes Chalet, das diese Abgrenzungsfragen aufwirft. Auch wenn Mutti oder Vati aus Kostengründen in einem tschechischen oder rumänischen Pflegeheim untergebracht sind, kann sich überraschend das dortige Recht als maßgeblich erweisen. Fehler 9: Sie haben gar kein Testament Auch das muss klar gesagt werden: Der größte Fehler ist es, gar kein Testament zu haben – denn es kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren. „Ein Unternehmertestament ist vor allem bei Unfällen wichtig“, sagt Kössinger, „es dient der Risikovorsorge.“ Der Notar kennt Fälle, wo die komplette Führungsspitze von Unternehmen mit einem Privatflieger abstürzte oder der Seniorchef an einer geplatzten Arterie starb, plötzlich und unerwartet. In einem Unglücksfall nutzt die schönste Nachfolgeplanung für den Betrieb nichts mehr. Wenn testamentarisch nichts geregelt ist, dann, so Kössinger, sei die „Katastrophe da“ – eine Erbengemeinschaft – siehe oben. Die vielköpfige, aber selten einige Familie erbt das Unternehmen und kann nur gemeinsam Entscheidungen treffen. Sind Minderjährige in der Erbengemeinschaft, muss ein Pfleger bestellt werden, bei dementen ein Betreuer. Beide wollen natürlich auch noch mitreden. Das verzögert die Entscheidungen nochmals. Flinkes unternehmerisches Handeln ist nicht mehr möglich. Ein Testament könnte im Notfall helfen: Etwa, indem es nur ein Kind zum Erben und Firmennachfolger bestimmt. Dann fallen die qualvollen Diskussionen in der Erbengemeinschaft weg. Lesen Sie dazu auch: Unternehmertestament: Wie Sie vermeiden, dass die Familie an Ihrem Testament zerbricht
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