Brilliant Jerks
Arschlöcher sind keine guten Führungskräfte

Hochqualifizierte und erfolgreiche Mitarbeiter haben oft toxische Egos. Im Englischen nennt man sie „Brilliant Jerks“ – brillante Arschlöcher. Wie Chefs mit arroganten Top-Leuten umgehen sollten.

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Brilliant-Jerk
© CSA Images/CSA Images/Getty Images

Der Leiter der Personalabteilung war brillant. Er hat viele offene Stellen besetzt, auch sonst Top-Ergebnisse geliefert und mit seiner Energie die Geschäftsleitung auf ganzer Linie beeindruckt. Als es nach etwa zwei Jahren eine Kündigungswelle im Personalbüro gab, konnte sich der Geschäftsführer zunächst keinen Reim darauf machen. Das änderte sich erst, als er zufällig einen ehemaligen Mitarbeiter bei einer Sportveranstaltung traf.

Kein menschliches Miteinander

Der augenscheinlich so brillante Personalleiter habe eine Vorliebe gehabt, Mitarbeiter fertigzumachen. Mitarbeiterinnen seien nicht selten heulend aus dem Büro herausgekommen. Regelmäßig mussten sich Kollegen für Verzögerungen rechtfertigen oder wurden mit heftigen Schuldzuweisungen überhäuft – dieses Ritual habe man „Heißer Stuhl“ genannt. Jeder sei irgendwann einmal dran gewesen.

Der Geschäftsführer traute seinen Ohren nicht. Aber in Betrieben kommt es immer vor, dass Mitarbeiter zwar fachlich sehr gut sind, aber gleichzeitig einfachste Regeln des menschlichen Miteinanders missachten. Im Englischen gibt es dafür den Begriff „Brilliant Jerk”.

Im Team geschätzt und gefürchtet

Ein Brilliant Jerk, zu Deutsch etwa brillantes Arschloch, verfügt über ein überdurchschnittliches, oder zumindest im jeweiligen Kontext, seltenes und wichtiges Wissen und Können. Dadurch sind solche Menschen in der Regel überaus erfolgreich und tragen zum Geschäftserfolg maßgeblich bei.

Auf der anderen Seite neigen sie aber auch dazu, sich zu überschätzen und sich aufgrund ihrer Leistung für etwas Besseres zu halten – und sich auch so zu verhalten. Jerks sind gewiefte Manipulatoren, die das gezielte Herabsetzen von Kollegen bravourös beherrschen und gerne inszenieren. Bei Kollegen sind solche toxischen Egos gleichsam geschätzt wie gefürchtet.

Wie Sie toxischem Verhalten entgegentreten können, lesen Sie hier: Mobbing am Arbeitsplatz: Psychoterror in der Firma – das können Chefs tun

Solche Menschen können auch gut Vorgesetzte für sich gewinnen und sie sogar für ihre eigenen Ziele einspannen. Das führt dazu, dass Mitarbeiter, die sich beschweren oder Probleme äußern, oftmals nicht ernst genommen werden. Die Kritik würde voraussetzen, dass der Chef sein eigenes Bild vom Jerk hinterfragen und sich einen Fehler eingestehen müsste. Im Zweifelsfall spricht jedoch immer der größere Erfolg für den Gescholtenen.

Der Gastautor
Joachim Simon ist Führungscoach und berät Unternehmen zu den Themen Strategie und Leadership.

Narzisstische Persönlichkeitsstörung

Solange Brilliant Jerks die Erwartungen der Geschäftsleitung erfüllen oder sogar übertreffen, sehen Vorgesetzte kaum einen Grund einzugreifen. Dieses Zögern kann allerdings fatale Folgen haben, die häufig erst viel später erkennbar sind, wenn es schon zu spät ist. Ein schlechtes Betriebsklima oder ein allzu harscher Umgangston kann zum Beispiel dazu führen, dass Mitarbeiter kündigen, der Krankenstand zunimmt oder Kunden abspringen.

Jerks haben nicht einfach nur einen „schlechten Charakter”, psychologisch betrachtet handelt es sich vielmehr um eine narzisstische Persönlichkeit oder gar eine psychopathische Störung. Die Annahme, dass solche Mitarbeiter besonders loyal oder fleißig sind, ist ein deshalb ein Trugschluss.

In Wirklichkeit geht es solchen Charakteren darum, durch herablassendes, geringschätziges oder unsoziales Verhalten ihr eigenes überhöhtes Bedürfnis nach Bewunderung zu befriedigen. Besonders Umgebungen, in denen (messbare) Erfolge, Prozesse und hierarchische Abhängigkeiten eine hohe Bedeutung haben, bringen Brilliant Jerks hervor.

Das Dilemma der Unternehmer

Die Überlegenheit bei Wissen und Erfahrung bekommen nicht nur Kollegen negativ zu spüren, sondern auch die Unternehmer selbst. In der Alltagskommunikation wollen toxische Top-Leute die Wertschätzung und Bedeutung spüren, die ihnen und ihrer Arbeit – nach deren eigener Auffassung – gebührt. Insofern verfügen solche systemrelevanten Mitarbeiter über viel Macht: Spiegeln die Huldigungen nicht die selbst empfundene Bedeutung wider, können sie sich im Extremfall vom Unternehmen abwenden.

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Chefs befinden sich beim Umgang mit solchen Persönlichkeiten in einem Dilemma: Auf der einen Seite sind die Mitarbeiter für die weitere Unternehmensentwicklung enorm wichtig und müssen bei Laune gehalten werden. Auf der anderen Seite müssen für alle Mitarbeitenden dieselben Verhaltensregeln und Vorschriften gelten. Dazu zählt auch ein sachlicher Umgang mit Problemen und ein wertschätzender Umgang.

Mehr zum Umgang mit geltungsbedürftigen Top-Leuten: Dominante Mitarbeiter: Was tun, wenn sich ein Mitarbeiter als Chef aufspielt? 

Starkes Bedürfnis nach Bestätigung

Der toxische Personalleiter im obigen Beispiel wurde nach Bekanntwerden seines rauen Führungsstils gefeuert. Diese Rolle und Position mit einem Brilliant Jerk zu besetzen war eine Fehlentscheidung. Nun gibt es aber durchaus Situationen, in denen es schwerer ist, sich von einem Brilliant Jerk zu trennen. Vielleicht ist er der einzige, der ein bestimmtes Wissen für eine neue Software hat und der Chef Angst hat, dass ohne ihn ein wichtiges Projekt scheitert.

Was also tun? Das Einzige was hilft, ist ein angemessenes positives Feedback für gute Leistungen zu geben, um das Bedürfnis nach Bedeutsamkeit und Grandiosität einigermaßen zu befriedigen. Gleichzeitig muss man Brilliant Jerks aber so gut es geht isolieren, um ihr toxisches Verhalten nicht zu einem Problem für andere Mitarbeiter oder eine ganze Abteilung zu machen.

Teamcoachings sind zwecklos

Brilliant Jerks haben sehr oft ein tiefer liegendes psychologisches Problem, dessen Ursachen in der Kindheit verborgen liegen. Besteht dieser Verdacht, kann eine Führungskraft nur versuchen, die Kollateralschäden vorausschauend zu minimieren. Dies kann zum Beispiel durch die Vergabe von isolierten, aber relevanten Arbeitspaketen erfolgen.

Einzelgespräche oder Coachings im Team können dazu beitragen, das Betriebsklima kurzfristig wieder zu verbessern. Doch das eigentliche Grundproblem der mangelnden Wertschätzung und Rücksichtnahme auf Kollegen bleibt bestehen.

Von einer Beförderung sollten Sie trotz der vermeintlich guten Ergebnisse dringend absehen – erst recht, wenn der Mitarbeiter damit droht, das Unternehmen zu verlassen. Führen persönliche Gespräche, Coachings und isolierte Arbeitsaufträge zu keiner Verhaltensänderung, kann es notwendig sein, dass sich der Betrieb von dem Mitarbeiter trennt.

Der Leiter der Personalabteilung war brillant. Er hat viele offene Stellen besetzt, auch sonst Top-Ergebnisse geliefert und mit seiner Energie die Geschäftsleitung auf ganzer Linie beeindruckt. Als es nach etwa zwei Jahren eine Kündigungswelle im Personalbüro gab, konnte sich der Geschäftsführer zunächst keinen Reim darauf machen. Das änderte sich erst, als er zufällig einen ehemaligen Mitarbeiter bei einer Sportveranstaltung traf. Kein menschliches Miteinander Der augenscheinlich so brillante Personalleiter habe eine Vorliebe gehabt, Mitarbeiter fertigzumachen. Mitarbeiterinnen seien nicht selten heulend aus dem Büro herausgekommen. Regelmäßig mussten sich Kollegen für Verzögerungen rechtfertigen oder wurden mit heftigen Schuldzuweisungen überhäuft – dieses Ritual habe man „Heißer Stuhl“ genannt. Jeder sei irgendwann einmal dran gewesen. Der Geschäftsführer traute seinen Ohren nicht. Aber in Betrieben kommt es immer vor, dass Mitarbeiter zwar fachlich sehr gut sind, aber gleichzeitig einfachste Regeln des menschlichen Miteinanders missachten. Im Englischen gibt es dafür den Begriff „Brilliant Jerk”. Im Team geschätzt und gefürchtet Ein Brilliant Jerk, zu Deutsch etwa brillantes Arschloch, verfügt über ein überdurchschnittliches, oder zumindest im jeweiligen Kontext, seltenes und wichtiges Wissen und Können. Dadurch sind solche Menschen in der Regel überaus erfolgreich und tragen zum Geschäftserfolg maßgeblich bei. Auf der anderen Seite neigen sie aber auch dazu, sich zu überschätzen und sich aufgrund ihrer Leistung für etwas Besseres zu halten – und sich auch so zu verhalten. Jerks sind gewiefte Manipulatoren, die das gezielte Herabsetzen von Kollegen bravourös beherrschen und gerne inszenieren. Bei Kollegen sind solche toxischen Egos gleichsam geschätzt wie gefürchtet. Wie Sie toxischem Verhalten entgegentreten können, lesen Sie hier: Mobbing am Arbeitsplatz: Psychoterror in der Firma – das können Chefs tun Solche Menschen können auch gut Vorgesetzte für sich gewinnen und sie sogar für ihre eigenen Ziele einspannen. Das führt dazu, dass Mitarbeiter, die sich beschweren oder Probleme äußern, oftmals nicht ernst genommen werden. Die Kritik würde voraussetzen, dass der Chef sein eigenes Bild vom Jerk hinterfragen und sich einen Fehler eingestehen müsste. Im Zweifelsfall spricht jedoch immer der größere Erfolg für den Gescholtenen. Narzisstische Persönlichkeitsstörung Solange Brilliant Jerks die Erwartungen der Geschäftsleitung erfüllen oder sogar übertreffen, sehen Vorgesetzte kaum einen Grund einzugreifen. Dieses Zögern kann allerdings fatale Folgen haben, die häufig erst viel später erkennbar sind, wenn es schon zu spät ist. Ein schlechtes Betriebsklima oder ein allzu harscher Umgangston kann zum Beispiel dazu führen, dass Mitarbeiter kündigen, der Krankenstand zunimmt oder Kunden abspringen. Jerks haben nicht einfach nur einen „schlechten Charakter”, psychologisch betrachtet handelt es sich vielmehr um eine narzisstische Persönlichkeit oder gar eine psychopathische Störung. Die Annahme, dass solche Mitarbeiter besonders loyal oder fleißig sind, ist ein deshalb ein Trugschluss. In Wirklichkeit geht es solchen Charakteren darum, durch herablassendes, geringschätziges oder unsoziales Verhalten ihr eigenes überhöhtes Bedürfnis nach Bewunderung zu befriedigen. Besonders Umgebungen, in denen (messbare) Erfolge, Prozesse und hierarchische Abhängigkeiten eine hohe Bedeutung haben, bringen Brilliant Jerks hervor. Das Dilemma der Unternehmer Die Überlegenheit bei Wissen und Erfahrung bekommen nicht nur Kollegen negativ zu spüren, sondern auch die Unternehmer selbst. In der Alltagskommunikation wollen toxische Top-Leute die Wertschätzung und Bedeutung spüren, die ihnen und ihrer Arbeit – nach deren eigener Auffassung – gebührt. Insofern verfügen solche systemrelevanten Mitarbeiter über viel Macht: Spiegeln die Huldigungen nicht die selbst empfundene Bedeutung wider, können sie sich im Extremfall vom Unternehmen abwenden. Chefs befinden sich beim Umgang mit solchen Persönlichkeiten in einem Dilemma: Auf der einen Seite sind die Mitarbeiter für die weitere Unternehmensentwicklung enorm wichtig und müssen bei Laune gehalten werden. Auf der anderen Seite müssen für alle Mitarbeitenden dieselben Verhaltensregeln und Vorschriften gelten. Dazu zählt auch ein sachlicher Umgang mit Problemen und ein wertschätzender Umgang. Mehr zum Umgang mit geltungsbedürftigen Top-Leuten: Dominante Mitarbeiter: Was tun, wenn sich ein Mitarbeiter als Chef aufspielt?  Starkes Bedürfnis nach Bestätigung Der toxische Personalleiter im obigen Beispiel wurde nach Bekanntwerden seines rauen Führungsstils gefeuert. Diese Rolle und Position mit einem Brilliant Jerk zu besetzen war eine Fehlentscheidung. Nun gibt es aber durchaus Situationen, in denen es schwerer ist, sich von einem Brilliant Jerk zu trennen. Vielleicht ist er der einzige, der ein bestimmtes Wissen für eine neue Software hat und der Chef Angst hat, dass ohne ihn ein wichtiges Projekt scheitert. Was also tun? Das Einzige was hilft, ist ein angemessenes positives Feedback für gute Leistungen zu geben, um das Bedürfnis nach Bedeutsamkeit und Grandiosität einigermaßen zu befriedigen. Gleichzeitig muss man Brilliant Jerks aber so gut es geht isolieren, um ihr toxisches Verhalten nicht zu einem Problem für andere Mitarbeiter oder eine ganze Abteilung zu machen. Teamcoachings sind zwecklos Brilliant Jerks haben sehr oft ein tiefer liegendes psychologisches Problem, dessen Ursachen in der Kindheit verborgen liegen. Besteht dieser Verdacht, kann eine Führungskraft nur versuchen, die Kollateralschäden vorausschauend zu minimieren. Dies kann zum Beispiel durch die Vergabe von isolierten, aber relevanten Arbeitspaketen erfolgen. Einzelgespräche oder Coachings im Team können dazu beitragen, das Betriebsklima kurzfristig wieder zu verbessern. Doch das eigentliche Grundproblem der mangelnden Wertschätzung und Rücksichtnahme auf Kollegen bleibt bestehen. Von einer Beförderung sollten Sie trotz der vermeintlich guten Ergebnisse dringend absehen – erst recht, wenn der Mitarbeiter damit droht, das Unternehmen zu verlassen. Führen persönliche Gespräche, Coachings und isolierte Arbeitsaufträge zu keiner Verhaltensänderung, kann es notwendig sein, dass sich der Betrieb von dem Mitarbeiter trennt. [mehr-zum-thema]
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