Perfektionisten führen
Wie geht man mit Perfektionisten im Team um?

Man wollte eine kleine Analyse und der Kollege liefert nach drei Wochen eine 5-Megabyte-Excel-Tabelle. Wie steuert man perfektionistische Mitarbeiter?

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Warum nur eine Quelle heranziehen, wenn es noch 100 Bücher mehr gibt? Perfektionisten wissen oft nicht, wann sie aufhören können. Wie führt man Mitarbeiter, bei denen man eine kleine Analyse in Auftrag gibt, und die dann einen 5-Megabyte-Anhang schicken?
© MirageC / Moment / Getty Images

Sie blockieren, sind hypersensibel oder pedantisch. Diplom-Psychologe und Coach Peter Krumbach-Mollenhauer gibt Praxistipps, wie man schwierige Mitarbeiter führt.

impulse: Herr Krumbach, Mitarbeiter, die den Antrieb haben, eine tolle Arbeit abzuliefern, sind doch etwas Feines. Warum sind Perfektionisten ein Problem?

Peter Krumbach-Mollenhauer: Natürlich sind solche Kollegen wertvoll. Perfektionisten sind häufig kompetent im fachlichen Bereich. Häufig arbeiten solche Menschen auch in der System- oder Produktentwicklung, Typus Ingenieur: analytisch stark, fachlich gut. Die gehen absolut in die Tiefe, sie „beißen“ sich in Themen rein.

Und wann werden sie schwierig?

Schwierig wird es, wenn sie sich in eine Sache verbohren, wenn sie viel tiefer arbeiten, als es sinnvoll ist. Ein klassisches Ergebnis ist, dass man denen eine kleine Aufgabe gibt und dann kommt ein Anhang mit 6 MB. So nach dem Motto: Den Rest können Sie sich anlesen.

Wie reagiert man als Führungskraft dann sinnvoll?

Ich muss Perfektionisten sehr eng führen, auch wenn sie das nicht mögen. Ich habe festgestellt, dass es hilfreich ist, solchen Mitarbeitern zu sagen, was sie nicht tun sollen. „Keine 46 Seiten.“

Unser Experte
peter-krumbach Business-Coach Peter Krumbach-Mollenhauer ist geschäftsführender Gesellschafter der Beratungsgesellschaft hr-horizonte und Diplom-Psychologe. Sein Buch „Führen mit Psychologie“ ist im Wiley-Verlag erschienen.

Wie stoppe ich den Kollegen, bevor er sich verrennt?

Schritt 1: Indem ich ihm viel Wertschätzung für das Geleistete gebe. Ich muss deutlich sagen: „Das ist ein super Weg bisher, ich bin sehr zufrieden.“ Erst dann kann ich den Mitarbeiter stoppen. Denn jegliche Unterbrechung seiner Arbeit wertet er als Kritik an der Qualität. Oder er ist beleidigt, weil man sein Fachwissen nicht abruft. Ich muss gerade in der Endphase an dieser Person sehr nah dran sein. Das wird häufig von Führungskräften vernachlässigt, weil es konfliktreich ist.

Was ist Schritt 2?

Ich muss dem Mitarbeiter sehr klar sagen, wer die Zielgruppe seiner Arbeit ist. Er kann sich häufig nicht vorstellen, dass Menschen mit einem 90-prozentigen Ergebnis 100 Prozent zufrieden sind. Er versteht nicht, dass der Empfänger mit der Qualität, die er liefern will, gar nichts anfangen kann, weil der Empfänger der Arbeit zum Beispiel wenig Zeit hat oder zu wenig Fachwissen. Perfektionisten erwarten, dass jeder genauso tief im Thema drin ist wie sie selber. Ich muss ihnen daher sagen: „Das Ergebnis deiner Arbeit ist für Leute, die teilweise nicht so schlau sind wie Du, auch die müssen das verstehen!“

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Und das akzeptieren diese Mitarbeiter?

Es gibt Menschen, die machen trotzdem einfach ihr Ding weiter, weil sie sich im Recht fühlen. Dann muss man ein zweites Gespräch suchen. Denn oft bekommt man durch deren Vorgehen richtig Stress auf der Zeitachse. Der Mitarbeiter erklärt einem dann noch mal, warum er trotzdem weiter an der Qualität gefeilt hat. Der Chef hat das ja nicht verstanden …

Können Perfektionisten nur schwer nachgeben?

Nachgeben ist für diese Personen stets ein Thema. Die sehen ihre subjektive Wahrheit als objektiv an.

Wie setze ich mich dann als Führungskraft trotzdem durch?

Es hilft, eine äußere Reflektion heranzuziehen, etwa Feedback von Kunden. Und ich muss diese Mitarbeiter für Dinge loben, die nicht perfekt sind. Sie müssen in homöopatischen Dosen lernen, ihren Maßstab zu verschieben. Aber das ist ein aufwendiger Job. Diese Menschen glauben einem nämlich nicht beim ersten Mal.

Als Chef bin ich ja im Zweifel fachlich unterlegen. Keine angenehme Lage.

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Solche Menschen können prima andere Leute auflaufen lassen. Indem sie etwa Dinge komplizierter darstellen, als sie sind. Oder die Mitarbeiter halten einen als Chef für doof und denken, man könne gewisse Dinge nicht verarbeiten. Dann bekommt man die entsprechenden Infos auch nicht mehr. In dem Fall hat man als Führungskraft ein echtes Problem, weil man zum Beispiel nicht gut genug informiert ist, um eine Verhandlung oder ein Konfliktgespräch zu überstehen. Mir ist das schon passiert.

Und was haben Sie gemacht?

Da gab es ein  Klärungsgespräch. Was soll man sonst machen? Man muss die Leute klar damit konfrontieren, welche Folgen ihr Verhalten hat. Man muss ihnen auch sagen, dass man ihre persönlichen Freiheiten notfalls eingrenzt. „Wenn das noch mal passiert, arbeitest Du mir nur noch zu.“ Führungskräfte sind da oft zu weich. Sie sagen: „Könntest Du nicht vielleicht ein bisschen …“. Besser ist es, klar zu formulieren: „Das erwarte ich von Dir.“

Sie sagen das so einfach. Solche Klärungsgespräche sind schon eine Herausforderung.

Letztlich ist es ein Abschied von Feigheit. Viele Führungskräfte scheuen diese Auseinandersetzungen. Häufig ist eine Kommunikationsschwäche das Problem: Der Chef weiß nicht, wie er richtig Feedback gibt. Ich muss mir ein paar klare, konkrete Situationen überlegt haben, die ich ansprechen will. Ich muss begründen können, warum ich meine, dass die Vorgehensweise des Mitarbeiters nicht richtig ist. Ich kann nicht sagen: Ich treffe Dich mal kurz und wir reden drüber. Man braucht eine gute Vorbereitung und es muss auch gesagt werden, welche emotionale Wirkung dieses Verhalten bei der Führungskraft ausgelöst hat, etwa Enttäuschung, Verärgerung oder Probleme. Und denken Sie dran: Eine klare Kommunikation ist nicht bösartig, sondern hat etwas mit Fairness zu tun – denn sonst lernen es diese Leute von anderen Führungskräften viel schmerzhafter.

Wie meinen Sie das?

Es gibt einfach Schäden, wenn die Person ihr Verhalten nicht ändert. Und es wäre unfair, den Kollegen darauf nicht hinzuweisen. Solche fachlich starken Mitarbeiter haben ja durchaus ein hohes Lernmotiv, sie wollen sich weiterentwickeln. So würde ich das Gespräch auch angehen: Es geht nicht um Kritik, es geht darum, dich weiterzubringen.

Haben Sie einen Trick, wie man Kritik übt, ohne seinen Mitarbeiter vor den Kopf zu stoßen?

Ich male einen Kreis auf. Und dann nehme ich ein kleines Tortenstück, so zehn Prozent. Ich sage: „Guck dir die 90 Prozent hier an. Die sind gut. Aber an diesen zehn Prozent würde ich gerne mit Dir arbeiten.“ Menschen sind visuell, die Torte funktioniert viel besser als gesprochene Worte. Kommen Sie am Ende des Gesprächs darauf zurück: „Wir haben jetzt viel über Verbesserungsmöglichkeiten gesprochen. Aber vergiss nicht: 90 Prozent deiner Arbeit sind schon super.“

Sie sind selbst ein Perfektionist und leiden darunter? Dann lesen Sie unseren Artikel: Perfektionismus: Wann wird Perfektion zum Risiko?

Sie blockieren, sind hypersensibel oder pedantisch. Diplom-Psychologe und Coach Peter Krumbach-Mollenhauer gibt Praxistipps, wie man schwierige Mitarbeiter führt. impulse: Herr Krumbach, Mitarbeiter, die den Antrieb haben, eine tolle Arbeit abzuliefern, sind doch etwas Feines. Warum sind Perfektionisten ein Problem? Peter Krumbach-Mollenhauer: Natürlich sind solche Kollegen wertvoll. Perfektionisten sind häufig kompetent im fachlichen Bereich. Häufig arbeiten solche Menschen auch in der System- oder Produktentwicklung, Typus Ingenieur: analytisch stark, fachlich gut. Die gehen absolut in die Tiefe, sie „beißen“ sich in Themen rein. Und wann werden sie schwierig? Schwierig wird es, wenn sie sich in eine Sache verbohren, wenn sie viel tiefer arbeiten, als es sinnvoll ist. Ein klassisches Ergebnis ist, dass man denen eine kleine Aufgabe gibt und dann kommt ein Anhang mit 6 MB. So nach dem Motto: Den Rest können Sie sich anlesen. Wie reagiert man als Führungskraft dann sinnvoll? Ich muss Perfektionisten sehr eng führen, auch wenn sie das nicht mögen. Ich habe festgestellt, dass es hilfreich ist, solchen Mitarbeitern zu sagen, was sie nicht tun sollen. „Keine 46 Seiten.“ Wie stoppe ich den Kollegen, bevor er sich verrennt? Schritt 1: Indem ich ihm viel Wertschätzung für das Geleistete gebe. Ich muss deutlich sagen: „Das ist ein super Weg bisher, ich bin sehr zufrieden.“ Erst dann kann ich den Mitarbeiter stoppen. Denn jegliche Unterbrechung seiner Arbeit wertet er als Kritik an der Qualität. Oder er ist beleidigt, weil man sein Fachwissen nicht abruft. Ich muss gerade in der Endphase an dieser Person sehr nah dran sein. Das wird häufig von Führungskräften vernachlässigt, weil es konfliktreich ist. Was ist Schritt 2? Ich muss dem Mitarbeiter sehr klar sagen, wer die Zielgruppe seiner Arbeit ist. Er kann sich häufig nicht vorstellen, dass Menschen mit einem 90-prozentigen Ergebnis 100 Prozent zufrieden sind. Er versteht nicht, dass der Empfänger mit der Qualität, die er liefern will, gar nichts anfangen kann, weil der Empfänger der Arbeit zum Beispiel wenig Zeit hat oder zu wenig Fachwissen. Perfektionisten erwarten, dass jeder genauso tief im Thema drin ist wie sie selber. Ich muss ihnen daher sagen: „Das Ergebnis deiner Arbeit ist für Leute, die teilweise nicht so schlau sind wie Du, auch die müssen das verstehen!“ Und das akzeptieren diese Mitarbeiter? Es gibt Menschen, die machen trotzdem einfach ihr Ding weiter, weil sie sich im Recht fühlen. Dann muss man ein zweites Gespräch suchen. Denn oft bekommt man durch deren Vorgehen richtig Stress auf der Zeitachse. Der Mitarbeiter erklärt einem dann noch mal, warum er trotzdem weiter an der Qualität gefeilt hat. Der Chef hat das ja nicht verstanden … Können Perfektionisten nur schwer nachgeben? Nachgeben ist für diese Personen stets ein Thema. Die sehen ihre subjektive Wahrheit als objektiv an. Wie setze ich mich dann als Führungskraft trotzdem durch? Es hilft, eine äußere Reflektion heranzuziehen, etwa Feedback von Kunden. Und ich muss diese Mitarbeiter für Dinge loben, die nicht perfekt sind. Sie müssen in homöopatischen Dosen lernen, ihren Maßstab zu verschieben. Aber das ist ein aufwendiger Job. Diese Menschen glauben einem nämlich nicht beim ersten Mal. Als Chef bin ich ja im Zweifel fachlich unterlegen. Keine angenehme Lage. Solche Menschen können prima andere Leute auflaufen lassen. Indem sie etwa Dinge komplizierter darstellen, als sie sind. Oder die Mitarbeiter halten einen als Chef für doof und denken, man könne gewisse Dinge nicht verarbeiten. Dann bekommt man die entsprechenden Infos auch nicht mehr. In dem Fall hat man als Führungskraft ein echtes Problem, weil man zum Beispiel nicht gut genug informiert ist, um eine Verhandlung oder ein Konfliktgespräch zu überstehen. Mir ist das schon passiert. Und was haben Sie gemacht? Da gab es ein  Klärungsgespräch. Was soll man sonst machen? Man muss die Leute klar damit konfrontieren, welche Folgen ihr Verhalten hat. Man muss ihnen auch sagen, dass man ihre persönlichen Freiheiten notfalls eingrenzt. „Wenn das noch mal passiert, arbeitest Du mir nur noch zu.“ Führungskräfte sind da oft zu weich. Sie sagen: „Könntest Du nicht vielleicht ein bisschen …“. Besser ist es, klar zu formulieren: „Das erwarte ich von Dir.“ Sie sagen das so einfach. Solche Klärungsgespräche sind schon eine Herausforderung. Letztlich ist es ein Abschied von Feigheit. Viele Führungskräfte scheuen diese Auseinandersetzungen. Häufig ist eine Kommunikationsschwäche das Problem: Der Chef weiß nicht, wie er richtig Feedback gibt. Ich muss mir ein paar klare, konkrete Situationen überlegt haben, die ich ansprechen will. Ich muss begründen können, warum ich meine, dass die Vorgehensweise des Mitarbeiters nicht richtig ist. Ich kann nicht sagen: Ich treffe Dich mal kurz und wir reden drüber. Man braucht eine gute Vorbereitung und es muss auch gesagt werden, welche emotionale Wirkung dieses Verhalten bei der Führungskraft ausgelöst hat, etwa Enttäuschung, Verärgerung oder Probleme. Und denken Sie dran: Eine klare Kommunikation ist nicht bösartig, sondern hat etwas mit Fairness zu tun - denn sonst lernen es diese Leute von anderen Führungskräften viel schmerzhafter. Wie meinen Sie das? Es gibt einfach Schäden, wenn die Person ihr Verhalten nicht ändert. Und es wäre unfair, den Kollegen darauf nicht hinzuweisen. Solche fachlich starken Mitarbeiter haben ja durchaus ein hohes Lernmotiv, sie wollen sich weiterentwickeln. So würde ich das Gespräch auch angehen: Es geht nicht um Kritik, es geht darum, dich weiterzubringen. Haben Sie einen Trick, wie man Kritik übt, ohne seinen Mitarbeiter vor den Kopf zu stoßen? Ich male einen Kreis auf. Und dann nehme ich ein kleines Tortenstück, so zehn Prozent. Ich sage: „Guck dir die 90 Prozent hier an. Die sind gut. Aber an diesen zehn Prozent würde ich gerne mit Dir arbeiten.“ Menschen sind visuell, die Torte funktioniert viel besser als gesprochene Worte. Kommen Sie am Ende des Gesprächs darauf zurück: „Wir haben jetzt viel über Verbesserungsmöglichkeiten gesprochen. Aber vergiss nicht: 90 Prozent deiner Arbeit sind schon super.“ Sie sind selbst ein Perfektionist und leiden darunter? Dann lesen Sie unseren Artikel: Perfektionismus: Wann wird Perfektion zum Risiko?
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