Advocatus Diaboli
Schwachstellen aufspüren: Diese teuflisch gute Methode hilft

Taugt meine Idee etwas? Habe ich bei der Planung alles bedacht? Mithilfe der Methode „Advocatus Diaboli“ unterziehen Sie Ihr Projekt einem Stresstest und spüren Schwachstellen auf. So gelingt es.

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Advocatus Diaboli
© LeMusique / iStockphoto / Getty Images/iStockphoto

Wie funktioniert die Methode „Advocatus Diaboli“?

Die Methode basiert auf einer Erfahrung, die viele Führungskräfte kennen: Teammitglieder, die aus Prinzip alles schlechtreden und in Frage stellen, können ganz schön anstrengend sein. Sie zeigen aber auch wichtige Schwachstellen auf, die andere Kolleginnen und Kollegen nicht auf dem Schirm haben.

Genau hier setzt die Methode „Advocatus Diaboli“ an, was auf Deutsch so viel wie „Anwalt des Teufels“ heißt. Dabei bekommt eine Person den Auftrag, etwa in Meetings Gegenargumente zu sammeln und alles zu kritisieren, was die anderen vorschlagen – auch dann, wenn er oder sie eigentlich hinter dem steht, was besprochen wird.

Klassischerweise eignet sich die Methode für Gruppendiskussionen, in denen es um neue Ideen oder Entscheidungen geht. Chefs oder Chefinnen bestimmen anfangs eine Person, die die Rolle des Teufelsanwalts übernimmt. „Vorher anzukündigen, dass diese Methode angewandt wird, ist wichtig. Denn sonst interpretieren die anderen das Verhalten des Kollegen eventuell falsch“, sagt Benno van Aerssen, der als Innovationscoach für Unternehmen arbeitet und die Methode schon oft in Workshops eingesetzt hat.

Die Rolle des „Advocatus Diaboli“ können Unternehmerinnen und Unternehmer aber selbst einnehmen, um ein Vorhaben zu überdenken. „Dann schreibt man zunächst die Argumente auf, die dafür sprechen. Und versucht anschließend, die eigene Idee mit Gegenargumenten zu zerstören“, sagt van Aerssen.

Der Experte
Benno van Aerssen ist Innovationscoach und Berater für Unternehmen, außerdem Herausgeber des Buchs „Das große Handbuch Innovation“ (Vahlen, 897 Seiten, 99 Euro). Darin werden 555 Kreativtechniken erklärt.

Vorteil der Methode

Die Advocatus-Diaboli-Methode ist simpel: „Man muss dafür kein Buch lesen, keine Schulung besuchen. Es reicht, wenn jemand die Methode eine Minute lang erklärt, dann kann man loslegen“, sagt van Aerssen. Weil die Einstiegshürde so niedrig sei, funktioniere die Methode auch in solchen Teams und für solche Unternehmerinnen und Unternehmer gut, die bislang wenig oder gar nicht mit Kreativmethoden gearbeitet haben.

Ursprung der Methode

Die Methode stammt aus der katholischen Kirche: Vor einer Heiligsprechung war es Aufgabe des „Advocatus Diaboli“, gegen die ausgewählte Person zu argumentieren. Argumente für die Heiligsprechung sammelte dagegen der sogenannte „Advocatus Angeli“.

Welchen Zweck hat „Advocatus Diaboli“?

Die Methode zielt darauf ab zu prüfen, ob Ideen oder Entscheidungen durchdacht und sinnvoll sind. Überkritische Kommentare und Nachfragen des „Advocatus Diaboli“ können Risiken aufzeigen, die das Team übersehen hat. Das ist besonders dann hilfreich, wenn die Gruppe sich in eine Idee verliebt hat. Dann ist das Risiko höher, dass etwas falsch eingeschätzt oder ignoriert wird – die Idee dem Stresstest des „Advocatus Diaboli“ also nicht standhält.

Ein Beispiel: Van Aerssen hat die Methode bei einem Kunden eingesetzt, der einen Zukunftsworkshop plante. Das Team hatte sich überlegt, die Ergebnisse des Workshops auf eine 3 Meter breite und 1,5 Meter hohe Leinwand zu zeichnen und so zu visualisieren. „Einige fanden das großartig, andere waren skeptisch. Also haben wir die Idee mit dem „Advocatus Diaboli“ einem Stresstest unterzogen“, erzählt der Innovationscoach.

Der Mitarbeiter, der den „Advocatus Diaboli“ spielte, habe unter anderem gesagt:

  • „Das ist viel zu aufwändig!“
  • „Stellt euch vor, wir hängen das auf. Und die Menschen finden das lächerlich!“

Die Diskussion zeigte van Aerssen zufolge letztendlich, dass dem „Advocatus Diaboli“ nur wenige Gegenargumente einfielen und er die Idee mit seinen Aussagen nicht zerstören konnte. Die visuelle Ideenwand hatte den Stresstest bestanden und wurde erstellt.

Was tun, wenn Teammitglieder die Rolle des „Advocatus Diaboli“ nicht spielen wollen?

Den überkritischen Part zu übernehmen liegt den einen Teammitgliedern mehr, den anderen weniger. „Wer eher optimistisch ist und die Welt mit der rosaroten Brille sieht, dem fordert die Rolle einiges ab, für den ist das stressig“, so van Aerssen. Wer dagegen eine eher kritische Natur habe, würde die Rolle als angenehm empfinden.

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Der Innovationscoach empfiehlt, genau das zu Beginn der Besprechung zu thematisieren. Etwa so: „Wir probieren jetzt mal die Methode ‚Advocatus Diaboli‘ aus. Einer von euch übernimmt dafür einen überkritischen Part und stellt alles in Frage, was die anderen vorschlagen. Das mag manchen von euch liegen, für andere komisch sein. Versucht bitte, euch darauf einzulassen.“

Wer die Erwartungen seines Teams so steuert, sorgt dem Experten zufolge dafür, dass alle sich auf die Methode einstellen können – und nicht irritiert sind, wenn sie sich damit schwertun.

Trotz aller Skepsis rät van Aerssen, niemanden auszusparen und die Rollen immer wieder zu wechseln. So könne beispielsweise zu Beginn eines Workshops ein unkritischer Optimist seine Idee präsentieren und ein Bedenkenträger den „Advocatus Diaboli“. Anschließend tauschen sie die Rollen und der Bedenkenträger stellt seine Idee vor.

Welche Methoden eignen sich noch, um Schwachstellen in Vorhaben aufzuspüren?

Aus dem „Advocatus Diaboli“ sind laut van Aerssen weitere Methoden erwachsen, die in ähnlicher Art helfen. Darunter die Kopfstandtechnik: Dabei überlegt sich ein Team, was passieren müsste, damit ein Projekt krachend scheitert. Anhand dieser Gedanken können sie Schwachstellen aufdecken.

Bei der „Walt-Disney-Methode“ werden drei Rollen verteilt – eine davon ist die des Kritikers, ähnlich wie der „Advocatus Diaboli“. Ziel der Methode ist, sich einem Problem aus verschiedenen Perspektiven zu nähern.

Mehr dazu: Walt-Disney-Methode: So kommen Sie auf neue Ideen

Daneben taucht der „Advocatus Diaboli“ in anderer Form auch bei den „Sechs Denkhüten“ auf, einer Kreativitätstechnik des britischen Wissenschaftlers Edward de Bono. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen dabei abwechselnd in sechs verschiedene Rollen schlüpfen, beispielsweise eine neutrale Haltung einnehmen, die Optimistin spielen – oder den kreativen Kopf.

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Wie funktioniert die Methode „Advocatus Diaboli“? Die Methode basiert auf einer Erfahrung, die viele Führungskräfte kennen: Teammitglieder, die aus Prinzip alles schlechtreden und in Frage stellen, können ganz schön anstrengend sein. Sie zeigen aber auch wichtige Schwachstellen auf, die andere Kolleginnen und Kollegen nicht auf dem Schirm haben. Genau hier setzt die Methode „Advocatus Diaboli“ an, was auf Deutsch so viel wie „Anwalt des Teufels“ heißt. Dabei bekommt eine Person den Auftrag, etwa in Meetings Gegenargumente zu sammeln und alles zu kritisieren, was die anderen vorschlagen – auch dann, wenn er oder sie eigentlich hinter dem steht, was besprochen wird. Klassischerweise eignet sich die Methode für Gruppendiskussionen, in denen es um neue Ideen oder Entscheidungen geht. Chefs oder Chefinnen bestimmen anfangs eine Person, die die Rolle des Teufelsanwalts übernimmt. „Vorher anzukündigen, dass diese Methode angewandt wird, ist wichtig. Denn sonst interpretieren die anderen das Verhalten des Kollegen eventuell falsch“, sagt Benno van Aerssen, der als Innovationscoach für Unternehmen arbeitet und die Methode schon oft in Workshops eingesetzt hat. Die Rolle des "Advocatus Diaboli" können Unternehmerinnen und Unternehmer aber selbst einnehmen, um ein Vorhaben zu überdenken. „Dann schreibt man zunächst die Argumente auf, die dafür sprechen. Und versucht anschließend, die eigene Idee mit Gegenargumenten zu zerstören“, sagt van Aerssen. [zur-person] Vorteil der Methode Die Advocatus-Diaboli-Methode ist simpel: „Man muss dafür kein Buch lesen, keine Schulung besuchen. Es reicht, wenn jemand die Methode eine Minute lang erklärt, dann kann man loslegen“, sagt van Aerssen. Weil die Einstiegshürde so niedrig sei, funktioniere die Methode auch in solchen Teams und für solche Unternehmerinnen und Unternehmer gut, die bislang wenig oder gar nicht mit Kreativmethoden gearbeitet haben. Ursprung der Methode Die Methode stammt aus der katholischen Kirche: Vor einer Heiligsprechung war es Aufgabe des "Advocatus Diaboli", gegen die ausgewählte Person zu argumentieren. Argumente für die Heiligsprechung sammelte dagegen der sogenannte „Advocatus Angeli“. Welchen Zweck hat "Advocatus Diaboli"? Die Methode zielt darauf ab zu prüfen, ob Ideen oder Entscheidungen durchdacht und sinnvoll sind. Überkritische Kommentare und Nachfragen des "Advocatus Diaboli" können Risiken aufzeigen, die das Team übersehen hat. Das ist besonders dann hilfreich, wenn die Gruppe sich in eine Idee verliebt hat. Dann ist das Risiko höher, dass etwas falsch eingeschätzt oder ignoriert wird – die Idee dem Stresstest des "Advocatus Diaboli" also nicht standhält. Ein Beispiel: Van Aerssen hat die Methode bei einem Kunden eingesetzt, der einen Zukunftsworkshop plante. Das Team hatte sich überlegt, die Ergebnisse des Workshops auf eine 3 Meter breite und 1,5 Meter hohe Leinwand zu zeichnen und so zu visualisieren. „Einige fanden das großartig, andere waren skeptisch. Also haben wir die Idee mit dem "Advocatus Diaboli" einem Stresstest unterzogen“, erzählt der Innovationscoach. Der Mitarbeiter, der den "Advocatus Diaboli" spielte, habe unter anderem gesagt: „Das ist viel zu aufwändig!“ „Stellt euch vor, wir hängen das auf. Und die Menschen finden das lächerlich!“ Die Diskussion zeigte van Aerssen zufolge letztendlich, dass dem "Advocatus Diaboli" nur wenige Gegenargumente einfielen und er die Idee mit seinen Aussagen nicht zerstören konnte. Die visuelle Ideenwand hatte den Stresstest bestanden und wurde erstellt. [mehr-zum-thema] Was tun, wenn Teammitglieder die Rolle des "Advocatus Diaboli" nicht spielen wollen? Den überkritischen Part zu übernehmen liegt den einen Teammitgliedern mehr, den anderen weniger. „Wer eher optimistisch ist und die Welt mit der rosaroten Brille sieht, dem fordert die Rolle einiges ab, für den ist das stressig“, so van Aerssen. Wer dagegen eine eher kritische Natur habe, würde die Rolle als angenehm empfinden. Der Innovationscoach empfiehlt, genau das zu Beginn der Besprechung zu thematisieren. Etwa so: „Wir probieren jetzt mal die Methode ‚Advocatus Diaboli‘ aus. Einer von euch übernimmt dafür einen überkritischen Part und stellt alles in Frage, was die anderen vorschlagen. Das mag manchen von euch liegen, für andere komisch sein. Versucht bitte, euch darauf einzulassen.“ Wer die Erwartungen seines Teams so steuert, sorgt dem Experten zufolge dafür, dass alle sich auf die Methode einstellen können – und nicht irritiert sind, wenn sie sich damit schwertun. Trotz aller Skepsis rät van Aerssen, niemanden auszusparen und die Rollen immer wieder zu wechseln. So könne beispielsweise zu Beginn eines Workshops ein unkritischer Optimist seine Idee präsentieren und ein Bedenkenträger den "Advocatus Diaboli". Anschließend tauschen sie die Rollen und der Bedenkenträger stellt seine Idee vor. Welche Methoden eignen sich noch, um Schwachstellen in Vorhaben aufzuspüren? Aus dem "Advocatus Diaboli" sind laut van Aerssen weitere Methoden erwachsen, die in ähnlicher Art helfen. Darunter die Kopfstandtechnik: Dabei überlegt sich ein Team, was passieren müsste, damit ein Projekt krachend scheitert. Anhand dieser Gedanken können sie Schwachstellen aufdecken. Bei der „Walt-Disney-Methode“ werden drei Rollen verteilt – eine davon ist die des Kritikers, ähnlich wie der „Advocatus Diaboli“. Ziel der Methode ist, sich einem Problem aus verschiedenen Perspektiven zu nähern. Mehr dazu: Walt-Disney-Methode: So kommen Sie auf neue Ideen Daneben taucht der „Advocatus Diaboli“ in anderer Form auch bei den „Sechs Denkhüten“ auf, einer Kreativitätstechnik des britischen Wissenschaftlers Edward de Bono. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen dabei abwechselnd in sechs verschiedene Rollen schlüpfen, beispielsweise eine neutrale Haltung einnehmen, die Optimistin spielen – oder den kreativen Kopf.
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