Feedbackgespräche
„Ich lasse mich von meinen Mitarbeitern bewerten“

Unternehmerin Vanessa Weber erzählt, wie die Mitarbeitergespräche in ihrer Firma ablaufen – und was sie selbst nach dem Feedback ihrer Mitarbeiter ändern will.

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Immer im Dialog: Feedbackgespräche sieht die Unternehmerin Vanessa Weber auch als Chance, sich selbst als Führungskraft weiterzuentwickeln.
Immer im Dialog: Feedbackgespräche sieht die Unternehmerin Vanessa Weber auch als Chance, sich selbst als Führungskraft weiterzuentwickeln.
© lemonadeserenade / iStock / Getty Images / Getty Images

Jedes Jahr im ersten Quartal des Jahres stehen sie bei uns an: Feedbackgespräche! Für mich als Chefin heißt das: Ich spreche mit jedem meiner 24 Mitarbeiter, vom Lagerazubi bis zur Buchhalterin.

So ein Termin dauert in der Regel ein bis zwei Stunden; dazu kommt die Vorbereitung. Alles in allem nehmen die Gespräche eine ganze Arbeitswoche in Anspruch. Aber die Zeit nehme ich mir gern.

Vom Gespräch auf dem Flur zum Feedbackbogen

Als ich die Firma 2002 übernommen habe, gab es keine Feedbackgespräche. Ich hatte damals nur neun Mitarbeiter, da hat man sich ohnehin ständig ausgetauscht. Als die Firma langsam größer wurde, merkte ich: Wir sollten für diesen Austausch einen Rahmen schaffen.

Bei den ersten Feedbackgesprächen haben wir uns einfach frei unterhalten. Aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass die Gespräche mit mehr Struktur noch mehr bringen würden. Also habe mir Fragebögen anderer Unternehmen angeschaut und daraus meinen eigenen Feedbackbogen zusammengebastelt.

Er enthält diese Themen:

  • Arbeitsverhalten: Hier geht es etwa darum, wie viel Eigeninitiative jemand zeigt oder wie kostenbewusst der Mitarbeiter ist, ob er sich bemüht, sich weiterzubilden, und ob seine eigenen Ziele im Einklang sind mit den Unternehmenszielen.
  • Verhalten gegenüber Kollegen: Dazu zählen Fragen wie: Gibt der Mitarbeiter Informationen weiter? Bleibt er in Konflikten sachlich oder braust er schnell auf? Wie hilfsbereit ist er und wie tolerant?
  • Persönliches Auftreten: Hier stehen Selbstbewusstsein und Ausdrucksweise des Mitarbeiters im Fokus.

Jeder Mitarbeiter bewertet sich selbst

Den Feedbackbogen schicke ich jedem Mitarbeiter per E-Mail – mit der Bitte, sich vor dem Gespräch selbst zu bewerten. Parallel fülle ich den Bogen selbst aus. In der Regel kriege ich von jedem meiner Leute genug mit, um das tun zu können – wenn nicht, frage ich Kollegen. Bei den Azubis bitte ich beispielsweise die Azubipaten um ihre Einschätzung. Außerdem notiere ich Ereignisse oder Erfolge, die in meine Bewertung eingeflossen sind.

Im Gespräch gleichen wir unsere Bewertungen dann ab. Interessant wird es immer, wenn meine Einschätzung und die des Mitarbeiters stark voneinander abweichen. Darüber müssen wir natürlich reden: „Ich habe dir eine 3 gegeben, du hast dir eine 1 gegeben – wie begründest du das?“ Manchmal sehen sich Mitarbeiter auch viel kritischer als ich. Dann ist es gut für sie zu hören, dass ich mit ihrer Arbeit zufrieden bin. Aber egal ob wir uns einig sind oder nicht: Die Bewertungen auf dem Bogen sind immer der Ausgangspunkt für einen Dialog über die Leistungen.

Zum Abschluss werfen wir einen Blick auf den Feedbackbogen vom letzten Jahr: Welche Ziele haben der Mitarbeiter und ich für ihn vereinbart? Und hat er diese Ziele erreicht? Dann setzen wir nach der SMART-Methode neue Ziele.

Betriebsklima: 8 von 10

Ich bitte außerdem jeden meiner Angestellten, die Stimmung einzuschätzen – seine persönliche Stimmung und die in der Firma. 10 ist himmelhochjauchzend, 1 zum Weglaufen. Diesmal haben meine Leute fürs Betriebsklima im Schnitt eine 8 vergeben, so gut wie nie. Als ich die Frage zum ersten Mal gestellt hatte, lag der Wert bei 4 bis 5 – und ich bin überzeugt: Die Ergebnisse und Verbesserungen aus den Mitarbeitergesprächen haben dazu beigetragen, dass die Stimmung über die Zeit so viel besser geworden ist.

Was halten meine Mitarbeiter von mir als Chefin?

Seit drei Jahren bewerten meine Mitarbeiter im Feedbackbogen auch mich als Führungskraft. Das ist mir total wichtig, schließlich will ich mich weiterentwickeln. Sie schätzen unter anderem meine Führungskompetenz und mein Einfühlungsvermögen ein. Bin ich zuverlässig? Kritisiere ich, ohne zu verletzen?

Insgesamt war dieses Feedback sehr positiv – und darüber freue ich mich wahnsinnig. Nur zwei Kritikpunkte tauchten in den Gesprächen öfter auf:

In eigener Sache
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Guten Morgen!

Ich bin jeden Morgen um 7 Uhr in der Firma, meine Mitarbeiter fangen ab 7.30 Uhr an. Ich bin also schon mitten im Arbeitsprozess, wenn alle eintrudeln. Und weil mein Büro im ersten Stock ist, sehe ich einige meiner Leute an manchen Tagen erst mittags. Ich habe nun aber von einigen Mitarbeitern das Feedback bekommen, dass sie ein persönliches „Guten Morgen“ vermissen – so wie früher, als die Firma noch kleiner war.

Ich nehme diesen Hinweis sehr ernst; der persönliche Kontakt hat für mich sehr viel mit Wertschätzung zu tun. Deshalb versuche ich mir nun morgens immer Zeit für eine Runde durch den Betrieb zu nehmen. Gleichzeitig sage ich aber auch ganz klar: „Manchmal ist mein Kalender so voll, dass ich das einfach nicht schaffe.“ Nach meiner Erfahrung hilft so eine Erklärung schon, mich besser zu verstehen – und sich weniger zu ärgern.

Bin ich gestresst?

Einige Mitarbeiter haben mir gesagt, dass ich manchmal ziemlich gestresst wirke. Das hat mich echt überrascht. Denn nachdem ich im letzten Frühjahr mit einem Motivationsloch zu kämpfen hatte, habe ich mir ganz bewusst Auszeiten genommen – und fühle mich gar nicht gestresst.

Ich habe mich daher gefragt: Woran liegt das, dass ich so rüberkomme? Vielleicht daran, dass ich als Produktivitätsjunkie versuche, offene Fragen möglichst schnell und effizient zu klären? Wirkt das vielleicht kurz angebunden?

Mein guter Vorsatz lautet jetzt: Ich will mir mehr Zeit nehmen, wenn Mitarbeiter Fragen haben, besser zuhören, nachfragen, ob auch wirklich alles gesagt ist und nicht drängeln. Außerdem habe ich wieder ein Schweige-Seminar gebucht. Das hilft mir hoffentlich, mich noch ruhiger und gelassener auf die Anliegen anderer einzulassen. Ob mir das gelingt? Das zeigt sich spätestens am Feedback meiner Mitarbeiter im nächsten Jahr.

Jedes Jahr im ersten Quartal des Jahres stehen sie bei uns an: Feedbackgespräche! Für mich als Chefin heißt das: Ich spreche mit jedem meiner 24 Mitarbeiter, vom Lagerazubi bis zur Buchhalterin. So ein Termin dauert in der Regel ein bis zwei Stunden; dazu kommt die Vorbereitung. Alles in allem nehmen die Gespräche eine ganze Arbeitswoche in Anspruch. Aber die Zeit nehme ich mir gern. Vom Gespräch auf dem Flur zum Feedbackbogen Als ich die Firma 2002 übernommen habe, gab es keine Feedbackgespräche. Ich hatte damals nur neun Mitarbeiter, da hat man sich ohnehin ständig ausgetauscht. Als die Firma langsam größer wurde, merkte ich: Wir sollten für diesen Austausch einen Rahmen schaffen. Bei den ersten Feedbackgesprächen haben wir uns einfach frei unterhalten. Aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass die Gespräche mit mehr Struktur noch mehr bringen würden. Also habe mir Fragebögen anderer Unternehmen angeschaut und daraus meinen eigenen Feedbackbogen zusammengebastelt. Er enthält diese Themen: Arbeitsverhalten: Hier geht es etwa darum, wie viel Eigeninitiative jemand zeigt oder wie kostenbewusst der Mitarbeiter ist, ob er sich bemüht, sich weiterzubilden, und ob seine eigenen Ziele im Einklang sind mit den Unternehmenszielen. Verhalten gegenüber Kollegen: Dazu zählen Fragen wie: Gibt der Mitarbeiter Informationen weiter? Bleibt er in Konflikten sachlich oder braust er schnell auf? Wie hilfsbereit ist er und wie tolerant? Persönliches Auftreten: Hier stehen Selbstbewusstsein und Ausdrucksweise des Mitarbeiters im Fokus. Jeder Mitarbeiter bewertet sich selbst Den Feedbackbogen schicke ich jedem Mitarbeiter per E-Mail - mit der Bitte, sich vor dem Gespräch selbst zu bewerten. Parallel fülle ich den Bogen selbst aus. In der Regel kriege ich von jedem meiner Leute genug mit, um das tun zu können – wenn nicht, frage ich Kollegen. Bei den Azubis bitte ich beispielsweise die Azubipaten um ihre Einschätzung. Außerdem notiere ich Ereignisse oder Erfolge, die in meine Bewertung eingeflossen sind. Im Gespräch gleichen wir unsere Bewertungen dann ab. Interessant wird es immer, wenn meine Einschätzung und die des Mitarbeiters stark voneinander abweichen. Darüber müssen wir natürlich reden: „Ich habe dir eine 3 gegeben, du hast dir eine 1 gegeben - wie begründest du das?“ Manchmal sehen sich Mitarbeiter auch viel kritischer als ich. Dann ist es gut für sie zu hören, dass ich mit ihrer Arbeit zufrieden bin. Aber egal ob wir uns einig sind oder nicht: Die Bewertungen auf dem Bogen sind immer der Ausgangspunkt für einen Dialog über die Leistungen. Zum Abschluss werfen wir einen Blick auf den Feedbackbogen vom letzten Jahr: Welche Ziele haben der Mitarbeiter und ich für ihn vereinbart? Und hat er diese Ziele erreicht? Dann setzen wir nach der SMART-Methode neue Ziele. Betriebsklima: 8 von 10 Ich bitte außerdem jeden meiner Angestellten, die Stimmung einzuschätzen – seine persönliche Stimmung und die in der Firma. 10 ist himmelhochjauchzend, 1 zum Weglaufen. Diesmal haben meine Leute fürs Betriebsklima im Schnitt eine 8 vergeben, so gut wie nie. Als ich die Frage zum ersten Mal gestellt hatte, lag der Wert bei 4 bis 5 – und ich bin überzeugt: Die Ergebnisse und Verbesserungen aus den Mitarbeitergesprächen haben dazu beigetragen, dass die Stimmung über die Zeit so viel besser geworden ist. Was halten meine Mitarbeiter von mir als Chefin? Seit drei Jahren bewerten meine Mitarbeiter im Feedbackbogen auch mich als Führungskraft. Das ist mir total wichtig, schließlich will ich mich weiterentwickeln. Sie schätzen unter anderem meine Führungskompetenz und mein Einfühlungsvermögen ein. Bin ich zuverlässig? Kritisiere ich, ohne zu verletzen? Insgesamt war dieses Feedback sehr positiv – und darüber freue ich mich wahnsinnig. Nur zwei Kritikpunkte tauchten in den Gesprächen öfter auf: Guten Morgen! Ich bin jeden Morgen um 7 Uhr in der Firma, meine Mitarbeiter fangen ab 7.30 Uhr an. Ich bin also schon mitten im Arbeitsprozess, wenn alle eintrudeln. Und weil mein Büro im ersten Stock ist, sehe ich einige meiner Leute an manchen Tagen erst mittags. Ich habe nun aber von einigen Mitarbeitern das Feedback bekommen, dass sie ein persönliches „Guten Morgen“ vermissen – so wie früher, als die Firma noch kleiner war. Ich nehme diesen Hinweis sehr ernst; der persönliche Kontakt hat für mich sehr viel mit Wertschätzung zu tun. Deshalb versuche ich mir nun morgens immer Zeit für eine Runde durch den Betrieb zu nehmen. Gleichzeitig sage ich aber auch ganz klar: „Manchmal ist mein Kalender so voll, dass ich das einfach nicht schaffe.“ Nach meiner Erfahrung hilft so eine Erklärung schon, mich besser zu verstehen – und sich weniger zu ärgern. Bin ich gestresst? Einige Mitarbeiter haben mir gesagt, dass ich manchmal ziemlich gestresst wirke. Das hat mich echt überrascht. Denn nachdem ich im letzten Frühjahr mit einem Motivationsloch zu kämpfen hatte, habe ich mir ganz bewusst Auszeiten genommen – und fühle mich gar nicht gestresst. Ich habe mich daher gefragt: Woran liegt das, dass ich so rüberkomme? Vielleicht daran, dass ich als Produktivitätsjunkie versuche, offene Fragen möglichst schnell und effizient zu klären? Wirkt das vielleicht kurz angebunden? Mein guter Vorsatz lautet jetzt: Ich will mir mehr Zeit nehmen, wenn Mitarbeiter Fragen haben, besser zuhören, nachfragen, ob auch wirklich alles gesagt ist und nicht drängeln. Außerdem habe ich wieder ein Schweige-Seminar gebucht. Das hilft mir hoffentlich, mich noch ruhiger und gelassener auf die Anliegen anderer einzulassen. Ob mir das gelingt? Das zeigt sich spätestens am Feedback meiner Mitarbeiter im nächsten Jahr.