Orbital Systems
Die Dusche, die ihr Wasser selbst recycelt

Lange duschen – das geht bald ohne schlechtes Gewissen. Zumindest, wenn sich das Start-up Orbital Systems mit seiner Erfindung durchsetzen sollte: einer Dusche, die ihr Wasser selbst recycelt.

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Für eine zehnminütige Dusche werden etwa 150 Liter Wasser benötigt - mit der Technik von Orbital Systems sind es nur fünf Liter.
Für eine zehnminütige Dusche werden etwa 150 Liter Wasser benötigt - mit der Technik von Orbital Systems sind es nur fünf Liter.
© Marjan Veljanoski / Fotolia.com

Als den „Tesla unter den Duschen“ hat das US-Magazin „Forbes“ neulich Mehrdad Mahdjoubis Dusch-Start-up Orbital Systems angepriesen. Der 26-Jährige wird weltweit eingeladen, um über seine Erfindung zu sprechen. Zum Gespräch mit impulse kam Mahdjoubi aus Stockholm eingeflogen – mit Sonnenbrille, Kopfschmerzen, Schnupfen und der Entschuldigung, dass es gestern „ziemlich spät“ geworden sei.

impulse: Herr Mahdjoubi, wie sind Sie auf die Idee gekommen, Duschwasser zu recyceln?

Mehrdad Mahdjoubi: Nehmen wir einmal an, Ihre Morgendusche dauert zehn Minuten. In diesen zehn Minuten benötigen Sie etwa 150 Liter Wasser, die in kürzester Zeit von 10 auf etwa 40 Grad Celsius erhitzt werden und dann im Abfluss enden. Das ist doch traurig.

Nur wenige Menschen, die Wasser sparen wollen, erfinden gleich eine neue Dusche.

Das stimmt (lacht). Meine Entwicklung entstand aus einem Nasa-Projekt in Houston heraus, an dem ich während des Studiums für ein paar Wochen teilnehmen durfte. Unser Team hatte die Aufgabe, neue Designlösungen für die bemannte Marsmission zu entwickeln. Die größte Herausforderung ist nach wie vor die Rückkehr zur Erde. Wir sprechen hier von mehreren Jahren Reisezeit, in denen die Astronauten nur mit dem Nötigsten überleben müssen. Da ist Wasserrecycling einer der wichtigsten Lösungsansätze. Ich habe dann meine Abschlussarbeit darüber geschrieben, wie sich diese Ansätze aus dem All auch auf der Erde sinnvoll nutzen ließen – etwa in einer Dusche. So entstand die Idee zu Orbital Systems.

Kurz erklärt: Wie funktioniert Ihre Technik?

Statt 150 Liter Wasser für zehn Minuten benötigt unsere Technik nur fünf Liter, die immer wieder recycelt werden – das entspricht mehr als 90 Prozent Wasserersparnis. Weil das recycelte Wasser nicht ständig neu erhitzt werden muss, sinken außerdem die Energiekosten um bis zu 80 Prozent gegenüber einer normalen Dusche. Und: Der Komfortfaktor ist höher.

Die Idee zu seiner Recycling-Dusche hatte der Schwede Mehrdad Mahdjoubi, 26, während eines Studienaufenthalts bei der Weltraumbehörde Nasa.

Mehrdad Mahdjoubi: Die Idee zu seiner Recycling-Dusche hatte der 26-jährige Schwede während eines Studienaufenthalts bei der Weltraumbehörde Nasa.© Tanja Demarmels

Wieso ist Ihre Dusche komfortabler?

Sie kennen vielleicht den Effekt, wenn während der Dusche jemand anderes im Haus den Wasserhahn aufdreht: Der Druck nimmt ab, das Wasser wird kalt oder heiß. Das passiert bei unserer Entwicklung nicht, weil es ein eigener Wasserkreislauf ist, der immer wieder dasselbe Wasser nutzt.

Ist das nicht ein bisschen ekelig?

Die Reinigung in unserem kleinen Wasserkreislauf ist gründlicher als in großen Kläranlagen, in denen die Rohre und Anlagen ohnehin meist mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel haben. Da es sich nur um geringe Mengen handelt, bleibt das Wasser in unserer Erfindung die ganze Zeit über keimfrei – die Problematik rund um Bakterien, Legionellen und andere Verunreinigungen stellt sich deshalb gar nicht erst.

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Wie wird das Wasser so schnell gereinigt?

Ein Mikrofilter fischt die größeren Partikel aus dem Wasser – Haare, Hautschuppen, diese Größenordnung. Dann läuft das Wasser durch einen Nanofilter, der aus kleinen aufgeladenen Aluminiumteilchen besteht, die alle anders geladenen Teilchen anziehen: DNA, Metalle, praktisch alles außer Mineralien. Salze haben keine Ladung.

Und wenn jemand in die Dusche pinkelt?

Die Frage haben wir uns tatsächlich auch gestellt und eine Lösung entwickelt: Wenn sich ein Fremdkörper oder andere Flüssigkeiten im Wasser befinden, die das Duschwasser kontaminieren könnten, erkennt ein Sensor das. Dann öffnet sich eine Klappe in der Dusche, die das Wasser ablässt und neues frisches Wasser in den Kreislauf spült.

Haben Sie Ihre Idee per Patent gesichert?

Ja. Orbital Systems hat sieben Patente angemeldet sowie zwei Schutzmarken und Designs.

Sie brauchten doch bestimmt Leute, die Ihnen beim Bau der Konstruktion geholfen haben. Wie und wo haben Sie die gefunden?

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Aktuell beschäftige ich 30 Mitarbeiter, darunter sind sehr viele Ingenieure. In Lund, meinem Studienort in Schweden, tummeln sich jede Menge Start-ups aus dem technischen Bereich. Der Technologiepark der Uni ist einer der größten in ganz Europa. Hier habe ich sehr viele Talente rekrutiert.

Wie finanzieren Sie sich?

Zuerst habe ich nur Forschungsgelder erhalten. Das ist aber wie mit dem Teelöffel gefüttert zu werden. Das Geld wird in kleinen Tranchen ausgezahlt, hier mal 6000 Euro, da mal 8000 Euro. So lässt sich nur schwer eine Firma aufbauen. Ich habe deshalb Ende 2012 an einem Wettbewerb des schwedischen Entrepreneurs Niklas Zennström teilgenommen – und gewonnen.

Was war der Gewinn?

Der Hauptpreis war, Zennström für ein Jahr als Mentor zur Seite gestellt zu bekommen. Von ihm habe ich fast mein gesamtes Business-Wissen. Er hat relativ schnell an mich und meine Idee geglaubt – und ist nach wenigen Monaten als Hauptinvestor bei uns eingestiegen.

Was genau hat der Mentor Ihnen beigebracht?

Zennström ist der Gründer von Skype. Er hat es geschafft, ein schwedisches Start-up weltweit bekannt zu machen und hat die Firma mittlerweile an Microsoft verkauft. Ich glaube, es ist diese internationale Perspektive auf das eigene Geschäft, die ich mir am meisten von ihm abgeschaut habe.

Was heißt das konkret für Ihr Geschäft?

Schweden ist mit seinen 9,5 Millionen Einwohnern ein ziemlich kleines Land. Durch Niklas Zennström habe ich gelernt, dass das eine gute Sache ist. Die Größe unseres Landes zwingt uns gewissermaßen dazu, zu überlegen, wie man die eigene Idee auch im Ausland vermarkten kann. Neben unserem Hauptsitz in Malmö haben wir deshalb auch Niederlassungen in Kalifornien und Berlin.

Warum ausgerechnet dort?

In beiden Regionen ist das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung relativ hoch. An der US-Westküste gibt es seit Jahren ein Problem mit der Trinkwasserversorgung. Deutschland wiederum hat nach Dänemark den höchsten Wasserpreis der Welt. In diesen Ländern ist das Einsparpotenzial also besonders hoch.

Wer sind Ihre Kunden?

Momentan testen vor allem öffentliche Einrichtungen in Schweden unsere Dusche, darunter ein paar Krankenhäuser und die Armee. Wichtige Kunden sind außerdem Hotels, weil dort besonders viel und lange geduscht wird. Wir stehen aber noch am Anfang. Bis vor einem dreiviertel Jahr waren wir ein reines Tech-Unternehmen, das sich voll auf die Konstruktion des Geräts konzentriert hat. Die ersten 50 Duschen sind quasi in Handarbeit entstanden. Seit Kurzem haben wir eine Produktionsstätte in Malmö. Seitdem können wir uns Vertrieb und Marketing widmen.

Was ist Ihr Ziel für die nächsten Jahre?

Dass wir alle in ein paar Jahren zurückschauen und uns nicht mehr vorstellen können, wie es war, als wir noch so viel Wasser beim Duschen verbraucht haben.

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Unser Team hatte die Aufgabe, neue Designlösungen für die bemannte Marsmission zu entwickeln. Die größte Herausforderung ist nach wie vor die Rückkehr zur Erde. Wir sprechen hier von mehreren Jahren Reisezeit, in denen die Astronauten nur mit dem Nötigsten überleben müssen. Da ist Wasserrecycling einer der wichtigsten Lösungsansätze. Ich habe dann meine Abschlussarbeit darüber geschrieben, wie sich diese Ansätze aus dem All auch auf der Erde sinnvoll nutzen ließen – etwa in einer Dusche. So entstand die Idee zu Orbital Systems. Kurz erklärt: Wie funktioniert Ihre Technik? Statt 150 Liter Wasser für zehn Minuten benötigt unsere Technik nur fünf Liter, die immer wieder recycelt werden – das entspricht mehr als 90 Prozent Wasserersparnis. Weil das recycelte Wasser nicht ständig neu erhitzt werden muss, sinken außerdem die Energiekosten um bis zu 80 Prozent gegenüber einer normalen Dusche. Und: Der Komfortfaktor ist höher. [caption id="attachment_2198422" align="alignnone" width="600"] Mehrdad Mahdjoubi: Die Idee zu seiner Recycling-Dusche hatte der 26-jährige Schwede während eines Studienaufenthalts bei der Weltraumbehörde Nasa.[/caption] Wieso ist Ihre Dusche komfortabler? Sie kennen vielleicht den Effekt, wenn während der Dusche jemand anderes im Haus den Wasserhahn aufdreht: Der Druck nimmt ab, das Wasser wird kalt oder heiß. Das passiert bei unserer Entwicklung nicht, weil es ein eigener Wasserkreislauf ist, der immer wieder dasselbe Wasser nutzt. Ist das nicht ein bisschen ekelig? Die Reinigung in unserem kleinen Wasserkreislauf ist gründlicher als in großen Kläranlagen, in denen die Rohre und Anlagen ohnehin meist mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel haben. Da es sich nur um geringe Mengen handelt, bleibt das Wasser in unserer Erfindung die ganze Zeit über keimfrei – die Problematik rund um Bakterien, Legionellen und andere Verunreinigungen stellt sich deshalb gar nicht erst. Wie wird das Wasser so schnell gereinigt? Ein Mikrofilter fischt die größeren Partikel aus dem Wasser – Haare, Hautschuppen, diese Größenordnung. Dann läuft das Wasser durch einen Nanofilter, der aus kleinen aufgeladenen Aluminiumteilchen besteht, die alle anders geladenen Teilchen anziehen: DNA, Metalle, praktisch alles außer Mineralien. Salze haben keine Ladung. Und wenn jemand in die Dusche pinkelt? Die Frage haben wir uns tatsächlich auch gestellt und eine Lösung entwickelt: Wenn sich ein Fremdkörper oder andere Flüssigkeiten im Wasser befinden, die das Duschwasser kontaminieren könnten, erkennt ein Sensor das. Dann öffnet sich eine Klappe in der Dusche, die das Wasser ablässt und neues frisches Wasser in den Kreislauf spült. Haben Sie Ihre Idee per Patent gesichert? Ja. Orbital Systems hat sieben Patente angemeldet sowie zwei Schutzmarken und Designs. Sie brauchten doch bestimmt Leute, die Ihnen beim Bau der Konstruktion geholfen haben. Wie und wo haben Sie die gefunden? Aktuell beschäftige ich 30 Mitarbeiter, darunter sind sehr viele Ingenieure. In Lund, meinem Studienort in Schweden, tummeln sich jede Menge Start-ups aus dem technischen Bereich. Der Technologiepark der Uni ist einer der größten in ganz Europa. Hier habe ich sehr viele Talente rekrutiert. Wie finanzieren Sie sich? Zuerst habe ich nur Forschungsgelder erhalten. Das ist aber wie mit dem Teelöffel gefüttert zu werden. Das Geld wird in kleinen Tranchen ausgezahlt, hier mal 6000 Euro, da mal 8000 Euro. So lässt sich nur schwer eine Firma aufbauen. Ich habe deshalb Ende 2012 an einem Wettbewerb des schwedischen Entrepreneurs Niklas Zennström teilgenommen – und gewonnen. Was war der Gewinn? Der Hauptpreis war, Zennström für ein Jahr als Mentor zur Seite gestellt zu bekommen. Von ihm habe ich fast mein gesamtes Business-Wissen. Er hat relativ schnell an mich und meine Idee geglaubt – und ist nach wenigen Monaten als Hauptinvestor bei uns eingestiegen. Was genau hat der Mentor Ihnen beigebracht? Zennström ist der Gründer von Skype. Er hat es geschafft, ein schwedisches Start-up weltweit bekannt zu machen und hat die Firma mittlerweile an Microsoft verkauft. Ich glaube, es ist diese internationale Perspektive auf das eigene Geschäft, die ich mir am meisten von ihm abgeschaut habe. Was heißt das konkret für Ihr Geschäft? Schweden ist mit seinen 9,5 Millionen Einwohnern ein ziemlich kleines Land. Durch Niklas Zennström habe ich gelernt, dass das eine gute Sache ist. Die Größe unseres Landes zwingt uns gewissermaßen dazu, zu überlegen, wie man die eigene Idee auch im Ausland vermarkten kann. Neben unserem Hauptsitz in Malmö haben wir deshalb auch Niederlassungen in Kalifornien und Berlin. Warum ausgerechnet dort? In beiden Regionen ist das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung relativ hoch. An der US-Westküste gibt es seit Jahren ein Problem mit der Trinkwasserversorgung. Deutschland wiederum hat nach Dänemark den höchsten Wasserpreis der Welt. In diesen Ländern ist das Einsparpotenzial also besonders hoch. Wer sind Ihre Kunden? Momentan testen vor allem öffentliche Einrichtungen in Schweden unsere Dusche, darunter ein paar Krankenhäuser und die Armee. Wichtige Kunden sind außerdem Hotels, weil dort besonders viel und lange geduscht wird. Wir stehen aber noch am Anfang. Bis vor einem dreiviertel Jahr waren wir ein reines Tech-Unternehmen, das sich voll auf die Konstruktion des Geräts konzentriert hat. Die ersten 50 Duschen sind quasi in Handarbeit entstanden. Seit Kurzem haben wir eine Produktionsstätte in Malmö. Seitdem können wir uns Vertrieb und Marketing widmen. Was ist Ihr Ziel für die nächsten Jahre? Dass wir alle in ein paar Jahren zurückschauen und uns nicht mehr vorstellen können, wie es war, als wir noch so viel Wasser beim Duschen verbraucht haben.
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