Finanzielle Anreizsysteme
Warum Geld nicht motiviert

Mitarbeiter zu mehr Leistung antreiben, indem man Belohnungen verspricht? Davon hält impulse-Blogger Felix Leonhardt nicht viel. Warum mehr Geld seiner Meinung nach nicht mehr motiviert.

, von

Geld als Motivation? Finanzielle Anreizsysteme funktionieren nicht, sagt Felix Leonhardt.
Geld als Motivation? Finanzielle Anreizsysteme funktionieren nicht, sagt Felix Leonhardt.
© David-W- / photocase.de

Wir müssen über Geld sprechen. Geld motiviert nämlich nicht. Ich weiß, dass das fast schon kommunistisch klingt. Ist es aber nicht. Der Glaube, dass mehr Geld mehr motiviert, ist meiner Meinung nach einer der größten Managementfehler unserer Zeit.

Doch einen Schritt zurück: Folgt man der Managementlehre der vergangenen 80 Jahre, ist Geld ein sehr wichtiges Instrument, um Mitarbeiter zu belohnen und zu motivieren. Die meisten Anreizsysteme lassen sich einfach zusammenfassen: „Erreiche X und bekomme Y“. Wenn diese Systeme funktionieren würden, würde mehr Geld automatisch zu mehr Leistung führen. Das ist aber realitätsfern. Laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Gallup hat etwa jeder fünfte Arbeitnehmer innerlich gekündigt, 71 Prozent machen nur Dienst nach Vorschrift und fühlen sich nicht an ihren Arbeitgeber gebunden. Da diese Systeme, die Mitarbeiter eigentlich motivieren sollen, schlechte Ergebnisse erzielen, entwickeln Firmen immer komplexere Anreizsysteme. Die sehen dann so aus: „Erreiche X,Y und Z und suche dir eine Belohnung aus A,B und C aus“.

Nehmen wir eine Vertrieblerin als Beispiel: Das klassische Modell wäre eine Provision, zum Beispiel ein Prozent auf den Neukundenumsatz. Nach der Idee: mache mehr Umsatz, bekomme mehr Geld. Das komplexere System wäre: Wenn du über 1 Million Euro Umsatz machst, 90 Prozent Kundenzufriedenheit erreichst und 25 Neukunden gewinnst, kannst du dir aussuchen, ob du einen Bonus von 2500 Euro bekommst, einen besseren Firmenwagen oder fünf Urlaubstage. Noch komplexer werden solche Systeme durch unterschiedliche Erfolgsstufen.

Wenn Sie mich fragen, ob mich so ein Modell motivieren würde, besser zu arbeiten, würde ich lachen. Natürlich nicht. Ich arbeite für mein eigenes Unternehmen. Ich gebe alles, damit wir möglichst viele Schulmahlzeiten für Kinder in Entwicklungsländern ermöglichen können und unsere Vision von einer besseren Konsumgesellschaft Realität wird.

Nachteile finanzieller Anreizsysteme

Ich sehe drei wichtige negative Punkte an finanziellen Anreizsystemen:

  1. Das Menschenbild dahinter – der Mensch wird als mechanisch wahrgenommen: Ich gebe dieser Maschine Geld, und dann macht die Maschine deswegen etwas. Kein Mensch funktioniert so einfach. Und eine Organisation, die auf diesem Menschenbild aufgebaut ist, wird ihre Mitarbeiter nie so wertschätzen, wie es sich gehört.
  2. Je ganzheitlicher ein finanzielles Anreizsystem einen Job erfasst, desto besser kann es theoretisch funktionieren. Aber je ganzheitlicher das System ist, desto komplexer ist es – und desto weniger nachvollziehbar. Das führt dazu, dass Unternehmer Fehlanreize setzen – und sich womöglich eine „Dafür werde ich nicht bezahlt – das steht nicht in meiner Jobbeschreibung“-Einstellung ausbreitet. Oder noch schlimmer: „Das bringt mir nichts für meinen Bonus.“
  3. Externe Anreize zerstören intrinsische Motivation. Der amerikanische Psychologe und Autor Alfred Kohn hat dies in seinem Buch „Punished by Reward“ zusammengefasst, frei übersetzt: „Extrinsische Motivatoren sind nicht nur weniger erfolgreich als intrinsische Motivatoren (also das Interesse an der Aufgabe selbst), sie vermindern auch intrinsische Motivation und damit die Qualität der Arbeitsleistung.“ Dieser letzte Punkt ist für mich entscheidend: In dem Moment, in dem man für eine Sache extrinsisch „angereizt“ wird, verliert man die intrinsische Lust an der Aufgabe. Eine Studie ist mir aus dem Buch im Kopf geblieben: Der Versuch, Schüler zum Lesen außerhalb der Schule zu motivieren. Es wurden zwei Gruppen gebildet, die statistisch gesehen gleich viel lasen. Einer Gruppe versprach man, dass die Schüler zusätzliches Taschengeld bekommen, wenn sie eine gewisse Anzahl an Büchern lesen. Der anderen Gruppe wurde nichts versprochen. Nach mehreren Monaten stellten die Forscher fest: Die Gruppe, die zusätzliches Taschengeld bekommen konnte, las statistisch signifikant weniger gerne und vor allem gegen Ende der Studie viel weniger als die Schüler in der anderen Gruppe.

Der dritte Punkt ist so wichtig, dass ich ihn noch einmal betonen möchte: Wenn Chefs versuchen, Mitarbeiter durch äußere Anreize zu motivieren, können sie dadurch die eigentliche, die innere Motivation des Mitarbeiters verringern. Sie können durch solche klassischen Anreizsysteme ihren Mitarbeitern den Spaß an der Arbeit nehmen.

Ich frage mich: Wenn ich als Unternehmer intrinsisch motiviert bin, warum kann das nicht auch für mein ganzes Team gelten?  Warum gehen wir davon aus, dass wir Menschen „motivieren“ müssen?

Was mich und mein Team motiviert

Was mich und meine 17 Mitarbeiter motiviert, ist, gemeinsam eine bessere Konsumgesellschaft zu schaffen. Jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin ist am Unternehmen beteiligt, kann so viele Urlaubstage nehmen, wie er oder sie möchte, und weiß, was die anderen verdienen (mich eingeschlossen). Alle können wie Unternehmer denken – ob das auch noch funktioniert, wenn wir 150 oder 1500 Mitarbeiter sind, weiß ich nicht.

Das und unsere Vision motiviert mein Team – und nicht irgendein Bonus oder ein neuer Firmenwagen. Jeder von uns verdient natürlich auch Geld, nur ist das Gehalt niemals an unsere Leistungskennzahlen geknüpft. Perfekt ist das alles noch nicht. Aber dieses System stellt sicher, dass das Thema Gehalt zumindest nicht demotiviert. Und das ist meiner Meinung nach schon ein großer Erfolg.

Wir müssen über Geld sprechen. Geld motiviert nämlich nicht. Ich weiß, dass das fast schon kommunistisch klingt. Ist es aber nicht. Der Glaube, dass mehr Geld mehr motiviert, ist meiner Meinung nach einer der größten Managementfehler unserer Zeit. Doch einen Schritt zurück: Folgt man der Managementlehre der vergangenen 80 Jahre, ist Geld ein sehr wichtiges Instrument, um Mitarbeiter zu belohnen und zu motivieren. Die meisten Anreizsysteme lassen sich einfach zusammenfassen: "Erreiche X und bekomme Y". Wenn diese Systeme funktionieren würden, würde mehr Geld automatisch zu mehr Leistung führen. Das ist aber realitätsfern. Laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Gallup hat etwa jeder fünfte Arbeitnehmer innerlich gekündigt, 71 Prozent machen nur Dienst nach Vorschrift und fühlen sich nicht an ihren Arbeitgeber gebunden. Da diese Systeme, die Mitarbeiter eigentlich motivieren sollen, schlechte Ergebnisse erzielen, entwickeln Firmen immer komplexere Anreizsysteme. Die sehen dann so aus: "Erreiche X,Y und Z und suche dir eine Belohnung aus A,B und C aus". Nehmen wir eine Vertrieblerin als Beispiel: Das klassische Modell wäre eine Provision, zum Beispiel ein Prozent auf den Neukundenumsatz. Nach der Idee: mache mehr Umsatz, bekomme mehr Geld. Das komplexere System wäre: Wenn du über 1 Million Euro Umsatz machst, 90 Prozent Kundenzufriedenheit erreichst und 25 Neukunden gewinnst, kannst du dir aussuchen, ob du einen Bonus von 2500 Euro bekommst, einen besseren Firmenwagen oder fünf Urlaubstage. Noch komplexer werden solche Systeme durch unterschiedliche Erfolgsstufen. Wenn Sie mich fragen, ob mich so ein Modell motivieren würde, besser zu arbeiten, würde ich lachen. Natürlich nicht. Ich arbeite für mein eigenes Unternehmen. Ich gebe alles, damit wir möglichst viele Schulmahlzeiten für Kinder in Entwicklungsländern ermöglichen können und unsere Vision von einer besseren Konsumgesellschaft Realität wird. Nachteile finanzieller Anreizsysteme Ich sehe drei wichtige negative Punkte an finanziellen Anreizsystemen: Das Menschenbild dahinter - der Mensch wird als mechanisch wahrgenommen: Ich gebe dieser Maschine Geld, und dann macht die Maschine deswegen etwas. Kein Mensch funktioniert so einfach. Und eine Organisation, die auf diesem Menschenbild aufgebaut ist, wird ihre Mitarbeiter nie so wertschätzen, wie es sich gehört. Je ganzheitlicher ein finanzielles Anreizsystem einen Job erfasst, desto besser kann es theoretisch funktionieren. Aber je ganzheitlicher das System ist, desto komplexer ist es - und desto weniger nachvollziehbar. Das führt dazu, dass Unternehmer Fehlanreize setzen - und sich womöglich eine "Dafür werde ich nicht bezahlt - das steht nicht in meiner Jobbeschreibung"-Einstellung ausbreitet. Oder noch schlimmer: "Das bringt mir nichts für meinen Bonus." Externe Anreize zerstören intrinsische Motivation. Der amerikanische Psychologe und Autor Alfred Kohn hat dies in seinem Buch "Punished by Reward" zusammengefasst, frei übersetzt: "Extrinsische Motivatoren sind nicht nur weniger erfolgreich als intrinsische Motivatoren (also das Interesse an der Aufgabe selbst), sie vermindern auch intrinsische Motivation und damit die Qualität der Arbeitsleistung." Dieser letzte Punkt ist für mich entscheidend: In dem Moment, in dem man für eine Sache extrinsisch "angereizt" wird, verliert man die intrinsische Lust an der Aufgabe. Eine Studie ist mir aus dem Buch im Kopf geblieben: Der Versuch, Schüler zum Lesen außerhalb der Schule zu motivieren. Es wurden zwei Gruppen gebildet, die statistisch gesehen gleich viel lasen. Einer Gruppe versprach man, dass die Schüler zusätzliches Taschengeld bekommen, wenn sie eine gewisse Anzahl an Büchern lesen. Der anderen Gruppe wurde nichts versprochen. Nach mehreren Monaten stellten die Forscher fest: Die Gruppe, die zusätzliches Taschengeld bekommen konnte, las statistisch signifikant weniger gerne und vor allem gegen Ende der Studie viel weniger als die Schüler in der anderen Gruppe. Der dritte Punkt ist so wichtig, dass ich ihn noch einmal betonen möchte: Wenn Chefs versuchen, Mitarbeiter durch äußere Anreize zu motivieren, können sie dadurch die eigentliche, die innere Motivation des Mitarbeiters verringern. Sie können durch solche klassischen Anreizsysteme ihren Mitarbeitern den Spaß an der Arbeit nehmen. Ich frage mich: Wenn ich als Unternehmer intrinsisch motiviert bin, warum kann das nicht auch für mein ganzes Team gelten?  Warum gehen wir davon aus, dass wir Menschen "motivieren" müssen? Was mich und mein Team motiviert Was mich und meine 17 Mitarbeiter motiviert, ist, gemeinsam eine bessere Konsumgesellschaft zu schaffen. Jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin ist am Unternehmen beteiligt, kann so viele Urlaubstage nehmen, wie er oder sie möchte, und weiß, was die anderen verdienen (mich eingeschlossen). Alle können wie Unternehmer denken - ob das auch noch funktioniert, wenn wir 150 oder 1500 Mitarbeiter sind, weiß ich nicht. Das und unsere Vision motiviert mein Team - und nicht irgendein Bonus oder ein neuer Firmenwagen. Jeder von uns verdient natürlich auch Geld, nur ist das Gehalt niemals an unsere Leistungskennzahlen geknüpft. Perfekt ist das alles noch nicht. Aber dieses System stellt sicher, dass das Thema Gehalt zumindest nicht demotiviert. Und das ist meiner Meinung nach schon ein großer Erfolg.
Mehr lesen über