Aktive Pausen
Dieses Ritual macht mich und mein Team produktiver

Aktive Pausen gehören für den Unternehmer Andreas Nau zum Arbeitsalltag dazu. Hier erzählt er, wie seine Firma davon profitiert – und was er tut, um auch sein Team auf Trab zu bringen.

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Aktive Pausen sorgen für die nötige Energie im Arbeitsalltag
© Ekachai Chobphot / EyeEm / Getty Images

Wer versucht, mich in der Mittagszeit zu erreichen, ist praktisch chancenlos. Auch andere Termine meide ich in dieser Zeit. Denn diese Stunde gehört mir, meinen Laufschuhen und dem nahegelegenen Wald. Wind und Wetter stören mich inzwischen nicht mehr. Denn ich muss raus aus dem Büro – in der frischen Luft und durch die körperliche Anstrengung bekomme ich den Kopf frei von Denkroutinen.

Manchmal passiert während des Laufens nichts Aufregendes: Ich hole mir einfach morgendliche Frische für den Nachmittag. Doch manchmal kommen mir auch gute Ideen. Im Schnitt schnüre ich die Sportschuhe viermal pro Woche. Mit bestem Wissen und Gewissen.

Wir brauchen Pausen – und nicht Work-Life-Balance

Sie erwischen mich während der Arbeitszeit eventuell auch mal beim Dart und vor allem auf der Slackline. Denn als Chef bin ich Vorbild, genauso wie meine beiden Geschäftsführerkollegen. Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter genauso handeln: die Arbeit mal liegen lassen, eine aktive Pause machen und dann mit neuem Elan wieder zurück an die Arbeit.

Arbeitspsychologen sagen, dass wir Arbeitspausen brauchen, um danach wieder produktiv zu arbeiten. Die eine Studie behauptet nach 50 Minuten, die andere nach 90 Minuten. Egal, wir sagen: „Mach Pause, wenn sie dir guttut.“ Das kann vor einem schwierigen Telefonat sein oder danach, wenn es einfach nicht weiterzugehen scheint oder als kleine Belohnung, wenn etwas gut gelaufen ist. Niemand soll weiter auf den Monitor starren und Arbeitsfleiß vortäuschen.

Work-Life-Balance hingegen halte ich für einen falschen Ansatz: hier die Arbeit, dort die Freizeit. Arbeit wird dadurch als so belastend erklärt, dass sie durch eine „bessere“ Freizeit ausgeglichen werden muss. Für uns Geschäftsführer gehört Arbeit zu einem guten Leben – denn Menschen wollen gestalten. Es ist unser Anspruch als Unternehmer, unseren Mitarbeitern erfüllende Aufgaben anzubieten.

Kürzlich habe ich über die amerikanische Soziologin Tracy Brower gelesen. Sie sagt, wer Arbeit als Teil eines erfüllten Lebens verstehe, der erkenne, dass der Erfolg in einem Lebensbereich auf den anderen abfärbt. Kurz: Wer in der Arbeit leidet, kann in der Freizeit nicht einfach umswitchen. Wer sich lediglich mit einem Ausgleich zufriedengebe, erwarte zu wenig, so die Buchautorin („Bring Work to life“) – sei es von Unternehmen, von Chefs und von sich selbst. Das unterschreibe ich so.

Was wollen die Mitarbeiter?

Wenn mich andere Unternehmer besuchen, höre ich oft: „Tischkicker? Haben wir auch. Spielt aber keiner.“ Es stellt sich dann immer heraus, dass die Führungskräfte die Gelegenheit selbst nie nutzen. So bekommen diejenigen, die am Tischkicker stehen, leicht das Etikett: „Macht frei. Hat nichts zu tun. Für den arbeite ich gerade mit.“ In so einer Atmosphäre nutzt kaum ein Mitarbeiter das Angebot.

Sie als Chef müssen selbst kreative Pausen nutzen und vor allem zu Beginn ihre Mitarbeiter regelrecht animieren. Und fragen Sie Ihre Mitarbeiter zudem, was sie wollen: So entstand bei uns etwa eine 16 Meter hohe Kletterwand, der Stilleraum „Bergruhe“ mit einer Hängematte und eine Küche, in der regelmäßig gekocht wird.

Keine Angst vorm lauen Lenz

Sie fürchten, dass Ihre Mitarbeiter dauernd „spielen“ und miteinander einen Schwatz halten könnten? Wir nicht. Zum einen fühlen sich unsere Mitarbeiter verantwortlich für ihre Aufgaben und suchen für unsere Kunden nach besseren Lösungen. Diese Mitarbeiter wollen keinen lauen Lenz machen: Wir achten bei der Personalauswahl sehr genau darauf, ob die Kandidaten über eine hohe Eigenmotivation verfügen.

Zum anderen arbeiten wir in unserem Unternehmen mit Zielen, die wir mit jedem Mitarbeiter gemeinsam entwickeln – das habe ich im letzten Beitrag beschrieben. Auch müssen bestimmte Arbeiten bis zu einem Termin erledigt werden, damit die Abläufe funktionieren. Aus diesen Gründen werden die Gelegenheiten zur aktiven Pause genutzt, aber nicht ausufernd.

Pausen sind bei uns keine Wert-Zeit

Ein anderer Anker in unserem Unternehmen ist der Begriff „Wert-Zeit“: die Zeit, in der Geld verdient wird – nämlich dann, wenn „wir für unsere Kunden einen Wert erzeugen und sie uns dafür bezahlen“, wie es im Mitarbeiter-Leitfaden heißt. Für Vollbeschäftigte sind das 40 Stunden pro Woche. Die Pausen gehören nicht zu dieser Wert-Zeit.

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Grundsätzlich besteht natürlich die Gefahr, dass einzelne Mitarbeiter unser Vertrauen ausnutzen. Aber das kontinuierliche Wachstum zwischen zehn und 20 Prozent in den vergangenen zehn Jahren beruht auf diesem freien und gemeinschaftlichen Verhältnis. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass in unserer Branche anders gearbeitet werden kann.

Kleiner Dienstweg an der Tischtennisplatte

Und noch einen Vorteil haben die aktiven Pausen: Die Pausengespräche zwischen Entwicklern, Projektleitern, Service oder Administration sind unglaublich produktiv, weil Themen viel schneller und auf einem anderen Level angesprochen werden.

Wer etwas zu klären hat, zögert sonst oft: weil er sich überwinden muss, weil das Bürogespräch so offiziell ist, weil er nicht stören will, weil der Gesprächspartner im anderen Stockwerk arbeitet. Der kleine Dienstweg an der Tischtennisplatte dagegen funktioniert schneller und die Teilnehmer sind grundsätzlich offener, weil sie mit dem Kopf gerade ganz woanders sind.

Ganz abgesehen davon unterhalten sich in den Pausen alle auch über Privates: über das letzte Wochenende, über Probleme mit den Kindern oder den eigenen Wohnungsumzug. Wir treffen uns auch außerhalb der Arbeitszeit, nehmen am Benefizlauf „Steps for Life“ teil oder treffen uns für einen Skitag.

Pausen in Zeiten von Social Distancing

In Zeiten von Corona und Social Distancing funktioniert dieses Pausenkonzept nicht? Doch. Wir halten physischen Abstand, deshalb funktioniert manches nicht mehr so gut oder gar nicht. Aber wir pflegen weiterhin den sozialen Kontakt – mit kreativen Lösungen. Kürzlich haben unsere Mitarbeiter wieder ein Dart-Match organisiert. Einige waren an unserem Firmensitz, andere in ihrem Homeoffice. Mit Kamera und Bildschirm entstand ein semi-virtueller Raum und die Teilnehmer hatten jede Menge Spaß miteinander.

Was mich ungemein freut: Mit dieser Arbeitsauffassung überzeugen wir auch Menschen, die von ihrer Einstellung her eigentlich eher kritisch auf uns schauen: etwa unsere gewerkschaftsnahe Bundestagsabgeordnete. Die schrieb nach einem Besuch vor zwei Jahren: „Die Personalstrategie des Unternehmens entspricht voll und ganz meiner Vorstellung von einer modernen Arbeitswelt.“

Wenn die Zeitsouveränität der Beschäftigten ausreichend Zeit für Erholung, Familie, Freizeit und gesellschaftliches Miteinander lasse, „dann profitieren alle davon und genau in diese Richtung muss sich die moderne Arbeitswelt entwickeln“.

Wer versucht, mich in der Mittagszeit zu erreichen, ist praktisch chancenlos. Auch andere Termine meide ich in dieser Zeit. Denn diese Stunde gehört mir, meinen Laufschuhen und dem nahegelegenen Wald. Wind und Wetter stören mich inzwischen nicht mehr. Denn ich muss raus aus dem Büro – in der frischen Luft und durch die körperliche Anstrengung bekomme ich den Kopf frei von Denkroutinen. Manchmal passiert während des Laufens nichts Aufregendes: Ich hole mir einfach morgendliche Frische für den Nachmittag. Doch manchmal kommen mir auch gute Ideen. Im Schnitt schnüre ich die Sportschuhe viermal pro Woche. Mit bestem Wissen und Gewissen. Wir brauchen Pausen – und nicht Work-Life-Balance Sie erwischen mich während der Arbeitszeit eventuell auch mal beim Dart und vor allem auf der Slackline. Denn als Chef bin ich Vorbild, genauso wie meine beiden Geschäftsführerkollegen. Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter genauso handeln: die Arbeit mal liegen lassen, eine aktive Pause machen und dann mit neuem Elan wieder zurück an die Arbeit. Arbeitspsychologen sagen, dass wir Arbeitspausen brauchen, um danach wieder produktiv zu arbeiten. Die eine Studie behauptet nach 50 Minuten, die andere nach 90 Minuten. Egal, wir sagen: „Mach Pause, wenn sie dir guttut.“ Das kann vor einem schwierigen Telefonat sein oder danach, wenn es einfach nicht weiterzugehen scheint oder als kleine Belohnung, wenn etwas gut gelaufen ist. Niemand soll weiter auf den Monitor starren und Arbeitsfleiß vortäuschen. Work-Life-Balance hingegen halte ich für einen falschen Ansatz: hier die Arbeit, dort die Freizeit. Arbeit wird dadurch als so belastend erklärt, dass sie durch eine „bessere“ Freizeit ausgeglichen werden muss. Für uns Geschäftsführer gehört Arbeit zu einem guten Leben - denn Menschen wollen gestalten. Es ist unser Anspruch als Unternehmer, unseren Mitarbeitern erfüllende Aufgaben anzubieten. Kürzlich habe ich über die amerikanische Soziologin Tracy Brower gelesen. Sie sagt, wer Arbeit als Teil eines erfüllten Lebens verstehe, der erkenne, dass der Erfolg in einem Lebensbereich auf den anderen abfärbt. Kurz: Wer in der Arbeit leidet, kann in der Freizeit nicht einfach umswitchen. Wer sich lediglich mit einem Ausgleich zufriedengebe, erwarte zu wenig, so die Buchautorin („Bring Work to life“) – sei es von Unternehmen, von Chefs und von sich selbst. Das unterschreibe ich so. Was wollen die Mitarbeiter? Wenn mich andere Unternehmer besuchen, höre ich oft: „Tischkicker? Haben wir auch. Spielt aber keiner.“ Es stellt sich dann immer heraus, dass die Führungskräfte die Gelegenheit selbst nie nutzen. So bekommen diejenigen, die am Tischkicker stehen, leicht das Etikett: „Macht frei. Hat nichts zu tun. Für den arbeite ich gerade mit.“ In so einer Atmosphäre nutzt kaum ein Mitarbeiter das Angebot. Sie als Chef müssen selbst kreative Pausen nutzen und vor allem zu Beginn ihre Mitarbeiter regelrecht animieren. Und fragen Sie Ihre Mitarbeiter zudem, was sie wollen: So entstand bei uns etwa eine 16 Meter hohe Kletterwand, der Stilleraum „Bergruhe“ mit einer Hängematte und eine Küche, in der regelmäßig gekocht wird. Keine Angst vorm lauen Lenz Sie fürchten, dass Ihre Mitarbeiter dauernd „spielen“ und miteinander einen Schwatz halten könnten? Wir nicht. Zum einen fühlen sich unsere Mitarbeiter verantwortlich für ihre Aufgaben und suchen für unsere Kunden nach besseren Lösungen. Diese Mitarbeiter wollen keinen lauen Lenz machen: Wir achten bei der Personalauswahl sehr genau darauf, ob die Kandidaten über eine hohe Eigenmotivation verfügen. Zum anderen arbeiten wir in unserem Unternehmen mit Zielen, die wir mit jedem Mitarbeiter gemeinsam entwickeln – das habe ich im letzten Beitrag beschrieben. Auch müssen bestimmte Arbeiten bis zu einem Termin erledigt werden, damit die Abläufe funktionieren. Aus diesen Gründen werden die Gelegenheiten zur aktiven Pause genutzt, aber nicht ausufernd. Pausen sind bei uns keine Wert-Zeit Ein anderer Anker in unserem Unternehmen ist der Begriff „Wert-Zeit“: die Zeit, in der Geld verdient wird - nämlich dann, wenn „wir für unsere Kunden einen Wert erzeugen und sie uns dafür bezahlen“, wie es im Mitarbeiter-Leitfaden heißt. Für Vollbeschäftigte sind das 40 Stunden pro Woche. Die Pausen gehören nicht zu dieser Wert-Zeit. Grundsätzlich besteht natürlich die Gefahr, dass einzelne Mitarbeiter unser Vertrauen ausnutzen. Aber das kontinuierliche Wachstum zwischen zehn und 20 Prozent in den vergangenen zehn Jahren beruht auf diesem freien und gemeinschaftlichen Verhältnis. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass in unserer Branche anders gearbeitet werden kann. Kleiner Dienstweg an der Tischtennisplatte Und noch einen Vorteil haben die aktiven Pausen: Die Pausengespräche zwischen Entwicklern, Projektleitern, Service oder Administration sind unglaublich produktiv, weil Themen viel schneller und auf einem anderen Level angesprochen werden. Wer etwas zu klären hat, zögert sonst oft: weil er sich überwinden muss, weil das Bürogespräch so offiziell ist, weil er nicht stören will, weil der Gesprächspartner im anderen Stockwerk arbeitet. Der kleine Dienstweg an der Tischtennisplatte dagegen funktioniert schneller und die Teilnehmer sind grundsätzlich offener, weil sie mit dem Kopf gerade ganz woanders sind. Ganz abgesehen davon unterhalten sich in den Pausen alle auch über Privates: über das letzte Wochenende, über Probleme mit den Kindern oder den eigenen Wohnungsumzug. Wir treffen uns auch außerhalb der Arbeitszeit, nehmen am Benefizlauf „Steps for Life“ teil oder treffen uns für einen Skitag. Pausen in Zeiten von Social Distancing In Zeiten von Corona und Social Distancing funktioniert dieses Pausenkonzept nicht? Doch. Wir halten physischen Abstand, deshalb funktioniert manches nicht mehr so gut oder gar nicht. Aber wir pflegen weiterhin den sozialen Kontakt – mit kreativen Lösungen. Kürzlich haben unsere Mitarbeiter wieder ein Dart-Match organisiert. Einige waren an unserem Firmensitz, andere in ihrem Homeoffice. Mit Kamera und Bildschirm entstand ein semi-virtueller Raum und die Teilnehmer hatten jede Menge Spaß miteinander. Was mich ungemein freut: Mit dieser Arbeitsauffassung überzeugen wir auch Menschen, die von ihrer Einstellung her eigentlich eher kritisch auf uns schauen: etwa unsere gewerkschaftsnahe Bundestagsabgeordnete. Die schrieb nach einem Besuch vor zwei Jahren: „Die Personalstrategie des Unternehmens entspricht voll und ganz meiner Vorstellung von einer modernen Arbeitswelt.“ Wenn die Zeitsouveränität der Beschäftigten ausreichend Zeit für Erholung, Familie, Freizeit und gesellschaftliches Miteinander lasse, „dann profitieren alle davon und genau in diese Richtung muss sich die moderne Arbeitswelt entwickeln“.
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