Führen durch Vorbild
Wie Ihre Schwächen auf Ihr Team abfärben – und wie Sie das ändern

Führungskräfte sind Vorbilder für ihr Team, im Guten wie im Schlechten. Eine Coachin erklärt, an welchen persönlichen Schwächen Chefs und Chefinnen arbeiten sollten – und was vorbildliche Führungskräfte ausmacht.

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Führen durch Vorbild
© ndanko / photocase.de

impulse: Frau Aumaier, Sie beraten seit 20 Jahren Führungskräfte – was ist Ihrer Erfahrung nach das Hauptmerkmal vorbildlicher Chefs und Chefinnen?
Veronika Aumaier: Dass sie ihre Rolle als Führungskraft und Vorbild im Alltag immer mitdenken.

Warum ist das so wichtig für die Vorbildfunktion?
Unternehmerinnen und Unternehmer treffen große Entscheidungen, bestimmen über den Weg der Firma. Das macht sie zu einer Art natürlichem Vorbild – ähnlich wie es Eltern und Lehrer sind.

Am Verhalten solcher Vorbilder richten wir Menschen uns aus: Wir imitieren es – oder lehnen uns dagegen auf. Ob Sie es also wollen oder nicht: Als Chef oder Chefin legen Sie über Ihr eigenes Verhalten fest, wie die Unternehmenskultur aussieht, welcher Umgang miteinander herrscht, in welchem Ton gesprochen wird. Ihre Mitarbeiter werden spiegeln, was Sie tun.

Wie verhält sich denn eine vorbildliche Führungskraft?
Deutlich anders als früher. Bis vor ein, zwei Jahrzehnten hat es gereicht, fachlich gut zu sein, also beispielsweise ein Spitzen-Ingenieur. Und dann als Unternehmensinhaber zu sagen: „Wir machen das jetzt so und so“. Es war okay, ab und an aus der Haut zu fahren und zu brüllen. So etwas geht heute gar nicht mehr. Führungskräfte müssen nicht mehr unbedingt fachlich die Besten im Unternehmen sein. Viel wichtiger sind „Soft Facts“.

Was heißt das?
Chefs und Chefinnen haben vor allem eine mentale Vorbildfunktion. Sie sollten Gelassenheit vorleben, einen realistischen Optimismus, eine Haltung von: „Wir schaffen das!“. Ohne diese mentale Stärke bringt Ihnen das beste Fachwissen der Welt nichts. Sie werden ein Team nicht vorbildhaft durch Zeiten wie diese bringen.

Sie meinen krisengeprägte Zeiten, wie jetzt etwa durch Krieg und Inflation?
Genau das. Ich meine aber auch die Geschwindigkeit, mit der sich Rahmenbedingungen ändern: Die ist so groß wie nie. Arbeitsabläufe und Arbeitsbedingungen werden komplexer. Ununterbrochen geschieht etwas Unvorhergesehenes, zu dem es keine Erfahrungen aus der Vergangenheit gibt und für das man von einer Sekunde auf die andere Lösungen finden muss.

Und gerade weil die Zeiten so unsicher sind, müssen Sie als Chef oder Chefin emotionale Stärke und Gelassenheit vorleben. Nur dann können Teams stabil bleiben – und daran glauben, dass das Unternehmen, in dem sie arbeiten, eine Zukunft hat.

Wie mache ich das konkret?
Reflektieren Sie Ihre Rolle. Überlegen Sie sich ganz genau: Wie möchte ich, dass meine Mitarbeitenden sich verhalten? Wie sollte ich mich selbst verhalten, um vorzuleben, was ich mir von den anderen wünsche? Welche Fähigkeiten und Eigenschaften brauche ich dafür? Und dann versuchen Sie, im Alltag entsprechend zu handeln.

Daraus ergibt sich zum Beispiel: Überschießende Emotionen können Sie sich als Chef oder Chefin nicht leisten. Das ist das Gegenteil von Gelassenheit. Wer cholerisch auftritt, Leute für Fehler niedermacht, Frust oder Ärger unmittelbar zeigt, fällt als Führungskraft aus seiner Rolle. Und lebt damit den Mitarbeitenden vor: Ihr dürft auch aus der Rolle fallen!

Aber ist es nicht menschlich, auch mal gefrustet zu sein?
Menschlich ist es zwar, aber mit so einer Reaktion ignorieren Sie den Kontext Ihrer Arbeit. Sie handeln im Unternehmen nun mal nicht als Privatperson, sondern Sie führen andere durch Vorbild.

Wenn Sie da eklatante Schwächen bemerken, etwa, dass Sie Impulse nicht kontrollieren können und Frust ungefiltert teilen, dann sollten Sie Mittel und Wege suchen, um sich das abzutrainieren. Auch persönliche Befindlichkeiten oder Meinungen haben im Kontext Ihrer Führungsrolle nichts zu suchen.

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Zur Person
Veronika Aumaier ist systemische Coachin. Sie hat 20 Jahre lang in leitenden HR-Funktionen bei internationalen Konzernen gearbeitet, ehe sie 2005 ihr Coachingunternehmen gründete. Seither berät sie Top-Führungskräfte, insbesondere zu Strategie-, Struktur- und Personalführungsthemen.

Ich darf als Chefin nicht mehr meine Meinung sagen?
Doch, sicher. Aber sie darf nicht allein Ihr Handeln bestimmen. Es ist wie bei einer Richterin: In ihrer Rolle muss sie den Gesetzen gemäß Recht sprechen. Privat dagegen kann sie einige Regelungen ungut finden und dem auch Ausdruck verleihen – etwa indem sie sich für Änderungen im Asylrecht engagiert.

Haben Sie ein Beispiel aus dem Alltag von Unternehmerinnen und Unternehmern?
Nehmen Sie die Diskussionen um die Frage, ob und in welchem Umgang Betriebe auch nach der Pandemie Homeoffice anbieten sollten. Wenn Sie beispielsweise ein produzierendes Unternehmen führen, kann es sein, dass sich die Mitarbeitenden aus der Verwaltung Homeoffice-Tage wünschen, während die Kolleginnen und Kollegen aus der Produktion vor Ort sein müssen. Möglicherweise finden Sie persönlich Homeoffice blöd. Wenn Sie aber allen Angestellten sagen: „Homeoffice ist für mich neumodischer Mist. Das verkompliziert alles und ist ungerecht gegenüber den Mitarbeitern der Produktion. Wir machen das nicht.“ …

… dann treffe ich als Chefin eine Entscheidung. Das ist doch mein Job.
Aber Sie entscheiden dann allein auf Basis Ihrer persönlichen Meinung. Sie verleihen Ihren Gefühlen ungefiltert Ausdruck und beziehen das Team nicht ein. Kurz: Sie fallen aus der Rolle. Und was werden sich Ihre Mitarbeitenden abschauen? Dass auch sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen und ihren Stiefel durchziehen können.

Als Chefin muss ich mich also immer verstellen und zurückhalten?
Natürlich nicht! Aber Sie sollten Ihre Haltung reflektieren, sie überlegt äußern und die Belegschaft möglichst in Entscheidungen einbinden, die sie unmittelbar betreffen. Was beim Stichwort Homeoffice ja der Fall ist.

Wie könnte in diesem Beispiel ein vorbildliches Verhalten aussehen?
Sie könnten etwa sagen: „Ganz ehrlich, Leute, so etwas wie Homeoffice ist echt neu für mich und ich tue mich ein wenig schwer damit. Aber die Zeiten ändern sich und ich will mich mitändern. Es gibt gute Gründe für Homeoffice – und gute Gründe dagegen. Lasst uns zusammen schauen, wie wir beiden Seiten gerecht werden können. Lasst uns eine Struktur entwickeln und ein Rahmenwerk gestalten, das allen Bedürfnissen Rechnung trägt.“

Das klingt anspruchsvoll und auch anstrengend.
Ja, schon. Aber Lösungen zu finden, die gut für die Mitarbeitenden und das Unternehmen sind, ist nun mal die Aufgabe von Chefs und Chefinnen. Wenn sie dabei reflektiert und umsichtig vorgehen, zeigen sie genau das, was Sie als Vorbild zeigen sollten: innere Stärke, Gelassenheit und eine klare, respektvolle Art zu kommunizieren.

Ich sollte also auch meine Art zu reden an die Rolle als Chefin anpassen?
Unbedingt! Es kann ja sein, dass Sie persönlich zum Beispiel gern ironisch oder sarkastisch sprechen. Als Chef oder Chefin geht das aber gar nicht. Denn Sie wollen wahrscheinlich, dass Ihre Mitarbeitenden klar, freundlich und wertschätzend miteinander sprechen. Ironische und sarkastische Kommentare und Scherze gehen immer auf Kosten von irgendwem. Wenn Sie die machen, vermitteln Sie also das Gegenteil von dem, was Sie sich von den anderen wünschen. Deshalb haben Sie solche persönlichen Kommunikationsmuster zu brechen. Und Sie müssen auch einschreiten, wenn andere aus dem Team so reden.

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Welche Eigenheiten sollte ich als Chefin sonst noch ändern?
Alles, was Ihnen die Vorbildfunktion raubt. Etwa die Scheu, Vorgaben zu machen, wie die Arbeit zu erledigen ist. Oder eine „Regelt das unter euch!“-Haltung, wenn es im Team zu Konflikten kommt. Ein „Mensch als Maschine“-Denken, das nur auf Effizienz ausgerichtet ist und geselligem Miteinander zu wenig Raum gibt. Und natürlich übersteigerten Perfektionismus und Einsatz. Der kann sich etwa darin zeigen, dass Sie jeden Tag 15 Stunden arbeiten – und auch dann noch, wenn Sie krank sind.

Haben Sie ein Beispiel für eine persönliche Schwäche, die Sie okay finden?
Unpünktlichkeit.

Wie bitte? Ich darf als Chefin zu spät kommen?
Wenn Sie diese Schwäche im gleichen Maß bei Mitarbeitenden tolerieren können: ja. Dann könnten Sie beispielsweise Meetings so planen, dass Ihre und Karin Meiers Themen ans Ende der Tagesordnung kommen – wenn Sie beide oft 15 Minuten zu spät kommen.

Aber dann werden die Pünktlichen im Team doch wahnsinnig?
Anfangs schon. Aber es gibt in Gruppen einen Anpassungsdruck an den, der die Gruppe führt. Wer sich nicht anpassen kann, Unpünktlichkeit also gar nicht aushält, wird anfangs über diese vermeintliche Unsitte meckern – und irgendwann kündigen. Wenn Sie das als Chefin akzeptieren können, dürfen Sie unpünktlich sein.

Und was, wenn ich keine unpünktlichen Mitarbeitenden will, diese Schwäche bei mir selbst aber einfach nicht abstellen kann?
Dann sollten Sie sich jemand Zweites an die Seite holen, der pünktlich ist und Sie idealerweise auch in anderen Bereichen ergänzt. Die Rolle als Führungskraft auf zwei Schultern zu verteilen, ist immer eine gute Idee, wenn man bei sich Schwächen bemerkt, die schwer abzustellen sind.

Zum Beispiel?
Etwa, wenn Sie nicht gern Entscheidungen treffen. Chefs und Chefinnen müssen das aber tun. Sonst entscheidet niemand – oder aber Mitarbeitende tun es, ohne aber wirklich die Verantwortung für die Entscheidung zu übernehmen.

Wichtig: Eine zweite Kraft muss auf der gleichen Ebene stehen wie Sie selbst. Denn Chefaufgaben ins Team zu delegieren, führt zu Rollenkonflikten. Das geht immer schief.

impulse: Frau Aumaier, Sie beraten seit 20 Jahren Führungskräfte – was ist Ihrer Erfahrung nach das Hauptmerkmal vorbildlicher Chefs und Chefinnen? Veronika Aumaier: Dass sie ihre Rolle als Führungskraft und Vorbild im Alltag immer mitdenken. Warum ist das so wichtig für die Vorbildfunktion? Unternehmerinnen und Unternehmer treffen große Entscheidungen, bestimmen über den Weg der Firma. Das macht sie zu einer Art natürlichem Vorbild – ähnlich wie es Eltern und Lehrer sind. Am Verhalten solcher Vorbilder richten wir Menschen uns aus: Wir imitieren es – oder lehnen uns dagegen auf. Ob Sie es also wollen oder nicht: Als Chef oder Chefin legen Sie über Ihr eigenes Verhalten fest, wie die Unternehmenskultur aussieht, welcher Umgang miteinander herrscht, in welchem Ton gesprochen wird. Ihre Mitarbeiter werden spiegeln, was Sie tun. Wie verhält sich denn eine vorbildliche Führungskraft? Deutlich anders als früher. Bis vor ein, zwei Jahrzehnten hat es gereicht, fachlich gut zu sein, also beispielsweise ein Spitzen-Ingenieur. Und dann als Unternehmensinhaber zu sagen: "Wir machen das jetzt so und so". Es war okay, ab und an aus der Haut zu fahren und zu brüllen. So etwas geht heute gar nicht mehr. Führungskräfte müssen nicht mehr unbedingt fachlich die Besten im Unternehmen sein. Viel wichtiger sind „Soft Facts“. Was heißt das? Chefs und Chefinnen haben vor allem eine mentale Vorbildfunktion. Sie sollten Gelassenheit vorleben, einen realistischen Optimismus, eine Haltung von: „Wir schaffen das!“. Ohne diese mentale Stärke bringt Ihnen das beste Fachwissen der Welt nichts. Sie werden ein Team nicht vorbildhaft durch Zeiten wie diese bringen. Sie meinen krisengeprägte Zeiten, wie jetzt etwa durch Krieg und Inflation? Genau das. Ich meine aber auch die Geschwindigkeit, mit der sich Rahmenbedingungen ändern: Die ist so groß wie nie. Arbeitsabläufe und Arbeitsbedingungen werden komplexer. Ununterbrochen geschieht etwas Unvorhergesehenes, zu dem es keine Erfahrungen aus der Vergangenheit gibt und für das man von einer Sekunde auf die andere Lösungen finden muss. Und gerade weil die Zeiten so unsicher sind, müssen Sie als Chef oder Chefin emotionale Stärke und Gelassenheit vorleben. Nur dann können Teams stabil bleiben - und daran glauben, dass das Unternehmen, in dem sie arbeiten, eine Zukunft hat. Wie mache ich das konkret? Reflektieren Sie Ihre Rolle. Überlegen Sie sich ganz genau: Wie möchte ich, dass meine Mitarbeitenden sich verhalten? Wie sollte ich mich selbst verhalten, um vorzuleben, was ich mir von den anderen wünsche? Welche Fähigkeiten und Eigenschaften brauche ich dafür? Und dann versuchen Sie, im Alltag entsprechend zu handeln. Daraus ergibt sich zum Beispiel: Überschießende Emotionen können Sie sich als Chef oder Chefin nicht leisten. Das ist das Gegenteil von Gelassenheit. Wer cholerisch auftritt, Leute für Fehler niedermacht, Frust oder Ärger unmittelbar zeigt, fällt als Führungskraft aus seiner Rolle. Und lebt damit den Mitarbeitenden vor: Ihr dürft auch aus der Rolle fallen! Aber ist es nicht menschlich, auch mal gefrustet zu sein? Menschlich ist es zwar, aber mit so einer Reaktion ignorieren Sie den Kontext Ihrer Arbeit. Sie handeln im Unternehmen nun mal nicht als Privatperson, sondern Sie führen andere durch Vorbild. Wenn Sie da eklatante Schwächen bemerken, etwa, dass Sie Impulse nicht kontrollieren können und Frust ungefiltert teilen, dann sollten Sie Mittel und Wege suchen, um sich das abzutrainieren. Auch persönliche Befindlichkeiten oder Meinungen haben im Kontext Ihrer Führungsrolle nichts zu suchen. [zur-person] Ich darf als Chefin nicht mehr meine Meinung sagen? Doch, sicher. Aber sie darf nicht allein Ihr Handeln bestimmen. Es ist wie bei einer Richterin: In ihrer Rolle muss sie den Gesetzen gemäß Recht sprechen. Privat dagegen kann sie einige Regelungen ungut finden und dem auch Ausdruck verleihen – etwa indem sie sich für Änderungen im Asylrecht engagiert. Haben Sie ein Beispiel aus dem Alltag von Unternehmerinnen und Unternehmern? Nehmen Sie die Diskussionen um die Frage, ob und in welchem Umgang Betriebe auch nach der Pandemie Homeoffice anbieten sollten. Wenn Sie beispielsweise ein produzierendes Unternehmen führen, kann es sein, dass sich die Mitarbeitenden aus der Verwaltung Homeoffice-Tage wünschen, während die Kolleginnen und Kollegen aus der Produktion vor Ort sein müssen. Möglicherweise finden Sie persönlich Homeoffice blöd. Wenn Sie aber allen Angestellten sagen: „Homeoffice ist für mich neumodischer Mist. Das verkompliziert alles und ist ungerecht gegenüber den Mitarbeitern der Produktion. Wir machen das nicht.“ … … dann treffe ich als Chefin eine Entscheidung. Das ist doch mein Job. Aber Sie entscheiden dann allein auf Basis Ihrer persönlichen Meinung. Sie verleihen Ihren Gefühlen ungefiltert Ausdruck und beziehen das Team nicht ein. Kurz: Sie fallen aus der Rolle. Und was werden sich Ihre Mitarbeitenden abschauen? Dass auch sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen und ihren Stiefel durchziehen können. Als Chefin muss ich mich also immer verstellen und zurückhalten? Natürlich nicht! Aber Sie sollten Ihre Haltung reflektieren, sie überlegt äußern und die Belegschaft möglichst in Entscheidungen einbinden, die sie unmittelbar betreffen. Was beim Stichwort Homeoffice ja der Fall ist. Wie könnte in diesem Beispiel ein vorbildliches Verhalten aussehen? Sie könnten etwa sagen: „Ganz ehrlich, Leute, so etwas wie Homeoffice ist echt neu für mich und ich tue mich ein wenig schwer damit. Aber die Zeiten ändern sich und ich will mich mitändern. Es gibt gute Gründe für Homeoffice – und gute Gründe dagegen. Lasst uns zusammen schauen, wie wir beiden Seiten gerecht werden können. Lasst uns eine Struktur entwickeln und ein Rahmenwerk gestalten, das allen Bedürfnissen Rechnung trägt.“ [mehr-zum-thema] Das klingt anspruchsvoll und auch anstrengend. Ja, schon. Aber Lösungen zu finden, die gut für die Mitarbeitenden und das Unternehmen sind, ist nun mal die Aufgabe von Chefs und Chefinnen. Wenn sie dabei reflektiert und umsichtig vorgehen, zeigen sie genau das, was Sie als Vorbild zeigen sollten: innere Stärke, Gelassenheit und eine klare, respektvolle Art zu kommunizieren. Ich sollte also auch meine Art zu reden an die Rolle als Chefin anpassen? Unbedingt! Es kann ja sein, dass Sie persönlich zum Beispiel gern ironisch oder sarkastisch sprechen. Als Chef oder Chefin geht das aber gar nicht. Denn Sie wollen wahrscheinlich, dass Ihre Mitarbeitenden klar, freundlich und wertschätzend miteinander sprechen. Ironische und sarkastische Kommentare und Scherze gehen immer auf Kosten von irgendwem. Wenn Sie die machen, vermitteln Sie also das Gegenteil von dem, was Sie sich von den anderen wünschen. Deshalb haben Sie solche persönlichen Kommunikationsmuster zu brechen. Und Sie müssen auch einschreiten, wenn andere aus dem Team so reden. Welche Eigenheiten sollte ich als Chefin sonst noch ändern? Alles, was Ihnen die Vorbildfunktion raubt. Etwa die Scheu, Vorgaben zu machen, wie die Arbeit zu erledigen ist. Oder eine „Regelt das unter euch!“-Haltung, wenn es im Team zu Konflikten kommt. Ein „Mensch als Maschine“-Denken, das nur auf Effizienz ausgerichtet ist und geselligem Miteinander zu wenig Raum gibt. Und natürlich übersteigerten Perfektionismus und Einsatz. Der kann sich etwa darin zeigen, dass Sie jeden Tag 15 Stunden arbeiten - und auch dann noch, wenn Sie krank sind. Haben Sie ein Beispiel für eine persönliche Schwäche, die Sie okay finden? Unpünktlichkeit. Wie bitte? Ich darf als Chefin zu spät kommen? Wenn Sie diese Schwäche im gleichen Maß bei Mitarbeitenden tolerieren können: ja. Dann könnten Sie beispielsweise Meetings so planen, dass Ihre und Karin Meiers Themen ans Ende der Tagesordnung kommen – wenn Sie beide oft 15 Minuten zu spät kommen. Aber dann werden die Pünktlichen im Team doch wahnsinnig? Anfangs schon. Aber es gibt in Gruppen einen Anpassungsdruck an den, der die Gruppe führt. Wer sich nicht anpassen kann, Unpünktlichkeit also gar nicht aushält, wird anfangs über diese vermeintliche Unsitte meckern – und irgendwann kündigen. Wenn Sie das als Chefin akzeptieren können, dürfen Sie unpünktlich sein. Und was, wenn ich keine unpünktlichen Mitarbeitenden will, diese Schwäche bei mir selbst aber einfach nicht abstellen kann? Dann sollten Sie sich jemand Zweites an die Seite holen, der pünktlich ist und Sie idealerweise auch in anderen Bereichen ergänzt. Die Rolle als Führungskraft auf zwei Schultern zu verteilen, ist immer eine gute Idee, wenn man bei sich Schwächen bemerkt, die schwer abzustellen sind. Zum Beispiel? Etwa, wenn Sie nicht gern Entscheidungen treffen. Chefs und Chefinnen müssen das aber tun. Sonst entscheidet niemand – oder aber Mitarbeitende tun es, ohne aber wirklich die Verantwortung für die Entscheidung zu übernehmen. Wichtig: Eine zweite Kraft muss auf der gleichen Ebene stehen wie Sie selbst. Denn Chefaufgaben ins Team zu delegieren, führt zu Rollenkonflikten. Das geht immer schief.
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