Azubi-Vorstellungsgespräch führen
Den perfekten Azubi finden? Mit diesem Leitfaden klappt’s

Bei der Suche nach einem Azubi ist ein gelungenes Vorstellungsgespräch entscheidend. Welche Fragen Sie stellen sollten, welche Fehler zu vermeiden sind – und wie Sie Bewerber für sich begeistern.

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Azubi-Vorstellungsgespräch führen
© Duanghathai Phitakjaroenwong / iStockphoto / Getty Images

Die Suche nach einem neuen Azubi kann mühselig sein. Umso wichtiger, dass Sie beim Azubi-Vorstellungsgespräch an alles denken – und die richtigen Fragen stellen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. So wird das Vorstellungsgespräch erfolgreich.

Vorbereitung auf das Azubi-Vorstellungsgespräch

Bevor Sie ein Azubi-Vorstellungsgespräch führen, sollten Sie sich gründlich vorbereiten – darin unterscheidet sich das Azubi-Vorstellungsgespräch nicht von anderen Vorstellungsgesprächen. Sie sollten mit einem klaren Fahrplan und einem Leitfaden ins Gespräch gehen. „Erfolgreiche Interviews sind gut vorbereitet, strukturiert und vor allem vergleichbar“, sagt Felicia Ullrich, zertifizierte Eignungsdiagnostikerin und Verlegerin der jährlich erscheinenden Studie „Azubi-Recruiting Trends“. Im Idealfall sollten Sie allen Kandidatinnen und Kandidaten die gleichen Fragen stellen, denn nur so können Sie bei der Entscheidung wirkliche Unterschiede erkennen. Drei Schritte helfen bei der Vorbereitung:

Erwartungen klären

Lange vor dem Gespräch, am besten bei der Erstellung der Stellenanzeige, sollten Sie sich einige Fragen beantworten: Was soll der potenzielle Azubi können? Welche Erwartungen haben Sie an diese Person? Das hilft auch bei Vorauswahl der Bewerbenden: Wer die Anforderungen schon in der Stellenanzeige klar formuliert hat, erlebt im Vorstellungsgespräch weniger Überraschungen.

Dazu zählt auch, in der Stellenanzeige klar zu formulieren, welche Unterlagen Sie erwarten. „In vielen Stellenanzeigen steht nur: ‚Schicken Sie eine vollständige oder aussagekräftige Bewerbung‘ – aber was heißt das?“, fragt Ullrich. „Wenn ich vorher nicht definiert habe, welche Zeugnisse und Nachweise ich erwarte, kann ich mich hinterher auch nicht beschweren, wenn sie fehlen.“

Übrigens warnt die Expertin davor, von vermeintlichen Ungenauigkeiten in der Bewerbung eines Kandidaten auf dessen mangelnde Qualifikation zu schließen. Ein Selfie statt eines professionellen Bewerbungsfotos? Rechtschreibfehler im Anschreiben? Das sage meist nichts über die Eignung aus, meint Ullrich: „Der eine bekommt Unterstützung von den Eltern, die das Anschreiben Korrektur lesen oder sogar formulieren. Die andere hat diese Möglichkeit vielleicht nicht – aber beide können trotzdem gleich fit für den Job sein!“

Die Expertin
Felicia Ullrich ist zertifizierte Eignungsdiagnostikerin und verlegt jährlich die Azubi-Recruiting Trends, bei der auch 2024 wieder Ausbildungsverantwortliche und (potenzielle) Azubis zu ihrer Perspektive auf Ausbildungen befragt werden.

Fragen überlegen

Nachdem Sie die Anforderungen geklärt haben, sollten Sie daraus Fragen ableiten: Was macht einen guten Azubi in Ihrem Unternehmen aus? Und in welchen Situationen oder an welchem Verhalten würde man ihn erkennen?

„Das Besondere am Azubi-Vorstellungsgespräch: In der Regel haben die Bewerber noch keine fachliche Kompetenz, die man im Gespräch abfragen könnte“, sagt Ullrich. Während man erfahrene Arbeitnehmer nach ihren Erfahrungen in vorherigen Jobs fragt, ist das bei der Suche nach einem Auszubildenden schwieriger.

Die Expertin rät deshalb, situative Fragen zu stellen. Dabei sollen Bewerber ihr eigenes Verhalten in bestimmten Situationen einschätzen. Hilfreich kann es sein zu überlegen, was für Sie einen sehr guten von einem durchschnittlichen oder sogar schlechten Azubi unterscheidet: Welche Eigenschaften bringt er oder sie mit? Wie verhält sich die Person?

Beispiele für Fragen an Azubis

Für die Ausbildung suchen sie jemanden, der gut im Team arbeiten kann. Überlegen Sie sich eine Situation, in der sich Teamfähigkeit zeigen könnte. Sie können fragen:

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  • „Stell dir vor, du sollst gemeinsam mit anderen Azubis eine Veranstaltung organisieren. Welche Rolle nimmst du dabei ein?“
  • „In der Berufsschule sollst du mit deinen Mitschülern eine Präsentation halten. Eine Person hält sich komplett heraus und übernimmt keine Aufgaben. Wie gehst du damit um?“

In der Ausbildung ist Kundenkontakt wichtig und Sie möchten erfahren, wie der Bewerber mit genervten Kunden umgehen würde. Mögliche Fragen:

  • „Du arbeitest im Kundenservice und erhältst den Anruf einer Kundin, die sich wütend darüber auslässt, bereits 20 Minuten in der Warteschlange zu hängen. Wie reagierst du?“
  • „In einem Kundengespräch hast du es mit einem besonders hartnäckigen Gegenüber zu tun. Die potenzielle Kundin besteht darauf, nur die Hälfte des eigentlichen Verkaufspreises zahlen zu wollen. Wie gehst du damit um?“
  • „Ein Kunde fragt dich nach einer Info – aber du weißt die Antwort nicht. Wie verhältst du dich in dieser Situation?“

Sie wollen wissen, wie selbstverantwortlich Ihr potenzieller Azubi arbeitet – aber auch, wie die Person mit Fehlern oder Unsicherheiten umgeht. Mögliche Fragen:

  • „Du bekommst eine neue Aufgabe. Aber dir fehlen wichtige Informationen oder dir ist nicht ganz klar, wie du vorgehen sollst. Was tust du?“
  • „Du beobachtest, wie ein Kollege unsauber arbeitet, sodass die Kanten des Produktes unsauber abgeschliffen werden. Der Kollege ist schon lange im Unternehmen und hat viel Erfahrung an seinem Arbeitsplatz. Was machst du?“
  • „Du merkst, dass du eine Aufgabe nicht zum vereinbarten Termin fertig bekommst. Wie gehst du damit um?“

Weitere Fragen für Vorstellungsgespräche gibt es hier: Fragen fürs Vorstellungsgespräch: 42 Fragen für Arbeitgeber

Diese Fragen sollten Sie streichen

Es gibt jedoch auch Fragen, die Sie sich im Gespräch laut Expertin Ullrich sparen können:

Fragen zu Zeugnissen und Noten

„Zeugnisnoten haben nur eine geringe Vorhersagekraft für den beruflichen Erfolg“, sagt Ullrich. Zudem gibt es zahlreiche Vorurteile, die zu schlechten Noten führen können. Nicht selten langweilen sich besonders kreative Personen in der klassischen Schule – und bekommen schlechte Noten. Wünschen Sie sich dennoch einen Maßstab, um eine Vorauswahl zu treffen, empfiehlt Ullrich ein eigenes Testverfahren zu entwickeln. „Damit messen Sie alle am gleichen Maßstab.“

Fragen nach positiven und negativen Eigenschaften

„In den allermeisten Fällen werden Sie keine ehrliche Antwort bekommen“, sagt Ullrich. Der Klassiker: Perfektionismus als negative Eigenschaft nennen – die zugleich als positiv bewertet wird. „Sie kriegen dadurch nichts raus, was für die Entscheidung wirklich relevant ist“, sagt die Expertin.

Fragen nach der Motivation für die Bewerbung

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„Warum möchtest du bei uns anfangen?“ Eine klassische Frage, die in vielen Vorstellungsgesprächen gestellt wird. „Meist dient das nur der Selbstschmeichelei“, sagt Ullrich. Klar, daraus lässt sich ableiten, ob ein Bewerber oder eine Bewerberin sich gut vorbereitet hat, „das heißt aber nicht unbedingt, dass er oder sie auch für den Job geeignet ist“, sagt die Expertin. Der enge Bewerbermarkt lasse es nicht mehr zu, dass Arbeitgeber aufgrund solcher Kriterien Kandidaten ausschließen.

Die Expertin nennt ein Beispiel: Ein 17-Jähriger, der gerne an Mofas schraubt, bewirbt sich auf eine Azubi-Stelle, weil er Lust hat, weiter an Fahrzeugen zu schrauben. Er macht sich vielleicht nicht so viele Gedanken darüber, wie er andere von sich überzeugen kann – ist aber dennoch hoch motiviert, sein Wissen auszubauen. Mit der Frage „Wann und wo hast du schon selbst geschraubt?“ ließen sich deutlich mehr, relevante Informationen sammeln, so Ullrich.

Wissensfragen zum Beruf

„Wie stellst du dir die Ausbildung vor? Was macht ein Anlagenmechaniker deiner Meinung nach?“ Solche Fragen sollten Sie von Ihrem Zettel streichen. „Manche Ausbildungsberufe sind so speziell – wieso erwarte ich von einem jungen Menschen, dass er genau weiß, was ihn da erwarten wird?“, fragt Ullrich. „Das Gespräch ist DIE Chance, dem Bewerber ein genaues Bild zu geben, was ihn erwartet und ihm Lust auf die Ausbildung und das Unternehmen zu machen.“

Zudem gibt es auch Fragen, die generell in Vorstellungsgesprächen nicht erlaubt sind – egal, ob Azubi oder Fachkraft. Etwa Fragen zur Religionszugehörigkeit, zum Kinderwunsch oder Sexualleben des Bewerbers.

Mehr dazu hier: Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch: Diese Fragen müssen Sie sich verkneifen

Bewertungsbogen erstellen

Ein Beurteilungsbogen hilft, wichtige Informationen direkt im Gespräch festzuhalten, um den Azubi-Bewerber später fair bewerten zu können. So ein Bogen kann zum Beispiel wichtige Anforderungen auflisten, die jeweils mit einer Skala versehen sind, sodass Sie schnell ankreuzen können, wie sehr ein Bewerber oder eine Bewerberin eine gewünschte Anforderung erfüllt. Außerdem sollte es genügend Platz für Notizen geben.

Was nach viel Arbeit klingt, lohnt sich bei der Auswahl eines neuen Azubis: „So vermeiden Sie, dass Sie geeignete Kandidaten nur ablehnen, weil Sie Vorurteile haben oder nicht auf das wirklich Wichtige geschaut haben“, sagt Ullrich. Ihrer Erfahrung nach lohnt es sich, einmal Zeit in Anforderungsprofile und Bewertungsbögen zu investieren. „So kann man einmal im Jahr prüfen, ob die Unterlagen noch aktuell sind und muss sie meist nur minimal anpassen.“

Kolleginnen und Kollegen einbeziehen

Grundsätzlich gilt: Im Vorstellungsgespräch sollte neben Ihnen immer mindestens noch eine weitere Person dabei sein. So stellen Sie sicher, dass die Entscheidung für oder gegen einen Bewerber nicht nur auf persönlichen Präferenzen beruht.

Sie sollten aber gleichzeitig gut abwägen, wie viele Menschen wirklich teilnehmen müssen. „Für einen 16-Jährigen kann es sich wie ein Gerichtsprozess anfühlen, wenn ihm im Gespräch direkt fünf Personen aus dem Unternehmen gegenübersitzen“, sagt Ullrich.

Für eine angenehme Atmosphäre sorgen

Eine Begrüßungstafel am Eingang zeigt dem Bewerber, dass er richtig angekommen ist. Bieten Sie ihm etwas zu Trinken an. Wenn Sie wissen, dass der Bewerber direkt von der Schule zum Gespräch kommt, können Sie auch Brötchen oder Snacks bereitstellen.

Ablauf des Gesprächs

Den Bewerber willkommen heißen

„Sie haben es in der Regel mit eher unerfahrenen Bewerbern und Bewerberinnen zu tun – deshalb sollten Sie mehr kommunizieren, wie die Bewerbung abläuft“, sagt Ullrich. Schaffen Sie eine angenehme, partnerschaftliche Atmosphäre und zeigen Sie Verständnis, wenn der Kandidat nervös ist. „Sie können sagen: Wir sind auch nervös, wir sind gespannt, wie das Gespräch laufen wird.“

Umfragen haben gezeigt, dass Wertschätzung und Anerkennung für potenzielle Azubis einen entscheidenden Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen einen Job haben. „Wenn alle im Gespräch nur kritisch gucken und ernst sind, bekommt man nicht das Gefühl, dass man hier in einem lockeren Betriebsklima ist“, sagt Ullrich. Wichtig ist also auch zu reflektieren: Wie erzählen Sie von Ihrem Unternehmen? Ist das eher trocken? Oder erzählen Sie mit Leidenschaft und Begeisterung?

Spielregeln erklären

Zum Anfang können Sie zunächst ein paar Small-Talk-Fragen stellen, um das Eis zu brechen. Vielleicht haben Sie bereits aus den Bewerbungsunterlagen gelesen, dass der Bewerber oder die Bewerberin ein interessantes Hobby hat. Wichtig ist jedoch: „Dieser Small Talk ist nicht Teil der Bewertung! Und der erste Eindruck sagt nicht unbedingt etwas über die Eignung für die Ausbildung aus“, sagt Ullrich.

Denken Sie daran, dass Sie einen jungen Menschen vor sich haben, der noch wenig Erfahrung mit Vorstellungsgesprächen hat. Ullrich: „Seien Sie transparent! Erklären Sie dem Bewerber vorab, dass Sie sich Notizen machen werden, um ihn möglichst fair zu bewerten – sonst kann ihn das verunsichern.“

Verlauf der Ausbildung skizzieren

Gut möglich, dass Ihr Unternehmen der erste Arbeitgeber für Ihren Bewerber wird. Gehen Sie davon aus, dass Ihr Gegenüber vielleicht bisher nur vage Vorstellungen davon hat, wie eine Ausbildung abläuft. Sie sollten sich also ausreichend Zeit im Gespräch nehmen, um die Ausbildung und die Rahmenbedingungen zu erklären – auch wenn der Bewerber oder die Bewerberin nicht direkt danach fragt. Einige Daten und Fakten dürfen dabei nicht fehlen:

  • Wie ist die Ausbildung sachlich und zeitlich gegliedert? Was ist das Ziel der Ausbildung?
  • Wie lange dauert die Ausbildung? Wann beginnt, wann endet sie?
  • Wo ist der Arbeitsort?
  • Wo ist die Berufsschule?
  • Wie sind Arbeit und Berufsschule aufgeteilt?
  • Wie viele Urlaubstage gibt es?
  • Wie hoch ist die Vergütung?
  • Welche Boni und Zusatzleistungen gibt es?
  • Welche Entwicklungsmöglichkeiten sind denkbar? Gibt es Weiterbildungen, die Azubis machen können?
  • Wie sieht der Weg nach der Ausbildung aus? Wie stehen die Übernahmechancen?

„Sie sollten die Ausbildung positiv darstellen – aber kein falsches Bild schaffen“, sagt Ullrich. Gerade bei handwerklichen Ausbildungen ist laut der Expertin immer sinnvoll, den Kandidaten zu einem Tag Probearbeit einzuladen. So können beide Seiten testen, ob es passt.

Mehr dazu hier: Probearbeiten: Rechte und Pflichten verständlich erklärt

Das eigene Unternehmen vorstellen

Im Azubi-Vorstellungsgespräch geht es nicht nur darum, möglichst viel über den Bewerber oder die Bewerberin zu erfahren, sondern auch die Person für das eigene Unternehmen zu gewinnen. Die Vorstellung Ihres Unternehmens und des Teams sollte deswegen nicht zu kurz kommen.

„Manche Dienstleister oder Maschinenbauer haben keine Berührungspunkte mit der Alltagswelt von Jugendlichen – zumindest nicht so, dass diese sie wahrnehmen“, sagt Ullrich. Wichtig ist, dem Bewerber Ihr Unternehmen näherzubringen.

Tipp von der Expertin: Vom Vertrieb lernen! Wie erklären Ihre Kolleginnen und Kollegen im Vertrieb neuen Kunden Ihre Produkte und Angebote – ohne Fachsprache und fachliches Know-how? Dieses Wissen können Sie auch im Azubi-Vorstellungsgespräch einsetzen.

Geben Sie dem Bewerber im Gespräch auch die Gelegenheit, Fragen an Sie zu richten. Bereiten Sie sich vor allem auf Fragen zu Zukunftsaussichten des angestrebten Berufsbildes und zu Ihrer Firma vor.

Das Gespräch abschließen

Auch am Ende des Gesprächs sollten Sie transparent sein: Erklären Sie dem Bewerber genau, wie es weitergeht: Führen Sie noch weitere Gespräche mit anderen Kandidaten? Bis wann melden Sie sich?

Bedanken Sie sich beim Bewerber für die Zeit, die er sich genommen hat. Überlegen Sie sich kleine, wertschätzende Gesten: Ullrich hat etwa einen Kunden, der jedem Bewerber zur Verabschiedung eine edle Schokolade schenkt. Diese Extras sind es, die nach dem Gespräch bei vielen Bewerbern besonders in Erinnerung bleiben.

Planen Sie am Ende noch einen kurzen Rundgang durchs Unternehmen ein. Das kann etwa ein Azubi übernehmen, dann hat der Bewerber direkt Kontakt zu einer Person in einer ähnlichen Position und kann noch Fragen stellen. „Der Azubi sollte natürlich Ihrem Unternehmen verbunden sein – und Sie gut präsentieren können“, sagt Ullrich.

Nachbereitung des Azubi-Vorstellungsgesprächs

Setzen Sie sich zeitnah mit Ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Gespräch zusammen. Ihre Notizen aus dem Gespräch helfen, die Kandidaten miteinander zu vergleichen und zu einer fundierten Entscheidung zu kommen.

Wertschätzend absagen

Sie müssen einem Bewerber absagen? Geben Sie ihm die schriftliche Absage und bieten Sie ihm an, zusätzlich telefonisch detaillierteres Feedback zu geben – sofern er oder sie das möchte. Das kann insbesondere für unerfahrene Bewerber hilfreich sein und unterstreicht den wertschätzenden Umgang mit dem Bewerber oder der Bewerberin.

Die Suche nach einem neuen Azubi kann mühselig sein. Umso wichtiger, dass Sie beim Azubi-Vorstellungsgespräch an alles denken – und die richtigen Fragen stellen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. So wird das Vorstellungsgespräch erfolgreich. Vorbereitung auf das Azubi-Vorstellungsgespräch Bevor Sie ein Azubi-Vorstellungsgespräch führen, sollten Sie sich gründlich vorbereiten – darin unterscheidet sich das Azubi-Vorstellungsgespräch nicht von anderen Vorstellungsgesprächen. Sie sollten mit einem klaren Fahrplan und einem Leitfaden ins Gespräch gehen. „Erfolgreiche Interviews sind gut vorbereitet, strukturiert und vor allem vergleichbar“, sagt Felicia Ullrich, zertifizierte Eignungsdiagnostikerin und Verlegerin der jährlich erscheinenden Studie „Azubi-Recruiting Trends“. Im Idealfall sollten Sie allen Kandidatinnen und Kandidaten die gleichen Fragen stellen, denn nur so können Sie bei der Entscheidung wirkliche Unterschiede erkennen. Drei Schritte helfen bei der Vorbereitung: Erwartungen klären Lange vor dem Gespräch, am besten bei der Erstellung der Stellenanzeige, sollten Sie sich einige Fragen beantworten: Was soll der potenzielle Azubi können? Welche Erwartungen haben Sie an diese Person? Das hilft auch bei Vorauswahl der Bewerbenden: Wer die Anforderungen schon in der Stellenanzeige klar formuliert hat, erlebt im Vorstellungsgespräch weniger Überraschungen. Dazu zählt auch, in der Stellenanzeige klar zu formulieren, welche Unterlagen Sie erwarten. „In vielen Stellenanzeigen steht nur: ‚Schicken Sie eine vollständige oder aussagekräftige Bewerbung‘ – aber was heißt das?“, fragt Ullrich. „Wenn ich vorher nicht definiert habe, welche Zeugnisse und Nachweise ich erwarte, kann ich mich hinterher auch nicht beschweren, wenn sie fehlen.“ Übrigens warnt die Expertin davor, von vermeintlichen Ungenauigkeiten in der Bewerbung eines Kandidaten auf dessen mangelnde Qualifikation zu schließen. Ein Selfie statt eines professionellen Bewerbungsfotos? Rechtschreibfehler im Anschreiben? Das sage meist nichts über die Eignung aus, meint Ullrich: „Der eine bekommt Unterstützung von den Eltern, die das Anschreiben Korrektur lesen oder sogar formulieren. Die andere hat diese Möglichkeit vielleicht nicht – aber beide können trotzdem gleich fit für den Job sein!“ [zur-person] Fragen überlegen Nachdem Sie die Anforderungen geklärt haben, sollten Sie daraus Fragen ableiten: Was macht einen guten Azubi in Ihrem Unternehmen aus? Und in welchen Situationen oder an welchem Verhalten würde man ihn erkennen? „Das Besondere am Azubi-Vorstellungsgespräch: In der Regel haben die Bewerber noch keine fachliche Kompetenz, die man im Gespräch abfragen könnte“, sagt Ullrich. Während man erfahrene Arbeitnehmer nach ihren Erfahrungen in vorherigen Jobs fragt, ist das bei der Suche nach einem Auszubildenden schwieriger. Die Expertin rät deshalb, situative Fragen zu stellen. Dabei sollen Bewerber ihr eigenes Verhalten in bestimmten Situationen einschätzen. Hilfreich kann es sein zu überlegen, was für Sie einen sehr guten von einem durchschnittlichen oder sogar schlechten Azubi unterscheidet: Welche Eigenschaften bringt er oder sie mit? Wie verhält sich die Person? Beispiele für Fragen an Azubis Für die Ausbildung suchen sie jemanden, der gut im Team arbeiten kann. Überlegen Sie sich eine Situation, in der sich Teamfähigkeit zeigen könnte. Sie können fragen: „Stell dir vor, du sollst gemeinsam mit anderen Azubis eine Veranstaltung organisieren. Welche Rolle nimmst du dabei ein?“ „In der Berufsschule sollst du mit deinen Mitschülern eine Präsentation halten. Eine Person hält sich komplett heraus und übernimmt keine Aufgaben. Wie gehst du damit um?“ In der Ausbildung ist Kundenkontakt wichtig und Sie möchten erfahren, wie der Bewerber mit genervten Kunden umgehen würde. Mögliche Fragen: „Du arbeitest im Kundenservice und erhältst den Anruf einer Kundin, die sich wütend darüber auslässt, bereits 20 Minuten in der Warteschlange zu hängen. Wie reagierst du?“ „In einem Kundengespräch hast du es mit einem besonders hartnäckigen Gegenüber zu tun. Die potenzielle Kundin besteht darauf, nur die Hälfte des eigentlichen Verkaufspreises zahlen zu wollen. Wie gehst du damit um?“ „Ein Kunde fragt dich nach einer Info – aber du weißt die Antwort nicht. Wie verhältst du dich in dieser Situation?“ Sie wollen wissen, wie selbstverantwortlich Ihr potenzieller Azubi arbeitet – aber auch, wie die Person mit Fehlern oder Unsicherheiten umgeht. Mögliche Fragen: „Du bekommst eine neue Aufgabe. Aber dir fehlen wichtige Informationen oder dir ist nicht ganz klar, wie du vorgehen sollst. Was tust du?“ „Du beobachtest, wie ein Kollege unsauber arbeitet, sodass die Kanten des Produktes unsauber abgeschliffen werden. Der Kollege ist schon lange im Unternehmen und hat viel Erfahrung an seinem Arbeitsplatz. Was machst du?“ „Du merkst, dass du eine Aufgabe nicht zum vereinbarten Termin fertig bekommst. Wie gehst du damit um?“ Weitere Fragen für Vorstellungsgespräche gibt es hier: Fragen fürs Vorstellungsgespräch: 42 Fragen für Arbeitgeber Diese Fragen sollten Sie streichen Es gibt jedoch auch Fragen, die Sie sich im Gespräch laut Expertin Ullrich sparen können: Fragen zu Zeugnissen und Noten „Zeugnisnoten haben nur eine geringe Vorhersagekraft für den beruflichen Erfolg“, sagt Ullrich. Zudem gibt es zahlreiche Vorurteile, die zu schlechten Noten führen können. Nicht selten langweilen sich besonders kreative Personen in der klassischen Schule – und bekommen schlechte Noten. Wünschen Sie sich dennoch einen Maßstab, um eine Vorauswahl zu treffen, empfiehlt Ullrich ein eigenes Testverfahren zu entwickeln. „Damit messen Sie alle am gleichen Maßstab.“ Fragen nach positiven und negativen Eigenschaften „In den allermeisten Fällen werden Sie keine ehrliche Antwort bekommen“, sagt Ullrich. Der Klassiker: Perfektionismus als negative Eigenschaft nennen – die zugleich als positiv bewertet wird. „Sie kriegen dadurch nichts raus, was für die Entscheidung wirklich relevant ist“, sagt die Expertin. Fragen nach der Motivation für die Bewerbung „Warum möchtest du bei uns anfangen?“ Eine klassische Frage, die in vielen Vorstellungsgesprächen gestellt wird. „Meist dient das nur der Selbstschmeichelei“, sagt Ullrich. Klar, daraus lässt sich ableiten, ob ein Bewerber oder eine Bewerberin sich gut vorbereitet hat, „das heißt aber nicht unbedingt, dass er oder sie auch für den Job geeignet ist“, sagt die Expertin. Der enge Bewerbermarkt lasse es nicht mehr zu, dass Arbeitgeber aufgrund solcher Kriterien Kandidaten ausschließen. Die Expertin nennt ein Beispiel: Ein 17-Jähriger, der gerne an Mofas schraubt, bewirbt sich auf eine Azubi-Stelle, weil er Lust hat, weiter an Fahrzeugen zu schrauben. Er macht sich vielleicht nicht so viele Gedanken darüber, wie er andere von sich überzeugen kann – ist aber dennoch hoch motiviert, sein Wissen auszubauen. Mit der Frage „Wann und wo hast du schon selbst geschraubt?“ ließen sich deutlich mehr, relevante Informationen sammeln, so Ullrich. Wissensfragen zum Beruf „Wie stellst du dir die Ausbildung vor? Was macht ein Anlagenmechaniker deiner Meinung nach?“ Solche Fragen sollten Sie von Ihrem Zettel streichen. „Manche Ausbildungsberufe sind so speziell – wieso erwarte ich von einem jungen Menschen, dass er genau weiß, was ihn da erwarten wird?“, fragt Ullrich. „Das Gespräch ist DIE Chance, dem Bewerber ein genaues Bild zu geben, was ihn erwartet und ihm Lust auf die Ausbildung und das Unternehmen zu machen.“ Zudem gibt es auch Fragen, die generell in Vorstellungsgesprächen nicht erlaubt sind – egal, ob Azubi oder Fachkraft. Etwa Fragen zur Religionszugehörigkeit, zum Kinderwunsch oder Sexualleben des Bewerbers. Mehr dazu hier: Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch: Diese Fragen müssen Sie sich verkneifen Bewertungsbogen erstellen Ein Beurteilungsbogen hilft, wichtige Informationen direkt im Gespräch festzuhalten, um den Azubi-Bewerber später fair bewerten zu können. So ein Bogen kann zum Beispiel wichtige Anforderungen auflisten, die jeweils mit einer Skala versehen sind, sodass Sie schnell ankreuzen können, wie sehr ein Bewerber oder eine Bewerberin eine gewünschte Anforderung erfüllt. Außerdem sollte es genügend Platz für Notizen geben. Was nach viel Arbeit klingt, lohnt sich bei der Auswahl eines neuen Azubis: „So vermeiden Sie, dass Sie geeignete Kandidaten nur ablehnen, weil Sie Vorurteile haben oder nicht auf das wirklich Wichtige geschaut haben“, sagt Ullrich. Ihrer Erfahrung nach lohnt es sich, einmal Zeit in Anforderungsprofile und Bewertungsbögen zu investieren. „So kann man einmal im Jahr prüfen, ob die Unterlagen noch aktuell sind und muss sie meist nur minimal anpassen.“ Kolleginnen und Kollegen einbeziehen Grundsätzlich gilt: Im Vorstellungsgespräch sollte neben Ihnen immer mindestens noch eine weitere Person dabei sein. So stellen Sie sicher, dass die Entscheidung für oder gegen einen Bewerber nicht nur auf persönlichen Präferenzen beruht. Sie sollten aber gleichzeitig gut abwägen, wie viele Menschen wirklich teilnehmen müssen. „Für einen 16-Jährigen kann es sich wie ein Gerichtsprozess anfühlen, wenn ihm im Gespräch direkt fünf Personen aus dem Unternehmen gegenübersitzen“, sagt Ullrich. Für eine angenehme Atmosphäre sorgen Eine Begrüßungstafel am Eingang zeigt dem Bewerber, dass er richtig angekommen ist. Bieten Sie ihm etwas zu Trinken an. Wenn Sie wissen, dass der Bewerber direkt von der Schule zum Gespräch kommt, können Sie auch Brötchen oder Snacks bereitstellen. Ablauf des Gesprächs Den Bewerber willkommen heißen „Sie haben es in der Regel mit eher unerfahrenen Bewerbern und Bewerberinnen zu tun – deshalb sollten Sie mehr kommunizieren, wie die Bewerbung abläuft“, sagt Ullrich. Schaffen Sie eine angenehme, partnerschaftliche Atmosphäre und zeigen Sie Verständnis, wenn der Kandidat nervös ist. „Sie können sagen: Wir sind auch nervös, wir sind gespannt, wie das Gespräch laufen wird.“ Umfragen haben gezeigt, dass Wertschätzung und Anerkennung für potenzielle Azubis einen entscheidenden Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen einen Job haben. „Wenn alle im Gespräch nur kritisch gucken und ernst sind, bekommt man nicht das Gefühl, dass man hier in einem lockeren Betriebsklima ist“, sagt Ullrich. Wichtig ist also auch zu reflektieren: Wie erzählen Sie von Ihrem Unternehmen? Ist das eher trocken? Oder erzählen Sie mit Leidenschaft und Begeisterung? Spielregeln erklären Zum Anfang können Sie zunächst ein paar Small-Talk-Fragen stellen, um das Eis zu brechen. Vielleicht haben Sie bereits aus den Bewerbungsunterlagen gelesen, dass der Bewerber oder die Bewerberin ein interessantes Hobby hat. Wichtig ist jedoch: „Dieser Small Talk ist nicht Teil der Bewertung! Und der erste Eindruck sagt nicht unbedingt etwas über die Eignung für die Ausbildung aus“, sagt Ullrich. Denken Sie daran, dass Sie einen jungen Menschen vor sich haben, der noch wenig Erfahrung mit Vorstellungsgesprächen hat. Ullrich: „Seien Sie transparent! Erklären Sie dem Bewerber vorab, dass Sie sich Notizen machen werden, um ihn möglichst fair zu bewerten – sonst kann ihn das verunsichern.“ Verlauf der Ausbildung skizzieren Gut möglich, dass Ihr Unternehmen der erste Arbeitgeber für Ihren Bewerber wird. Gehen Sie davon aus, dass Ihr Gegenüber vielleicht bisher nur vage Vorstellungen davon hat, wie eine Ausbildung abläuft. Sie sollten sich also ausreichend Zeit im Gespräch nehmen, um die Ausbildung und die Rahmenbedingungen zu erklären – auch wenn der Bewerber oder die Bewerberin nicht direkt danach fragt. Einige Daten und Fakten dürfen dabei nicht fehlen: Wie ist die Ausbildung sachlich und zeitlich gegliedert? Was ist das Ziel der Ausbildung? Wie lange dauert die Ausbildung? Wann beginnt, wann endet sie? Wo ist der Arbeitsort? Wo ist die Berufsschule? Wie sind Arbeit und Berufsschule aufgeteilt? Wie viele Urlaubstage gibt es? Wie hoch ist die Vergütung? Welche Boni und Zusatzleistungen gibt es? Welche Entwicklungsmöglichkeiten sind denkbar? Gibt es Weiterbildungen, die Azubis machen können? Wie sieht der Weg nach der Ausbildung aus? Wie stehen die Übernahmechancen? „Sie sollten die Ausbildung positiv darstellen – aber kein falsches Bild schaffen“, sagt Ullrich. Gerade bei handwerklichen Ausbildungen ist laut der Expertin immer sinnvoll, den Kandidaten zu einem Tag Probearbeit einzuladen. So können beide Seiten testen, ob es passt. Mehr dazu hier: Probearbeiten: Rechte und Pflichten verständlich erklärt Das eigene Unternehmen vorstellen Im Azubi-Vorstellungsgespräch geht es nicht nur darum, möglichst viel über den Bewerber oder die Bewerberin zu erfahren, sondern auch die Person für das eigene Unternehmen zu gewinnen. Die Vorstellung Ihres Unternehmens und des Teams sollte deswegen nicht zu kurz kommen. „Manche Dienstleister oder Maschinenbauer haben keine Berührungspunkte mit der Alltagswelt von Jugendlichen – zumindest nicht so, dass diese sie wahrnehmen“, sagt Ullrich. Wichtig ist, dem Bewerber Ihr Unternehmen näherzubringen. Tipp von der Expertin: Vom Vertrieb lernen! Wie erklären Ihre Kolleginnen und Kollegen im Vertrieb neuen Kunden Ihre Produkte und Angebote – ohne Fachsprache und fachliches Know-how? Dieses Wissen können Sie auch im Azubi-Vorstellungsgespräch einsetzen. Geben Sie dem Bewerber im Gespräch auch die Gelegenheit, Fragen an Sie zu richten. Bereiten Sie sich vor allem auf Fragen zu Zukunftsaussichten des angestrebten Berufsbildes und zu Ihrer Firma vor. [mehr-zum-thema] Das Gespräch abschließen Auch am Ende des Gesprächs sollten Sie transparent sein: Erklären Sie dem Bewerber genau, wie es weitergeht: Führen Sie noch weitere Gespräche mit anderen Kandidaten? Bis wann melden Sie sich? Bedanken Sie sich beim Bewerber für die Zeit, die er sich genommen hat. Überlegen Sie sich kleine, wertschätzende Gesten: Ullrich hat etwa einen Kunden, der jedem Bewerber zur Verabschiedung eine edle Schokolade schenkt. Diese Extras sind es, die nach dem Gespräch bei vielen Bewerbern besonders in Erinnerung bleiben. Planen Sie am Ende noch einen kurzen Rundgang durchs Unternehmen ein. Das kann etwa ein Azubi übernehmen, dann hat der Bewerber direkt Kontakt zu einer Person in einer ähnlichen Position und kann noch Fragen stellen. „Der Azubi sollte natürlich Ihrem Unternehmen verbunden sein – und Sie gut präsentieren können“, sagt Ullrich. Nachbereitung des Azubi-Vorstellungsgesprächs Setzen Sie sich zeitnah mit Ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Gespräch zusammen. Ihre Notizen aus dem Gespräch helfen, die Kandidaten miteinander zu vergleichen und zu einer fundierten Entscheidung zu kommen. Wertschätzend absagen Sie müssen einem Bewerber absagen? Geben Sie ihm die schriftliche Absage und bieten Sie ihm an, zusätzlich telefonisch detaillierteres Feedback zu geben – sofern er oder sie das möchte. Das kann insbesondere für unerfahrene Bewerber hilfreich sein und unterstreicht den wertschätzenden Umgang mit dem Bewerber oder der Bewerberin.
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