Steinzeit-Methode
Mehr Erfolg? Machen Sie’s wie alte Jagdgemeinschaften

Die Jagdgemeinschaft von früher war ein ideales Unternehmen, meint Führungskräfte-Coach Thomas Schulte. Im Interview erklärt er die Steinzeit-Methode – und was der Blick zurück den Chefs von heute bringt.

, von

Kommentieren
Wer weiß, wie Menschen früher mit der Steinzeit-Methode Beute machten, hat als Unternehmer mehr Erfolg.
Wer weiß, wie Menschen früher mit der Steinzeit-Methode Beute machten, hat als Unternehmer mehr Erfolg.
© tobeys / photocase.de

impulse: Herr Schulte, warum sollte ich als moderner Unternehmer auf die Steinzeit-Menschen gucken?

Thomas Schulte: Weil sie extrem effizient waren! Sie sahen am Abend, ob sie gut gearbeitet hatten: Entweder, sie hatten genug zu essen, oder sie mussten sich hungrig schlafen legen. Um erfolgreich zu jagen, mussten sie als Mannschaft funktionieren. Das „Was“, die Beute, war also genauso wichtig wie die Art der Zusammenarbeit, das „Wie“ – diese Balance zu halten, garantierte das Überleben.

Aber das ist heute doch ähnlich – nur dass man Umsatz statt Beute macht?

Das stimmt –  heute merken es Unternehmer aber nicht gleich, wenn die Balance nicht mehr stimmt. Verstanden sich zwei Jäger nicht, machte die Mannschaft im Zweifelsfall keine Beute. Heute dagegen können Konflikte lange schwelen, ehe das den Erfolg beeinträchtigt. Außerdem sorgen die Unternehmer oft selbst dafür, dass „Was“ und „Wie“ ins Ungleichgewicht geraten. Etwa mit Unternehmensmotti wie: „Der Kunde ist König, immer!“ Dann schaffen sie es wahrscheinlich, durch höheren Service beispielsweise den Kundenstamm zu vergrößern und mehr Umsatz zu machen…

… was doch super wäre.

Nein – weil Unternehmen dann das „Wie“ aus den Augen verlieren, die Art, wie die Mitarbeiter arbeiten. Um mit den Neukunden fertig zu werden, müssen diese wahrscheinlich Überstunden schieben, alles auf den letzten Drücker erledigen, Wichtiges auf ein andermal verschieben, wie zum Beispiel, die IT voranzubringen, um den Kundenservice überhaupt gut organisieren zu können. Damit führt die Fokussierung auf das „Was“, in dem Fall auf den Umsatz, zu unerwünschten Resultaten.

Welche sind das?

Zur Person
coach thomas schulte Thomas Schulte ist Volkswirt, Führungskräfte-Coach und geschäftsführender Gesellschafter der Coaching Organisations GmbH. In seinem aktuellen Buch "Die unschlagbare Organisation" (Schäffer-Poeschel-Verlag,29,95 Euro) erklärt Schulte, was Unternehmen langfristig erfolgreich macht, wie aus einem Team eine echte Mannschaft wird - und was die Jagdgemeinschaft von früher mit dem Erfolg von heute zu tun hat. cover-die-unschlagbare-Organisation

Meist erhöht sich der Krankenstand, die Arbeitsmoral, Motivation und Kreativität dagegen sinken. Es kommt zu Egoismen und Silodenken, jeder wird sich selbst der Nächste. Das Unternehmen gleicht dann einem großen Tanker, der  viel zu langsam unterwegs ist, um auf die wendigen kleineren Schiffe zu reagieren, die an ihm vorbeiziehen.

Und wenn Unternehmer zu sehr auf das „Wie“ achten, also die Stimmung? Gefährdet das den langfristigen Erfolg auch?

Absolut! Dann entstehen Wohlfühloasen: Die Mitarbeiter fühlen sich zwar gut – aber die betriebswirtschaftlichen Resultate fehlen. Langfristig landen Firmen damit in der Insolvenz. Typisch für ein solches Ungleichgewicht sind beispielsweise Unternehmen, in denen das Motto herrscht: „Wir entscheiden alles im Konsens“.

Was ist daran nicht gut?

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
Machen ist wie wollen, nur krasser
Die impulse-Mitgliedschaft - Rückenwind für Unternehmerinnen und Unternehmer

Ein solches Credo kann lähmen: Es führt zu endlosen Diskussionen – und raubt damit Zeit. Außerdem ist die Konsens-Entscheidung nicht immer die beste. Um ein gutes Ergebnis einzufahren, müssen Chefs mitunter unpopuläre Maßnahmen durchziehen

Wie kann ich denn erkennen, ob ich wie die Jagdgemeinschaften das „Was“ und das „Wie“ in Balance habe – oder eben nicht?

Das ist sehr einfach: Schauen Sie sich an, ob Resultate ausbleiben – Sie also beispielsweise zu wenig Umsatz machen, die Arbeit wenig sorgfältig erledigt wird, Deadlines und Liefertermine oft gerissen werden. Dann schlägt das Pendel sehr wahrscheinlich zu stark in Richtung „Wie“ aus. Wächst der Umsatz dagegen, Sie bemerken aber daneben unerwünschte Resultate – etwa, dass viele Mitarbeiter kündigen oder viele Konflikte schwelen –, dann achten Sie zu sehr auf das „Was“.

Wie kommt mein Unternehmen wieder in Balance?

Das gelingt in drei Schritten.

Schritt 1: Überlegen Sie, welche Teams und Mitarbeiter Sie brauchen, um eine Mannschaft zu haben, mit der Sie Ihre Ziele erreichen können. Und fragen Sie sich umgekehrt, wer und was genau verhindert, dass Sie Ihre Ziele erreichen – und Mitarbeiter gut miteinander arbeiten können.

Schritt 2: Suchen Sie sich jemanden, etwa einen Coach, der von außen auf Sie und Ihr Unternehmen schaut. Der nicht betriebsblind ist und erkennen kann, woran genau es hakt. Der also beispielsweise wahrnimmt, dass es der Unternehmer selbst ist, der mit dem falschen Motto das „Was“ und „Wie“ aus dem Gleichgewicht bringt. Oder aber, dass Mitarbeitern bestimmte Kompetenzen fehlen, um Ziele zu erreichen – oder auch schlicht die Wertschätzung durch den Chef.

In eigener Sache
Das ChatGPT-Prompt-Handbuch
Für Unternehmerinnen und Unternehmer
Das ChatGPT-Prompt-Handbuch
17 Seiten Prompt-Tipps, Anwendungsbeispiele und über 100 Beispiel-Prompts

Und was wäre der letzte, dritte Schritt?

Die Ergebnisse offen an die Mitarbeiter kommunizieren – ebenso wie Ängste und eventuell nötige Opfer, die mit den dann anstehenden Veränderungen einhergehen.

Dieser Schritt klingt schwierig. Haben Sie ein Beispiel?

Kommen wir zurück zu dem Unternehmer, der seinen Betrieb nach dem „Der-Kunde-ist-immer-König“-Motto ausgerichtet hat. Wenn der anerkennt, dass er damit langfristig vor die Wand fährt, weil Mitarbeiter im Burn-Out landen oder innerlich kündigen, sollte er das offen sagen. Etwa so: „Leute, ich sehe, dass ihr auf dem Zahnfleisch geht, dass wir mit den vielen Neukunden nicht zurande kommen, dass wichtige Projekte, wie die Anpassung der IT-Strukturen, auf der Strecke bleiben. Das bedeutet: Wir werden jetzt keine weiteren Aufträge mehr annehmen. Wir werden deshalb keinen Mehrumsatz und ich kann euch dieses Jahr keine Boni auszahlen. Ich hoffe aber, dass wir dadurch alle angenehmer arbeiten können – und uns fit machen für die Zukunft.“

Die Opfer werden die Mitarbeiter sicher nicht begeistern …

Das stimmt nicht! Alle Studien zeigen: Mitarbeiter wollen genau zwei Dinge – eine vernünftige Arbeit und einen vernünftigen Chef. Wenn ein Unternehmer erklärt, warum etwas nicht gut gelaufen ist und wie er es ändern will, führt das bei allen zu Aha-Erlebnissen. Und dieser kollektive Erkenntnisgewinn schweißt zusammen! Wer es dann noch schafft, das „Was“ und das „Wie“ weiterhin gleichermaßen im Blick zu behalten, wird sich der Effektivität einer Steinzeit-Jagdgemeinschaften annähern und den Erfolg langfristig sichern.

impulse: Herr Schulte, warum sollte ich als moderner Unternehmer auf die Steinzeit-Menschen gucken? Thomas Schulte: Weil sie extrem effizient waren! Sie sahen am Abend, ob sie gut gearbeitet hatten: Entweder, sie hatten genug zu essen, oder sie mussten sich hungrig schlafen legen. Um erfolgreich zu jagen, mussten sie als Mannschaft funktionieren. Das „Was“, die Beute, war also genauso wichtig wie die Art der Zusammenarbeit, das „Wie“ – diese Balance zu halten, garantierte das Überleben. Aber das ist heute doch ähnlich – nur dass man Umsatz statt Beute macht? Das stimmt –  heute merken es Unternehmer aber nicht gleich, wenn die Balance nicht mehr stimmt. Verstanden sich zwei Jäger nicht, machte die Mannschaft im Zweifelsfall keine Beute. Heute dagegen können Konflikte lange schwelen, ehe das den Erfolg beeinträchtigt. Außerdem sorgen die Unternehmer oft selbst dafür, dass „Was“ und „Wie“ ins Ungleichgewicht geraten. Etwa mit Unternehmensmotti wie: „Der Kunde ist König, immer!“ Dann schaffen sie es wahrscheinlich, durch höheren Service beispielsweise den Kundenstamm zu vergrößern und mehr Umsatz zu machen… … was doch super wäre. Nein – weil Unternehmen dann das „Wie“ aus den Augen verlieren, die Art, wie die Mitarbeiter arbeiten. Um mit den Neukunden fertig zu werden, müssen diese wahrscheinlich Überstunden schieben, alles auf den letzten Drücker erledigen, Wichtiges auf ein andermal verschieben, wie zum Beispiel, die IT voranzubringen, um den Kundenservice überhaupt gut organisieren zu können. Damit führt die Fokussierung auf das „Was“, in dem Fall auf den Umsatz, zu unerwünschten Resultaten. Welche sind das? Meist erhöht sich der Krankenstand, die Arbeitsmoral, Motivation und Kreativität dagegen sinken. Es kommt zu Egoismen und Silodenken, jeder wird sich selbst der Nächste. Das Unternehmen gleicht dann einem großen Tanker, der  viel zu langsam unterwegs ist, um auf die wendigen kleineren Schiffe zu reagieren, die an ihm vorbeiziehen. Und wenn Unternehmer zu sehr auf das „Wie“ achten, also die Stimmung? Gefährdet das den langfristigen Erfolg auch? Absolut! Dann entstehen Wohlfühloasen: Die Mitarbeiter fühlen sich zwar gut – aber die betriebswirtschaftlichen Resultate fehlen. Langfristig landen Firmen damit in der Insolvenz. Typisch für ein solches Ungleichgewicht sind beispielsweise Unternehmen, in denen das Motto herrscht: „Wir entscheiden alles im Konsens“. Was ist daran nicht gut? Ein solches Credo kann lähmen: Es führt zu endlosen Diskussionen – und raubt damit Zeit. Außerdem ist die Konsens-Entscheidung nicht immer die beste. Um ein gutes Ergebnis einzufahren, müssen Chefs mitunter unpopuläre Maßnahmen durchziehen Wie kann ich denn erkennen, ob ich wie die Jagdgemeinschaften das „Was“ und das „Wie“ in Balance habe – oder eben nicht? Das ist sehr einfach: Schauen Sie sich an, ob Resultate ausbleiben – Sie also beispielsweise zu wenig Umsatz machen, die Arbeit wenig sorgfältig erledigt wird, Deadlines und Liefertermine oft gerissen werden. Dann schlägt das Pendel sehr wahrscheinlich zu stark in Richtung „Wie“ aus. Wächst der Umsatz dagegen, Sie bemerken aber daneben unerwünschte Resultate – etwa, dass viele Mitarbeiter kündigen oder viele Konflikte schwelen –, dann achten Sie zu sehr auf das „Was“. Wie kommt mein Unternehmen wieder in Balance? Das gelingt in drei Schritten. Schritt 1: Überlegen Sie, welche Teams und Mitarbeiter Sie brauchen, um eine Mannschaft zu haben, mit der Sie Ihre Ziele erreichen können. Und fragen Sie sich umgekehrt, wer und was genau verhindert, dass Sie Ihre Ziele erreichen – und Mitarbeiter gut miteinander arbeiten können. Schritt 2: Suchen Sie sich jemanden, etwa einen Coach, der von außen auf Sie und Ihr Unternehmen schaut. Der nicht betriebsblind ist und erkennen kann, woran genau es hakt. Der also beispielsweise wahrnimmt, dass es der Unternehmer selbst ist, der mit dem falschen Motto das „Was“ und „Wie“ aus dem Gleichgewicht bringt. Oder aber, dass Mitarbeitern bestimmte Kompetenzen fehlen, um Ziele zu erreichen – oder auch schlicht die Wertschätzung durch den Chef. Und was wäre der letzte, dritte Schritt? Die Ergebnisse offen an die Mitarbeiter kommunizieren – ebenso wie Ängste und eventuell nötige Opfer, die mit den dann anstehenden Veränderungen einhergehen. Dieser Schritt klingt schwierig. Haben Sie ein Beispiel? Kommen wir zurück zu dem Unternehmer, der seinen Betrieb nach dem „Der-Kunde-ist-immer-König“-Motto ausgerichtet hat. Wenn der anerkennt, dass er damit langfristig vor die Wand fährt, weil Mitarbeiter im Burn-Out landen oder innerlich kündigen, sollte er das offen sagen. Etwa so: „Leute, ich sehe, dass ihr auf dem Zahnfleisch geht, dass wir mit den vielen Neukunden nicht zurande kommen, dass wichtige Projekte, wie die Anpassung der IT-Strukturen, auf der Strecke bleiben. Das bedeutet: Wir werden jetzt keine weiteren Aufträge mehr annehmen. Wir werden deshalb keinen Mehrumsatz und ich kann euch dieses Jahr keine Boni auszahlen. Ich hoffe aber, dass wir dadurch alle angenehmer arbeiten können – und uns fit machen für die Zukunft.“ Die Opfer werden die Mitarbeiter sicher nicht begeistern … Das stimmt nicht! Alle Studien zeigen: Mitarbeiter wollen genau zwei Dinge – eine vernünftige Arbeit und einen vernünftigen Chef. Wenn ein Unternehmer erklärt, warum etwas nicht gut gelaufen ist und wie er es ändern will, führt das bei allen zu Aha-Erlebnissen. Und dieser kollektive Erkenntnisgewinn schweißt zusammen! Wer es dann noch schafft, das „Was“ und das „Wie“ weiterhin gleichermaßen im Blick zu behalten, wird sich der Effektivität einer Steinzeit-Jagdgemeinschaften annähern und den Erfolg langfristig sichern.
Mehr lesen