Verhaltensökonomie
Wie Sie Kundenentscheidungen besser verstehen – und mehr verkaufen

Wer begreift, wie Kunden ihre Entscheidungen treffen, kann ihnen bessere Angebote machen. Vier Erkenntnisse der Verhaltensökonomie – plus Ideen, wie Sie diese anwenden und mehr Umsatz machen können.

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Verhaltensökonomie
© Elena Shevchuk/Moment/Getty Images

Längst nicht jede Entscheidung kommt rational zustande. Menschen neigen sogar zu irrationalem Verhalten. Dazu gibt es etliche verhaltensökonomische Experimente – deren Erkenntnisse Unternehmerinnen und Unternehmer für sich nutzen können. Denn: Kunden sind auch nur Menschen und zu kaufen, heißt zu entscheiden. „Und wenn Unternehmen wissen, wie Menschen Entscheidungen treffen, können sie Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die den Erwartungen von Kunden gezielt entsprechen“, verspricht der Unternehmensberater Dominik Imseng in seinem Buch „Chief Behavioral Officer“. Darin überträgt er die Wissenschaft der Verhaltensökonomie auf den unternehmerischen Alltag  – unter anderem mit diesen vier Kniffen.

1. Kunden die Angst vor Verlusten nehmen

Knappheit weckt Begehrlichkeiten und wird deswegen gern genutzt, um Verkäufe zu steigern. Mit saisonal befristeten Rabattangeboten wie Sommer- und Winterschlussverkäufen, mit kleinen Stückzahlen oder auf Online-Buchungsportalen als warnende Zahl: „Nur noch neun Plätze verfügbar.“ „Obwohl jeder weiß, dass die künstliche Verknappung von Gütern ein offensichtlicher Marketingtrick ist, fallen wir immer wieder darauf herein“, schreibt Imseng. Der Kniff wirkt, weil Menschen unter Verlustaversion leiden. Das bedeutet: Verluste schmerzen uns mehr, als Gewinne uns Freude bereiten. Was man einmal hat, will man nicht mehr hergeben und Arbeit, die man schon in ein Projekt gesteckt hat, soll nicht umsonst gewesen sein.

Unternehmer können die Verlustaversion ihrer Kunden auch kreativ nutzen, beispielsweise wenn sie Treueprogramme aufsetzen. Ein Experiment in einem Café zeigt, wie das gehen kann: Dort testeten Wissenschaftler zwei verschiedene Stempelkarten. Eine versprach nach zehn gekauften Kaffees den elften gratis. Mit der anderen gab es erst den 13. Kaffee umsonst, doch zwei waren schon abgestempelt. Die Kunden mussten also ebenfalls nur zehn Kaffee kaufen – und taten es häufiger als mit der Zehnerstempelkarte. Den Mechanismus dahinter bezeichnen Verhaltensökonomen als Zielgeraden-Effekt: Je mehr Stempel schon auf dem Kärtchen sind, desto größer das Bedürfnis, alle zu sammeln.

2. Mit der Produktpräsentation Akzeptanz für höhere Preise schaffen

Der Rahmen, in dem Sie Ihr Produkt präsentieren, beeinflusst, wie Kunden es wahrnehmen. Durch dieses sogenannte Framing werde „aus einem gewöhnlichen Angebot ein außergewöhnliches“, erklärt Imseng. Beim Drumherum können Unternehmer von der gehobenen Gastronomie lernen: Im Restaurant muss das Ambiente stimmen, damit Gäste zufrieden sind. Details wie die Tischdekoration, das Licht oder Hintergrundmusik vervollständigen ein Menü. Eine Studie der Stanford University zeigt sogar, dass längere Beschreibungen der Speisen die Akzeptanz für höhere Preise steigern – im Schnitt um 18 Cent pro Buchstabe. „Ganz einfach darum, weil der ,Rahmen‘, in dem das Gericht präsentiert wird, mit jedem zusätzlichen Buchstaben edler und damit teurer wird“, schreibt Imseng.

Nach demselben Prinzip lohnt es sich auch, ein paar mehr Gedanken darauf zu verwenden, wie Sie etwas aufschreiben. Will eine Firma beispielsweise ihre Weiterempfehlungsrate von 78 Prozent kommunizieren, empfiehlt Imseng zu schreiben: „,8 von 10 Kunden empfehlen uns weiter.‘ Oder besser noch: ,4 von 5 Kunden empfehlen uns weiter.‘“ Die Weiterempfehlungsrate des Unternehmens wird dadurch nicht besser – aber sie macht mehr Eindruck.

3. Mit klugem Produktdesign einen Preisanker setzen

Wer ein Angebot sieht, vergleicht es nicht nur bewusst, sondern auch unterbewusst mit anderem. Psychologen sprechen von einem Anchoring Bias: Wie ein Anker setzt das Vergleichsangebot den Preis fest. Unternehmer sollten darauf achten, nicht zu tief zu ankern. Der Konzern Nestlé hat bei der Markteinführung seiner Nespresso-Kaffeekapseln und auch im späteren Marketing nach diesem Prinzip gehandelt. Die Werbespots verbreiteten eine Atmosphäre wie im feinen Café, von den Tassen über die Sofas bis hin zu George Clooney, der stets mit Hemd und Sakko durch das Bild läuft. Das Versprechen des Marketings ergänzt das Produktdesign: Wer eine Kapsel kauft, bekommt eine Tasse Kaffee – aber günstiger als in der Gastronomie. Dass die Kunden diesen Zusammenhang herstellten, statt den Kilopreis mit dem von normalem Kaffeepulver zu vergleichen, war für den Erfolg der Kapseln wichtig.  Es lohnt sich also, schon beim Produktdesign zu bedenken, welchen Vergleich die Kundschaft ziehen soll.

Mehr dazu: Ankereffekt: Dieser simple Trick beschert Ihnen mehr Umsatz

4. Über ein spezielles Kundenerlebnis die Kundentreue steigern

Wie trügerisch die menschliche Wahrnehmung sein kann, verdeutlicht ein Experiment, für das der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman die Teilnehmer ihre Hände in 14 Grad kaltes Wasser stecken ließ. Erst mussten sie eine Minute durchhalten, dann sogar anderthalb Minuten, aber während der letzten 30 Sekunden wurde das Wasser zwei Grad wärmer – und die Probanden empfanden diese Erfahrung als angenehmer, obwohl sie objektiv gesehen ihre Hand länger im kalten Wasser hatten. Der Psychologe Kahneman leitet daraus die Peak-End Rule ab: Menschen bewerten Erfahrungen nicht danach, wie gut sie im Durchschnitt waren. Was zählt, sind die Höhepunkte und das Ende.

Für Unternehmer ergibt sich daraus eine wichtige Erkenntnis: Sie sollten sich darum bemühen, dass der gesamte Kontakt Ihrer Kunden mit dem Produkt ebenso verläuft: mit angenehmen Überraschungen zwischendurch und vor allem mit einem erfreulichen Ende. „Denn wenn Unternehmen die Peak-End Rule berücksichtigen, wird mit minimalem Aufwand aus einer durchschnittlichen Kundenerfahrung eine überdurchschnittliche“, verspricht Autor Imseng. Das könne ein besonders einfacher Bezahlvorgang sein, ein Posten, der am Ende bewusst nicht abgerechnet wird, oder ein kleines Abschiedsgeschenk, so Imseng. Er erzählt in seinem Buch von einem Restaurant, dessen Besucher zum Abschied ein kleines Paket mit Marmelade und Brioches bekommen. So bleibt den Gästen das Abendessen in guter Erinnerung und nicht nur der Betrag auf der Rechnung.

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Längst nicht jede Entscheidung kommt rational zustande. Menschen neigen sogar zu irrationalem Verhalten. Dazu gibt es etliche verhaltensökonomische Experimente – deren Erkenntnisse Unternehmerinnen und Unternehmer für sich nutzen können. Denn: Kunden sind auch nur Menschen und zu kaufen, heißt zu entscheiden. „Und wenn Unternehmen wissen, wie Menschen Entscheidungen treffen, können sie Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die den Erwartungen von Kunden gezielt entsprechen“, verspricht der Unternehmensberater Dominik Imseng in seinem Buch „Chief Behavioral Officer“. Darin überträgt er die Wissenschaft der Verhaltensökonomie auf den unternehmerischen Alltag  – unter anderem mit diesen vier Kniffen. 1. Kunden die Angst vor Verlusten nehmen Knappheit weckt Begehrlichkeiten und wird deswegen gern genutzt, um Verkäufe zu steigern. Mit saisonal befristeten Rabattangeboten wie Sommer- und Winterschlussverkäufen, mit kleinen Stückzahlen oder auf Online-Buchungsportalen als warnende Zahl: „Nur noch neun Plätze verfügbar.“ „Obwohl jeder weiß, dass die künstliche Verknappung von Gütern ein offensichtlicher Marketingtrick ist, fallen wir immer wieder darauf herein“, schreibt Imseng. Der Kniff wirkt, weil Menschen unter Verlustaversion leiden. Das bedeutet: Verluste schmerzen uns mehr, als Gewinne uns Freude bereiten. Was man einmal hat, will man nicht mehr hergeben und Arbeit, die man schon in ein Projekt gesteckt hat, soll nicht umsonst gewesen sein. Unternehmer können die Verlustaversion ihrer Kunden auch kreativ nutzen, beispielsweise wenn sie Treueprogramme aufsetzen. Ein Experiment in einem Café zeigt, wie das gehen kann: Dort testeten Wissenschaftler zwei verschiedene Stempelkarten. Eine versprach nach zehn gekauften Kaffees den elften gratis. Mit der anderen gab es erst den 13. Kaffee umsonst, doch zwei waren schon abgestempelt. Die Kunden mussten also ebenfalls nur zehn Kaffee kaufen – und taten es häufiger als mit der Zehnerstempelkarte. Den Mechanismus dahinter bezeichnen Verhaltensökonomen als Zielgeraden-Effekt: Je mehr Stempel schon auf dem Kärtchen sind, desto größer das Bedürfnis, alle zu sammeln. 2. Mit der Produktpräsentation Akzeptanz für höhere Preise schaffen Der Rahmen, in dem Sie Ihr Produkt präsentieren, beeinflusst, wie Kunden es wahrnehmen. Durch dieses sogenannte Framing werde „aus einem gewöhnlichen Angebot ein außergewöhnliches“, erklärt Imseng. Beim Drumherum können Unternehmer von der gehobenen Gastronomie lernen: Im Restaurant muss das Ambiente stimmen, damit Gäste zufrieden sind. Details wie die Tischdekoration, das Licht oder Hintergrundmusik vervollständigen ein Menü. Eine Studie der Stanford University zeigt sogar, dass längere Beschreibungen der Speisen die Akzeptanz für höhere Preise steigern – im Schnitt um 18 Cent pro Buchstabe. „Ganz einfach darum, weil der ,Rahmen‘, in dem das Gericht präsentiert wird, mit jedem zusätzlichen Buchstaben edler und damit teurer wird“, schreibt Imseng. Nach demselben Prinzip lohnt es sich auch, ein paar mehr Gedanken darauf zu verwenden, wie Sie etwas aufschreiben. Will eine Firma beispielsweise ihre Weiterempfehlungsrate von 78 Prozent kommunizieren, empfiehlt Imseng zu schreiben: „,8 von 10 Kunden empfehlen uns weiter.‘ Oder besser noch: ,4 von 5 Kunden empfehlen uns weiter.‘“ Die Weiterempfehlungsrate des Unternehmens wird dadurch nicht besser – aber sie macht mehr Eindruck. 3. Mit klugem Produktdesign einen Preisanker setzen Wer ein Angebot sieht, vergleicht es nicht nur bewusst, sondern auch unterbewusst mit anderem. Psychologen sprechen von einem Anchoring Bias: Wie ein Anker setzt das Vergleichsangebot den Preis fest. Unternehmer sollten darauf achten, nicht zu tief zu ankern. Der Konzern Nestlé hat bei der Markteinführung seiner Nespresso-Kaffeekapseln und auch im späteren Marketing nach diesem Prinzip gehandelt. Die Werbespots verbreiteten eine Atmosphäre wie im feinen Café, von den Tassen über die Sofas bis hin zu George Clooney, der stets mit Hemd und Sakko durch das Bild läuft. Das Versprechen des Marketings ergänzt das Produktdesign: Wer eine Kapsel kauft, bekommt eine Tasse Kaffee – aber günstiger als in der Gastronomie. Dass die Kunden diesen Zusammenhang herstellten, statt den Kilopreis mit dem von normalem Kaffeepulver zu vergleichen, war für den Erfolg der Kapseln wichtig.  Es lohnt sich also, schon beim Produktdesign zu bedenken, welchen Vergleich die Kundschaft ziehen soll. Mehr dazu: Ankereffekt: Dieser simple Trick beschert Ihnen mehr Umsatz 4. Über ein spezielles Kundenerlebnis die Kundentreue steigern Wie trügerisch die menschliche Wahrnehmung sein kann, verdeutlicht ein Experiment, für das der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman die Teilnehmer ihre Hände in 14 Grad kaltes Wasser stecken ließ. Erst mussten sie eine Minute durchhalten, dann sogar anderthalb Minuten, aber während der letzten 30 Sekunden wurde das Wasser zwei Grad wärmer – und die Probanden empfanden diese Erfahrung als angenehmer, obwohl sie objektiv gesehen ihre Hand länger im kalten Wasser hatten. Der Psychologe Kahneman leitet daraus die Peak-End Rule ab: Menschen bewerten Erfahrungen nicht danach, wie gut sie im Durchschnitt waren. Was zählt, sind die Höhepunkte und das Ende. Für Unternehmer ergibt sich daraus eine wichtige Erkenntnis: Sie sollten sich darum bemühen, dass der gesamte Kontakt Ihrer Kunden mit dem Produkt ebenso verläuft: mit angenehmen Überraschungen zwischendurch und vor allem mit einem erfreulichen Ende. „Denn wenn Unternehmen die Peak-End Rule berücksichtigen, wird mit minimalem Aufwand aus einer durchschnittlichen Kundenerfahrung eine überdurchschnittliche“, verspricht Autor Imseng. Das könne ein besonders einfacher Bezahlvorgang sein, ein Posten, der am Ende bewusst nicht abgerechnet wird, oder ein kleines Abschiedsgeschenk, so Imseng. Er erzählt in seinem Buch von einem Restaurant, dessen Besucher zum Abschied ein kleines Paket mit Marmelade und Brioches bekommen. So bleibt den Gästen das Abendessen in guter Erinnerung und nicht nur der Betrag auf der Rechnung.
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