Absurde Kundenbewertungen
„Iiih, das Schweineschnitzel schmeckt ja nach Schwein!“

Gastronom Jürgen Krenzer bekommt im Netz die absurdesten Bewertungen. „Wenn es regnet, ist die Wiese nass! Ein Stern.“ Darüber ärgern? Mitnichten. Der impulse-Blogger hat eine andere Strategie.

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Jedes Unternehmen lässt sich heute mit wenigen Klicks bewerten. Dabei kommt so einiges an absurden Kundenbewertungen zusammen.
Jedes Unternehmen lässt sich heute mit wenigen Klicks bewerten. Dabei kommt so einiges an absurden Kundenbewertungen zusammen.

Okay, ich blogge mal wieder. Aber kommen Sie ja nicht auf die Idee, das jetzt wieder zu bewerten …

Man weiß ja nie, bei der Bewerteritis, die unsere Gesellschaft infiziert hat. Neulich habe ich dazu einen Sketch von Carolin Kebekus gesehen.

Die Kebekus hat ja sooo recht! Heute wird alles bewertet. Jeder Joghurt wird rezensiert. Genau wie Bushaltestellen, Brücken und Kaugummiautomaten. Und noch vieles mehr, über das ich jetzt lieber nicht schreibe. (Ich war letzte Nacht vielleicht etwas zu lange auf Google unterwegs.)

Keiner traut sich mehr, was Verrücktes zu machen

Haben wir nichts Besseres zu tun, als Bushaltestellen zu bewerten? Ich meine: Was mache ich denn, wenn ich an einer Bushaltestelle raus will, die aber leider eine schlechte Bewertung hat? Die nächste nehmen?

Man kann sich am Kopf kratzen und man kann sich darüber ärgern. Als Unternehmer und als Verbraucher. Warum? Weil die Angst vor Bewertungen dafür sorgt, dass noch mehr durchschnittliche Produkte und Dienstleistungen entstehen. Weil sich ja schon jetzt keiner mehr traut, was Verrücktes zu machen.

Die zentrale Frage ist doch ständig präsent: Was werden die Bewerter (frühere Kunden oder potenzielle Kunden) denn denken und – noch schlimmer – schreiben, wenn ich meine verrückte Idee mal ausprobiere? Wie ist dann meine Performance auf den Bewertungsplattformen?

Nee, da kriegt man Bammel. Da bleiben wir lieber alle brav. Dabei ist Durchschnitt genauso suboptimal wie warmes Bier im Jahrhundertsommer.

Die Waffe in der Hosentasche

Wer trotzdem was anderes, vielleicht sogar Verrücktes ausprobieren will, für den gibt es nur eine Lösung: Schmerzfreiheit. Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Warum? Ich betreibe ein Schäferwagen-Hotel, mache Weine aus sauren Äpfeln (und nicht aus gefälligen, süßen Trauben) und koche regional mit dem, was vor der Haustür wächst und rumläuft. Das ist nicht gerade Mainstream. Und das gefällt auch nicht jedem.

Weine aus Äpfeln schmecken super, sind aber eine Herausforderung. Trockenen Müller-Thurgau kann jeder. Traditionelle Gerichte unter Verwendung des ganzen Tieres zu kochen – das ist immer noch selten. Schweinelendchen mit Dosenananas kann jeder. Übernachtungen im Schäferwagen auf der Obstwiese sind in der Rhön ein Abenteuer. Die Wohlfühltemperatur wird kaum erreicht. Im April zu kalt, im Jahrhundertsommer zu heiß. Zimmer mit Klimaanlage kann jeder.

Und wenn du dann noch nicht mal Produkte von Nestlé, Unilever oder Coca-Cola im Angebot hast, dann dreht der eine oder andere Gewohnheitsjunkie am Rad. Und greift zu seiner Waffe in der Hosentasche. Tipp, wisch, tipp: ein Stern.

Es ist schon ziemlich lustig, was da verzweifelt in das Mäusekino eingetippt wird. Doch nicht immer ist dir als Unternehmer nach der Lektüre zum Lachen zu Mute – auch mir nicht. Aber genau da müssen wir hin: LACHEN. Das ist doch alles ziemlich lächerlich, was da geschrieben wird.

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Kostproben gefällig?

Gast, der mitten im internationalen Sternenpark Rhön Ende Oktober im Schäferwagen auf der Obstwiese übernachtet hat: „Hier ist es nachts stockdunkel und es liegen überall Äpfel auf der Wiese rum!“

Teenager, der ein Schnitzel vom Weideschwein verzehrt hat: „Iiih, das schmeckt ja nach Schwein!“

Anderer Teenager, der auch versucht hat, ein Schnitzel vom Öko-Weideschwein zu essen: „Das schmeckt ja voll chemisch!“

Frau aus Fulda, die ein Weißbier-Gulasch vom Rhöner Fleckvieh bestellt hat: „Sie kochen Gulasch ohne Rotwein, eine Frechheit!“

Gast aus Berlin, bei Regenwetter im Schäferwagen: „Wenn es regnet, ist die Wiese nass. Und wenn viele Leute drüber laufen, auch noch matschig!“

Gast, der versucht hat, eine Coke zu bestellen, und natürlich nicht bekommen hat (passiert leider sehr häufig): „Unfassbar, frech und unzumutbar, die Antwort der Bedienung. Sie sagte: ‚Wir sind halt nicht Mainstream. Deswegen gibt es sowas nicht bei uns!‘“

Die Liste könnte ein ganzes Buch füllen. Ich weiß, dass ich da durch muss, daher habe ich mich entschieden, die Bewertungen lustig zu finden.

Denn was ist die Alternative? Landauf und landab wird über Marke und Markenentwicklung geträllert. Klar, darüber zu quatschen ist ja auch einfach. „Marken müssen polarisieren.“ Oder: „Marken sollten sich nicht verändern, sondern der Kunde.“ Aber kaum gibt es ein paar Bewertungen, ziehen die meisten den Schwanz ein. Das war’s dann. Willkommen im Durchschnitt.

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