Beate Uhse
7 Erfolgsrezepte von Beate Uhse

Sie war eine der größten deutschen Unternehmerinnen der Nachkriegszeit: Beate Uhse. Eine neue Biographie erklärt, wie „Tante Sex“ das bis dato unfeine Erotik-Business massentauglich machte.

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Der eigene Name als Marke: Die Beate-Uhse-Läden findet man nicht nur in deutschen Groß- und Kleinstädten, sondern auch im Ausland.
Der eigene Name als Marke: Die Beate-Uhse-Läden findet man nicht nur in deutschen Groß- und Kleinstädten, sondern auch im Ausland.
© Carsten Koall / Freier Fotograf / Getty Images News / Getty Images

Zum Ende ihres Lebens gab es Geschäfte ihrer Filialkette in beinah jeder deutschen Groß- und Kleinstadt: Beate Uhse hat als Unternehmerin die vielleicht unwahrscheinlichste Geschichte der Nachkriegszeit geschrieben. Als Uhse 1952 das erste deutsche Versandhaus für Sexartikel gründete, war es ein Tabu, öffentlich über Präservative oder Sexspielzeuge zu sprechen. Dieses Tabu zu brechen, machte sich Beate Rotermund-Uhse, wie sie tatsächlich hieß, zu ihrem persönlichen Auftrag. Sie wurde zu einer Pionieren der sexuellen Aufklärung und des Unternehmertums der Nachkriegszeit.

Katrin Rönicke dokumentiert in der neuesten Biografie über die Unternehmerin „Beate Uhse – Ein Leben gegen Tabus“, wie Uhse es schaffte, Tabuprodukte zum internationalen Verkaufsschlager zu machen. Was kann man heute noch von Beate Uhse lernen?

1. Beate Uhse startet ihre Geschäfte mit einer Aufklärungsschrift für Frauen

Als Tochter einer Ärztin versuchte Beate Uhse nach dem zweiten Weltkrieg Frauen über Verhütungsmethoden aufzuklären. Sie teilte Informationen, die bis dahin weitestgehend unter Verschluss gehalten wurden. „Zwischen 1950 und 1957 starben in der Bundesrepublik jedes Jahr etwa 10.000 Frauen an den Folgen illegaler Abtreibungen“, heißt es in der Biografie. Uhse begann nach Feierabend auf einer geborgten Schreibmaschine ihre Gedanken dazu aufzuschreiben, etwa dass es darum ginge „die Befriedung des Sexualtriebs von der Zeugung scharf zu trennen“. Sie sprach sich für ein sexuelles Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen aus.

Diese „Schrift X“, wie Uhse ihre Broschüre nannte, bewarb sie durch 10.000 Postwurfsendungen mit Bestellscheinen. Und tatsächlich war die Nachfrage riesig und sie verdiente schon bald Geld mit ihrem Büchlein.

  • Zum Abschauen: Halten Sie Ausschau nach Marktlücken, auch wenn diese zunächst aussichtslos erscheinen.

2. Beate Uhse beantwortet Sex- und Beziehungsfragen persönlich

Weil so viele Bestellungen für die Schrift X eingingen, gründete Beate Uhse ihr erstes Geschäft, den „Betu-Betrieb“. Laut der neuen Biografie kostete die Schrift 2 Mark und 70 Pfennig und wurde im ersten Jahr stolze 32.000 Mal verkauft. Zu jeder Bestellung packt Beate Uhse Kondome dazu, manchmal sogar einen Brief. Der Briefkontakt war auch darüber hinaus wichtig: Später beriet die Unternehmerin ihre Kundinnen persönlich per Post, etwa auf die Frage, wie sie mit fremdgehenden Ehemännern umgehen können.

  • Zum Abschauen: Suchen Sie den persönlichen Kontakt zu ihren Kunden.

3. Beate Uhse findet Kunden für einen Markt, den es in Deutschland noch gar nicht gibt

Durch die Nachfrage beflügelt, wollte Uhse weiter wachsen und engagierte nach einem Verpackungshelfer ihre zweite Mitarbeiterin: eine Adressenschreiberin. Deren Job: Adressen potentieller Kundinnen und Kunden aus den öffentlichen Telefonbüchern abschreiben. Auch später schrieb Uhse Kunden auf gut Glück an, woraufhin es immer wieder Beschwerden gab, aber auch Erfolg: Gut 10 Jahre nach der Erstveröffentlichung der Schrift X hatte Beate Uhse 200.000 Kunden.

  • Zum Abschauen: Investieren Sie in Vertrieb und Akquise.

4. Beate Uhse eröffnet den ersten Sexshop der Welt

Am 17. Dezember 1962 eröffnete Beate Uhse den ersten Sexshop der Welt – mitten in Flensburg, umgeben von einer Apotheke, einer Bäckerei und einem Textilgeschäft. Uhse lebte in Flensburg ein bürgerliches Leben mit Ehemann und Kindern. Der Name „Fachgeschäft für Ehehygiene“ sollte die Themen Sex und Erotik etwas kaschieren. Die vergangenen Jahrzehnte waren von den Sittengesetzen, der strengen Adenauer-Regierung und dem Volkswartbund kontrolliert, so heißt es in der Biografie. Uhse musste sich immer wieder den Vorwurf der „Unzucht“ gefallen lassen. Doch sie ließ sich nicht beirren.

  • Zum Abschauen: Haben Sie den Mut, mit Konventionen zu brechen.

5. Beate Uhse holt sich Hilfe von der Familie als der Staat ihre Waren wegsperrt

Uhse war mit ihrem Erotikgeschäft vielen ein Dorn im Auge, „zumal eine Menge Leute im prüden 50er-Jahre-Deutschland eine wie Beate am liebsten einsperren wollten“, schreibt Biografin Rönicke. Anzeigen und Gerichtsprozesse waren keine Seltenheit. Einmal versiegelte der Staatsanwalt die Lagerhalle mit 300 000 versandbereiten Katalogen mit dem Verweis auf das geltende Sittengesetz. Zwar durfte das Siegel nicht gebrochen werden, die Ware galt aber als frei. Im Wissen, dass sie die Aussage notfalls verweigern konnte, brach Uhse samt Familie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in die Halle ein und verlud 280 000 Sendungen auf einen Laster, um sie morgens zum Hamburger Postamt zu bringen.

  • Zum Abschauen: Verzagen Sie nicht, wenn es eng wird.

6. Beate Uhse nimmt große Umwege in Kauf, um beim Versand zu sparen

Um bei den Versandkosten zu sparen, beschloss Uhse, ihre Bestellungen direkt in den Ortschaften als günstigen Ortsbrief aufzugeben. So sparte sie immerhin 10 Pfennig pro Bestellung – die Hälfte der eigentlichen Versandkosten. Ab 1000 Adressen klapperte sie also persönlich die verschiedenen Ortschaften mit dem Auto ab. Die Kinder packte Uhse in den Ferien bei ihren tagelangen Auslieferungsfahrten kurzerhand mit in den Wagen.

  • Zum Abschauen: Haben Sie Kosten und Sparmöglichkeiten im Blick.

7. Beate Uhse ist eine große Gewinnerin der Wiedervereinigung

1989 tat sich für Beate Uhse ein riesiger neuer Markt auf. Die Zeit als Aufklärerin der Nation war längst vorbei, Pornografie legalisiert – und das nutze die Unternehmerin für einen Imagewandel ihrer Firma: Pornofilme im Laden sollten einen neuen Kundenstamm bedienen – weg vom gutbürgerlichen Ehepaar. Als die Mauer fielt, fackelte Beate Uhse nicht lange. Jetzt ging es ums Geld verdienen. Schon im Juni 1990, also noch vor der Wiedervereinigung, verkündete sie in einem Zeitungsbericht: „Wir planen circa 20 Läden in der DDR“.

  • Zum Abschauen: Sehen Sie eine Chance – greifen Sie zu.

Das Geschäft florierte, 1992 macht das Unternehmen zum ersten Mal über 100.000 DM Umsatz, 1999 ging die Beate Uhse AG sogar an die Börse. Doch der Höhenflug dauerte nicht lange: Das Internet mit seinen kostenlosen Sexfilmchen wurde zum starken Konkurrenten. 2017 beantragte die Holdingesellschaft der Beate Uhse AG die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

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Beate Rotermund-Uhse selbst erlebte das Straucheln der Marke nicht mehr mit: Sie starb 2001 mit 81 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung.

 

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Deren Job: Adressen potentieller Kundinnen und Kunden aus den öffentlichen Telefonbüchern abschreiben. Auch später schrieb Uhse Kunden auf gut Glück an, woraufhin es immer wieder Beschwerden gab, aber auch Erfolg: Gut 10 Jahre nach der Erstveröffentlichung der Schrift X hatte Beate Uhse 200.000 Kunden. Zum Abschauen: Investieren Sie in Vertrieb und Akquise. 4. Beate Uhse eröffnet den ersten Sexshop der Welt Am 17. Dezember 1962 eröffnete Beate Uhse den ersten Sexshop der Welt – mitten in Flensburg, umgeben von einer Apotheke, einer Bäckerei und einem Textilgeschäft. Uhse lebte in Flensburg ein bürgerliches Leben mit Ehemann und Kindern. Der Name „Fachgeschäft für Ehehygiene“ sollte die Themen Sex und Erotik etwas kaschieren. Die vergangenen Jahrzehnte waren von den Sittengesetzen, der strengen Adenauer-Regierung und dem Volkswartbund kontrolliert, so heißt es in der Biografie. Uhse musste sich immer wieder den Vorwurf der „Unzucht“ gefallen lassen. Doch sie ließ sich nicht beirren. Zum Abschauen: Haben Sie den Mut, mit Konventionen zu brechen. 5. Beate Uhse holt sich Hilfe von der Familie als der Staat ihre Waren wegsperrt Uhse war mit ihrem Erotikgeschäft vielen ein Dorn im Auge, „zumal eine Menge Leute im prüden 50er-Jahre-Deutschland eine wie Beate am liebsten einsperren wollten“, schreibt Biografin Rönicke. Anzeigen und Gerichtsprozesse waren keine Seltenheit. Einmal versiegelte der Staatsanwalt die Lagerhalle mit 300 000 versandbereiten Katalogen mit dem Verweis auf das geltende Sittengesetz. Zwar durfte das Siegel nicht gebrochen werden, die Ware galt aber als frei. Im Wissen, dass sie die Aussage notfalls verweigern konnte, brach Uhse samt Familie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in die Halle ein und verlud 280 000 Sendungen auf einen Laster, um sie morgens zum Hamburger Postamt zu bringen. Zum Abschauen: Verzagen Sie nicht, wenn es eng wird. 6. Beate Uhse nimmt große Umwege in Kauf, um beim Versand zu sparen Um bei den Versandkosten zu sparen, beschloss Uhse, ihre Bestellungen direkt in den Ortschaften als günstigen Ortsbrief aufzugeben. So sparte sie immerhin 10 Pfennig pro Bestellung – die Hälfte der eigentlichen Versandkosten. Ab 1000 Adressen klapperte sie also persönlich die verschiedenen Ortschaften mit dem Auto ab. Die Kinder packte Uhse in den Ferien bei ihren tagelangen Auslieferungsfahrten kurzerhand mit in den Wagen. Zum Abschauen: Haben Sie Kosten und Sparmöglichkeiten im Blick. 7. Beate Uhse ist eine große Gewinnerin der Wiedervereinigung 1989 tat sich für Beate Uhse ein riesiger neuer Markt auf. Die Zeit als Aufklärerin der Nation war längst vorbei, Pornografie legalisiert – und das nutze die Unternehmerin für einen Imagewandel ihrer Firma: Pornofilme im Laden sollten einen neuen Kundenstamm bedienen – weg vom gutbürgerlichen Ehepaar. Als die Mauer fielt, fackelte Beate Uhse nicht lange. Jetzt ging es ums Geld verdienen. Schon im Juni 1990, also noch vor der Wiedervereinigung, verkündete sie in einem Zeitungsbericht: „Wir planen circa 20 Läden in der DDR“. Zum Abschauen: Sehen Sie eine Chance – greifen Sie zu. Das Geschäft florierte, 1992 macht das Unternehmen zum ersten Mal über 100.000 DM Umsatz, 1999 ging die Beate Uhse AG sogar an die Börse. Doch der Höhenflug dauerte nicht lange: Das Internet mit seinen kostenlosen Sexfilmchen wurde zum starken Konkurrenten. 2017 beantragte die Holdingesellschaft der Beate Uhse AG die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Beate Rotermund-Uhse selbst erlebte das Straucheln der Marke nicht mehr mit: Sie starb 2001 mit 81 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung.  
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