Marketing
„Cottonelle“ statt „Hakle Feucht“: Warum Namenswechsel riskant sind

Es ist der Abschied von einem Traditionsprodukt auf dem stillen Örtchen - zumindest was den Namen angeht: Das Toilettenpapier „Hakle Feucht“ heißt jetzt „Cottonelle“. Ein gefährlicher Schritt, meint Markenexperte Karsten Kilian. Im impulse-Interview erklärt er, welche Schwierigkeiten Umbenennungen von Produkten mit sich bringen.

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© © Fiedels - Fotolia.com

impulse: Herr Kilian, „Hakle Feucht“ heißt jetzt „Cottonelle“  – was ist aus Ihrer Sicht daran riskant?

Karsten Kilian: Ich erachte das durchaus als gewagt, weil „Hakle Feucht“ seine Marktführerposition bei feuchten Toilettenpapieren schon im Namen kommuniziert hat – und dieses Alleinstellungsmerkmal jetzt durch eigenes Tun aufgibt. In „Cottonelle“ ist zwar das Wort „Cotton“, also Baumwolle enthalten. Bei der damit symbolisierten Weichheit handelt es sich aber um ein austauschbares Merkmal, das alle Toilettenpapiermarken erfüllen.

Welche Probleme könnte das mit sich bringen?

Es geht bei der Bekanntheit los: Wenn ein Marktführer seinen Namen ändert, findet ein Teil der Verbraucher das Produkt im Laden nicht mehr wieder. „Hakle Feucht“ steht zwar noch klein auf der Packung, aber eigentlich hätte es anders laufen müssen: Erst „Hakle Feucht“ in groß und „Cottonelle“ als kleine Ergänzung, dann nach einiger Zeit ein Wechsel der Anordnung und nach zwei bis drei Jahren schließlich nur noch „Cottonelle“. Aus meiner Sicht passiert der Markenwechsel in diesem Fall zu schnell.

Gibt es aus Ihrer Sicht Beispiele für erfolgreiche Namensänderungen?

Es gibt nur wenige erfolgreiche Namenswechsel. Die Änderung eines Markennamens ist etwas, von dem man die Finger lassen sollte, wenn es keine zwingenden Gründe dafür gibt. Einige Namenswechsel haben aus strategischer Sicht absolut Sinn gemacht, etwa die Umbenennung von Philip Morris in Altria, wodurch man an den Börsen das Zigarettenimage tilgen wollte. Ebenso war die Umbenennung des Frankfurter Flughafens in Fraport wohl durchdacht, da man dadurch leichter international aktiv werden und das über den reinen Flugbetrieb hinausgehende Leistungsspektrum von Fraport besser zum Ausdruck bringen konnte.

Wie sieht es auf der anderen Seite aus? Welcher Namenswechsel ist so richtig gescheitert?

Der Klassiker unter den Negativbeispielen ist „Spüli“: Das Spülmittel wurde zunächst in „Fairy“ umbenannt, später gab es einen weiteren Namenswechsel zu „Dawn“. Daraufhin sind dann die Absatzzahlen spürbar gesunken, weshalb man die Produkte drei Jahre später wieder unter dem Namen „Fairy“ anbot. So richtig erholt hat sich die Marke von diesem „Namens-Hin-und-Her“ bis heute nicht.

Und was ist mit dem ebenfalls allseits bekannten Namenswechsel von „Raider“ zu „Twix“?

Zunächst war auch das ein schmerzhafter Namenswechsel. „Raider“ hatte vor der Namensänderung einen Bekanntheitsgrad von 92 Prozent. Bei „Twix“ waren es ein halbes Jahr später nur noch 70 Prozent. Nur durch einen beträchtlichen Kommunikationsaufwand in zweistelliger Millionenhöhe konnte man in der Folgezeit diese Lücke wieder schrittweise schließen. Legendär ist bis heute der damalige Werbespruch „Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix“, mit dem der Namenswechsel gezwungenermaßen ganz offen thematisiert wurde. Das hätte man sich sparen können, indem man einfach den Namen „Raider“ beibehalten hätte. Schließlich gilt: Ein zentraler Erfolgsfaktor starker Marken lautet Verlässlichkeit, auch beim Namen.

Warum werden Produkte überhaupt umbenannt?

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Zunächst einmal werden Namenswechsel bei einem Verkauf oder Teilverkauf von Unternehmen notwendig. Darüber hinaus können es wirtschaftliche Probleme sein, die einen Markennamenwechsel nahe legen. Außerdem können Produktinnovationen einen neuen Namen rechtfertigen. Schließlich kann die zunehmende internationale Verwendung eines Markennamens eine Anpassung sinnvoll erscheinen lassen.

Was ist das Problem daran, dass Unternehmen international mit dem gleichen Markennamen auftreten wollen?

Es wird immer argumentiert, dass sich durch eine internationale Standardisierungen von Markennamen riesige Kosteneinsparungen ergeben würden. Die Einsparungen werden jedoch meist überschätzt, während der mit dem Namenswechsel verbundene Mehraufwand unterschätzt wird.

Es gibt genug Marken die zeigen, dass man Namen nicht zwingend vereinheitlichen muss. Man denke beispielsweise an „Langnese“: Die Eismarke tritt alleine in Europa unter 10 verschiedenen Namen auf, wobei die Verbindung europaweit über das Logo hergestellt wird, das aus einem geschwungenen Herzen besteht. Ähnliches gilt für „Fressnapf“: Das Unternehmen verwendet in Deutschland seinen markanten deutschen Firmennamen, während es im Ausland als „Maxi Zoo“ firmiert. Als verbindendes Element wird auch hier das Logo genutzt, das einen Hund und eine Katze hinter einem Fressnapf zeigt.

Spielen Markennamen eine große Rolle für Verbraucher?

Markennamen habe eine ganz zentrale Rolle für die Verbraucher, weil alle Eindrücke und Empfindungen, die wir von einem Produkt oder einer Dienstleistung haben, gedanklich mit dem Markennamen in Verbindung gebracht werden. Wenn ein Markenname vom Markt verschwindet,  gehen dadurch auch die gelernten Assoziationen und die mit der Marke verbundenen Empfindungen verloren. Oder sie müssen mit viel Werbeaufwand auf den neuen Namen übertragen beziehungsweise neu geschaffen werden.

 

Zur Person: Karsten Kilian ist Professor für Internationales Marketing an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. Darüber hinaus betreibt der Markenstratege die Website Markenlexikon.com.
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impulse: Herr Kilian, „Hakle Feucht“ heißt jetzt „Cottonelle“  – was ist aus Ihrer Sicht daran riskant? Karsten Kilian: Ich erachte das durchaus als gewagt, weil "Hakle Feucht" seine Marktführerposition bei feuchten Toilettenpapieren schon im Namen kommuniziert hat – und dieses Alleinstellungsmerkmal jetzt durch eigenes Tun aufgibt. In „Cottonelle“ ist zwar das Wort „Cotton“, also Baumwolle enthalten. Bei der damit symbolisierten Weichheit handelt es sich aber um ein austauschbares Merkmal, das alle Toilettenpapiermarken erfüllen. Welche Probleme könnte das mit sich bringen? Es geht bei der Bekanntheit los: Wenn ein Marktführer seinen Namen ändert, findet ein Teil der Verbraucher das Produkt im Laden nicht mehr wieder. „Hakle Feucht“ steht zwar noch klein auf der Packung, aber eigentlich hätte es anders laufen müssen: Erst „Hakle Feucht“ in groß und „Cottonelle“ als kleine Ergänzung, dann nach einiger Zeit ein Wechsel der Anordnung und nach zwei bis drei Jahren schließlich nur noch "Cottonelle". Aus meiner Sicht passiert der Markenwechsel in diesem Fall zu schnell. Gibt es aus Ihrer Sicht Beispiele für erfolgreiche Namensänderungen? Es gibt nur wenige erfolgreiche Namenswechsel. Die Änderung eines Markennamens ist etwas, von dem man die Finger lassen sollte, wenn es keine zwingenden Gründe dafür gibt. Einige Namenswechsel haben aus strategischer Sicht absolut Sinn gemacht, etwa die Umbenennung von Philip Morris in Altria, wodurch man an den Börsen das Zigarettenimage tilgen wollte. Ebenso war die Umbenennung des Frankfurter Flughafens in Fraport wohl durchdacht, da man dadurch leichter international aktiv werden und das über den reinen Flugbetrieb hinausgehende Leistungsspektrum von Fraport besser zum Ausdruck bringen konnte. Wie sieht es auf der anderen Seite aus? Welcher Namenswechsel ist so richtig gescheitert? Der Klassiker unter den Negativbeispielen ist "Spüli": Das Spülmittel wurde zunächst in "Fairy" umbenannt, später gab es einen weiteren Namenswechsel zu "Dawn". Daraufhin sind dann die Absatzzahlen spürbar gesunken, weshalb man die Produkte drei Jahre später wieder unter dem Namen "Fairy" anbot. So richtig erholt hat sich die Marke von diesem "Namens-Hin-und-Her" bis heute nicht. Und was ist mit dem ebenfalls allseits bekannten Namenswechsel von "Raider" zu "Twix"? Zunächst war auch das ein schmerzhafter Namenswechsel. "Raider" hatte vor der Namensänderung einen Bekanntheitsgrad von 92 Prozent. Bei "Twix" waren es ein halbes Jahr später nur noch 70 Prozent. Nur durch einen beträchtlichen Kommunikationsaufwand in zweistelliger Millionenhöhe konnte man in der Folgezeit diese Lücke wieder schrittweise schließen. Legendär ist bis heute der damalige Werbespruch „Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix“, mit dem der Namenswechsel gezwungenermaßen ganz offen thematisiert wurde. Das hätte man sich sparen können, indem man einfach den Namen "Raider" beibehalten hätte. Schließlich gilt: Ein zentraler Erfolgsfaktor starker Marken lautet Verlässlichkeit, auch beim Namen. Warum werden Produkte überhaupt umbenannt? Zunächst einmal werden Namenswechsel bei einem Verkauf oder Teilverkauf von Unternehmen notwendig. Darüber hinaus können es wirtschaftliche Probleme sein, die einen Markennamenwechsel nahe legen. Außerdem können Produktinnovationen einen neuen Namen rechtfertigen. Schließlich kann die zunehmende internationale Verwendung eines Markennamens eine Anpassung sinnvoll erscheinen lassen. Was ist das Problem daran, dass Unternehmen international mit dem gleichen Markennamen auftreten wollen? Es wird immer argumentiert, dass sich durch eine internationale Standardisierungen von Markennamen riesige Kosteneinsparungen ergeben würden. Die Einsparungen werden jedoch meist überschätzt, während der mit dem Namenswechsel verbundene Mehraufwand unterschätzt wird. Es gibt genug Marken die zeigen, dass man Namen nicht zwingend vereinheitlichen muss. Man denke beispielsweise an "Langnese": Die Eismarke tritt alleine in Europa unter 10 verschiedenen Namen auf, wobei die Verbindung europaweit über das Logo hergestellt wird, das aus einem geschwungenen Herzen besteht. Ähnliches gilt für "Fressnapf": Das Unternehmen verwendet in Deutschland seinen markanten deutschen Firmennamen, während es im Ausland als „Maxi Zoo“ firmiert. Als verbindendes Element wird auch hier das Logo genutzt, das einen Hund und eine Katze hinter einem Fressnapf zeigt. Spielen Markennamen eine große Rolle für Verbraucher? Markennamen habe eine ganz zentrale Rolle für die Verbraucher, weil alle Eindrücke und Empfindungen, die wir von einem Produkt oder einer Dienstleistung haben, gedanklich mit dem Markennamen in Verbindung gebracht werden. Wenn ein Markenname vom Markt verschwindet,  gehen dadurch auch die gelernten Assoziationen und die mit der Marke verbundenen Empfindungen verloren. Oder sie müssen mit viel Werbeaufwand auf den neuen Namen übertragen beziehungsweise neu geschaffen werden.   Zur Person: Karsten Kilian ist Professor für Internationales Marketing an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. Darüber hinaus betreibt der Markenstratege die Website Markenlexikon.com.
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