Empfehlungs-Recruiting
Wie ich Mitarbeiter finde, die ins Team passen

Immer mehr Firmen haben Probleme, passende oder überhaupt qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Unternehmerin Anabel Ternès geht mit ihrer Firma hierbei einen Weg, der noch immer eher ungewöhnlich ist.

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Das passt! Wer beim Recruiting auf Empfehlungen von Mitarbeitern setzt, findet  Kandidaten, die die Werte des Unternehmens teilen.
Das passt! Wer beim Recruiting auf Empfehlungen von Mitarbeitern setzt, findet Kandidaten, die die Werte des Unternehmens teilen.
© suze / Photocase

In meinem Start-up-Umfeld höre ich von befreundeten Unternehmern in den letzten Monaten vermehrt, wie schwierig es sei, Mitarbeiter zu finden. Dabei sind die Situationen ganz unterschiedlich.

Da gibt es einerseits Max. Max bekommt viele Spontanbewerbungen von Personen, die sich für eine Tätigkeit in seinem spannenden Start-up interessieren. Es ist durch die Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ und viel Begleit-PR im Internet bekannt geworden und seitdem häufen sich die Bewerbungen.

Super – sollte man meinen. Max aber ist gar nicht so glücklich über die Situation, erzählt er. Um kein schlechtes Image zu bekommen, würden sie alle Bewerbungen ernsthaft prüfen und allen Bewerbern individuell antworten – auch denen, bei denen er nach Sekunden wisse, dass sie nicht in Frage kommen, weil das Anschreiben von Rechtschreibfehlern strotzt, an ein komplett anderes Unternehmen gerichtet ist, oder aus einem unpersönlichen Standardtext besteht.

An für sich fände er aber diese Bewerbungen noch immer besser als jene, bei denen sich erst nach einem Telefonat und zwei Vorstellungsgesprächen herausstellt, dass der Bewerber einfach nicht passt. Es ist unglaublich, sagt er: Da meinen doch viele, der Fernsehauftritt bedeute, dass man bei dem Start-up ein Konzerngehalt bekommt mit Sicherheiten, wie sie sonst nur Beamte kennen.

Keine Marke? Kaum Bewerbungen!

Anna tut dagegen alles, um die Aufmerksamkeit potenzieller Bewerber zu bekommen. Ihr Unternehmen ist zwar gut aufgestellt, aber als B2B-Hersteller und -Vertrieb von Software weder Endkunden noch Bewerbern bekannt. Auf Messen versucht sie, im direkten Kontakt Kandidaten für ihr Start-up zu interessieren. Was sie oftmals stört: Viele der Bewerber haben kaum oder keine Berufserfahrung und keine Ahnung von den Schwerpunkten ihres Unternehmens, dafür aber umso höhere Ansprüche an Gehalt und Tätigkeit.

Wie finde ich also neue, gute Mitarbeiter, wenn ich ein junges Unternehmen habe oder eines, das keine attraktiven oder bekannten Produkte anbietet – ohne einen großen Werbe-Etat und ohne große Zeitbudgets?

Mir persönlich war mit meinen Start-ups in der Early-Stage-Phase immer klar, dass nur ein Suchen auf Augenhöhe auch einen Mitarbeiter auf Augenhöhe bringen konnte. Mir war wichtig, dass ich Mitarbeiter finde, bei denen ich wirklich sicher bin, dass sie zu meinem Team, zu mir, zu meinem Unternehmen passen.

Mein Tipp: Auf persönliche Kontakte setzen

Ich suche also einen Menschen, der im weitesten Sinne meine Werte teilt – und den finde ich in meiner Peer Group, in meinem Umfeld. Also verteilte ich damals in meinem Netzwerk und bei meinen Mitarbeitern die Information, wen ich suchte und wofür. Es dauerte nicht lange, bis sich die ersten Interessenten bei mir meldeten. Ich kannte keinen von ihnen direkt, immer aber jemanden, der in direkter Verbindung zu uns beiden stand: einen Freund des Bewerbers, den Bruder oder einen guten Bekannten von ihm.

Daraus entstand ein unschätzbarer Vorteil: Ich konnte den Mittler nach seinen Erlebnissen mit dem Bewerber fragen und ihn bitten, dessen Potentiale und Interesse einzuschätzen. Umgekehrt konnte der Bewerber dies ebenfalls tun und so eventuelle Unsicherheiten und offene Fragen beseitigen. Der Auswahlprozess wurde dadurch präziser und erfolgreicher.

Bevorzugt habe ich dabei immer die Empfehlung eines Mitarbeiters gegenüber der eines Freundes. Denn während die erste Empfehlung in der Arbeitswelt bleibt, verschwimmen bei der zweiten Privates und Berufliches. So etwas kann schiefgehen, wenn der Freund jemanden empfiehlt, der menschlich gar nicht passt, die erforderlichen Fähigkeiten nicht mitbringt oder eine Absage persönlich nimmt.

Konzerne verfolgen einen anderen Weg

In einer Podiumsdiskussion diskutierte ich kürzlich mit Personalverantwortlichen aus Konzernen darüber, wie man passende Mitarbeiter findet – sie plädierten für anonyme Eingangstests, für Bewerber ohne Foto, ohne Hinweis auf Geschlecht und Alter. Dadurch würden sie die Bewerber unvoreingenommen und möglichst objektiv sehen, während meine Methode sehr subjektiv sei und stark geleitet von Emotionen.

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Und in der Tat, das ist sie. Aber sie hat immense Vorteile: In einer digitalisierten Welt, in der Technik immer mehr die Tätigkeiten übernimmt, die ohne Gefühle und ohne Mensch-Sein ausgeführt werden können, sind die Soft Skills – das Mensch-Sein – eines Bewerbers umso wichtiger.

Denn letztlich kann man viele Hard Skills lernen. Soft Skills aber nur schwerlich. Und das, was ein Team stark macht, ist nicht, dass alle ein Mathe-Ass sind, sondern dass die Chemie stimmt und bestimmte Werte geteilt werden. Was gibt es Besseres, als das schon fast voraussetzen zu können, wenn ich durch eine Empfehlung schließlich den guten Freund eines Top-Mitarbeiters einstelle?

In meinem Start-up-Umfeld höre ich von befreundeten Unternehmern in den letzten Monaten vermehrt, wie schwierig es sei, Mitarbeiter zu finden. Dabei sind die Situationen ganz unterschiedlich. Da gibt es einerseits Max. Max bekommt viele Spontanbewerbungen von Personen, die sich für eine Tätigkeit in seinem spannenden Start-up interessieren. Es ist durch die Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ und viel Begleit-PR im Internet bekannt geworden und seitdem häufen sich die Bewerbungen. Super – sollte man meinen. Max aber ist gar nicht so glücklich über die Situation, erzählt er. Um kein schlechtes Image zu bekommen, würden sie alle Bewerbungen ernsthaft prüfen und allen Bewerbern individuell antworten – auch denen, bei denen er nach Sekunden wisse, dass sie nicht in Frage kommen, weil das Anschreiben von Rechtschreibfehlern strotzt, an ein komplett anderes Unternehmen gerichtet ist, oder aus einem unpersönlichen Standardtext besteht. An für sich fände er aber diese Bewerbungen noch immer besser als jene, bei denen sich erst nach einem Telefonat und zwei Vorstellungsgesprächen herausstellt, dass der Bewerber einfach nicht passt. Es ist unglaublich, sagt er: Da meinen doch viele, der Fernsehauftritt bedeute, dass man bei dem Start-up ein Konzerngehalt bekommt mit Sicherheiten, wie sie sonst nur Beamte kennen. Keine Marke? Kaum Bewerbungen! Anna tut dagegen alles, um die Aufmerksamkeit potenzieller Bewerber zu bekommen. Ihr Unternehmen ist zwar gut aufgestellt, aber als B2B-Hersteller und -Vertrieb von Software weder Endkunden noch Bewerbern bekannt. Auf Messen versucht sie, im direkten Kontakt Kandidaten für ihr Start-up zu interessieren. Was sie oftmals stört: Viele der Bewerber haben kaum oder keine Berufserfahrung und keine Ahnung von den Schwerpunkten ihres Unternehmens, dafür aber umso höhere Ansprüche an Gehalt und Tätigkeit. Wie finde ich also neue, gute Mitarbeiter, wenn ich ein junges Unternehmen habe oder eines, das keine attraktiven oder bekannten Produkte anbietet – ohne einen großen Werbe-Etat und ohne große Zeitbudgets? Mir persönlich war mit meinen Start-ups in der Early-Stage-Phase immer klar, dass nur ein Suchen auf Augenhöhe auch einen Mitarbeiter auf Augenhöhe bringen konnte. Mir war wichtig, dass ich Mitarbeiter finde, bei denen ich wirklich sicher bin, dass sie zu meinem Team, zu mir, zu meinem Unternehmen passen. Mein Tipp: Auf persönliche Kontakte setzen Ich suche also einen Menschen, der im weitesten Sinne meine Werte teilt – und den finde ich in meiner Peer Group, in meinem Umfeld. Also verteilte ich damals in meinem Netzwerk und bei meinen Mitarbeitern die Information, wen ich suchte und wofür. Es dauerte nicht lange, bis sich die ersten Interessenten bei mir meldeten. Ich kannte keinen von ihnen direkt, immer aber jemanden, der in direkter Verbindung zu uns beiden stand: einen Freund des Bewerbers, den Bruder oder einen guten Bekannten von ihm. Daraus entstand ein unschätzbarer Vorteil: Ich konnte den Mittler nach seinen Erlebnissen mit dem Bewerber fragen und ihn bitten, dessen Potentiale und Interesse einzuschätzen. Umgekehrt konnte der Bewerber dies ebenfalls tun und so eventuelle Unsicherheiten und offene Fragen beseitigen. Der Auswahlprozess wurde dadurch präziser und erfolgreicher. Bevorzugt habe ich dabei immer die Empfehlung eines Mitarbeiters gegenüber der eines Freundes. Denn während die erste Empfehlung in der Arbeitswelt bleibt, verschwimmen bei der zweiten Privates und Berufliches. So etwas kann schiefgehen, wenn der Freund jemanden empfiehlt, der menschlich gar nicht passt, die erforderlichen Fähigkeiten nicht mitbringt oder eine Absage persönlich nimmt. Konzerne verfolgen einen anderen Weg In einer Podiumsdiskussion diskutierte ich kürzlich mit Personalverantwortlichen aus Konzernen darüber, wie man passende Mitarbeiter findet – sie plädierten für anonyme Eingangstests, für Bewerber ohne Foto, ohne Hinweis auf Geschlecht und Alter. Dadurch würden sie die Bewerber unvoreingenommen und möglichst objektiv sehen, während meine Methode sehr subjektiv sei und stark geleitet von Emotionen. Und in der Tat, das ist sie. Aber sie hat immense Vorteile: In einer digitalisierten Welt, in der Technik immer mehr die Tätigkeiten übernimmt, die ohne Gefühle und ohne Mensch-Sein ausgeführt werden können, sind die Soft Skills - das Mensch-Sein - eines Bewerbers umso wichtiger. Denn letztlich kann man viele Hard Skills lernen. Soft Skills aber nur schwerlich. Und das, was ein Team stark macht, ist nicht, dass alle ein Mathe-Ass sind, sondern dass die Chemie stimmt und bestimmte Werte geteilt werden. Was gibt es Besseres, als das schon fast voraussetzen zu können, wenn ich durch eine Empfehlung schließlich den guten Freund eines Top-Mitarbeiters einstelle?
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