Buchtipps für Unternehmer
Neuer Lesestoff zum Nachdenken und Vorankommen

Sie möchten zu Weihnachten Bücher verschenken oder wünschen sich selbst welche? 7 Buchtipps aus der impulse-Redaktion, die Sie inspirieren werden.

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Buchempfehlung
© Liudmila Chernetska / iStock / Getty Images Plus

„How to begin“ von Michael Bungay Stanier

empfohlen von Julia Müller, leitende impulse-Redakteurin

How to beginWie schaffe ich es, endlich meine großen Ziele umzusetzen – statt mich im Klein-Klein des Alltags zu verlieren? Der Coaching-Experte und Bestsellerautor Michael Bungay Stanier (vielleicht kennen Sie sein Buch „The Coaching Habit“?) geht diese große Frage angenehm hemdsärmelig an. Auf knapp 180 Seiten führt er seine Leserinnen und Leser durch einen neunteiligen Prozess, angefangen bei der Frage, was für mich persönlich überhaupt ein wertvolles Ziel ist. Mithilfe von Arbeitsblättern und kleinen Reflexionsübungen lernen die Leserinnen und Leser dann zu hinterfragen, was sie daran hindert, dieses Ziel zu erreichen – und welche konkreten ersten Schritte sie für die Umsetzung gehen müssen und wer sie dabei unterstützen kann.

Stanier verliert sich dabei nicht in ausschweifenden Analysen, sondern erzählt anhand von Beispielen aus seinem Leben, wie er sich immer wieder selbst beim Erreichen seiner Ziele im Weg stand. Etwa, als er sich vornahm, einen neuen Podcast zu starten, der innerhalb von 12 Monaten zu den besten drei Prozent aller Podcasts gehören sollte (ein ehrgeiziges und für ihn wertvolles Ziel). Dann aber bemerkte, dass er zwar viel Geld in eine teure Ausrüstung für die Aufnahmen steckte, aber zu schüchtern war, prominente Gäste anzufragen.

„How to begin“ ist ein kurzweiliges Work-Book, das Mut macht, groß zu denken – ohne sich in hohlen „Tschaka, du schaffst das“-Phrasen zu verlieren.

Michael Bungay Stanier: „How to begin – Wie man anfängt, das zu tun, was wirklich wichtig ist“, Vahlen, 19,80 Euro.

„Der Chip Krieg“ von Chris Miller

empfohlen von impulse-Redakteurin Wiebke Harms

Der Chip KriegOhne sie gäbe es keine Smartphones, keine künstliche Intelligenz, Elektro-Autos würden nicht fahren und Windräder keinen Strom erzeugen: Computerchips stecken in allen neuen elektronischen Geräten. Chris Miller, Professor für internationale Geschichte an der Tufts University in Massachusetts, übertreibt keinesfalls, wenn er schreibt: „Das Schicksal ganzer Nationen hängt von ihrer Fähigkeit ab, das Potenzial der Mikroelektronik auszuschöpfen.“

Bedenkt man, dass zwei koreanische Unternehmen 44 Prozent der weltweit verbauten Speicherchips produzieren und dass nur eine einzige niederländische Firma die Maschinen für EUV-Lithografie bauen kann – für das Verfahren, mit dem die aktuell leistungsstärksten Chips hergestellt werden – dann kann einem schon ein bisschen Bange werden ob der globalen Abhängigkeit von wenigen Unternehmen.

Miller zeichnet auf rund 500 Seiten rund 60 Jahre Wirtschaftskrimi um die Macht in der Halbleiterindustrie nach. Die Protagonisten sind Illustre Gestalten: Kartoffelbauern, Wissenschaftler, Militärs, Staatsoberhäupter und natürlich findige Unternehmern rund um den Globus. Wie der Krimi weitergeht? Wir werden es in den nächsten Jahren erleben.

Chris Miller: „Der Chip Krieg. Wie die USA und China um die technologische Vorherrschaft auf der Welt kämpfen“, Rowohlt, 30 Euro.  

„Die Faltung der Welt“ von Anders Levermann

empfohlen von Jonas Hetzer, impulse-Senior Redakteur

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
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Die impulse-Mitgliedschaft - Rückenwind für Unternehmerinnen und Unternehmer

Die Faltung der WeltDer Klimawandel ist Resultat des rasanten Wirtschaftswachstums seit Beginn der Industrialisierung. Daher fordern nicht wenige eine Abkehr vom Wachstum und damit vom Kapitalismus. Kann das die Lösung sein? Wohl kaum, so die Botschaft von Anders Levermann in seinem Buch „Die Faltung der Welt“. Levermann, 50, ist Professor für Physik an der Uni Potsdam, wo er seit mehr als 20 Jahren am Institut für Klimafolgenforschung arbeitet. Als weltweit renommierter Forscher trägt er regelmäßig zu den Berichten des Weltklimarats IPCC bei. Dem Naturwissenschaftler gelingt es, Erkenntnisse seiner Disziplin auf die gesellschaftlichen Herausforderungen, die der Klimawandel erzeugt, zu übertragen – und liefert damit ermutigende Denkanstöße.

Dazu greift er auf das mathematisch-physikalische Konzept der Faltung zurück. Was bedeutet Faltung? Nehmen wir an, ein Ball kann ewig durch ein Zimmer fliegen. Und nehmen wir an, der Ball könnte denken und hätte einen freien Willen. Sobald er im Flug gegen eine Wand stößt, hätte er unendlich viele Möglichkeiten, einen neuen Weg einzuschlagen – jedes Mal wieder. Die Wand ist für den Ball eine Faltungsgrenze.

Dieses Konzept überträgt Levermann auf die Wirtschaft. Zwei der von ihm vorgeschlagenen Faltungsgrenzen haben das unmittelbare Ziel die Erderwärmung zu stoppen: Ein Verbot von CO2-Emissionen und ein Ende des Rohstoffabbaus.

Nicht sofort. Der Zeitpunkt müsste Resultat eines demokratischen Diskussionsprozesses sein. Den Schrecken nimmt Levermann dieser radikalen Forderung, indem er mit vielen, teils historischen, Beispielen aufzeigt, dass Verbote nicht Verzicht und Wohlstandsverlust bedeuten müssen.

„Die Lösung von Problemen und vor allem die Hervorbringung von innovativen, neuen Lösungsmöglichkeiten innerhalb eines Rahmens, der Freiheit lässt und Anreize setzt, sind Unternehmern vertraut,“ schreibt er. Kurz: Wachstum ist weiterhin möglich.

Anders Levermann: Die Faltung der Welt. Wie die Wissenschaft helfen kann, dem Wachstumsdilemma und der Klimakrise zu entkommen, Ullstein, 23,99 Euro.

„Von Quotenfrauen und alten weißen Männern“ von Annahita Esmailzadeh

empfohlen von impulse-Redakteurin Ulrike Barth

In eigener Sache
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Im Online Workshop "Zukunft sichern: So entwickeln Sie Ihr Geschäftsmodell weiter" gehen Sie dieses Ziel an.

Von Quotenfrauen und alten weißen MännernNein, dieses Buch ist keine feministische Kampfschrift, auch wenn im Titel das Wort „Quotenfrau“ vorkommt. Denn die Autorin zerpflückt mit viel Empathie für alle Seiten die gängigen Klischees, mit denen wir alle unsere Kolleginnen und Mitarbeiter einsortieren. Vom vielzitierten „alten weißen Mann“, über Rabenmütter und Teilzeit-Muttis bis hin zu den Dicken und den Schönen.

Annahita Esmailzadeh, Managerin bei Microsoft und Business-Influencerin, bleibt dabei nicht bei der eigenen Geschichte als Frau in der IT, als Führungskraft mit Migrationshintergrund stehen – auch wenn sie direkt zu Beginn des Buches schildert, wie sie in ihrem ersten Job bei SAP zunächst in der „Tussen“-Schublade gelandet ist.

Vielmehr erklärt sie, wie solche Vorurteile entstehen und welche psychologische Funktion sie erfüllen, denn Esmailzadehs eigentliches Thema ist der „Unconscious Bias“, also die unbewusste Voreingenommenheit, vor der niemand gefeit ist. Von ihrem Buch fühlt man sich dabei nicht belehrt, sondern kommt ins Nachdenken darüber, welche Dynamik das eigene Schubladendenken mit sich bringt. Und warum wir uns das in der heutigen Arbeitswelt eigentlich nicht mehr leisten können.

Annahita Esmailzadeh: „Von Quotenfrauen und alten weißen Männern“, Campus Verlag, 22 Euro.

„Müll“ von Roman Köster

empfohlen von impulse-Redakteurin Wiebke Harms

MüllHerzlich willkommen im Wasteocene! In einem Zeitalter, in dem es einem Teil der Menschheit so gut geht, dass wir im Überfluss produzieren und deswegen massenhaft wegwerfen. Plastikstrudel in Ozeanen, Weltraumschrott oder Debatten um Endlager für Atommüll wecken den Eindruck, Müll sei ein neues Problem.

Doch der Historiker Roman Köster zeigt in seiner dreckigen Weltgeschichte: Menschen hatten schon immer Schwierigkeiten, ihren Abfall zu entsorgen. Im antiken Rom schichtete man zerbrochene Amphoren – sozusagen der Verpackungsmüll der Antike – am Tiber zum 50 Meter hohen Monte Testaccio auf. Der überragt bis heute den gleichnamigen Stadtteil Roms.

Mit den Metropolen wuchsen auch die Müllprobleme der Menschen. Unrat lag im Weg herum, stank, zog Tiere wie Ratten an. Typhus, Cholera und andere Krankheiten grassierten.

Aber: Auf Deponien landete die längste Zeit der Menschen-Müll-Geschichte vor allem das, was partout nicht mehr zu gebrauchen war. In der frühen Neuzeit verdienten zum Beispiel in Neapel eine Menge spezialisierte Berufsgruppen ihr Geld mit Gebrauchtwaren: Ein Capillo verkaufte Haare an Perückenmacher. Die Lutammari leerten Latrinen. Mussolinare sammelten Stofffetzen. Wieder- und Weiterverwertung waren eine wirtschaftliche Notwendigkeit.

Seit dem zweiten Weltkrieg ist die Müllmenge sprunghaft gestiegen, vor allem durch Transportverpackungen und Überproduktion. „In unzähligen Lebensumständen macht Müll uns das Leben einfacher, erspart uns Zeit und Arbeit“, stellt der Historiker Köster fest. Abends das Essen bestellen und online shoppen sind bequem. „Das macht uns zu Komplizen in der großen globalen Müllmaschinerie“, so der Autor. Ich werde vor der nächsten Online-Bestellung sicher an das Buch denken.

Roman Köster: „Müll. Eine schmutzige Geschichte der Menschheit“, Beck, 29 Euro. 

„Die vier Stufen der psychologischen Sicherheit“ von Timothy Clark

empfohlen von Jelena Altmann, leitende impulse-Redakteurin

Die vier Stufen der psychologischen SicherheitWarum bringen sich Mitarbeitende selten mit Ideen ein? Eine mögliche Antwort könnte sein, dass sie nicht angstfrei agieren können, ohne Ausgrenzung, Spott oder Konsequenzen zu befürchten. Kurz: Sie empfinden keine psychologische Sicherheit, schreibt der US-Autor und Sozialwissenschaftler Timothy Clark in seinem Buch „Die vier Stufen der psychologischen Sicherheit“.

In dem 160-seitigen Leitfaden beschreibt Clark die negativen Folgen fehlender psychologischer Sicherheit – aber auch, wie Führungskräfte mehr psychologische Sicherheit erzeugen können und so das volle Potenzial ihrer Teammitglieder freisetzen. Hierbei durchlaufen Mitarbeitende vier Stufen:

  1. Sie fühlen sich einbezogen.
  2. Sie fühlen sich sicher, Neues zu lernen, und haben keine Angst, Fehler zu machen.
  3. Sie können etwas beitragen.
  4. Sie können den Status Quo infrage stellen.

Jeder Stufe ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Die wichtigsten Aussagen werden zwischendurch als Schlüsselprinzipien zusammengefasst. Zudem gibt es viele Schlüsselfragen, die Unternehmerinnen und Unternehmer dazu motivieren, das eigene Verhalten zu reflektieren.

Timothy Clark: Die vier Stufen der psychologischen Sicherheit. Auf dem Weg zu mehr Vielfalt und Innovation am Arbeitsplatz, Vahlen, 29,80 Euro.

„Das Gespenst der Inflation“ von Isabella Weber

empfohlen von impulse-Redakteurin Kathrin Halfwassen

Das Gespenst der Inflation

Preiskontrollen sind des Teufels – wir sind doch nicht in Venezuela! So tönten Ökonomen ihre neoliberale Maßgabe jahrzehntelang durch die – westlichen – Lande. Dann kam Isabella Weber, Professorin für Volkswirtschaftslehre an der University of Massachusetts Amherst, und präsentierte in einem Guardian-Artikel gezielte Preiskontrollen als wirkmächtiges Instrument gegen die Inflation in Zeiten der Pandemie. Schließlich hätten während der Krise etwa einige Konzerne trotz fallender Nachfrage die Preise erhöht, die Wettbewerber ebenso – die Inflation sei damit gewinngetrieben. Als „truly stupid“ verdammte zum Beispiel Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman reflexhaft Webers Ideen, um sich kurz darauf bei ihr zu entschuldigen.

Sie sind unentschieden, ob Sie im Team Weber mitspielen wollen? Oder möchten sich wappnen für Diskussionen zum Thema Inflation, die bei vielen als Beilage zu Weihnachtsgans und Silvesterraclette auf den Tisch kommen dürften? Oder schätzen einfach kluge, schön formulierte Sätze, die man hier und da gut fallenlassen kann?

Dann sollten Sie dieses Buch dringend lesen: Weber zeichnet darin die Debatten nach, mit denen in China in der Zeit nach Mao um die Neugestaltung des Wirtschaftssystems gerungen wurde. Statt alle Preise direkt freizugeben, regulierte das Land die Preise grundlegender Güter, gab aber etwa die der überproduzierten Waren Stück für Stück frei – was half, eine galoppierende Inflation zu verhindern. Es liest sich wie ein Mix aus knallhart-wissenschaftlicher Abhandlung und Pageturner, wenn Weber das chinesische Modell beschreibt, historische Linien aufzeigt und erklärt, was sich Europa abschauen könnte. Und es macht klar, warum viele Regierungsvertreter Weber inzwischen zuhören und folgen – fernab von Venezuela.

Isabella Weber: Das Gespenst der Inflation. Wie China der Schocktherapie entkam, Suhrkamp, 32 Euro.

In eigener Sache
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„How to begin“ von Michael Bungay Stanier empfohlen von Julia Müller, leitende impulse-Redakteurin Wie schaffe ich es, endlich meine großen Ziele umzusetzen – statt mich im Klein-Klein des Alltags zu verlieren? Der Coaching-Experte und Bestsellerautor Michael Bungay Stanier (vielleicht kennen Sie sein Buch „The Coaching Habit“?) geht diese große Frage angenehm hemdsärmelig an. Auf knapp 180 Seiten führt er seine Leserinnen und Leser durch einen neunteiligen Prozess, angefangen bei der Frage, was für mich persönlich überhaupt ein wertvolles Ziel ist. Mithilfe von Arbeitsblättern und kleinen Reflexionsübungen lernen die Leserinnen und Leser dann zu hinterfragen, was sie daran hindert, dieses Ziel zu erreichen – und welche konkreten ersten Schritte sie für die Umsetzung gehen müssen und wer sie dabei unterstützen kann. Stanier verliert sich dabei nicht in ausschweifenden Analysen, sondern erzählt anhand von Beispielen aus seinem Leben, wie er sich immer wieder selbst beim Erreichen seiner Ziele im Weg stand. Etwa, als er sich vornahm, einen neuen Podcast zu starten, der innerhalb von 12 Monaten zu den besten drei Prozent aller Podcasts gehören sollte (ein ehrgeiziges und für ihn wertvolles Ziel). Dann aber bemerkte, dass er zwar viel Geld in eine teure Ausrüstung für die Aufnahmen steckte, aber zu schüchtern war, prominente Gäste anzufragen. „How to begin“ ist ein kurzweiliges Work-Book, das Mut macht, groß zu denken – ohne sich in hohlen „Tschaka, du schaffst das“-Phrasen zu verlieren. Michael Bungay Stanier: „How to begin - Wie man anfängt, das zu tun, was wirklich wichtig ist“, Vahlen, 19,80 Euro. „Der Chip Krieg“ von Chris Miller empfohlen von impulse-Redakteurin Wiebke Harms Ohne sie gäbe es keine Smartphones, keine künstliche Intelligenz, Elektro-Autos würden nicht fahren und Windräder keinen Strom erzeugen: Computerchips stecken in allen neuen elektronischen Geräten. Chris Miller, Professor für internationale Geschichte an der Tufts University in Massachusetts, übertreibt keinesfalls, wenn er schreibt: „Das Schicksal ganzer Nationen hängt von ihrer Fähigkeit ab, das Potenzial der Mikroelektronik auszuschöpfen.“ Bedenkt man, dass zwei koreanische Unternehmen 44 Prozent der weltweit verbauten Speicherchips produzieren und dass nur eine einzige niederländische Firma die Maschinen für EUV-Lithografie bauen kann – für das Verfahren, mit dem die aktuell leistungsstärksten Chips hergestellt werden – dann kann einem schon ein bisschen Bange werden ob der globalen Abhängigkeit von wenigen Unternehmen. Miller zeichnet auf rund 500 Seiten rund 60 Jahre Wirtschaftskrimi um die Macht in der Halbleiterindustrie nach. Die Protagonisten sind Illustre Gestalten: Kartoffelbauern, Wissenschaftler, Militärs, Staatsoberhäupter und natürlich findige Unternehmern rund um den Globus. Wie der Krimi weitergeht? Wir werden es in den nächsten Jahren erleben. Chris Miller: „Der Chip Krieg. Wie die USA und China um die technologische Vorherrschaft auf der Welt kämpfen“, Rowohlt, 30 Euro.   „Die Faltung der Welt“ von Anders Levermann empfohlen von Jonas Hetzer, impulse-Senior Redakteur Der Klimawandel ist Resultat des rasanten Wirtschaftswachstums seit Beginn der Industrialisierung. Daher fordern nicht wenige eine Abkehr vom Wachstum und damit vom Kapitalismus. Kann das die Lösung sein? Wohl kaum, so die Botschaft von Anders Levermann in seinem Buch „Die Faltung der Welt“. Levermann, 50, ist Professor für Physik an der Uni Potsdam, wo er seit mehr als 20 Jahren am Institut für Klimafolgenforschung arbeitet. Als weltweit renommierter Forscher trägt er regelmäßig zu den Berichten des Weltklimarats IPCC bei. Dem Naturwissenschaftler gelingt es, Erkenntnisse seiner Disziplin auf die gesellschaftlichen Herausforderungen, die der Klimawandel erzeugt, zu übertragen – und liefert damit ermutigende Denkanstöße. Dazu greift er auf das mathematisch-physikalische Konzept der Faltung zurück. Was bedeutet Faltung? Nehmen wir an, ein Ball kann ewig durch ein Zimmer fliegen. Und nehmen wir an, der Ball könnte denken und hätte einen freien Willen. Sobald er im Flug gegen eine Wand stößt, hätte er unendlich viele Möglichkeiten, einen neuen Weg einzuschlagen – jedes Mal wieder. Die Wand ist für den Ball eine Faltungsgrenze. Dieses Konzept überträgt Levermann auf die Wirtschaft. Zwei der von ihm vorgeschlagenen Faltungsgrenzen haben das unmittelbare Ziel die Erderwärmung zu stoppen: Ein Verbot von CO2-Emissionen und ein Ende des Rohstoffabbaus. Nicht sofort. Der Zeitpunkt müsste Resultat eines demokratischen Diskussionsprozesses sein. Den Schrecken nimmt Levermann dieser radikalen Forderung, indem er mit vielen, teils historischen, Beispielen aufzeigt, dass Verbote nicht Verzicht und Wohlstandsverlust bedeuten müssen. „Die Lösung von Problemen und vor allem die Hervorbringung von innovativen, neuen Lösungsmöglichkeiten innerhalb eines Rahmens, der Freiheit lässt und Anreize setzt, sind Unternehmern vertraut,“ schreibt er. Kurz: Wachstum ist weiterhin möglich. Anders Levermann: Die Faltung der Welt. Wie die Wissenschaft helfen kann, dem Wachstumsdilemma und der Klimakrise zu entkommen, Ullstein, 23,99 Euro. „Von Quotenfrauen und alten weißen Männern“ von Annahita Esmailzadeh empfohlen von impulse-Redakteurin Ulrike Barth Nein, dieses Buch ist keine feministische Kampfschrift, auch wenn im Titel das Wort „Quotenfrau“ vorkommt. Denn die Autorin zerpflückt mit viel Empathie für alle Seiten die gängigen Klischees, mit denen wir alle unsere Kolleginnen und Mitarbeiter einsortieren. Vom vielzitierten „alten weißen Mann“, über Rabenmütter und Teilzeit-Muttis bis hin zu den Dicken und den Schönen. Annahita Esmailzadeh, Managerin bei Microsoft und Business-Influencerin, bleibt dabei nicht bei der eigenen Geschichte als Frau in der IT, als Führungskraft mit Migrationshintergrund stehen – auch wenn sie direkt zu Beginn des Buches schildert, wie sie in ihrem ersten Job bei SAP zunächst in der „Tussen“-Schublade gelandet ist. Vielmehr erklärt sie, wie solche Vorurteile entstehen und welche psychologische Funktion sie erfüllen, denn Esmailzadehs eigentliches Thema ist der „Unconscious Bias“, also die unbewusste Voreingenommenheit, vor der niemand gefeit ist. Von ihrem Buch fühlt man sich dabei nicht belehrt, sondern kommt ins Nachdenken darüber, welche Dynamik das eigene Schubladendenken mit sich bringt. Und warum wir uns das in der heutigen Arbeitswelt eigentlich nicht mehr leisten können. Annahita Esmailzadeh: „Von Quotenfrauen und alten weißen Männern“, Campus Verlag, 22 Euro. „Müll“ von Roman Köster empfohlen von impulse-Redakteurin Wiebke Harms Herzlich willkommen im Wasteocene! In einem Zeitalter, in dem es einem Teil der Menschheit so gut geht, dass wir im Überfluss produzieren und deswegen massenhaft wegwerfen. Plastikstrudel in Ozeanen, Weltraumschrott oder Debatten um Endlager für Atommüll wecken den Eindruck, Müll sei ein neues Problem. Doch der Historiker Roman Köster zeigt in seiner dreckigen Weltgeschichte: Menschen hatten schon immer Schwierigkeiten, ihren Abfall zu entsorgen. Im antiken Rom schichtete man zerbrochene Amphoren – sozusagen der Verpackungsmüll der Antike – am Tiber zum 50 Meter hohen Monte Testaccio auf. Der überragt bis heute den gleichnamigen Stadtteil Roms. Mit den Metropolen wuchsen auch die Müllprobleme der Menschen. Unrat lag im Weg herum, stank, zog Tiere wie Ratten an. Typhus, Cholera und andere Krankheiten grassierten. Aber: Auf Deponien landete die längste Zeit der Menschen-Müll-Geschichte vor allem das, was partout nicht mehr zu gebrauchen war. In der frühen Neuzeit verdienten zum Beispiel in Neapel eine Menge spezialisierte Berufsgruppen ihr Geld mit Gebrauchtwaren: Ein Capillo verkaufte Haare an Perückenmacher. Die Lutammari leerten Latrinen. Mussolinare sammelten Stofffetzen. Wieder- und Weiterverwertung waren eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Seit dem zweiten Weltkrieg ist die Müllmenge sprunghaft gestiegen, vor allem durch Transportverpackungen und Überproduktion. „In unzähligen Lebensumständen macht Müll uns das Leben einfacher, erspart uns Zeit und Arbeit“, stellt der Historiker Köster fest. Abends das Essen bestellen und online shoppen sind bequem. „Das macht uns zu Komplizen in der großen globalen Müllmaschinerie“, so der Autor. Ich werde vor der nächsten Online-Bestellung sicher an das Buch denken. Roman Köster: „Müll. Eine schmutzige Geschichte der Menschheit“, Beck, 29 Euro.  „Die vier Stufen der psychologischen Sicherheit“ von Timothy Clark empfohlen von Jelena Altmann, leitende impulse-Redakteurin Warum bringen sich Mitarbeitende selten mit Ideen ein? Eine mögliche Antwort könnte sein, dass sie nicht angstfrei agieren können, ohne Ausgrenzung, Spott oder Konsequenzen zu befürchten. Kurz: Sie empfinden keine psychologische Sicherheit, schreibt der US-Autor und Sozialwissenschaftler Timothy Clark in seinem Buch „Die vier Stufen der psychologischen Sicherheit“. In dem 160-seitigen Leitfaden beschreibt Clark die negativen Folgen fehlender psychologischer Sicherheit – aber auch, wie Führungskräfte mehr psychologische Sicherheit erzeugen können und so das volle Potenzial ihrer Teammitglieder freisetzen. Hierbei durchlaufen Mitarbeitende vier Stufen: Sie fühlen sich einbezogen. Sie fühlen sich sicher, Neues zu lernen, und haben keine Angst, Fehler zu machen. Sie können etwas beitragen. Sie können den Status Quo infrage stellen. Jeder Stufe ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Die wichtigsten Aussagen werden zwischendurch als Schlüsselprinzipien zusammengefasst. Zudem gibt es viele Schlüsselfragen, die Unternehmerinnen und Unternehmer dazu motivieren, das eigene Verhalten zu reflektieren. Timothy Clark: Die vier Stufen der psychologischen Sicherheit. Auf dem Weg zu mehr Vielfalt und Innovation am Arbeitsplatz, Vahlen, 29,80 Euro. „Das Gespenst der Inflation“ von Isabella Weber empfohlen von impulse-Redakteurin Kathrin Halfwassen Preiskontrollen sind des Teufels – wir sind doch nicht in Venezuela! So tönten Ökonomen ihre neoliberale Maßgabe jahrzehntelang durch die – westlichen – Lande. Dann kam Isabella Weber, Professorin für Volkswirtschaftslehre an der University of Massachusetts Amherst, und präsentierte in einem Guardian-Artikel gezielte Preiskontrollen als wirkmächtiges Instrument gegen die Inflation in Zeiten der Pandemie. Schließlich hätten während der Krise etwa einige Konzerne trotz fallender Nachfrage die Preise erhöht, die Wettbewerber ebenso – die Inflation sei damit gewinngetrieben. Als „truly stupid“ verdammte zum Beispiel Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman reflexhaft Webers Ideen, um sich kurz darauf bei ihr zu entschuldigen. Sie sind unentschieden, ob Sie im Team Weber mitspielen wollen? Oder möchten sich wappnen für Diskussionen zum Thema Inflation, die bei vielen als Beilage zu Weihnachtsgans und Silvesterraclette auf den Tisch kommen dürften? Oder schätzen einfach kluge, schön formulierte Sätze, die man hier und da gut fallenlassen kann? Dann sollten Sie dieses Buch dringend lesen: Weber zeichnet darin die Debatten nach, mit denen in China in der Zeit nach Mao um die Neugestaltung des Wirtschaftssystems gerungen wurde. Statt alle Preise direkt freizugeben, regulierte das Land die Preise grundlegender Güter, gab aber etwa die der überproduzierten Waren Stück für Stück frei – was half, eine galoppierende Inflation zu verhindern. Es liest sich wie ein Mix aus knallhart-wissenschaftlicher Abhandlung und Pageturner, wenn Weber das chinesische Modell beschreibt, historische Linien aufzeigt und erklärt, was sich Europa abschauen könnte. Und es macht klar, warum viele Regierungsvertreter Weber inzwischen zuhören und folgen – fernab von Venezuela. Isabella Weber: Das Gespenst der Inflation. Wie China der Schocktherapie entkam, Suhrkamp, 32 Euro.
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