Jahresgespräch
Die magische Kraft von Feedback im Unternehmen

Im Jahresgespräch haben Chefs die Chance, das Wachstum ihrer Mitarbeiter zu fördern. Ein Plädoyer für die Kraft von konstruktivem Feedback - und sechs Tipps, wie das Gespräch ein Erfolg wird.

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Sie sind mit den Leistungen Ihres Mitarbeiters zufrieden? Dann sagen Sie ihm das im Jahresgespräch mit klaren Worten. Ebenso unmissverständlich sollte auch Ihre Kritik ausfallen.
Sie sind mit den Leistungen Ihres Mitarbeiters zufrieden? Dann sagen Sie ihm das im Jahresgespräch mit klaren Worten. Ebenso unmissverständlich sollte auch Ihre Kritik ausfallen.
© weerapat1003 / Fotolia.com

In seinem neuen Buch „Das anständige Unternehmen“ setzt sich Management-Guru Reinhard K. Sprenger dafür ein, standardisierte Mitarbeitergespräche abzuschaffen – eine Forderung, die er auch im impulse-Interview „Hört auf, Mitarbeiter wie Kinder zu behandeln“ bekräftigte. Christian Jäger sieht das anders: „Ich würde sehr gerne aufzeigen, was Feedback für ein großartiges Tool darstellt“, schrieb der erfahrene Geschäftsmann, der heute als Business Consultant und Coach in München arbeitet, an die impulse-Redaktion. Im Folgenden veröffentlichen wir seine Replik.


Jetzt stehen sie wieder an: die Mitarbeitergespräche, bei denen Chefs ihren Mitarbeitern sagen, wie denn das Jahr so gelaufen ist. Viele Mitarbeiter haben vorher ein ungutes Gefühl, manchmal sogar Angst. „Ich muss Ihnen Feedback geben, denn mit Ihrer Leistung bin ich nicht zufrieden“, so oder ähnlich tönt es nicht nur da. Wenn noch eine Schippe draufgelegt werden soll, werden mögliche Konsequenzen in Aussicht gestellt – nicht nur im Jahresgespräch, sondern auch zwischendurch.

Die Tücken der subjektiven Wahrnehmung

Dabei bedeutet der Begriff „Feedback“ frei übersetzt nichts anderes als „Rückkopplung“ zu etwas, was geschehen ist oder was man beobachtet hat. Das Geschehene als diskutierbarer Fakt – das mag zunächst seltsam klingen. Aber hier kommt unser „persönlicher Filter“ ins Spiel: die subjektive Wahrnehmung.

Geht es darum, (persönliche) Defizite aufzuzeigen, geraten Chef und Mitarbeiter schnell aneinander. Stellen Sie sich beispielhaft nur mal einen Tischler-Azubi vor, der einen Hocker bauen soll. Höhe, Material, Verarbeitung: Der Chef hat alles genau definiert. Der Azubi macht sich an die Arbeit und liefert den Hocker zwei Tage später freudestrahlend ab. Er hat sich sehr bemüht und sogar Überstunden gemacht. Er würde sich eine Eins geben. Der Chef begutachtet den Hocker und stellt fest, dass es doch einige Mängel gibt. Zwei unterschiedliche Wahrnehmungen – der eine sieht ein Meisterstück und erwartet Lob und Anerkennung (weil er sich besonders angestrengt hat), der andere hingegen sieht Handlungsbedarf (weil er auch kleinste Abweichungen findet).

Was habe ich wahrgenommen („Eigenwahrnehmung“), was hast Du wahrgenommen („Fremdwahrnehmung“) – dazwischen können Welten liegen. Gute Chefs verstehen das und sind in der Lage, in einem Feedbackgespräch auch mit solch unterschiedlichen Sichtweisen umzugehen – ohne bei der Mitarbeiterbeurteilung den Angestellten zu demotivieren! Das gilt auch für das Jahresgespräch.

Informationen helfen, Ängste abzubauen

Damit vor den Jahresgesprächen mulmige Gefühle bei Ihren Mitarbeitern erst gar nicht aufkommen, sollten Sie Ihr Team am besten zu einer Vorbesprechung einladen und dort sehr genau die besondere Kraft von Zielen und von Feedback erläutern. So stellen Sie sicher, dass jeder das gebotene, gemeinsame Verständnis bekommt.

Erläutern Sie auch den Ablauf der Einzelgespräche – Sie haben doch nichts zu verbergen, oder? Es schafft Vertrauen und baut Barrieren, Befürchtungen und Ängste ab, wenn jeder weiß, was auf ihn zukommt und sich auf sein Gespräch vorbereiten kann. Erst in den folgenden Tagen führen Sie Ihre Jahresgespräche. Sie werden begeistert sein, wie angenehm und konstruktiv die Atmosphäre dabei sein wird!

Unser Experte
[caption id="attachment_2147371" align="alignnone" width="130"]christian-jaeger © Christian Jäger[/caption] Christian Jäger war mehr als 25 Jahre in Vertrieb, Marketing und später als Führungskraft in internationalen Konzernen tätig. Als Business Consultant und Coach unterstützt er heute Führungskräfte und Unternehmen in Fragen der internen und externen Kommunikation.

Wenn Feedback fehlt

Wie wichtig Rückmeldungen des Vorgesetzten sind, zeigt sich vor allem dann, wenn sie fehlen. Ohne Feedback fühlen sich Mitarbeiter unsicher und isoliert; womöglich führt das irgendwann sogar zur Kündigung. Denn ja, es gibt sie immer noch: Fälle, in denen ein Mitarbeiter fortlaufend Dinge „falsch“ macht – und keiner spricht mit ihm. Und auch den offenen Hosenknopf, das winzige Salatblättchen zwischen den Zähnen, den Knoblauch vom Vortag – und keiner sagt was. Feedback? Fehlanzeige. Lieber wegsehen, tuscheln – aber was sagen? Nein. Die Konsequenz: Unsicherheit, das Gefühl, keine Freunde zu haben und nicht gewollt zu sein.

Dabei ist Feedback menschlich und natürlich veranlagt. Schon in der Familie, im Kinderhort und später in der Schule heißt es wer-weiß-wie-oft am Tag: „Du hast mir beim Fußball gegen das Schienbein getreten, das hat mir weh getan. Das war gegen unsere Spielregeln. Pass künftig gefälligst auf und spiele defensiver!“ oder aber auch: „Du hast mir ein Geschenk gebastelt; das ist sehr schön, vielen Dank, darüber habe ich mich sehr gefreut.“

Anscheinend verkümmert dieses Verhalten in der Pubertät und mit zunehmendem Alter unter dem Eindruck, Leistung erbringen zu müssen, oder wenn Wettbewerb untereinander gesucht und geschürt wird. Im Unternehmen sind daher gut ausgebildete und verständnisvolle Führungskräfte gefragt, die die Kraft von Feedback erkannt haben und konsequent danach führen.

Feedback in der Unternehmenskultur verankern

Die Unternehmensleitung ist gut beraten, Feedback in der Unternehmenskultur zu verankern und durch das eigene Verhalten vorzuleben. Es ist das einfachste, wirkungsvollste und ertragreichste Instrument, um Mitarbeitern ein erfülltes Arbeitsleben zu bieten und den langfristigen Unternehmenserfolg zu sichern. Dafür gibt es viele gute Beispiele. Feedback ist etwas Wunderbares!

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
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Tipps fürs Jahresgespräch

Vorher Ziele vereinbaren
Der Vorgesetzte vereinbart in einem Zielvereinbarungsgespräch mit dem Mitarbeiter eindeutig formulierte Ziele, Erwartungen oder Pläne. Diese soll der Mitarbeiter in einer definierten Zeit erreichen: etwa in einem Geschäftsjahr oder einem kürzeren Zeitraum – je nachdem, wann man sich wiedersehen will, um den Grad der Erreichung zu besprechen, das heißt Feedback zu geben. Die getroffenen Vereinbarungen übernehmen im Feedbackgespräch die Funktion eines Filters, der das persönliche Empfinden in gemeinsame Bahnen lenkt.

Dem Mitarbeiter zuerst das Wort erteilen
Im Feedbackgespräch betrachten Chef und Mitarbeiter gemeinsam, wie sich das Erreichte zum Vereinbarten verhält. Dabei hat es sich bewährt, dass zunächst der Mitarbeiter darstellt, was er gemacht hat und inwieweit dies aus seiner Sicht den Erwartungen entspricht.

Beispiele nennen
Erst dann meldet sich der Vorgesetzte zu Wort und gibt sein Feedback. Mit dem gebotenen Einfühlungsvermögen wird er zunächst das Ziel/die Erwartung widergegeben und dann erläutern, was er beobachtet hat. Ein guter Chef wird auch geeignete Beispiele benennen, an denen er Erwartungen und Erreichtes abgleicht. Er beachtet die Feedbackregeln.

Vorschläge machen
Der Chef macht Vorschläge, was zu tun ist, um Abweichungen zu korrigieren, und legt gemeinsam mit dem Mitarbeiter die nächsten Schritte fest. Denn damit wird Feedback wirklich konstruktiv!

Lob und Kritik klar und offen äußern
Bei guten Leistungen darf selbstverständlich ein ehrliches „Das hast Du gut gemacht“ nicht fehlen. Ebenso wie ein „Das hättest Du besser machen können“ oder „Damit hast Du mich enttäuscht“  angebracht ist, wenn es ein Manko gibt, welches auszumerzen ist. Klarheit und Offenheit von Anfang an – auch im Feedback! Entscheidend ist, dass Mitarbeiter in ihrer Leistung bestätigt werden. Oder dass sie aufgezeigt bekommen, was sie tun müssen, um besser – oder noch besser – zu werden.

Wachstum fördern
Zum Abschluss vereinbaren Chef und Mitarbeiter gegebenenfalls gemeinsam Schritte, die dem persönlichen Wachstum des Mitarbeiters und dem der Firma dienen. Denn nur mit dieser Klarheit sind Veränderungen und Prosperität überhaupt möglich.

In seinem neuen Buch "Das anständige Unternehmen" setzt sich Management-Guru Reinhard K. Sprenger dafür ein, standardisierte Mitarbeitergespräche abzuschaffen - eine Forderung, die er auch im impulse-Interview "Hört auf, Mitarbeiter wie Kinder zu behandeln" bekräftigte. Christian Jäger sieht das anders: "Ich würde sehr gerne aufzeigen, was Feedback für ein großartiges Tool darstellt", schrieb der erfahrene Geschäftsmann, der heute als Business Consultant und Coach in München arbeitet, an die impulse-Redaktion. Im Folgenden veröffentlichen wir seine Replik. Jetzt stehen sie wieder an: die Mitarbeitergespräche, bei denen Chefs ihren Mitarbeitern sagen, wie denn das Jahr so gelaufen ist. Viele Mitarbeiter haben vorher ein ungutes Gefühl, manchmal sogar Angst. „Ich muss Ihnen Feedback geben, denn mit Ihrer Leistung bin ich nicht zufrieden“, so oder ähnlich tönt es nicht nur da. Wenn noch eine Schippe draufgelegt werden soll, werden mögliche Konsequenzen in Aussicht gestellt - nicht nur im Jahresgespräch, sondern auch zwischendurch. Die Tücken der subjektiven Wahrnehmung Dabei bedeutet der Begriff „Feedback“ frei übersetzt nichts anderes als „Rückkopplung“ zu etwas, was geschehen ist oder was man beobachtet hat. Das Geschehene als diskutierbarer Fakt - das mag zunächst seltsam klingen. Aber hier kommt unser „persönlicher Filter“ ins Spiel: die subjektive Wahrnehmung. Geht es darum, (persönliche) Defizite aufzuzeigen, geraten Chef und Mitarbeiter schnell aneinander. Stellen Sie sich beispielhaft nur mal einen Tischler-Azubi vor, der einen Hocker bauen soll. Höhe, Material, Verarbeitung: Der Chef hat alles genau definiert. Der Azubi macht sich an die Arbeit und liefert den Hocker zwei Tage später freudestrahlend ab. Er hat sich sehr bemüht und sogar Überstunden gemacht. Er würde sich eine Eins geben. Der Chef begutachtet den Hocker und stellt fest, dass es doch einige Mängel gibt. Zwei unterschiedliche Wahrnehmungen – der eine sieht ein Meisterstück und erwartet Lob und Anerkennung (weil er sich besonders angestrengt hat), der andere hingegen sieht Handlungsbedarf (weil er auch kleinste Abweichungen findet). Was habe ich wahrgenommen („Eigenwahrnehmung“), was hast Du wahrgenommen („Fremdwahrnehmung“) - dazwischen können Welten liegen. Gute Chefs verstehen das und sind in der Lage, in einem Feedbackgespräch auch mit solch unterschiedlichen Sichtweisen umzugehen – ohne bei der Mitarbeiterbeurteilung den Angestellten zu demotivieren! Das gilt auch für das Jahresgespräch. Informationen helfen, Ängste abzubauen Damit vor den Jahresgesprächen mulmige Gefühle bei Ihren Mitarbeitern erst gar nicht aufkommen, sollten Sie Ihr Team am besten zu einer Vorbesprechung einladen und dort sehr genau die besondere Kraft von Zielen und von Feedback erläutern. So stellen Sie sicher, dass jeder das gebotene, gemeinsame Verständnis bekommt. Erläutern Sie auch den Ablauf der Einzelgespräche - Sie haben doch nichts zu verbergen, oder? Es schafft Vertrauen und baut Barrieren, Befürchtungen und Ängste ab, wenn jeder weiß, was auf ihn zukommt und sich auf sein Gespräch vorbereiten kann. Erst in den folgenden Tagen führen Sie Ihre Jahresgespräche. Sie werden begeistert sein, wie angenehm und konstruktiv die Atmosphäre dabei sein wird! Wenn Feedback fehlt Wie wichtig Rückmeldungen des Vorgesetzten sind, zeigt sich vor allem dann, wenn sie fehlen. Ohne Feedback fühlen sich Mitarbeiter unsicher und isoliert; womöglich führt das irgendwann sogar zur Kündigung. Denn ja, es gibt sie immer noch: Fälle, in denen ein Mitarbeiter fortlaufend Dinge „falsch“ macht – und keiner spricht mit ihm. Und auch den offenen Hosenknopf, das winzige Salatblättchen zwischen den Zähnen, den Knoblauch vom Vortag – und keiner sagt was. Feedback? Fehlanzeige. Lieber wegsehen, tuscheln – aber was sagen? Nein. Die Konsequenz: Unsicherheit, das Gefühl, keine Freunde zu haben und nicht gewollt zu sein. Dabei ist Feedback menschlich und natürlich veranlagt. Schon in der Familie, im Kinderhort und später in der Schule heißt es wer-weiß-wie-oft am Tag: „Du hast mir beim Fußball gegen das Schienbein getreten, das hat mir weh getan. Das war gegen unsere Spielregeln. Pass künftig gefälligst auf und spiele defensiver!“ oder aber auch: „Du hast mir ein Geschenk gebastelt; das ist sehr schön, vielen Dank, darüber habe ich mich sehr gefreut.“ Anscheinend verkümmert dieses Verhalten in der Pubertät und mit zunehmendem Alter unter dem Eindruck, Leistung erbringen zu müssen, oder wenn Wettbewerb untereinander gesucht und geschürt wird. Im Unternehmen sind daher gut ausgebildete und verständnisvolle Führungskräfte gefragt, die die Kraft von Feedback erkannt haben und konsequent danach führen. Feedback in der Unternehmenskultur verankern Die Unternehmensleitung ist gut beraten, Feedback in der Unternehmenskultur zu verankern und durch das eigene Verhalten vorzuleben. Es ist das einfachste, wirkungsvollste und ertragreichste Instrument, um Mitarbeitern ein erfülltes Arbeitsleben zu bieten und den langfristigen Unternehmenserfolg zu sichern. Dafür gibt es viele gute Beispiele. Feedback ist etwas Wunderbares! Tipps fürs Jahresgespräch Vorher Ziele vereinbaren Der Vorgesetzte vereinbart in einem Zielvereinbarungsgespräch mit dem Mitarbeiter eindeutig formulierte Ziele, Erwartungen oder Pläne. Diese soll der Mitarbeiter in einer definierten Zeit erreichen: etwa in einem Geschäftsjahr oder einem kürzeren Zeitraum - je nachdem, wann man sich wiedersehen will, um den Grad der Erreichung zu besprechen, das heißt Feedback zu geben. Die getroffenen Vereinbarungen übernehmen im Feedbackgespräch die Funktion eines Filters, der das persönliche Empfinden in gemeinsame Bahnen lenkt. Dem Mitarbeiter zuerst das Wort erteilen Im Feedbackgespräch betrachten Chef und Mitarbeiter gemeinsam, wie sich das Erreichte zum Vereinbarten verhält. Dabei hat es sich bewährt, dass zunächst der Mitarbeiter darstellt, was er gemacht hat und inwieweit dies aus seiner Sicht den Erwartungen entspricht. Beispiele nennen Erst dann meldet sich der Vorgesetzte zu Wort und gibt sein Feedback. Mit dem gebotenen Einfühlungsvermögen wird er zunächst das Ziel/die Erwartung widergegeben und dann erläutern, was er beobachtet hat. Ein guter Chef wird auch geeignete Beispiele benennen, an denen er Erwartungen und Erreichtes abgleicht. Er beachtet die Feedbackregeln. Vorschläge machen Der Chef macht Vorschläge, was zu tun ist, um Abweichungen zu korrigieren, und legt gemeinsam mit dem Mitarbeiter die nächsten Schritte fest. Denn damit wird Feedback wirklich konstruktiv! Lob und Kritik klar und offen äußern Bei guten Leistungen darf selbstverständlich ein ehrliches „Das hast Du gut gemacht“ nicht fehlen. Ebenso wie ein „Das hättest Du besser machen können“ oder „Damit hast Du mich enttäuscht“  angebracht ist, wenn es ein Manko gibt, welches auszumerzen ist. Klarheit und Offenheit von Anfang an - auch im Feedback! Entscheidend ist, dass Mitarbeiter in ihrer Leistung bestätigt werden. Oder dass sie aufgezeigt bekommen, was sie tun müssen, um besser - oder noch besser - zu werden. Wachstum fördern Zum Abschluss vereinbaren Chef und Mitarbeiter gegebenenfalls gemeinsam Schritte, die dem persönlichen Wachstum des Mitarbeiters und dem der Firma dienen. Denn nur mit dieser Klarheit sind Veränderungen und Prosperität überhaupt möglich.