Emotionen in Verhandlungen
So bringen Sie festgefahrene Verhandlungen wieder in Gang

Verhandlungen gehören zum Alltag von Unternehmerinnen und Unternehmern, enden aber nicht selten im Konflikt. Wenn Emotionen hochkochen, hilft das Harvard-Konzept – und noch ein paar weitere Tricks.

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Emotionen in Verhandlungen
© Carol Yepes/Moment/Getty Images

Bei Verhandlungen geht es nicht nur darum, gute Argumente zu haben und auf Gegenargumente vorbereitet zu sein. Denn: Am Verhandlungstisch sitzen Menschen. Und die haben Gefühle. Und wenn Emotionen die Kontrolle übernehmen, macht der Verstand Pause. Wie schafft man es, die Emotionen in Verhandlungen wieder in die richtige Bahn zu lenken?

Das Harvard-Konzept

Hier setzt Daniel Shapiro an. Der Psychologe ist Professor an der amerikanischen Elite-Uni Harvard und berät Top-Führungskräfte sowie hochrangige Politikerinnen und Politiker bei Verhandlungen. Er hat gemeinsam mit Roger Fisher, dem Autor des Standardwerks „Das Harvard-Konzept“, einen Leitfaden für den Umgang mit Emotionen in Verhandlungen entwickelt. Im Mittelpunkt stehen die fünf Grundbedürfnisse jedes Menschen: Wertschätzung, Verbundenheit, Autonomie, Status und Rolle.

Shapiro rät, im Vorfeld einer Verhandlung sowohl für sich selbst als auch für die Gegenseite Stichworte zu diesen fünf Grundbedürfnissen aufzuschreiben. Das reduziere den Stress und verleihe die notwendige Selbstsicherheit, um ein Gespräch konzentriert zu führen. Und: Der Respekt für die emotionale Situation des Widerparts schafft in der Verhandlung eine Atmosphäre, die den Abschluss erleichtert.

Die fünf Grundbedürfnisse – und wie Sie darauf reagieren können:

Wertschätzung

Jeder Mensch will sich gehört und verstanden fühlen. Sie können Wertschätzung zum Ausdruck bringen, indem Sie die Ziele, Sorgen und die Kompetenz des anderen im Gespräch anerkennen. Dafür müssen Sie keine Zugeständnisse machen: „Ich verstehe Ihre Situation“ heißt noch nicht „Ich stimme Ihnen zu“.

Verbundenheit

Damit ist die emotionale Verbindung zwischen den beiden Gesprächsparteien gemeint. Sie erreichen mehr, wenn Sie aus Gegnern Partner machen. Sprechen Sie daher von gemeinsamen Zielen und Lösungen.

Autonomie

Keiner möchte unter Druck gesetzt werden. Menschen brauchen in Verhandlungen das Gefühl, frei wählen zu können. Das ist manchmal nur eine Frage der Formulierung: Fragen Sie, was die Gegenseite vorschlägt, statt selbst alle Möglichkeiten aufzuzählen.

Zur Person
Peter Brandl ist Unternehmer, Managementtrainer und Fluglehrer und gilt als einer der führenden Kommunikationsexperten im deutschsprachigen Raum. Er berät und trainiert Unternehmen in den Themen Kommunikation, Verhandlungstechniken und Konfliktmanagement.

Status

Lassen Sie sich nicht auf einen Wettbewerb darum ein, wer wichtiger ist. Geben Sie dem anderen das Gefühl, dass Sie seinen Rang anerkennen – und schützen Sie sich vor Provokationen. Auch wenn der andere Ihren Status nicht achtet, sollten Sie keinesfalls auf demselben Niveau zurückschlagen.

Rolle

Hinterfragen Sie, welche Rolle Sie und Ihr Gegenüber in einer Verhandlung einnehmen. Sind Sie ein Angreifer, Zuhörer, Problemlöser? Füllen Sie eine Rolle aus, die zu Ihnen passt und die Ihnen nützt. Wenn Sie intuitiv in eine Opferrolle rutschen, sollten Sie überlegen, was Ihnen helfen kann, um das zu ändern.

Wo Sie angreifbar sind

Gefühle machen Sie in Verhandlungen aber auch angreifbar. „Nichts ist schwieriger wegzustecken in Verhandlungen als überraschende Verletzungen“, sagt Management-Trainer Peter Brandl, der Unternehmerinnen und Unternehmer zu Kommunikation und Verhandlungstechniken berät. Deshalb sollten Sie sich vor dem Termin in Ruhe damit auseinandersetzen, wo Sie angreifbar und verletzbar sind. Und Strategien entwickeln, wie Sie mit diesen Angriffen umgehen.

Was Sie tun sollten, wenn Emotionen hochkochen

Gerade in hitzigen und schwierigen Verhandlungen kochen Emotionen gerne hoch. Harvard-Professor Daniel Shapiro empfiehlt, sich für solche Situationen kleine Tricks zurechtzulegen, mit denen Sie sich selbst beruhigen. Sei es, dass Sie im Kopf von zehn an rückwärts zählen – oder sich vorstellen, wie die Beleidigungen hinter Ihnen an die Wand klatschen.

Und wenn Ihr Gegenüber aufgebracht ist? Dann ist vor allem eines wichtig: Ausreden lassen. Selbst wenn Sie den ganz starken Wunsch haben, zu unterbrechen –  zum Beispiel, weil Sie verbal angegriffen werden oder Sie einen logischen Fehler in der Argumentation entdeckt haben.

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Anschließend können Sie sagen:

  • Ich habe jetzt verstanden: Das, das und das ist Ihnen wichtig. Habe ich das richtig verstanden?“
  • Wenn Ihr Gegenüber mit „Ja“ antwortet, können Sie Folgendes sagen: „Einige der Punkte sehe ich genau wie Sie. Ein paar andere Punkte sehe ich anders, weil ich einen anderen Blickwinkel oder andere Informationen habe als Sie. Würde es Sie interessieren zu erfahren, was ich genauso sehe oder was ich anders sehe?“
  • Wenn Sie ihm vorher zugehört und ihm signalisiert haben, dass Sie ihn wirklich verstehen wollen, stehen die Chancen gut, dass er nun auch Ihnen wieder zuhört: vorher nicht.

Wann Sie eine Verhandlung unterbrechen sollten

Manchmal sind die Emotionen aber so stark, dass Reden nicht mehr hilft. „Emotionen sind nicht verhandelbar“, sagt Kommunikationsexperte Brandl, „wenn sie da sind, sind sie da.“ Klingt banal, ist aber so. Dann ist es sinnvoll, eine Verhandlung zu unterbrechen. Oft reichen dann schon fünf Minuten, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

Manchmal braucht es aber auch länger, bis sich die Gemüter beruhigen. Dann kann es ratsam sein, sich auf den nächsten Tag zu vertagen. Die Unterbrechung können Sie nutzen, um sich um die Beziehungsbasis zu Ihrem Verhandlungspartner zu kümmern, empfiehlt Brandl. Gehen Sie gemeinsam essen und reden Sie über Dinge, die nichts mit dem Verhandlungsgegenstand zu tun haben! „Oft ist es so, dass Sie in der Verhandlung nur nicht weiterkommen, weil die Beziehungsbasis gestört ist.“

Wie Sie festgefahrene Verhandlungen wieder in Gang bringen

Steckt eine Verhandlung in einer Sackgasse, dann kann es helfen, eine Helikopterperspektive einzunehmen, die Situation also mit Abstand von oben zu betrachten. Wie stellt sich die Diskussion dann dar? „Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Auch in Verhandlungen gibt es so etwas wie Betriebsblindheit“, weiß Brandl aus Erfahrung. Sie werden überrascht sein, was ein Wechsel der Perspektive bewirken kann!

Nutzen Sie Rescue-Fragen!

Um aus festgefahrenen Situationen wieder herauszukommen, helfen auch sogenannte „Rescue-Fragen“, die Sie Ihrem Verhandlungspartner stellen können. Mit diesen Fragen hat Management-Trainer Peter Brandl gute Erfahrungen gemacht:

  • Was genau erwarten Sie jetzt von mir?
  • Was müsste passieren, damit … ?
  • Welche anderen Optionen sehen Sie?
  • Wie kriegen wir die Kuh vom Eis?
  • Welche Kriterien müsste eine Lösung erfüllen, damit Sie … ?

Diese Fragen können Sie selbst dann benutzen, wenn sie nicht hundertprozentig passen, sagt Brandl. Damit Sie Ihnen in einer stressigen Verhandlung leicht von den Lippen gehen, sollten Sie sie sich vorher gut einprägen.

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Bei Verhandlungen geht es nicht nur darum, gute Argumente zu haben und auf Gegenargumente vorbereitet zu sein. Denn: Am Verhandlungstisch sitzen Menschen. Und die haben Gefühle. Und wenn Emotionen die Kontrolle übernehmen, macht der Verstand Pause. Wie schafft man es, die Emotionen in Verhandlungen wieder in die richtige Bahn zu lenken? Das Harvard-Konzept Hier setzt Daniel Shapiro an. Der Psychologe ist Professor an der amerikanischen Elite-Uni Harvard und berät Top-Führungskräfte sowie hochrangige Politikerinnen und Politiker bei Verhandlungen. Er hat gemeinsam mit Roger Fisher, dem Autor des Standardwerks „Das Harvard-Konzept“, einen Leitfaden für den Umgang mit Emotionen in Verhandlungen entwickelt. Im Mittelpunkt stehen die fünf Grundbedürfnisse jedes Menschen: Wertschätzung, Verbundenheit, Autonomie, Status und Rolle. Shapiro rät, im Vorfeld einer Verhandlung sowohl für sich selbst als auch für die Gegenseite Stichworte zu diesen fünf Grundbedürfnissen aufzuschreiben. Das reduziere den Stress und verleihe die notwendige Selbstsicherheit, um ein Gespräch konzentriert zu führen. Und: Der Respekt für die emotionale Situation des Widerparts schafft in der Verhandlung eine Atmosphäre, die den Abschluss erleichtert. Die fünf Grundbedürfnisse – und wie Sie darauf reagieren können: Wertschätzung Jeder Mensch will sich gehört und verstanden fühlen. Sie können Wertschätzung zum Ausdruck bringen, indem Sie die Ziele, Sorgen und die Kompetenz des anderen im Gespräch anerkennen. Dafür müssen Sie keine Zugeständnisse machen: „Ich verstehe Ihre Situation“ heißt noch nicht „Ich stimme Ihnen zu“. Verbundenheit Damit ist die emotionale Verbindung zwischen den beiden Gesprächsparteien gemeint. Sie erreichen mehr, wenn Sie aus Gegnern Partner machen. Sprechen Sie daher von gemeinsamen Zielen und Lösungen. Autonomie Keiner möchte unter Druck gesetzt werden. Menschen brauchen in Verhandlungen das Gefühl, frei wählen zu können. Das ist manchmal nur eine Frage der Formulierung: Fragen Sie, was die Gegenseite vorschlägt, statt selbst alle Möglichkeiten aufzuzählen. Status Lassen Sie sich nicht auf einen Wettbewerb darum ein, wer wichtiger ist. Geben Sie dem anderen das Gefühl, dass Sie seinen Rang anerkennen – und schützen Sie sich vor Provokationen. Auch wenn der andere Ihren Status nicht achtet, sollten Sie keinesfalls auf demselben Niveau zurückschlagen. Rolle Hinterfragen Sie, welche Rolle Sie und Ihr Gegenüber in einer Verhandlung einnehmen. Sind Sie ein Angreifer, Zuhörer, Problemlöser? Füllen Sie eine Rolle aus, die zu Ihnen passt und die Ihnen nützt. Wenn Sie intuitiv in eine Opferrolle rutschen, sollten Sie überlegen, was Ihnen helfen kann, um das zu ändern. Wo Sie angreifbar sind Gefühle machen Sie in Verhandlungen aber auch angreifbar. „Nichts ist schwieriger wegzustecken in Verhandlungen als überraschende Verletzungen“, sagt Management-Trainer Peter Brandl, der Unternehmerinnen und Unternehmer zu Kommunikation und Verhandlungstechniken berät. Deshalb sollten Sie sich vor dem Termin in Ruhe damit auseinandersetzen, wo Sie angreifbar und verletzbar sind. Und Strategien entwickeln, wie Sie mit diesen Angriffen umgehen. Was Sie tun sollten, wenn Emotionen hochkochen Gerade in hitzigen und schwierigen Verhandlungen kochen Emotionen gerne hoch. Harvard-Professor Daniel Shapiro empfiehlt, sich für solche Situationen kleine Tricks zurechtzulegen, mit denen Sie sich selbst beruhigen. Sei es, dass Sie im Kopf von zehn an rückwärts zählen – oder sich vorstellen, wie die Beleidigungen hinter Ihnen an die Wand klatschen. Und wenn Ihr Gegenüber aufgebracht ist? Dann ist vor allem eines wichtig: Ausreden lassen. Selbst wenn Sie den ganz starken Wunsch haben, zu unterbrechen -  zum Beispiel, weil Sie verbal angegriffen werden oder Sie einen logischen Fehler in der Argumentation entdeckt haben. Anschließend können Sie sagen: „Ich habe jetzt verstanden: Das, das und das ist Ihnen wichtig. Habe ich das richtig verstanden?“ Wenn Ihr Gegenüber mit „Ja“ antwortet, können Sie Folgendes sagen: "Einige der Punkte sehe ich genau wie Sie. Ein paar andere Punkte sehe ich anders, weil ich einen anderen Blickwinkel oder andere Informationen habe als Sie. Würde es Sie interessieren zu erfahren, was ich genauso sehe oder was ich anders sehe?" Wenn Sie ihm vorher zugehört und ihm signalisiert haben, dass Sie ihn wirklich verstehen wollen, stehen die Chancen gut, dass er nun auch Ihnen wieder zuhört: vorher nicht. Wann Sie eine Verhandlung unterbrechen sollten Manchmal sind die Emotionen aber so stark, dass Reden nicht mehr hilft. „Emotionen sind nicht verhandelbar“, sagt Kommunikationsexperte Brandl, „wenn sie da sind, sind sie da.“ Klingt banal, ist aber so. Dann ist es sinnvoll, eine Verhandlung zu unterbrechen. Oft reichen dann schon fünf Minuten, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Manchmal braucht es aber auch länger, bis sich die Gemüter beruhigen. Dann kann es ratsam sein, sich auf den nächsten Tag zu vertagen. Die Unterbrechung können Sie nutzen, um sich um die Beziehungsbasis zu Ihrem Verhandlungspartner zu kümmern, empfiehlt Brandl. Gehen Sie gemeinsam essen und reden Sie über Dinge, die nichts mit dem Verhandlungsgegenstand zu tun haben! „Oft ist es so, dass Sie in der Verhandlung nur nicht weiterkommen, weil die Beziehungsbasis gestört ist.“ Wie Sie festgefahrene Verhandlungen wieder in Gang bringen Steckt eine Verhandlung in einer Sackgasse, dann kann es helfen, eine Helikopterperspektive einzunehmen, die Situation also mit Abstand von oben zu betrachten. Wie stellt sich die Diskussion dann dar? „Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Auch in Verhandlungen gibt es so etwas wie Betriebsblindheit“, weiß Brandl aus Erfahrung. Sie werden überrascht sein, was ein Wechsel der Perspektive bewirken kann! Nutzen Sie Rescue-Fragen! Um aus festgefahrenen Situationen wieder herauszukommen, helfen auch sogenannte „Rescue-Fragen“, die Sie Ihrem Verhandlungspartner stellen können. Mit diesen Fragen hat Management-Trainer Peter Brandl gute Erfahrungen gemacht: Was genau erwarten Sie jetzt von mir? Was müsste passieren, damit … ? Welche anderen Optionen sehen Sie? Wie kriegen wir die Kuh vom Eis? Welche Kriterien müsste eine Lösung erfüllen, damit Sie … ? Diese Fragen können Sie selbst dann benutzen, wenn sie nicht hundertprozentig passen, sagt Brandl. Damit Sie Ihnen in einer stressigen Verhandlung leicht von den Lippen gehen, sollten Sie sie sich vorher gut einprägen.
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