Rolle als Chef
„Soll ich mit einem Dauergrinsen durch die Firma laufen?“

"Sei netter" - das hört impulse-Bloggerin Stefanie Bengelmann ständig, als sie mit 23 den Betrieb ihrer Eltern übernimmt. Der Start ist holprig. Bis sie beschließt, sich nicht weiter zu verbiegen.

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Lach doch mal! Von Stefanie Bengelmann wurde erwartet, als Chefin vor allem sympathisch zu sein.
Lach doch mal! Von Stefanie Bengelmann wurde erwartet, als Chefin vor allem sympathisch zu sein.

Junge Frau, 23 Jahre, übernimmt die Bäckerei-Filialen ihrer Eltern – so beginnt meine Geschichte. Habe ich gewusst, was auf mich zukommt? Das dachte ich zumindest. Aber da lag ich falsch.

Damals sagten einige zu mir: „Dein Vater hat doch alles aufgebaut. Ein Geschäft zu übernehmen ist viel einfacher, als bei null zu starten!“

Ganz ehrlich: Das ist Blödsinn.

„Du kannst doch nicht alles verändern!“

Meine Herausforderungen waren zwar andere als die von Gründern – aber leicht war auch mein Start nicht. Denn fast alle Mitarbeiter waren älter als ich, einige hatten mich früher auf der Schaukel angeschubst. Sie hatten viel mehr Erfahrung. Und vor allem hatten sie keine Berührungsängste, mir jungem Ding ihre Meinung zu sagen.

Das zeigte sich, als ich erste Änderungen einführen wollte: Ich hatte die Idee, das Sortiment zu überarbeiten und Eis auf natürliche Art und Weise herzustellen. Die Mitarbeiter waren nicht begeistert. Warum wir denn bitte Sachen ändern müssten, die schon immer funktionierten und auch bei ALLEN Kunden gefragt seien?

Meine nächste Idee war, das Tortensortiment zu verändern, mit kleineren Tortendurchmessern, damit wir mehr Vielfalt anbieten können.

Die Reaktion: „Stefanie, du kannst nicht einfach kommen und so viel ändern. Das macht keinen sympathischen Eindruck!“ Jeder kommentierte meine Entscheidungen: die Mitarbeiter, meine Eltern, meine Oma.

Ich passe nicht in die „Süßes Mädchen“-Schublade

Auch mit den Kunden war es manchmal schwierig. Wenn jemand etwas bei mir nicht durchboxen konnte, ging er zu meinem Vater und versuchte es dort. Natürlich wurde in dem Zug gleich erwähnt, wie unhöflich es von mir sei, nicht die Kundenwünsche zu erfüllen. Und da spreche ich von Problemen wie: „Ich habe früher immer weniger bezahlt …“

„Sei netter, Stefanie“ – solche Sätze hatte ich schon als Teenager gehört. Tagein, tagaus: „Lächle doch mehr!“ In der 6. Klasse habe ich mal einem Klassenkameraden eine runtergehauen, weil er mich angegrabscht hatte. Er verlor dadurch sogar einen Zahn. Selbst schuld, fand ich. Aber von anderen hörte ich natürlich nur: „Sich zu schlagen, das schickt sich nicht für ein Mädchen!“

Und auch jetzt als Chefin sollte ich also vor allem sympathisch sein. Das hat mich unheimlich genervt. Sollte ich etwa mit einem künstlichen Dauergrinsen durch meine Firma laufen? Ich habe nun mal einen eher neutralen Gesichtsausdruck, wenn ich vertieft in etwas bin! Und ich glaube auch, dass es an meiner stattlichen Größe von 1,80 Meter liegt, dass andere Menschen eingeschüchtert sind. Dann sage ich auch noch, was ich denke. In die „Süßes Mädchen“-Schublade steckt mich niemand.

Ich ließ mich von der Kritik leiten

Natürlich machte ich mir auch selbst Druck: Das Geschäft sollte sich auf keinen Fall verschlechtern nach der Übernahme. Aber nach ein paar Anfangsprojekten – neue Webseite, neue Print-Produkte – war das Feuer für meine Aufgabe schnell erloschen. Ich führte einfach brav die Geschäfte weiter, so, wie sie immer geführt worden waren.

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Dabei ließ ich mich vor allem von der vielen Kritik leiten – von der ich manchmal auch nur über Umwege erfuhr, weil sie hinter meinem Rücken stattfand. Ich habe viele Ideen wieder begraben, weil mir alle davon abrieten: Mitarbeiter, meine Familie und auch Kunden. Und so kam das Gefühl auf, nichts wirklich verändern zu können. Ich trat auf der Stelle. Und das, obwohl ich jede Woche sechs bis sieben Tage arbeitete!

Ich hatte mir das alles anders vorgestellt. War es falsch gewesen, so jung Geschäftsführerin zu werden?

Dann traf ich die beste Entscheidung meines Lebens: Ich leistete mir einen Coach und fünf Fortbildungen für Persönlichkeits-Entwicklung innerhalb von einem halben Jahr. Nach kurzer Zeit stand mein Entschluss fest: Ich wollte weitermachen. Mir war klar geworden, wie gern ich meinen Job mache und dass mich meine Familie auf meinem Weg unterstützt – auch, wenn wir nicht immer einer Meinung sind. Selbstständig zu sein war immer mein Traum. Aber ich wollte die Sache nun auf meine Art angehen!

Muss mich jeder mögen und nett finden? Nö!

Mir war jetzt glasklar: Ich bin Chefin, es ist MEIN Unternehmen. Wenn etwas schiefläuft, übernehme ich die Verantwortung. Damit sichere ich die Arbeitsplätze von immerhin 25 Mitarbeitern.

Von da an gab ich mir nicht mehr künstlich Mühe, mich anzupassen. Ich fing an, Klartext mit meinen Mitarbeitern zu reden.

Musste mich jeder mögen und nett finden? Nö!

Ich fing an, Aufgaben präziser zuzuweisen und viel mehr Verantwortung abzugeben. Bevor ich auch nur mit einer Sache beginne, frage ich mich jetzt: Kann das jemand anderes erledigen? Ja? Dann teile ich die Aufgabe sofort der richtigen Person zu.

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Ziele gab ich ab dann konkret vor, und auch die Maßnahmen, um sie zu erreichen. Inzwischen mache ich mit den Verantwortlichen einer Abteilung einmal pro Woche ein kurzes, knackiges Meeting. So planen wir die nächsten Schritte, die nötig sind, um unsere Ziele zu erreichen. Früher passierte das zwischen Tür und Angel, quasi zwischen Schwarzwälderkirsch und Käsekuchen.

In zwei Monaten verdreifachte ich den Umsatz

Das Ergebnis war erstaunlich: Es gab weniger sinnlose Diskussionen und Proteste. Und auch die Kunden zeigten mir mehr Respekt!

Und das zweite Ergebnis: Ich hatte nun viel mehr Ruhe, um andere Projekte zu planen und zu koordinieren – so konnte ich innerhalb von zwei Monaten mehrere große Aufträge generieren.

In diesen zwei Monaten verdreifachte sich der Umsatz.

Was ich daraus gelernt habe? Mich weniger von anderen leiten zu lassen. Weniger nett sein zu wollen. Mein Ding zu machen. Denn in einem Klima aus „Haben wir schon immer so gemacht“ entwächst nur eines: Mittelmaß.

Junge Frau, 23 Jahre, übernimmt die Bäckerei-Filialen ihrer Eltern - so beginnt meine Geschichte. Habe ich gewusst, was auf mich zukommt? Das dachte ich zumindest. Aber da lag ich falsch. Damals sagten einige zu mir: „Dein Vater hat doch alles aufgebaut. Ein Geschäft zu übernehmen ist viel einfacher, als bei null zu starten!“ Ganz ehrlich: Das ist Blödsinn. "Du kannst doch nicht alles verändern!" Meine Herausforderungen waren zwar andere als die von Gründern – aber leicht war auch mein Start nicht. Denn fast alle Mitarbeiter waren älter als ich, einige hatten mich früher auf der Schaukel angeschubst. Sie hatten viel mehr Erfahrung. Und vor allem hatten sie keine Berührungsängste, mir jungem Ding ihre Meinung zu sagen. Das zeigte sich, als ich erste Änderungen einführen wollte: Ich hatte die Idee, das Sortiment zu überarbeiten und Eis auf natürliche Art und Weise herzustellen. Die Mitarbeiter waren nicht begeistert. Warum wir denn bitte Sachen ändern müssten, die schon immer funktionierten und auch bei ALLEN Kunden gefragt seien? Meine nächste Idee war, das Tortensortiment zu verändern, mit kleineren Tortendurchmessern, damit wir mehr Vielfalt anbieten können. Die Reaktion: „Stefanie, du kannst nicht einfach kommen und so viel ändern. Das macht keinen sympathischen Eindruck!“ Jeder kommentierte meine Entscheidungen: die Mitarbeiter, meine Eltern, meine Oma. Ich passe nicht in die "Süßes Mädchen"-Schublade Auch mit den Kunden war es manchmal schwierig. Wenn jemand etwas bei mir nicht durchboxen konnte, ging er zu meinem Vater und versuchte es dort. Natürlich wurde in dem Zug gleich erwähnt, wie unhöflich es von mir sei, nicht die Kundenwünsche zu erfüllen. Und da spreche ich von Problemen wie: „Ich habe früher immer weniger bezahlt …“ „Sei netter, Stefanie“ - solche Sätze hatte ich schon als Teenager gehört. Tagein, tagaus: „Lächle doch mehr!“ In der 6. Klasse habe ich mal einem Klassenkameraden eine runtergehauen, weil er mich angegrabscht hatte. Er verlor dadurch sogar einen Zahn. Selbst schuld, fand ich. Aber von anderen hörte ich natürlich nur: „Sich zu schlagen, das schickt sich nicht für ein Mädchen!“ Und auch jetzt als Chefin sollte ich also vor allem sympathisch sein. Das hat mich unheimlich genervt. Sollte ich etwa mit einem künstlichen Dauergrinsen durch meine Firma laufen? Ich habe nun mal einen eher neutralen Gesichtsausdruck, wenn ich vertieft in etwas bin! Und ich glaube auch, dass es an meiner stattlichen Größe von 1,80 Meter liegt, dass andere Menschen eingeschüchtert sind. Dann sage ich auch noch, was ich denke. In die „Süßes Mädchen"-Schublade steckt mich niemand. Ich ließ mich von der Kritik leiten Natürlich machte ich mir auch selbst Druck: Das Geschäft sollte sich auf keinen Fall verschlechtern nach der Übernahme. Aber nach ein paar Anfangsprojekten - neue Webseite, neue Print-Produkte - war das Feuer für meine Aufgabe schnell erloschen. Ich führte einfach brav die Geschäfte weiter, so, wie sie immer geführt worden waren. Dabei ließ ich mich vor allem von der vielen Kritik leiten - von der ich manchmal auch nur über Umwege erfuhr, weil sie hinter meinem Rücken stattfand. Ich habe viele Ideen wieder begraben, weil mir alle davon abrieten: Mitarbeiter, meine Familie und auch Kunden. Und so kam das Gefühl auf, nichts wirklich verändern zu können. Ich trat auf der Stelle. Und das, obwohl ich jede Woche sechs bis sieben Tage arbeitete! Ich hatte mir das alles anders vorgestellt. War es falsch gewesen, so jung Geschäftsführerin zu werden? Dann traf ich die beste Entscheidung meines Lebens: Ich leistete mir einen Coach und fünf Fortbildungen für Persönlichkeits-Entwicklung innerhalb von einem halben Jahr. Nach kurzer Zeit stand mein Entschluss fest: Ich wollte weitermachen. Mir war klar geworden, wie gern ich meinen Job mache und dass mich meine Familie auf meinem Weg unterstützt - auch, wenn wir nicht immer einer Meinung sind. Selbstständig zu sein war immer mein Traum. Aber ich wollte die Sache nun auf meine Art angehen! Muss mich jeder mögen und nett finden? Nö! Mir war jetzt glasklar: Ich bin Chefin, es ist MEIN Unternehmen. Wenn etwas schiefläuft, übernehme ich die Verantwortung. Damit sichere ich die Arbeitsplätze von immerhin 25 Mitarbeitern. Von da an gab ich mir nicht mehr künstlich Mühe, mich anzupassen. Ich fing an, Klartext mit meinen Mitarbeitern zu reden. Musste mich jeder mögen und nett finden? Nö! Ich fing an, Aufgaben präziser zuzuweisen und viel mehr Verantwortung abzugeben. Bevor ich auch nur mit einer Sache beginne, frage ich mich jetzt: Kann das jemand anderes erledigen? Ja? Dann teile ich die Aufgabe sofort der richtigen Person zu. Ziele gab ich ab dann konkret vor, und auch die Maßnahmen, um sie zu erreichen. Inzwischen mache ich mit den Verantwortlichen einer Abteilung einmal pro Woche ein kurzes, knackiges Meeting. So planen wir die nächsten Schritte, die nötig sind, um unsere Ziele zu erreichen. Früher passierte das zwischen Tür und Angel, quasi zwischen Schwarzwälderkirsch und Käsekuchen. In zwei Monaten verdreifachte ich den Umsatz Das Ergebnis war erstaunlich: Es gab weniger sinnlose Diskussionen und Proteste. Und auch die Kunden zeigten mir mehr Respekt! Und das zweite Ergebnis: Ich hatte nun viel mehr Ruhe, um andere Projekte zu planen und zu koordinieren – so konnte ich innerhalb von zwei Monaten mehrere große Aufträge generieren. In diesen zwei Monaten verdreifachte sich der Umsatz. Was ich daraus gelernt habe? Mich weniger von anderen leiten zu lassen. Weniger nett sein zu wollen. Mein Ding zu machen. Denn in einem Klima aus „Haben wir schon immer so gemacht“ entwächst nur eines: Mittelmaß.