Schüchterne Verkäufer
Zurückhaltend? Dann ab in den Vertrieb!

Wer sich selbst gern präsentiert, verkauft auch Produkte besser? Von wegen, sagt Vertriebstrainer und Coach Stefan Rappenglück. Er erklärt, warum Schüchterne oft erfolgreichere Verkäufer sind.

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Eis gefällig? Introvertierte Verkäufer hören oft gut zu – und wissen so rasch, was Kunden wollen.
Eis gefällig? Introvertierte Verkäufer hören oft gut zu – und wissen so rasch, was Kunden wollen.
© antifalten / photocase.de

impulse: Herr Rappenglück, Schüchterne denken oft, sie könnten nicht verkaufen. Braucht es eine Lust an der Selbstdarstellung, um gut im Vertrieb zu sein?

Stefan Rappenglück: Absolut nicht! Menschen, die glauben, zum Verkäufer geboren zu sein, sind zwar meist extrovertiert. Meiner Erfahrung nach sind zurückhaltende Verkäufer langfristig aber oft sogar erfolgreicher, wenn sie Tools für gelungenen Smalltalk und Kommunikation im Allgemeinen an die Hand bekommen. Einfach, weil sie im Kundengespräch viele Vorteile haben.

Welche?

Sie können sich meist besser einfühlen, hören dem Kunden zu, erkennen so seine Bedürfnisse und gehen darauf ein, sind ehrlich und authentisch. Genau das ist das Entscheidende beim Verkaufen: Vertrauen aufbauen. Eine Beziehungsebene schaffen, ehe das Gespräch auf die Produkte kommt. So geht moderner Vertrieb: Auf Augenhöhe ein Gespräch führen, in dem der Verkäufer zum Schluss darlegt, welchen Mehrwert ein spezielles Produkt für diesen einen speziellen Kunden bietet.

Und das können Extrovertierte nicht?

Oft schlechter – weil sie ein Verkaufsgespräch heute noch – wie vor 30 Jahren – als eine Art Krieg betrachten. Sie überlegen sich also, auf welches Stichwort sie mit welchem Argument als Waffe reagieren und wie sie den Kunden im Gespräch quasi niederstrecken. Diese Verkäufer glauben auch, für Smalltalk vor der Produktpräsentation keine Zeit zu haben, weil sie jede Minute fürs Entkräften vorweggenommener Einwände brauchen.

Aber es heißt doch auch: „Das eigentliche Verkaufsgespräch beginnt dort, wo der Kunde Nein sagt“ …

Zur Person
Stefan RappenglückStefan Rappenglück ist Trainer und Coach, unter anderem für den zeitgemäßen Verkauf. Zuvor arbeitete er 16 Jahre selbst im Vertrieb. Mehr Infos unter www.stefanrappenglueck.de.

 Blödsinn! Genau wie andere Glaubenssätze, die uns ewig eingeprügelt wurden und die gerade zurückhaltende Verkäufer oft hemmen.

Welche sind das noch?

Etwa „Kunden gucken immer nur auf den Preis“: Wer mit dieser Einstellung in ein Verkaufsgespräch geht, für den scheint es natürlich schlüssig, als Alphatier aufzutreten, das mit dominantem Gestus sein Produkt präsentiert und den Kunden niederredet. Das Problem: Dieser Satz stimmt einfach nicht, verengt den Blick und die Möglichkeiten, dauerhaft erfolgreich zu sein. Denn Kunden, die so behandelt werden, kaufen mit Sicherheit von sich aus nie wieder. Deshalb sind langfristig oft schüchterne Menschen die besseren Verkäufer.

Aber oft ist der Preis doch entscheidend?

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Nein. Das ist nur dann so, wenn die Art, wie ich ein Produkt verkaufe, nicht zum Produkt passt. Es ist ein Irrglaube zu denken, dass Worte verkaufen. Es geht um das gesamte Auftreten: um den Ton, in dem ich spreche, die Art, wie ich den Kunden behandle, die Inhalte, die mein Produkt vertritt. Wenn das alles nicht kongruent ist, gehen beim potenziellen Käufer die Alarmglocken los – und das Preisargument taucht auf.

Bei zurückhaltenden Verkäufern passiert das seltener?

Meiner Erfahrung nach ja. Weil es auch nicht nötig ist. Eher schüchterne Verkäufer versuchen, den Subtext zu ergründen, der etwa in einer ersten Absage liegt. Sie sind empathisch und sehen den Kunden als gleichwertigen Gesprächspartner, nicht als Feind.

Und woher wissen Sie, dass dieses empathische Verkaufen funktioniert?

Aus dem Alltag! Im Grunde ist jede knifflige Lebenssituation eine Art Verkaufsgespräch – vom Flirt bis zur Frage, wie ich das unwillige Kind zum Zähneputzen bringe.

Was hat denn Verkaufen mit einem privaten Flirt zu tun?

Bei beidem geht es darum, zu erkennen, was der andere möchte und worin der USP des Produkts, in dem Fall der eigenen Persönlichkeit, besteht. Wie etwa Humor. Wenn beim Flirten einer sagt – typischerweise ein Extrovertierter: „Hey Mädel, ich hab‘ gesehen, du bist solo! Ich kann super kochen, hab‘ drei Millionen auf dem Konto und ‘ne tolle Föhnfrisur“, hat er sehr wahrscheinlich schlechtere Chancen als einer, der erstmal zuhört, worauf das Gegenüber Wert legt in Sachen Partner und Beziehung. Um dann ein ehrliches Gespräch zu führen und langsam seinen Humor unterzubringen. Und das gelingt Schüchternen leichter, wenn sie etwa gelernt haben, nach welchen Regeln Smalltalk funktioniert.

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Und das erklärt, warum die auf den ersten Blick nicht Topattraktiven oft tolle Partner haben?

Genau! Und ähnlich läuft es beim Verkaufen: Zurückhaltende bekommen meist sehr schnell heraus, was den Kunden generell an- und umtreibt – und was in diesem speziellen Moment. Darauf kann er dann sein Angebot, beziehungsweise seine Präsentation anpassen – statt die immergleichen Argumente runterzuleiern und zu hoffen, dass das schon irgendwie auf diesen Kunden passt. Verkaufen ist aber nicht „Andrehen“, sondern „einen Weg suchen hin zur gemeinsamen Lösung“.

Wie beim Zähneputzen mit dem unwilligen Kind …

Absolut! Wenn ich da die Papakarte ziehe und mit TV-Verbot drohe, schüre ich Ängste und Abwehrhaltung. Frage ich dagegen nach, warum der Sohn nicht Zähneputzen will, bin ich im Gespräch. Höre ich dann: ‚Weil ich nicht mag‘, kann ich nachhaken, was der Grund dafür ist. Dann kommt wahrscheinlich etwas wie: „Mir schmeckt die Zahnpasta nicht.“ Und dieses Problem kann ich leicht und gut lösen.

Und was können schüchterne Verkäufer aus Ihrer Sicht noch besser machen?

Sich weniger selbst im Weg stehen. Schüchterne Menschen neigen dazu zu sagen: „Ich habe nicht den Look, die Redegewandtheit und das selbstsichere Auftreten für den Vertrieb – das wird eh nichts.“ So setzen sie sich geistige Grenzen und rechtfertigen im Voraus Misserfolge. Nichtverkäufer sind aber nur deshalb Nichtverkäufer, weil sie falsche Vorstellungen vom Verkaufen haben. Jeder kann selbst entscheiden, ob er ein guter Vertriebler werden will. Alles daran lässt sich lernen – nur einige Fähigkeiten müssen vorhanden sein: etwa die, andere wertzuschätzen und zu respektieren. Und da liegen Zurückhaltende meist vorn.

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Und das können Extrovertierte nicht? Oft schlechter – weil sie ein Verkaufsgespräch heute noch – wie vor 30 Jahren – als eine Art Krieg betrachten. Sie überlegen sich also, auf welches Stichwort sie mit welchem Argument als Waffe reagieren und wie sie den Kunden im Gespräch quasi niederstrecken. Diese Verkäufer glauben auch, für Smalltalk vor der Produktpräsentation keine Zeit zu haben, weil sie jede Minute fürs Entkräften vorweggenommener Einwände brauchen. Aber es heißt doch auch: „Das eigentliche Verkaufsgespräch beginnt dort, wo der Kunde Nein sagt" …  Blödsinn! Genau wie andere Glaubenssätze, die uns ewig eingeprügelt wurden und die gerade zurückhaltende Verkäufer oft hemmen. Welche sind das noch? Etwa „Kunden gucken immer nur auf den Preis“: Wer mit dieser Einstellung in ein Verkaufsgespräch geht, für den scheint es natürlich schlüssig, als Alphatier aufzutreten, das mit dominantem Gestus sein Produkt präsentiert und den Kunden niederredet. Das Problem: Dieser Satz stimmt einfach nicht, verengt den Blick und die Möglichkeiten, dauerhaft erfolgreich zu sein. Denn Kunden, die so behandelt werden, kaufen mit Sicherheit von sich aus nie wieder. Deshalb sind langfristig oft schüchterne Menschen die besseren Verkäufer. Aber oft ist der Preis doch entscheidend? Nein. Das ist nur dann so, wenn die Art, wie ich ein Produkt verkaufe, nicht zum Produkt passt. Es ist ein Irrglaube zu denken, dass Worte verkaufen. Es geht um das gesamte Auftreten: um den Ton, in dem ich spreche, die Art, wie ich den Kunden behandle, die Inhalte, die mein Produkt vertritt. Wenn das alles nicht kongruent ist, gehen beim potenziellen Käufer die Alarmglocken los – und das Preisargument taucht auf. Bei zurückhaltenden Verkäufern passiert das seltener? Meiner Erfahrung nach ja. Weil es auch nicht nötig ist. Eher schüchterne Verkäufer versuchen, den Subtext zu ergründen, der etwa in einer ersten Absage liegt. Sie sind empathisch und sehen den Kunden als gleichwertigen Gesprächspartner, nicht als Feind. Und woher wissen Sie, dass dieses empathische Verkaufen funktioniert? Aus dem Alltag! Im Grunde ist jede knifflige Lebenssituation eine Art Verkaufsgespräch – vom Flirt bis zur Frage, wie ich das unwillige Kind zum Zähneputzen bringe. Was hat denn Verkaufen mit einem privaten Flirt zu tun? Bei beidem geht es darum, zu erkennen, was der andere möchte und worin der USP des Produkts, in dem Fall der eigenen Persönlichkeit, besteht. Wie etwa Humor. Wenn beim Flirten einer sagt – typischerweise ein Extrovertierter: „Hey Mädel, ich hab‘ gesehen, du bist solo! Ich kann super kochen, hab‘ drei Millionen auf dem Konto und ‘ne tolle Föhnfrisur“, hat er sehr wahrscheinlich schlechtere Chancen als einer, der erstmal zuhört, worauf das Gegenüber Wert legt in Sachen Partner und Beziehung. Um dann ein ehrliches Gespräch zu führen und langsam seinen Humor unterzubringen. Und das gelingt Schüchternen leichter, wenn sie etwa gelernt haben, nach welchen Regeln Smalltalk funktioniert. Und das erklärt, warum die auf den ersten Blick nicht Topattraktiven oft tolle Partner haben? Genau! Und ähnlich läuft es beim Verkaufen: Zurückhaltende bekommen meist sehr schnell heraus, was den Kunden generell an- und umtreibt – und was in diesem speziellen Moment. Darauf kann er dann sein Angebot, beziehungsweise seine Präsentation anpassen – statt die immergleichen Argumente runterzuleiern und zu hoffen, dass das schon irgendwie auf diesen Kunden passt. Verkaufen ist aber nicht „Andrehen“, sondern „einen Weg suchen hin zur gemeinsamen Lösung“. Wie beim Zähneputzen mit dem unwilligen Kind … Absolut! Wenn ich da die Papakarte ziehe und mit TV-Verbot drohe, schüre ich Ängste und Abwehrhaltung. Frage ich dagegen nach, warum der Sohn nicht Zähneputzen will, bin ich im Gespräch. Höre ich dann: ‚Weil ich nicht mag‘, kann ich nachhaken, was der Grund dafür ist. Dann kommt wahrscheinlich etwas wie: „Mir schmeckt die Zahnpasta nicht.“ Und dieses Problem kann ich leicht und gut lösen. Und was können schüchterne Verkäufer aus Ihrer Sicht noch besser machen? Sich weniger selbst im Weg stehen. Schüchterne Menschen neigen dazu zu sagen: „Ich habe nicht den Look, die Redegewandtheit und das selbstsichere Auftreten für den Vertrieb – das wird eh nichts.“ So setzen sie sich geistige Grenzen und rechtfertigen im Voraus Misserfolge. Nichtverkäufer sind aber nur deshalb Nichtverkäufer, weil sie falsche Vorstellungen vom Verkaufen haben. Jeder kann selbst entscheiden, ob er ein guter Vertriebler werden will. Alles daran lässt sich lernen – nur einige Fähigkeiten müssen vorhanden sein: etwa die, andere wertzuschätzen und zu respektieren. Und da liegen Zurückhaltende meist vorn.
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