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8 spannende Fakten rund um verlorenes Gepäck

Im Zentralen Fundbüro der Deutschen Bahn landen Koffer, Schweinehälften, Geigen und Geldscheine. Spannende Fakten über verlorenes Gepäck.

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Verlorenes Gepäck: Rund 50.000 Gepäckstücke landen jedes Jahr im Zentralen Fundbüro der Deutschen Bahn.
Verlorenes Gepäck: Rund 50.000 Gepäckstücke landen jedes Jahr im Zentralen Fundbüro der Deutschen Bahn.
© chamillew / Fotolia.com

Kennen Sie diesen Moment, in dem der Zug aus dem Bahnhof rollt und Sie schreckensstarr bemerken: Mein Gepäck ist weg!? Koffer, Telefone, aber auch Schweinehälften und Flachbildschirme – es gibt nichts, was Menschen auf Dienstreisen und bei privaten Fahrten nicht vergessen. In Wuppertal liegt das Zentrale Fundbüro der Deutschen Bahn. Jedes Jahr landen hier rund 50.000 Fundstücke, die in Zügen und an Bahnhöfen verloren wurden. Sie verraten einiges über ihre Besitzer.

1. Was passiert mit verlorenem Gepäck?

„Eigentlich sind wir ein kleiner Logistikbetrieb“, sagt Udo Feld, Leiter des Zentralen Fundbüros der Deutschen Bahn in Wuppertal. „Wir bekommen Waren rein, behandeln sie, und irgendwann gehen sie wieder raus.“ Wer beim Stichwort Logistik an moderne Lagerhallen und kleine Gabelstapler denkt, irrt: Die 1300 Quadratmeter Lagerfläche des größten Fundbüros Deutschlands erstrecken sich über mehrere Etagen und erinnern an bundesdeutsche Amtsstuben – mattgraues Linoleum, Raufasertapete an den Wänden, farblose Jalousien.Alle Fundsachen durchlaufen den gleichen Prozess: Zuerst landen sie in der lokalen Fundstelle, wo sie sieben Tage aufbewahrt werden. Wenn in dieser Zeit kein Besitzer ermittelt wird oder keine passende Verlustmeldung vorliegt, geht es auf dem Postweg nach Wuppertal. 70 Tage werden die Fundstücke dort gelagert, danach werden sie versteigert oder vernichtet.

2. Was wird oft vergessen?

Die rund 2,2 Milliarden Bahnreisenden, darunter viele Geschäftsreisende und Pendler, verlieren jedes Jahr 250 000 Gegenstände. In den oberen Räumen des Fundbüros lagern sie nach Kategorien geordnet. In schweren Metallregalen stapeln sich Brillen, Schlüssel oder Mobiltelefone. Letztere werden am häufigsten verloren. Rund 20.000 Handys bleiben jährlich in Zügen und an Bahnhöfen liegen, in Wuppertal kommen 7000 davon an. Daneben werden vor allem Taschen, Koffer und Rucksäcke verloren.

3. Welche Dinge bleiben neben Taschen und Telefonen sonst noch liegen?

„Kaufhausabteilung“ nennen die 14 Mitarbeiter des Fundbüros die Räume, in denen nach Monaten sortiert alles lagert, was nicht in die üblichen Regalfächer passt: Stative, Flachbildschirme, Heckenscheren, Stadionlautsprecher, Taxischilder, Schlafsäcke, Golfcaddys oder Couchtische – nur um eine Auswahl zu nennen. Auch eine Goldene Schallplatte für die John-Sinclair-Hörspiele und 50.000 D-Mark lagern dort – allerdings von der Bundesbank geschreddert und zu einem ziegelsteingroßen Klotz gepresst.

Im vergangenen Jahr fanden Bahnangestellte im Regionalexpress zwei Brustimplantate. Als Feld acht Monate später in einem Radiointerview davon erzählte, meldete sich doch noch der rechtmäßige Besitzer. Und da manch kurioses Fundstück etwas länger als gewöhnlich aufbewahrt wird, konnte der Medizinprofessor seine Implantate wieder in Empfang nehmen. „Wir wundern uns nicht mehr über das, was verloren wird“, sagt Feld. „Wir wundern uns nur darüber, dass sich manche Eigentümer einfach nicht melden.“

4. Wie wird im Fundbüro alles aufbewahrt?

„Wir haben neulich einen Koffer aus Stralsund bekommen. Da waren 20 Kilo Fisch drin. Da hat man schon am Geruch erkannt, dass der Koffer nicht lagerfähig ist“, erzählt Feld. „Ich habe auch schon ein halbes Schwein im Koffer gefunden, zusammen mit einer Reihe Grillsaucen.“ Verderbliche Lebensmittel werden stets sofort entsorgt. Waffen und Drogen übergibt Feld der Polizei. In Wuppertal lagert auch kein Bargeld. Scheine und Münzen, die sich in den Fundsachen finden, werden auf ein Konto eingezahlt. Der Eigentümer kann sich die Summe später an den Fundstellen auszahlen lassen.

5. Wie viele Dinge finden den Weg zurück zum Besitzer?

Immerhin 62 Prozent aller verlorenen Dinge gelangen wieder zu ihren Inhabern. Die Quote hat natürlich auch mit der Nachfrage zu tun. Vor allem alte Tastentelefone warten oft vergebens. „Die wollen viele gar nicht zurück. Die kaufen sich für 10 Euro ein neues“, sagt Feld. Ein iPhone6 bleibe dagegen selten liegen. Bei Laptops, die Unternehmer und Führungskräfte besonders gern liegen lassen, liegt die Rückführungsquote knapp über 90 Prozent. Am intensivsten werden Dinge gesucht,zu denen die Besitzer eine innige Beziehung hegen, etwa ein Erbstück oder Instrument. Im Jahr 2013 wurden zum Beispiel 205 Geigen gefunden, 200 davon abgeholt.

6. Wie viele Finder sind ehrlich?

Eine Statistik, wie viele Dinge nicht abgegeben werden, hat das Fundbüro nicht. „Aber generell ist die Ehrlichkeit der Finder schon enorm. Nicht umsonst haben wir so viele Fundstücke“, sagt Feld. Er rät, verlorene Dinge immer zu suchen. „Wir haben eine Uhr von einem namhaften Hersteller, ein Sammlerstück, aber der Eigentümer meldet sich nicht“, erzählt der Leiter des Fundbüros. „Viele glauben leider nicht an die Ehrlichkeit.“ Das Wiedersehen kostet fünf Euro, wenn das Fundstück noch im lokalen Fundbüro liegt. In Wuppertal kostet die Abholung 15 Euro, wer sich sein Telefon, seine Briller oder den verlorenen Koffer schicken lässt, zahlt 35 Euro.

7. Wie viel Finderlohn ist angemessen?

Finder haben ab einem Wert von 50 Euro einen Anspruch auf Finderlohn. Wer ein Fundstück bei der Bahn abgibt, kann sich registrieren lassen. Sollte der Eigentümer ermittelt werden, bekommt man dessen Anschrift und kann sein Recht geltend machen. Der gesetzlich geregelte Finderlohn (BGB §§ 978 ff.) liegt bis 500 Euro bei 2,5 Prozent und ab 500 Euro bei 1,5 Prozent. Wer möchte, kann natürlich mehr geben.

8. Wo wird am meisten liegen gelassen?

Die vergesslichste Stadt Deutschlands ist Berlin, gefolgt von München. Das liegt vor allem an der Größe der Metropolen, in Berlin kommt zudem das gesamte S-Bahn-Netz hinzu, das von der Bahn betrieben wird. Daneben gibt es saisonale Wellen der Vergesslichkeit. „Wenn Oktoberfest in München oder Karneval im Rheinland ist, bereiten wir uns auf eine Flut von Verlustgegenständen vor“, sagt Feld.

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Kennen Sie diesen Moment, in dem der Zug aus dem Bahnhof rollt und Sie schreckensstarr bemerken: Mein Gepäck ist weg!? Koffer, Telefone, aber auch Schweinehälften und Flachbildschirme – es gibt nichts, was Menschen auf Dienstreisen und bei privaten Fahrten nicht vergessen. In Wuppertal liegt das Zentrale Fundbüro der Deutschen Bahn. Jedes Jahr landen hier rund 50.000 Fundstücke, die in Zügen und an Bahnhöfen verloren wurden. Sie verraten einiges über ihre Besitzer. 1. Was passiert mit verlorenem Gepäck? "Eigentlich sind wir ein kleiner Logistikbetrieb", sagt Udo Feld, Leiter des Zentralen Fundbüros der Deutschen Bahn in Wuppertal. "Wir bekommen Waren rein, behandeln sie, und irgendwann gehen sie wieder raus." Wer beim Stichwort Logistik an moderne Lagerhallen und kleine Gabelstapler denkt, irrt: Die 1300 Quadratmeter Lagerfläche des größten Fundbüros Deutschlands erstrecken sich über mehrere Etagen und erinnern an bundesdeutsche Amtsstuben – mattgraues Linoleum, Raufasertapete an den Wänden, farblose Jalousien.Alle Fundsachen durchlaufen den gleichen Prozess: Zuerst landen sie in der lokalen Fundstelle, wo sie sieben Tage aufbewahrt werden. Wenn in dieser Zeit kein Besitzer ermittelt wird oder keine passende Verlustmeldung vorliegt, geht es auf dem Postweg nach Wuppertal. 70 Tage werden die Fundstücke dort gelagert, danach werden sie versteigert oder vernichtet. 2. Was wird oft vergessen? Die rund 2,2 Milliarden Bahnreisenden, darunter viele Geschäftsreisende und Pendler, verlieren jedes Jahr 250 000 Gegenstände. In den oberen Räumen des Fundbüros lagern sie nach Kategorien geordnet. In schweren Metallregalen stapeln sich Brillen, Schlüssel oder Mobiltelefone. Letztere werden am häufigsten verloren. Rund 20.000 Handys bleiben jährlich in Zügen und an Bahnhöfen liegen, in Wuppertal kommen 7000 davon an. Daneben werden vor allem Taschen, Koffer und Rucksäcke verloren. 3. Welche Dinge bleiben neben Taschen und Telefonen sonst noch liegen? "Kaufhausabteilung" nennen die 14 Mitarbeiter des Fundbüros die Räume, in denen nach Monaten sortiert alles lagert, was nicht in die üblichen Regalfächer passt: Stative, Flachbildschirme, Heckenscheren, Stadionlautsprecher, Taxischilder, Schlafsäcke, Golfcaddys oder Couchtische – nur um eine Auswahl zu nennen. Auch eine Goldene Schallplatte für die John-Sinclair-Hörspiele und 50.000 D-Mark lagern dort – allerdings von der Bundesbank geschreddert und zu einem ziegelsteingroßen Klotz gepresst. Im vergangenen Jahr fanden Bahnangestellte im Regionalexpress zwei Brustimplantate. Als Feld acht Monate später in einem Radiointerview davon erzählte, meldete sich doch noch der rechtmäßige Besitzer. Und da manch kurioses Fundstück etwas länger als gewöhnlich aufbewahrt wird, konnte der Medizinprofessor seine Implantate wieder in Empfang nehmen. "Wir wundern uns nicht mehr über das, was verloren wird", sagt Feld. "Wir wundern uns nur darüber, dass sich manche Eigentümer einfach nicht melden." 4. Wie wird im Fundbüro alles aufbewahrt? "Wir haben neulich einen Koffer aus Stralsund bekommen. Da waren 20 Kilo Fisch drin. Da hat man schon am Geruch erkannt, dass der Koffer nicht lagerfähig ist", erzählt Feld. "Ich habe auch schon ein halbes Schwein im Koffer gefunden, zusammen mit einer Reihe Grillsaucen." Verderbliche Lebensmittel werden stets sofort entsorgt. Waffen und Drogen übergibt Feld der Polizei. In Wuppertal lagert auch kein Bargeld. Scheine und Münzen, die sich in den Fundsachen finden, werden auf ein Konto eingezahlt. Der Eigentümer kann sich die Summe später an den Fundstellen auszahlen lassen. 5. Wie viele Dinge finden den Weg zurück zum Besitzer? Immerhin 62 Prozent aller verlorenen Dinge gelangen wieder zu ihren Inhabern. Die Quote hat natürlich auch mit der Nachfrage zu tun. Vor allem alte Tastentelefone warten oft vergebens. "Die wollen viele gar nicht zurück. Die kaufen sich für 10 Euro ein neues", sagt Feld. Ein iPhone6 bleibe dagegen selten liegen. Bei Laptops, die Unternehmer und Führungskräfte besonders gern liegen lassen, liegt die Rückführungsquote knapp über 90 Prozent. Am intensivsten werden Dinge gesucht,zu denen die Besitzer eine innige Beziehung hegen, etwa ein Erbstück oder Instrument. Im Jahr 2013 wurden zum Beispiel 205 Geigen gefunden, 200 davon abgeholt. 6. Wie viele Finder sind ehrlich? Eine Statistik, wie viele Dinge nicht abgegeben werden, hat das Fundbüro nicht. "Aber generell ist die Ehrlichkeit der Finder schon enorm. Nicht umsonst haben wir so viele Fundstücke", sagt Feld. Er rät, verlorene Dinge immer zu suchen. "Wir haben eine Uhr von einem namhaften Hersteller, ein Sammlerstück, aber der Eigentümer meldet sich nicht", erzählt der Leiter des Fundbüros. "Viele glauben leider nicht an die Ehrlichkeit." Das Wiedersehen kostet fünf Euro, wenn das Fundstück noch im lokalen Fundbüro liegt. In Wuppertal kostet die Abholung 15 Euro, wer sich sein Telefon, seine Briller oder den verlorenen Koffer schicken lässt, zahlt 35 Euro. 7. Wie viel Finderlohn ist angemessen? Finder haben ab einem Wert von 50 Euro einen Anspruch auf Finderlohn. Wer ein Fundstück bei der Bahn abgibt, kann sich registrieren lassen. Sollte der Eigentümer ermittelt werden, bekommt man dessen Anschrift und kann sein Recht geltend machen. Der gesetzlich geregelte Finderlohn (BGB §§ 978 ff.) liegt bis 500 Euro bei 2,5 Prozent und ab 500 Euro bei 1,5 Prozent. Wer möchte, kann natürlich mehr geben. 8. Wo wird am meisten liegen gelassen? Die vergesslichste Stadt Deutschlands ist Berlin, gefolgt von München. Das liegt vor allem an der Größe der Metropolen, in Berlin kommt zudem das gesamte S-Bahn-Netz hinzu, das von der Bahn betrieben wird. Daneben gibt es saisonale Wellen der Vergesslichkeit. "Wenn Oktoberfest in München oder Karneval im Rheinland ist, bereiten wir uns auf eine Flut von Verlustgegenständen vor“, sagt Feld.
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