Authentisch bleiben
„Ich habe mich verstellt“

impulse-Blogger Sven L. Franzen hat den Außenauftritt und die Website seines Unternehmens komplett überarbeitet – weil er seine eigene Firma in den Texten nicht mehr erkannte. Wie gefährlich es ist, sich zu verstellen, hat er auf die harte Tour gelernt.

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Bin das noch ich? Sven L. Franzen wollte neue Kunden überzeugen - und hat sich dabei verbogen, statt authentisch zu bleiben.
Bin das noch ich? Sven L. Franzen wollte neue Kunden überzeugen - und hat sich dabei verbogen, statt authentisch zu bleiben.
© Marie Maerz / photocase.de

Ich habe gerade meine neue Unternehmenswebsite gelauncht. Warum? Weil ich gemerkt habe, dass sie nicht authentisch war. Dadurch habe ich einen großen Auftrag verloren. Das war ein Schock für mich. Aber diese Erfahrung hat mir geholfen, mich auf das zu besinnen, was mein Unternehmen wirklich ausmacht.

Lange habe ich mich von erfahrenen Geschäftsleuten beraten lassen. Sie haben mir empfohlen, Großkonzerne als Kunden anzugehen. Vorher hatte ich vor allem mittelständische Unternehmen und Start-ups begleitet. Doch auf einmal sollten es Großkonzerne sein. Ich bin dem Rat gefolgt, weil ich dachte, diese Kunden machen sich gut als Referenz und bringen spannende Projekte mit.

Wir haben vieles aufgeblasen

Ich war damals auch frustriert, weil wir einige Pitches verloren hatten. Nicht, weil wir inhaltlich nicht überzeugt hätten. Sondern weil wir vorschnell durchs Raster fielen. Ich hatte das Gefühl, dass für einige Entscheider äußere Faktoren wie die Anzahl der Mitarbeiter oder die Größe der Bürofläche wichtiger waren als das, was man inhaltlich anbietet. Und das hat mich richtig getroffen, ich fühlte mich abgewiesen.

Also dachte ich: Ich muss mein Unternehmen anders verkaufen. Ich habe alle Unterlagen und unseren Internetauftritt überarbeitet. Im Nachhinein muss ich sagen, dass wir hierbei vieles aufgeblasen haben, um in die Raster zu passen. Auf der Website stand zum Beispiel, wir seien das „führende Beratungsunternehmen für Marketingstrategie“. Ich wollte an Großkunden herankommen. Also habe ich Floskeln und aus meiner Sicht heute Worthülsen verwendet, von denen ich glaubte, dass diese Kunden sie lesen wollten. Ich wollte einer Zielgruppe gefallen, die ich bisher nicht erreicht hatte, ohne Rücksicht auf meine eigentliche Zielgruppe und bisherige Kunden.

Ich war nicht mehr authentisch

Und zunächst schien die Strategie auch aufzugehen. Ich hatte eine vielversprechende Interessentin. Sie war von mir und meinem Team begeistert und hat uns einen relativ großen Auftrag gegeben. Doch dann hat sie noch einmal über uns recherchiert und bevor das Projekt richtig begann, machte sie einen Rückzieher. Sie hat mir eine Mail geschrieben und mir vorgeworfen, dass die Art und Weise, wie ich mein Unternehmen dargestellt hätte, nicht mit ihren Vorstellungen übereinstimme. Sie wolle daher von der Zusammenarbeit absehen.

Auf der Website stand damals nichts, das nicht stimmte. Aber durch bestimmte Formulierungen hatte ich den Eindruck vermittelt, dass wir zu den ganz Großen zählen. Die Kundin hat nicht gesagt, ihr seid zu klein oder inhaltlich zu schlecht. Sie hat gesagt: Ihr habt etwas dargestellt, was ihr nicht seid. In diesem Moment sind bei mir die Alarmglocken angegangen. Ich hatte viele schlaflose Nächte deswegen. Das Letzte, was ich wollte, war, jemandem etwas vorzugaukeln. Ich selbst predige meinen Kunden ja immer wieder, dass sie glaubwürdig und authentisch sein müssen.

Mir wurde klar: Wir müssen uns neu positionieren

Fakt ist: Ich habe mich verstellt. Ich war nicht mehr authentisch. Diese Erkenntnis war schockierend für mich. Ich habe noch mehrmals mit der Kundin telefoniert und ein durchaus wohlwollendes Feedback bekommen. Daraufhin habe ich viel nachgedacht und die Texte auf unserer Website und unsere Darstellung selbstkritisch durchgelesen. Dabei bestärkte sich mein Gefühl: Das bin nicht ich. Das ist doch nicht mein Unternehmen. Wir sind anders.

Mir war klar: Wir müssen uns neu positionieren. Ich habe mich mit meinem Team zusammengesetzt und beschlossen, eine Freelancerin zu engagieren, die uns noch nicht so gut kennt. Sie hat mit uns eine Positionierung erarbeitet, wie wir uns in Zukunft darstellen könnten. Der Blick von außen war sehr hilfreich. Eigentlich ist es ja genau das, was ich meinen Kunden biete. Ich weiß, wie das geht. Aber auf mein eigenes Unternehmen von innen schauen konnte ich nicht. Paradox, aber wahr! Da war der Impuls von außen nötig.

Jetzt lassen wir Kunden für uns sprechen

Früher stand auf unserer Seite ein Hochglanztext mit Floskeln und Worthülsen, wie man ihn auf vielen Websites findet. Unser Claim war: „Die Marketingagentur Frankfurt für erfolgreiche Unternehmen“. Die neuen Inhalte konzentrieren sich jetzt auf den Kunden und den Nutzen, den wir ihm bieten. Wir lassen vor allem unsere Kunden für uns sprechen, zum Beispiel in Testimonial-Videos. Darin erzählen sie, was ihnen das Projekt und die Zusammenarbeit mit uns gebracht hat.

Ein Textausschnitt lehnt sich kreativ an unseren Namen Tiger an:

„Wir machen den Marketing-Dschungel zu Ihrem Jagdrevier.

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Sie sind auf der Jagd nach einer mutigen und leidenschaftlichen Marketingagentur? Sie können Ihre Pirsch beenden! Kämpferisch, zielstrebig und ausgestattet mit hervorragenden Sinnesorganen begleiten wir Sie auf Ihrem Weg durch den Marketing-Dschungel. Wir streifen mit Ihnen durch Ihr Revier, hinterlassen prägnante Duftmarken, schleichen uns bestimmt an Ihre Beute heran – und schnappen im richtigen Moment zu.

Wir sind Ihre Jagdgefährten. Wir sind Tiger.”

Und ich gehe jetzt offen damit um, dass wir eine Agentur ohne Wasserkopf sind, also mit einem Kernteam an festen Mitarbeitern und eng vernetzt mit guten Freelancern. Wenn ich die Texte lese, denke ich: Genau das sind wir!

Was ich aus dieser Erfahrung gelernt habe

  • Berater sind wichtig. Aber man sollte ihre Ratschläge immer selbstkritisch prüfen: Ist das für mich die richtige Lösung? Passt das wirklich zu mir?
  • Ich verbiege mich nicht mehr für andere. Ich möchte so sein, wie ich bin. Das gilt auch für mein Unternehmen.
  • Ich kann nicht jedem gefallen. Und das muss ich auch nicht mehr. Inzwischen weiß ich: Wenn man sich selbst treu bleibt, dann überzeugt man am meisten.
  • Ich liebe es, Projekte zu gewinnen und mit Kunden an ihren Zielen zu arbeiten. Ein Nein wollte ich früher nicht akzeptieren, Absagen haben mich schwer getroffen. Heute sehe ich das anders: Verliere ich das eine Projekt, werden dadurch Ressourcen frei für andere Kunden und noch viel tollere Projekte.
  • Nicht jeder Kunde passt zu uns oder wir zu ihm. Auch daran kann eine Zusammenarbeit scheitern. Es ist besser, wenn es ein Ende mit Schrecken gibt als einen Schrecken ohne Ende – also die Zusammenarbeit.

Mein Rat: Seid, wie ihr seid! Geht raus und verkündet euren Inhalt und wofür ihr steht: eure Mission, den Nutzen, den ihr bietet. Ganz authentisch.

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Ich hatte das Gefühl, dass für einige Entscheider äußere Faktoren wie die Anzahl der Mitarbeiter oder die Größe der Bürofläche wichtiger waren als das, was man inhaltlich anbietet. Und das hat mich richtig getroffen, ich fühlte mich abgewiesen. Also dachte ich: Ich muss mein Unternehmen anders verkaufen. Ich habe alle Unterlagen und unseren Internetauftritt überarbeitet. Im Nachhinein muss ich sagen, dass wir hierbei vieles aufgeblasen haben, um in die Raster zu passen. Auf der Website stand zum Beispiel, wir seien das „führende Beratungsunternehmen für Marketingstrategie". Ich wollte an Großkunden herankommen. Also habe ich Floskeln und aus meiner Sicht heute Worthülsen verwendet, von denen ich glaubte, dass diese Kunden sie lesen wollten. Ich wollte einer Zielgruppe gefallen, die ich bisher nicht erreicht hatte, ohne Rücksicht auf meine eigentliche Zielgruppe und bisherige Kunden. Ich war nicht mehr authentisch Und zunächst schien die Strategie auch aufzugehen. Ich hatte eine vielversprechende Interessentin. Sie war von mir und meinem Team begeistert und hat uns einen relativ großen Auftrag gegeben. Doch dann hat sie noch einmal über uns recherchiert und bevor das Projekt richtig begann, machte sie einen Rückzieher. Sie hat mir eine Mail geschrieben und mir vorgeworfen, dass die Art und Weise, wie ich mein Unternehmen dargestellt hätte, nicht mit ihren Vorstellungen übereinstimme. Sie wolle daher von der Zusammenarbeit absehen. Auf der Website stand damals nichts, das nicht stimmte. Aber durch bestimmte Formulierungen hatte ich den Eindruck vermittelt, dass wir zu den ganz Großen zählen. Die Kundin hat nicht gesagt, ihr seid zu klein oder inhaltlich zu schlecht. Sie hat gesagt: Ihr habt etwas dargestellt, was ihr nicht seid. In diesem Moment sind bei mir die Alarmglocken angegangen. Ich hatte viele schlaflose Nächte deswegen. Das Letzte, was ich wollte, war, jemandem etwas vorzugaukeln. Ich selbst predige meinen Kunden ja immer wieder, dass sie glaubwürdig und authentisch sein müssen. Mir wurde klar: Wir müssen uns neu positionieren Fakt ist: Ich habe mich verstellt. Ich war nicht mehr authentisch. Diese Erkenntnis war schockierend für mich. Ich habe noch mehrmals mit der Kundin telefoniert und ein durchaus wohlwollendes Feedback bekommen. Daraufhin habe ich viel nachgedacht und die Texte auf unserer Website und unsere Darstellung selbstkritisch durchgelesen. Dabei bestärkte sich mein Gefühl: Das bin nicht ich. Das ist doch nicht mein Unternehmen. Wir sind anders. Mir war klar: Wir müssen uns neu positionieren. Ich habe mich mit meinem Team zusammengesetzt und beschlossen, eine Freelancerin zu engagieren, die uns noch nicht so gut kennt. Sie hat mit uns eine Positionierung erarbeitet, wie wir uns in Zukunft darstellen könnten. Der Blick von außen war sehr hilfreich. Eigentlich ist es ja genau das, was ich meinen Kunden biete. Ich weiß, wie das geht. Aber auf mein eigenes Unternehmen von innen schauen konnte ich nicht. Paradox, aber wahr! Da war der Impuls von außen nötig. Jetzt lassen wir Kunden für uns sprechen Früher stand auf unserer Seite ein Hochglanztext mit Floskeln und Worthülsen, wie man ihn auf vielen Websites findet. Unser Claim war: „Die Marketingagentur Frankfurt für erfolgreiche Unternehmen“. Die neuen Inhalte konzentrieren sich jetzt auf den Kunden und den Nutzen, den wir ihm bieten. Wir lassen vor allem unsere Kunden für uns sprechen, zum Beispiel in Testimonial-Videos. Darin erzählen sie, was ihnen das Projekt und die Zusammenarbeit mit uns gebracht hat. Ein Textausschnitt lehnt sich kreativ an unseren Namen Tiger an: "Wir machen den Marketing-Dschungel zu Ihrem Jagdrevier. Sie sind auf der Jagd nach einer mutigen und leidenschaftlichen Marketingagentur? Sie können Ihre Pirsch beenden! 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Inzwischen weiß ich: Wenn man sich selbst treu bleibt, dann überzeugt man am meisten. Ich liebe es, Projekte zu gewinnen und mit Kunden an ihren Zielen zu arbeiten. Ein Nein wollte ich früher nicht akzeptieren, Absagen haben mich schwer getroffen. Heute sehe ich das anders: Verliere ich das eine Projekt, werden dadurch Ressourcen frei für andere Kunden und noch viel tollere Projekte. Nicht jeder Kunde passt zu uns oder wir zu ihm. Auch daran kann eine Zusammenarbeit scheitern. Es ist besser, wenn es ein Ende mit Schrecken gibt als einen Schrecken ohne Ende – also die Zusammenarbeit. Mein Rat: Seid, wie ihr seid! Geht raus und verkündet euren Inhalt und wofür ihr steht: eure Mission, den Nutzen, den ihr bietet. Ganz authentisch.
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