Mitarbeiter werben Mitarbeiter
„Die Neue war eine absolute Chaotin“

Neue Kollegen auf Empfehlung von Mitarbeitern einzustellen, kann das Recruiting erleichtern. Aber auch nach hinten losgehen, wie Unternehmerin Anabel Ternès erlebt hat. Welche Lehren sie daraus zog.

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© Marie Maerz / photocase.de

Als wir vor ein paar Jahren eine Stelle zu besetzen hatten, kannte eine meiner Mitarbeiterinnen die perfekte Kandidatin: eine ehemalige Kollegin aus einem früheren Job, die von ihren Qualifikationen, aber auch charakterlich super ins Team passen sollte. Sie sei fröhlich, engagiert, zupackend, lasse sich gern auf neue Dinge ein, sagte meine Mitarbeiterin.

Wir luden sie zum Vorstellungsgespräch ein und stellten fest: All das traf zu. Die Bewerberin war ein richtiger Sonnenschein, eine Bereicherung fürs Team. Ich stellte sie ein. Und sie machte einen tollen Job.

Nach ein paar Wochen fiel sie dann das erste Mal aus. Ich dachte mir zunächst nichts dabei, schließlich ist jeder mal krank. Doch dann häuften sich die Krankheitstage, sie fehlte deutlich öfter als andere Mitarbeiter. Als ich sie darauf ansprach, erzählte sie mir: „Ich habe heftige Migräne-Anfälle. Das geht schon seit einigen Jahren so. Damit falle ich häufiger den halben Monat aus.“

Eine unangenehme Situation für alle Beteiligten

Ich habe daraufhin mit der Mitarbeiterin gesprochen, die sie empfohlen hatte. Und es stellte sich raus: Sie wusste von den Migräne-Anfällen und den vielen Fehltagen. Das ärgerte mich. Dass jemand häufig krank ist, ist für mich kein Ausschlusskriterium. Wenn mich die Person überzeugt, kann man gemeinsam nach Möglichkeiten suchen, wie es mit der Zusammenarbeit klappt. Ich hätte es nur von der Mitarbeiterin, die sie empfohlen hatte, gern vorher gewusst.

Ich sagte der Mitarbeiterin, die die Neue empfohlen hatte, dass ich diese Information gerne vorher gehabt hätte. „Da habe ich gar nicht drüber nachgedacht“, entgegnete sie.

Das war für alle Seiten eine blöde Situation. Ich habe dann mit der neuen Kollegin ein offenes Gespräch geführt: Ich wollte sie weiter beschäftigen. Wenn sie da war, war sie eine Bereicherung fürs Team. Aber sie fiel etwa die Hälfte der Zeit aus und dann musste ich ihre Arbeit auf andere Schultern verteilen. Ich wusste: Migräne entsteht häufig durch Stress. Deshalb bot ich ihr an, ihre Arbeitszeit zu reduzieren oder einfach einen Teil in ihr Homeoffice zu verlegen. Sie ist darauf eingegangen und hat sich für eine Kombination von beidem entschieden. Und dann klappte es auch tatsächlich besser, sie war seltener krank.

Ich möchte vorab von Stärken, aber auch Schwächen erfahren

Ich hätte das gerne von Anfang an so gemacht und allen Seiten diese unangenehmen Gespräche erspart. Ich habe das Team daher gebeten, bei künftigen Empfehlungen die Person ganz neutral zu schildern: mit allen Stärken und Schwächen.

Leider ist später aber noch einmal etwas ganz Ähnliches passiert: Wir suchten jemand für die Buchhaltung. Wieder empfahl die gleiche Mitarbeiterin eine Frau, die sehr erfahren war in ihrem Bereich, nett und hilfsbereit war. Doch erneut verschwieg sie einen zentralen Punkt: Die Frau war eine unglaubliche Chaotin. Das wusste meine Mitarbeiterin, sie kannte sie auch privat.

Ich merkte das erst, nachdem die Neue die Ablage eigenständig neu organisiert hatte. Als ich den Ordner sah, wäre ich fast aus den Schuhen gekippt. Er sah fürchterlich aus. Alles war durcheinander. Ihr System ergab überhaupt keinen Sinn. Damit konnte ich mich beim Steuerberater nicht blicken lassen.

Sie hat uns im Endeffekt in den zwei Monaten, die sie da war, mehr Arbeit beschert als sie erledigt hat. Ich musste dann selber ein System reinbringen. Weil sie sich uneinsichtig zeigte und wir sie nirgendwo anders beschäftigen konnten, musste ich sie entlassen.

Was wir tun, um schlechte Empfehlungen künftig zu vermeiden

Zum Glück geht es nicht immer derart schief mit Empfehlungen. Ein anderer Mitarbeiter hat zum Beispiel zwei Leute empfohlen, die wirklich spitze sind. Als die Stellen frei wurden, hat er mich gefragt, welche Qualifikationen wir brauchen, wie die neuen Personen sein sollen. Wir haben dann gemeinsam definiert, welche Kompetenzen uns wichtig sind. Er hat mit dieser Liste seine Kontakte angesprochen, die er für die Stellen im Auge hatte. Und mit ihnen gesprochen, ob sie sich auf unsere Anforderungen committen können. Am Ende waren von zehn Leuten zwei übrig, die wir angeheuert haben. Das war wirklich klasse.

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Aus diesen Erfahrungen habe ich ein paar Lehren gezogen. Wenn wir offene Stellen haben, mache ich es jetzt immer so, dass ich persönliche, soziale Kompetenzen und berufliche Anforderungen sammle. Ich trage alles, was mir einfällt, in ein Formular ein. Am Ende steht dort eine fiktive Person, die die Stelle ideal ausfüllen würde. Und diese Beschreibung gebe ich dann meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wenn sie jemand Passenden kennen, leiten sie die Beschreibung weiter.

Die Verantwortung für die Neueinstellung liegt bei mir

Wir sprechen offen darüber, ob die empfohlene Person Schwächen hat, von denen ich wissen sollte. Ich mache meinen Mitarbeitern klar: Ich möchte nicht, dass sie ein schlechtes Gewissen haben, sollte es mit der Person doch nicht passen. Habe ich ein neutrales Bild, liegt die Verantwortung für die Neueinstellung bei mir, nicht bei dem Teammitglied.

Stelle ich jemand auf Empfehlung hin ein, zahle ich dafür übrigens keinen Bonus. Ich habe schon öfter gehört, dass andere das machen. Ich bin da etwas hin- und hergerissen. Einerseits finde ich es richtig, gute Empfehlungen zu belohnen. Aber mit den negativen Erfahrungen, die ich gesammelt habe, finde ich das auch schwierig – Bonuszahlungen könnten dazu führen, dass Leute bestimmte Informationen verschweigen.

Umgekehrt muss sich bei mir niemand verpflichtet fühlen, sich in Sachen Mitarbeiterwerbung zu engagieren. Ich kann es absolut verstehen, wenn jemand sagt: „Ich kenne zwar wen, aber ich möchte niemanden empfehlen. Nachher hat die Person irgendwelche Defizite, die ich nicht kenne. Und das fällt dann auf mich zurück.“

 

Als wir vor ein paar Jahren eine Stelle zu besetzen hatten, kannte eine meiner Mitarbeiterinnen die perfekte Kandidatin: eine ehemalige Kollegin aus einem früheren Job, die von ihren Qualifikationen, aber auch charakterlich super ins Team passen sollte. Sie sei fröhlich, engagiert, zupackend, lasse sich gern auf neue Dinge ein, sagte meine Mitarbeiterin. Wir luden sie zum Vorstellungsgespräch ein und stellten fest: All das traf zu. Die Bewerberin war ein richtiger Sonnenschein, eine Bereicherung fürs Team. Ich stellte sie ein. Und sie machte einen tollen Job. Nach ein paar Wochen fiel sie dann das erste Mal aus. Ich dachte mir zunächst nichts dabei, schließlich ist jeder mal krank. Doch dann häuften sich die Krankheitstage, sie fehlte deutlich öfter als andere Mitarbeiter. Als ich sie darauf ansprach, erzählte sie mir: „Ich habe heftige Migräne-Anfälle. Das geht schon seit einigen Jahren so. Damit falle ich häufiger den halben Monat aus.“ Eine unangenehme Situation für alle Beteiligten Ich habe daraufhin mit der Mitarbeiterin gesprochen, die sie empfohlen hatte. Und es stellte sich raus: Sie wusste von den Migräne-Anfällen und den vielen Fehltagen. Das ärgerte mich. Dass jemand häufig krank ist, ist für mich kein Ausschlusskriterium. Wenn mich die Person überzeugt, kann man gemeinsam nach Möglichkeiten suchen, wie es mit der Zusammenarbeit klappt. Ich hätte es nur von der Mitarbeiterin, die sie empfohlen hatte, gern vorher gewusst. Ich sagte der Mitarbeiterin, die die Neue empfohlen hatte, dass ich diese Information gerne vorher gehabt hätte. „Da habe ich gar nicht drüber nachgedacht“, entgegnete sie. Das war für alle Seiten eine blöde Situation. Ich habe dann mit der neuen Kollegin ein offenes Gespräch geführt: Ich wollte sie weiter beschäftigen. Wenn sie da war, war sie eine Bereicherung fürs Team. Aber sie fiel etwa die Hälfte der Zeit aus und dann musste ich ihre Arbeit auf andere Schultern verteilen. Ich wusste: Migräne entsteht häufig durch Stress. Deshalb bot ich ihr an, ihre Arbeitszeit zu reduzieren oder einfach einen Teil in ihr Homeoffice zu verlegen. Sie ist darauf eingegangen und hat sich für eine Kombination von beidem entschieden. Und dann klappte es auch tatsächlich besser, sie war seltener krank. Ich möchte vorab von Stärken, aber auch Schwächen erfahren Ich hätte das gerne von Anfang an so gemacht und allen Seiten diese unangenehmen Gespräche erspart. Ich habe das Team daher gebeten, bei künftigen Empfehlungen die Person ganz neutral zu schildern: mit allen Stärken und Schwächen. Leider ist später aber noch einmal etwas ganz Ähnliches passiert: Wir suchten jemand für die Buchhaltung. Wieder empfahl die gleiche Mitarbeiterin eine Frau, die sehr erfahren war in ihrem Bereich, nett und hilfsbereit war. Doch erneut verschwieg sie einen zentralen Punkt: Die Frau war eine unglaubliche Chaotin. Das wusste meine Mitarbeiterin, sie kannte sie auch privat. Ich merkte das erst, nachdem die Neue die Ablage eigenständig neu organisiert hatte. Als ich den Ordner sah, wäre ich fast aus den Schuhen gekippt. Er sah fürchterlich aus. Alles war durcheinander. Ihr System ergab überhaupt keinen Sinn. Damit konnte ich mich beim Steuerberater nicht blicken lassen. Sie hat uns im Endeffekt in den zwei Monaten, die sie da war, mehr Arbeit beschert als sie erledigt hat. Ich musste dann selber ein System reinbringen. Weil sie sich uneinsichtig zeigte und wir sie nirgendwo anders beschäftigen konnten, musste ich sie entlassen. Was wir tun, um schlechte Empfehlungen künftig zu vermeiden Zum Glück geht es nicht immer derart schief mit Empfehlungen. Ein anderer Mitarbeiter hat zum Beispiel zwei Leute empfohlen, die wirklich spitze sind. Als die Stellen frei wurden, hat er mich gefragt, welche Qualifikationen wir brauchen, wie die neuen Personen sein sollen. Wir haben dann gemeinsam definiert, welche Kompetenzen uns wichtig sind. Er hat mit dieser Liste seine Kontakte angesprochen, die er für die Stellen im Auge hatte. Und mit ihnen gesprochen, ob sie sich auf unsere Anforderungen committen können. Am Ende waren von zehn Leuten zwei übrig, die wir angeheuert haben. Das war wirklich klasse. Aus diesen Erfahrungen habe ich ein paar Lehren gezogen. Wenn wir offene Stellen haben, mache ich es jetzt immer so, dass ich persönliche, soziale Kompetenzen und berufliche Anforderungen sammle. Ich trage alles, was mir einfällt, in ein Formular ein. Am Ende steht dort eine fiktive Person, die die Stelle ideal ausfüllen würde. Und diese Beschreibung gebe ich dann meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wenn sie jemand Passenden kennen, leiten sie die Beschreibung weiter. Die Verantwortung für die Neueinstellung liegt bei mir Wir sprechen offen darüber, ob die empfohlene Person Schwächen hat, von denen ich wissen sollte. Ich mache meinen Mitarbeitern klar: Ich möchte nicht, dass sie ein schlechtes Gewissen haben, sollte es mit der Person doch nicht passen. Habe ich ein neutrales Bild, liegt die Verantwortung für die Neueinstellung bei mir, nicht bei dem Teammitglied. Stelle ich jemand auf Empfehlung hin ein, zahle ich dafür übrigens keinen Bonus. Ich habe schon öfter gehört, dass andere das machen. Ich bin da etwas hin- und hergerissen. Einerseits finde ich es richtig, gute Empfehlungen zu belohnen. Aber mit den negativen Erfahrungen, die ich gesammelt habe, finde ich das auch schwierig – Bonuszahlungen könnten dazu führen, dass Leute bestimmte Informationen verschweigen. Umgekehrt muss sich bei mir niemand verpflichtet fühlen, sich in Sachen Mitarbeiterwerbung zu engagieren. Ich kann es absolut verstehen, wenn jemand sagt: „Ich kenne zwar wen, aber ich möchte niemanden empfehlen. Nachher hat die Person irgendwelche Defizite, die ich nicht kenne. Und das fällt dann auf mich zurück.“  
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