Schockstarre überwinden
„Ich frage mich jeden Tag: Was kann ich heute verändern?“

Wie impulse-Blogger Sven Franzen die anfängliche Schockstarre durch die Coronakrise überwunden hat. Und warum er versucht, nicht an die Zukunft zu denken.

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Langsam beginnen Unternehmer, ihre Schockstarre zu überwinden
© masterzphotois / iStock / Getty Images Plus

Eigentlich wollte ich Mitte März in den Urlaub fliegen. Zwei Wochen spontan irgendwo in die Sonne, das war der Plan.

Dann kam der Lockdown. Und ich verfiel, wie gefühlt das ganze Land, in eine Schockstarre. Von 120 auf 0. Kompletter Stillstand. Die erste Woche war für mich ein emotionales Auf und Ab. Durch den geplanten Urlaub war die Situation noch surrealer. Alle wichtigen Aufgaben hatte ich schon im Vorfeld an meine Mitarbeiter übergeben. Ich fragte mich die ganze Zeit: Was passiert da eigentlich gerade? Warum ist so wenig los? Plötzlich gab es Tage, an denen ich keine einzige E-Mail bekam. Das habe ich in den vergangen 16 Jahren nicht erlebt.

Nach und nach meldeten sich dann die ersten Kunden, die Projekte einfrieren oder auf unbestimmte Zeit verschieben wollten. Das war natürlich hart. Doch gleichzeitig werden wir inzwischen überrannt von Anfragen für Beratungen. Meine Marketingberatung ist staatlich akkreditiert, deswegen können wir aktuell Beratungsleistungen anbieten, die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle teils zu 100 Prozent bezuschusst werden. Und wir sind in der glücklichen Lage, dass wir in guten Zeiten einiges zurückgelegt haben. Ich muss mir keine existenziellen Sorgen machen.

Die Zukunft war schon immer ungewiss

Nach einigen Tagen im Lockdown hatte ich mir neue Routinen geschaffen. Mein Alltag war sehr ruhig. Ich war zum ersten Mal seit Jahren wirklich viel zu Hause und in meinem Garten. Ich hatte auf einmal Zeit. Viel Zeit. Ich habe sie vor allem genutzt, um zu lesen und nachzudenken.

Ein Buch hat mich besonders beeindruckt: „Sorge dich nicht – lebe!“ von Dale Carnegie. Er schreibt darüber, wie es gelingen kann, sich ganz auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Wir müssen uns immer wieder bewusstmachen, dass gestern schon vergangen ist und morgen noch nicht da. Die Zukunft ist ungewiss. Das war schon immer so. Wir konnten noch nie vorhersagen, was in einem Monat oder in einem Jahr sein wird. Aber in der jetzigen Situation ist uns diese Ungewissheit noch bewusster.

Was kann ich heute tun?

Ich versuche, mich jetzt nur auf die Zeit vom Aufstehen bis zum Ins-Bett-Gehen zu konzentrieren. Ich frage mich jeden Tag: Was kann ich heute tun? Was kann ich heute verändern? Ich suche nach Chancen und fokussiere mich darauf, jeden Tag etwas zu tun, das für mich und mein Unternehmen positiv ist. Zum Beispiel Prozesse noch weiter zu digitalisieren.

Angst lähmt. Es bringt nichts, jetzt voller Sorge auf seinen Kontostand zu starren und sich auszumalen, was passieren könnte. Stattdessen sollten wir uns auf das Tun konzentrieren und das Gestern und Morgen so gut es geht ausblenden.

Was will ich?

In dieser Phase der Entschleunigung habe ich auch viel über mein Unternehmen und meinen weiteren Weg nachgedacht. Und den Entschluss gefasst, mich noch mehr als bisher auf unsere Stärken zu konzentrieren. Mir ist jetzt viel klarer, für wen unsere Arbeit gewinnbringend ist und welche Kundentypen nicht zu uns passen. Wir konzentrieren uns in Zukunft auf das Terrain, in dem wir richtig stark sind, und machen nicht mehr alles selbst. Das, was wir nicht so gut können, werden wir nicht mehr anbieten, sondern die Kunden für diese Aufgaben kompetent an andere verweisen.

Der Zusammenhalt macht mir Mut

Mich hat in den vergangenen Wochen sehr beeindruckt, wie reibungslos die Umstellung auf das Arbeiten zu Hause bei uns funktioniert hat. Schon vorher haben einige Mitarbeiter hin und wieder im Homeoffice gearbeitet, aber nie in diesem Umfang. Jetzt sind alle zu Hause und es klappt fantastisch. Ich könnte mir wirklich kein besseres Team wünschen.

Das ist überhaupt etwas, das mir im Moment immer wieder Mut macht. Der menschliche Zusammenhalt, der an so vielen Stellen zu spüren ist. Gleichzeitig bekomme ich durch mein ehrenamtliches Engagement bei der IHK auch mit, wie verzweifelt viele sind. Dort melden sich teilweise Unternehmer am Telefon, die minutenlang weinen. Auch bei einigen meiner Kunden merke ich die Unsicherheit. Wir unterstützen, wo wir können. Ich biete zum Beispiel Zoom-Calls an, in denen wir zusammen überlegen, was wir von Seiten des Marketings jetzt konkret tun können. Austausch ist wahnsinnig wichtig. Manchmal hilft es auch schon, einfach zuzuhören und dem anderen Mut zu machen.

Unsere Wahrnehmung verändert sich

Natürlich fehlt mir auch vieles. Der persönliche Kontakt, diese Resonanz und Energie zwischen Menschen. Ich möchte meine Eltern wieder treffen und meine Mutter in den Arm nehmen können. Das fehlt mir total.

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Machen ist wie wollen, nur krasser
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Ich glaube, uns wird gerade bewusst, wie wertvoll vieles von dem ist, was wir noch vor wenigen Wochen als völlig selbstverständlich wahrgenommen haben: Freunde in die Arme zu schließen, in einem Café in der Sonne zu sitzen, gutes Essen in einem Restaurant zu genießen. Aber auch, wie wertvoll die Arbeit von vielen Menschen ist, die vorher zu wenig wahrgenommen wurden: die der Pflegekräfte und Ärzte, der Paketboten und Kassierer. Ich hoffe, dass es da mehr Wertschätzung geben wird. Und wir in Zukunft dankbarer sind für das, was wir haben.

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Eigentlich wollte ich Mitte März in den Urlaub fliegen. Zwei Wochen spontan irgendwo in die Sonne, das war der Plan. Dann kam der Lockdown. Und ich verfiel, wie gefühlt das ganze Land, in eine Schockstarre. Von 120 auf 0. Kompletter Stillstand. Die erste Woche war für mich ein emotionales Auf und Ab. Durch den geplanten Urlaub war die Situation noch surrealer. Alle wichtigen Aufgaben hatte ich schon im Vorfeld an meine Mitarbeiter übergeben. Ich fragte mich die ganze Zeit: Was passiert da eigentlich gerade? Warum ist so wenig los? Plötzlich gab es Tage, an denen ich keine einzige E-Mail bekam. Das habe ich in den vergangen 16 Jahren nicht erlebt. Nach und nach meldeten sich dann die ersten Kunden, die Projekte einfrieren oder auf unbestimmte Zeit verschieben wollten. Das war natürlich hart. Doch gleichzeitig werden wir inzwischen überrannt von Anfragen für Beratungen. Meine Marketingberatung ist staatlich akkreditiert, deswegen können wir aktuell Beratungsleistungen anbieten, die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle teils zu 100 Prozent bezuschusst werden. Und wir sind in der glücklichen Lage, dass wir in guten Zeiten einiges zurückgelegt haben. Ich muss mir keine existenziellen Sorgen machen. Die Zukunft war schon immer ungewiss Nach einigen Tagen im Lockdown hatte ich mir neue Routinen geschaffen. Mein Alltag war sehr ruhig. Ich war zum ersten Mal seit Jahren wirklich viel zu Hause und in meinem Garten. Ich hatte auf einmal Zeit. Viel Zeit. Ich habe sie vor allem genutzt, um zu lesen und nachzudenken. Ein Buch hat mich besonders beeindruckt: „Sorge dich nicht – lebe!“ von Dale Carnegie. Er schreibt darüber, wie es gelingen kann, sich ganz auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Wir müssen uns immer wieder bewusstmachen, dass gestern schon vergangen ist und morgen noch nicht da. Die Zukunft ist ungewiss. Das war schon immer so. Wir konnten noch nie vorhersagen, was in einem Monat oder in einem Jahr sein wird. Aber in der jetzigen Situation ist uns diese Ungewissheit noch bewusster. Was kann ich heute tun? Ich versuche, mich jetzt nur auf die Zeit vom Aufstehen bis zum Ins-Bett-Gehen zu konzentrieren. Ich frage mich jeden Tag: Was kann ich heute tun? Was kann ich heute verändern? Ich suche nach Chancen und fokussiere mich darauf, jeden Tag etwas zu tun, das für mich und mein Unternehmen positiv ist. Zum Beispiel Prozesse noch weiter zu digitalisieren. Angst lähmt. Es bringt nichts, jetzt voller Sorge auf seinen Kontostand zu starren und sich auszumalen, was passieren könnte. Stattdessen sollten wir uns auf das Tun konzentrieren und das Gestern und Morgen so gut es geht ausblenden. Was will ich? In dieser Phase der Entschleunigung habe ich auch viel über mein Unternehmen und meinen weiteren Weg nachgedacht. Und den Entschluss gefasst, mich noch mehr als bisher auf unsere Stärken zu konzentrieren. Mir ist jetzt viel klarer, für wen unsere Arbeit gewinnbringend ist und welche Kundentypen nicht zu uns passen. Wir konzentrieren uns in Zukunft auf das Terrain, in dem wir richtig stark sind, und machen nicht mehr alles selbst. Das, was wir nicht so gut können, werden wir nicht mehr anbieten, sondern die Kunden für diese Aufgaben kompetent an andere verweisen. Der Zusammenhalt macht mir Mut Mich hat in den vergangenen Wochen sehr beeindruckt, wie reibungslos die Umstellung auf das Arbeiten zu Hause bei uns funktioniert hat. Schon vorher haben einige Mitarbeiter hin und wieder im Homeoffice gearbeitet, aber nie in diesem Umfang. Jetzt sind alle zu Hause und es klappt fantastisch. Ich könnte mir wirklich kein besseres Team wünschen. Das ist überhaupt etwas, das mir im Moment immer wieder Mut macht. Der menschliche Zusammenhalt, der an so vielen Stellen zu spüren ist. Gleichzeitig bekomme ich durch mein ehrenamtliches Engagement bei der IHK auch mit, wie verzweifelt viele sind. Dort melden sich teilweise Unternehmer am Telefon, die minutenlang weinen. Auch bei einigen meiner Kunden merke ich die Unsicherheit. Wir unterstützen, wo wir können. Ich biete zum Beispiel Zoom-Calls an, in denen wir zusammen überlegen, was wir von Seiten des Marketings jetzt konkret tun können. Austausch ist wahnsinnig wichtig. Manchmal hilft es auch schon, einfach zuzuhören und dem anderen Mut zu machen. Unsere Wahrnehmung verändert sich Natürlich fehlt mir auch vieles. Der persönliche Kontakt, diese Resonanz und Energie zwischen Menschen. Ich möchte meine Eltern wieder treffen und meine Mutter in den Arm nehmen können. Das fehlt mir total. Ich glaube, uns wird gerade bewusst, wie wertvoll vieles von dem ist, was wir noch vor wenigen Wochen als völlig selbstverständlich wahrgenommen haben: Freunde in die Arme zu schließen, in einem Café in der Sonne zu sitzen, gutes Essen in einem Restaurant zu genießen. Aber auch, wie wertvoll die Arbeit von vielen Menschen ist, die vorher zu wenig wahrgenommen wurden: die der Pflegekräfte und Ärzte, der Paketboten und Kassierer. Ich hoffe, dass es da mehr Wertschätzung geben wird. Und wir in Zukunft dankbarer sind für das, was wir haben.
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