Unfaire Behandlung von Mitarbeitern
Dieser Chef-Fehler macht Mitarbeiter zu Minderleistern

Machen Mitarbeiter einen miesen Job, gibt es dafür viele Gründe. Ein zentraler: der Chef. Ein wissenschaftliches Experiment zeigt nun, welcher Kardinalfehler von Chefs besonders schädlich ist.

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Luft raus: Ist der Chef unfair, arbeiten Mitarbeiter weniger – und qualitativ schlechter.
Luft raus: Ist der Chef unfair, arbeiten Mitarbeiter weniger – und qualitativ schlechter.

Ein Mitarbeiter bringt nicht die Leistung, die er bringen soll? Ein Forscherteam um Wirtschaftswissenschaftlerin Sabrina Jeworrek vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle geht der Frage nach, inwiefern das auch am Verhalten der Führungskraft liegen kann – etwa, weil diese die Mitarbeiter unfair behandelt.

Das Experiment

Für das Experiment warben die Wissenschaftler 195 Personen an und ließen sie in einem angemieteten Callcenter Anrufe für eine landesweite Umfrage tätigen. Die zwei Schichten dauerten jeweils 3,5 Stunden, pro Schicht bekamen die Testpersonen 40 Euro – vor Arbeitsbeginn. Die Arbeitszeit selbst war Vertrauenssache: Die Versuchsteilnehmer konnten etwa Pausen einlegen, wann immer sie wollten.

Für ihr Experiment teilten die Wissenschaftler die Interviewer in drei Gruppen ein:

Die erste Gruppe arbeitete in beiden Schichten in gleicher Besetzung.

Die zweite Gruppe wurde vor Beginn der zweiten Schicht darüber informiert, dass ein Fünftel weniger Personal anwesend sein würde als bei der ersten – ohne Begründung.

Die dritte Gruppe erhielt zusätzlich zu dieser Information noch die Erklärung, dass das Personal aus Kostengründen gekündigt worden und die Auswahl der Gekündigten beliebig gewesen sei.

Auf diese Weise simulierten die Wissenschaftler eine Behandlung, die als unfair wahrgenommen werden musste – was spätere Interviews mit den Versuchsteilnehmern auch belegten.

Um den Effekt messen zu können, den dieses Auftreten des Managements auf die Produktivität der Mitarbeiter hatte, erfassten die Wissenschaftler die Zahl der Anrufe, die die Interviewer tätigten – sowie die Zeit, die sie aktiv am Telefon verbrachten. Anschließend verglichen sie die Daten beider Schichten miteinander.

Das Ergebnis

Zwar sank die Produktivität während der zweiten Schicht gruppenübergreifend – besonders stark aber bei jenen Mitarbeitern, die vor Schichtbeginn erfahren hatten, dass ein Teil ihrer Kollegen aus Kostengründen entlassen worden war. Sie tätigten im Schnitt etwa 12 Prozent weniger Anrufe als die Mitarbeiter der ersten beiden Gruppen, verbrachten 12 Prozent weniger Zeit am Telefon – und arbeiteten zudem qualitativ schlechter: Bekamen sie jemanden an die Strippe, führte das nur in 15,3 Prozent der Fälle wirklich zu einem der gewünschten Interviews. In den anderen beiden Gruppen lag dieser Wert bei über 20 Prozent.

Das Interessante daran: Die Mitarbeiter waren selbst gar nicht unfair behandelt worden. Sie hatten nur erlebt, dass sich die Führung anderen gegenüber unfair verhalten hatte.

Eine weitere Erkenntnis: Auch die Arbeitsmoral ließ in Gruppe drei deutlich nach: Die Mitarbeiter starteten ihre Schicht im Schnitt mit einer Verzögerung von acht Minuten – und beendeten sie etwa zwölf Minuten früher als die Mitarbeiter der anderen Gruppen. „Dass sich Arbeitnehmer auch für das Wohlergehen ihrer Kollegen interessieren, hat uns zwar nicht überrascht – die Stärke des Effekts auf die Produktivität aber sehr wohl“, erklärt Studienleiterin Sabrina Jeworrek. „Auch wenn entsprechende Studien nicht hundertprozentig vergleichbar sind, so lässt sich doch sagen: Mitarbeiter, die ihren Chef als unfair wahrnehmen, reagieren ähnlich, als wären sie direkt von einer Lohnkürzung betroffen.“

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Im tatsächlichen Arbeitsalltag könnte der negative Effekt auf die Produktivität sogar noch stärker ausfallen: „Das Spannende ist ja, dass die Interviewer in unserem Feldexperiment ihre Kollegen weder kannten, noch zu Gesicht bekamen – und mit ihren Arbeitsbedingungen insgesamt sehr zufrieden waren, wie eine Befragung im Nachgang ergab“, sagt Jeworrek. Wohingegen in der Realität Mitarbeiter nicht selten unzufrieden mit bestimmten Aspekten der Arbeitsverhältnisse sind – und meist persönlich bekannt oder sogar befreundet mit den Kollegen.

So lösen Sie das Problem

Die Studie zeigt: Wird ein Chef als unfair wahrgenommen, ist das ein echter Produktivitätskiller. Das bedeutet aber umgekehrt: Mit Selbstbeherrschung und der Fähigkeit, positiv und wertschätzend zu kommunizieren, lässt sich die Produktivität auch in schwierigen Zeiten stabil halten. Wer unpopuläre Maßnahmen planen muss, etwa Personalabbau oder Lohnkürzungen, sollte also die Außenwirkung seiner Handlungen stets mitdenken – und überlegen, auf welche Weise sich der Eindruck vermeiden lässt, man selbst handele unfair. Hier zwei Tipps der Experten:

Tipp 1: Versuchen Sie, die negativen Folgen der Maßnahmen abzumildern – und sprechen Sie darüber

Kommunizieren Sie offen, aus welchen Gründen Sie Mitarbeiter entlassen müssen, das Urlaubsgeld streichen oder einigen aktuell noch mehr Arbeit aufhalsen. Und stellen sie beispielsweise im Fall von Kündigungen ausführlich dar, Abfindungen zahlen zu wollen – und persönlich alles dafür zu tun, dass der Mensch, den Sie entlassen müssen, eine neue Stelle findet. „Dann besteht zumindest die Chance, dass Mitarbeiter selbst drastische Maßnahmen, die häufig als unfair wahrgenommen werden, als weniger ungerecht empfinden“, so Expertin Jeworrek. (Wie Sie vor Mitarbeitern den richtigen Ton treffen, erfahren Sie in unserem Artikel zu den 12 Goldenen Kommunikationsregeln für Chefs.)

Tipp 2: Geben Sie kritische Entscheidungen an andere ab

Ob Unternehmensberater oder Interimsmanager: Sollten unpopuläre Maßnahmen unumgänglich sein, kann es helfen, nicht persönlich als Urheber dazustehen – auch wenn Sie diese natürlich beauftragen müssen und das Ganze unter Umständen einiges kostet. Denn: „Studien haben gezeigt, dass Menschen, die von unfairen Entscheidungen betroffen sind, eher dem Entscheider als dem Auftraggeber die Schuld zuweisen“, so Jeworrek.

Ein Mitarbeiter bringt nicht die Leistung, die er bringen soll? Ein Forscherteam um Wirtschaftswissenschaftlerin Sabrina Jeworrek vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle geht der Frage nach, inwiefern das auch am Verhalten der Führungskraft liegen kann – etwa, weil diese die Mitarbeiter unfair behandelt. Das Experiment Für das Experiment warben die Wissenschaftler 195 Personen an und ließen sie in einem angemieteten Callcenter Anrufe für eine landesweite Umfrage tätigen. Die zwei Schichten dauerten jeweils 3,5 Stunden, pro Schicht bekamen die Testpersonen 40 Euro – vor Arbeitsbeginn. Die Arbeitszeit selbst war Vertrauenssache: Die Versuchsteilnehmer konnten etwa Pausen einlegen, wann immer sie wollten. Für ihr Experiment teilten die Wissenschaftler die Interviewer in drei Gruppen ein: Die erste Gruppe arbeitete in beiden Schichten in gleicher Besetzung. Die zweite Gruppe wurde vor Beginn der zweiten Schicht darüber informiert, dass ein Fünftel weniger Personal anwesend sein würde als bei der ersten – ohne Begründung. Die dritte Gruppe erhielt zusätzlich zu dieser Information noch die Erklärung, dass das Personal aus Kostengründen gekündigt worden und die Auswahl der Gekündigten beliebig gewesen sei. Auf diese Weise simulierten die Wissenschaftler eine Behandlung, die als unfair wahrgenommen werden musste – was spätere Interviews mit den Versuchsteilnehmern auch belegten. Um den Effekt messen zu können, den dieses Auftreten des Managements auf die Produktivität der Mitarbeiter hatte, erfassten die Wissenschaftler die Zahl der Anrufe, die die Interviewer tätigten – sowie die Zeit, die sie aktiv am Telefon verbrachten. Anschließend verglichen sie die Daten beider Schichten miteinander. Das Ergebnis Zwar sank die Produktivität während der zweiten Schicht gruppenübergreifend – besonders stark aber bei jenen Mitarbeitern, die vor Schichtbeginn erfahren hatten, dass ein Teil ihrer Kollegen aus Kostengründen entlassen worden war. Sie tätigten im Schnitt etwa 12 Prozent weniger Anrufe als die Mitarbeiter der ersten beiden Gruppen, verbrachten 12 Prozent weniger Zeit am Telefon – und arbeiteten zudem qualitativ schlechter: Bekamen sie jemanden an die Strippe, führte das nur in 15,3 Prozent der Fälle wirklich zu einem der gewünschten Interviews. In den anderen beiden Gruppen lag dieser Wert bei über 20 Prozent. Das Interessante daran: Die Mitarbeiter waren selbst gar nicht unfair behandelt worden. Sie hatten nur erlebt, dass sich die Führung anderen gegenüber unfair verhalten hatte. Eine weitere Erkenntnis: Auch die Arbeitsmoral ließ in Gruppe drei deutlich nach: Die Mitarbeiter starteten ihre Schicht im Schnitt mit einer Verzögerung von acht Minuten – und beendeten sie etwa zwölf Minuten früher als die Mitarbeiter der anderen Gruppen. „Dass sich Arbeitnehmer auch für das Wohlergehen ihrer Kollegen interessieren, hat uns zwar nicht überrascht – die Stärke des Effekts auf die Produktivität aber sehr wohl“, erklärt Studienleiterin Sabrina Jeworrek. „Auch wenn entsprechende Studien nicht hundertprozentig vergleichbar sind, so lässt sich doch sagen: Mitarbeiter, die ihren Chef als unfair wahrnehmen, reagieren ähnlich, als wären sie direkt von einer Lohnkürzung betroffen.“ Im tatsächlichen Arbeitsalltag könnte der negative Effekt auf die Produktivität sogar noch stärker ausfallen: „Das Spannende ist ja, dass die Interviewer in unserem Feldexperiment ihre Kollegen weder kannten, noch zu Gesicht bekamen – und mit ihren Arbeitsbedingungen insgesamt sehr zufrieden waren, wie eine Befragung im Nachgang ergab“, sagt Jeworrek. Wohingegen in der Realität Mitarbeiter nicht selten unzufrieden mit bestimmten Aspekten der Arbeitsverhältnisse sind – und meist persönlich bekannt oder sogar befreundet mit den Kollegen. So lösen Sie das Problem Die Studie zeigt: Wird ein Chef als unfair wahrgenommen, ist das ein echter Produktivitätskiller. Das bedeutet aber umgekehrt: Mit Selbstbeherrschung und der Fähigkeit, positiv und wertschätzend zu kommunizieren, lässt sich die Produktivität auch in schwierigen Zeiten stabil halten. Wer unpopuläre Maßnahmen planen muss, etwa Personalabbau oder Lohnkürzungen, sollte also die Außenwirkung seiner Handlungen stets mitdenken – und überlegen, auf welche Weise sich der Eindruck vermeiden lässt, man selbst handele unfair. Hier zwei Tipps der Experten: Tipp 1: Versuchen Sie, die negativen Folgen der Maßnahmen abzumildern – und sprechen Sie darüber Kommunizieren Sie offen, aus welchen Gründen Sie Mitarbeiter entlassen müssen, das Urlaubsgeld streichen oder einigen aktuell noch mehr Arbeit aufhalsen. Und stellen sie beispielsweise im Fall von Kündigungen ausführlich dar, Abfindungen zahlen zu wollen – und persönlich alles dafür zu tun, dass der Mensch, den Sie entlassen müssen, eine neue Stelle findet. „Dann besteht zumindest die Chance, dass Mitarbeiter selbst drastische Maßnahmen, die häufig als unfair wahrgenommen werden, als weniger ungerecht empfinden“, so Expertin Jeworrek. (Wie Sie vor Mitarbeitern den richtigen Ton treffen, erfahren Sie in unserem Artikel zu den 12 Goldenen Kommunikationsregeln für Chefs.) Tipp 2: Geben Sie kritische Entscheidungen an andere ab Ob Unternehmensberater oder Interimsmanager: Sollten unpopuläre Maßnahmen unumgänglich sein, kann es helfen, nicht persönlich als Urheber dazustehen – auch wenn Sie diese natürlich beauftragen müssen und das Ganze unter Umständen einiges kostet. Denn: „Studien haben gezeigt, dass Menschen, die von unfairen Entscheidungen betroffen sind, eher dem Entscheider als dem Auftraggeber die Schuld zuweisen“, so Jeworrek.