Family Business
„Warum sollten meine Kinder in meine Fußstapfen treten?“

Im Hotel von impulse-Blogger Jürgen Krenzer arbeiten drei Generationen zusammen. Das läuft nicht immer rund. Wo es hakt und was er seinen Kindern für die Zukunft wünscht.

, von

Kommentieren

„Lieber Kay, wenn du in ein Familienunternehmen hineingeboren wirst, macht das sicherlich einen Unterschied. Und der ist nicht immer positiv. Ein latenter Druck, dass es ja mit der nächsten Generation weitergehen muss, ist immer vorhanden. Oftmals macht man sich diesen Druck als „Hineingeborener“ selbst. Ich beneide alle Gründer, die aus freien Stücken entscheiden können. Letzt und endlich kann jeder, der es will (und kann) erfolgreicher Unternehmer werden.“

Das war vor einiger Zeit meine Antwort an einen impulse-Blog-Leser, der tatsächlich meinte, man hätte einen wunderbaren Vorteil, wenn man in einen Familienbetrieb hineingeboren werde. Das denken viele. Ich halte es für einen Denkfehler und korrigiere den jetzt mal. Auf meine Art.

Wortgefecht in der Hotelküche

Sommer 2021. Mein Sohn Max und ich stehen in der Küche. Wortgefecht unter den Krenzer-Boys. Grenzwertig. Wir haben uns – wie so oft – über eine Kleinigkeit gestritten, dieses mal ging es um seine besonderen Essenswünsche. Und er antwortet mir frech auf eine Ansage: „Du kannst doch froh sein, wenn jemand den Laden hier weiterführt.“ Ich: „Du musst den Betrieb nicht weiterführen. Ich kann ihn auch verkaufen!“

Stille.

In einer sonst sehr betriebsamen und lauten Küche. Drei Wochen lang. Mindestens.

Family Business ist die Königsklasse. Und gerade beherrschen wir diese Unternehmer-Champions-League nicht besonders gut.

Meinem Urgroßvater ging es nicht um sein Lebenswerk

Flashback. Den Laden, also krenzers rhön, den ich gerade in der vierten Generation führe, gibt es seit 1893. Hört sich gut an. Mein Urgroßvater hat den Betrieb für 6.500 Reichsmark gekauft. Damals viel Geld. Warum? Um zu überleben. Und nicht mit der bescheuerten Idee, dass irgendwann die 13. Generation sein „Lebenswerk“ weiterführt.

Zur Person
Jürgen KrenzerJürgen Krenzer ist Inhaber des Hotels krenzers Rhön in Ehrenberg-Seiferts. Als 23-Jähriger hat er den Familienbetrieb an der ehemaligen Zonengrenze neu erfunden, statt auf Schnitzel setzt er nun konsequent auf regionale Spezialitäten, braut Apfelsherry und Bier.

Ich habe diesen Unternehmertypen nie kennengelernt. Dafür aber seine Tochter, meine geliebte Oma Anna. Ein großes Vorbild für mich. Genauso wie meine Mutter, die Schwiegertochter von Oma Anna. Ebenfalls eine fantastische Frau. Oma führte den Betrieb nach dem Kriegstod ihres Mannes seit den 40er Jahren alleine. Genauso wie meine Mutter, deren Mann auch viel zu früh verstorben ist. Keine dieser Frauen hat das freiwillig gemacht. Das war einfach Pflichterfüllung. Aber eine verdammt gute.

Gerade arbeiten hier drei von fünf Generationen intensiv miteinander. Mein Sohn Max und seine Partnerin Valentina sind sowohl in der eigenen Biolandwirtschaft als auch im Service und an der Rezeption tätig. Meine Mama ist vor kurzem 80 Jahre jung geworden und arbeitet immer noch in unserem Family Business mit. Das alles ist nicht immer einfach. Aber einfach kann ja jeder. Die ein oder andere Idee von mir ist den anderen manchmal zu verrückt. Und meine Mutter versteht unter Arbeit etwas ganz anderes als ihre Enkelkinder. Für sie ist Arbeit unendlich, für die anderen endlich, um es mal knackig zusammenzufassen.

Ich hatte die Wahl – und bin bewusst ins Familienunternehmen eingestiegen

Ich bin tatsächlich im schwierigen Jahr 1988 (ein Jahr vor der Wende, 1.000 Meter von der DDR-Grenze entfernt) bewusst in das Familienunternehmen eingestiegen. Gemischte Gefühle begleiten mich. Ein englischer Gast sagt damals zu mir: „You are wasted here!“ Ich überlege kurz. Und bin anderer Meinung. Wenn nicht wir Jungen an unsere Region und die Potenziale glauben, wer denn dann?

Mit meiner Mutter ist es zu dieser Zeit nicht einfach. Eher mit Oma Anna. Die ist halt alterslocker, so wie meine Mama jetzt. Missen möchte ich diese Zeit nicht. Obwohl ich öfter mal drauf und dran war, alles hinzuschmeißen und abzuhauen.

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
Machen ist wie wollen, nur krasser
Die impulse-Mitgliedschaft - Rückenwind für Unternehmerinnen und Unternehmer

Ich baue etwas ganz Neues auf. Das ist meine Idee. Klar, dass das den Alten nicht gefällt. Warum mache ich das? Ich tue es für mich. Ganz egoistisch. Mein Weg. Mein Leben. Meine Welt. Basta!

Ich denke zu dieser Zeit gar nicht an die nächste Generation. Sondern nur an mich. ICH will hier glücklich werden. Ist das denn so verkehrt? Nein. Denn ich bin der erste in diesem Family Business, der wirklich eine Wahl hatte. Auch bei mir war latent der Druck vorhanden, dass es weitergehen muss. Aber eben nur latent. Meine Mama und meine Oma hatten gar keine Wahl. Ich dagegen habe mich bewusst dafür entschieden.

Meine Kinder haben andere Vorstellungen als ich – natürlich!

Und jetzt? Ja, ich habe meine Herausforderung selbst geschaffen. Warum sollten mein Sohn oder meine beiden Töchter in meine egoistischen Fußstapfen treten? Das tun die natürlich nicht. Weil sie unter Spaß und Freude etwas anderes verstehen als ihr Vater. Da entstehen Konflikte. Ein Familienunternehmen ist voll davon. Willkommen in meiner Welt.

Die Zusammenarbeit innerhalb der Familie ist schwierig. Weil jeder seinen eigenen Kopf hat und selbst konstruktive Kritik oft als persönlichen Angriff sieht. Mich selbst schließe ich da gar nicht aus …

Da bist du echt froh, wenn du mal wieder mit Mitarbeitern zusammenarbeiten darfst. Hätte ich auch nicht gedacht. Ist aber so!

Was ich der nächsten Generation wünsche? Sie müssen den Betrieb nicht übernehmen. Ich weiß, sie können das. Auf ihre eigene Art und Weise.

Ich möchte nur, dass meine Kinder glücklich sind. So wie ich. Ob mit oder ohne Familienbetrieb in der 5. Generation.

Scheißegal. Hauptsache glücklich.

In eigener Sache
Heben Sie sich bereits von Ihrer Konkurrenz ab?
Online-Workshop für Unternehmer
Heben Sie sich bereits von Ihrer Konkurrenz ab?
Im Online Workshop "Zukunft sichern: So entwickeln Sie Ihr Geschäftsmodell weiter" gehen Sie dieses Ziel an.
"Lieber Kay, wenn du in ein Familienunternehmen hineingeboren wirst, macht das sicherlich einen Unterschied. Und der ist nicht immer positiv. Ein latenter Druck, dass es ja mit der nächsten Generation weitergehen muss, ist immer vorhanden. Oftmals macht man sich diesen Druck als „Hineingeborener“ selbst. Ich beneide alle Gründer, die aus freien Stücken entscheiden können. Letzt und endlich kann jeder, der es will (und kann) erfolgreicher Unternehmer werden.“ Das war vor einiger Zeit meine Antwort an einen impulse-Blog-Leser, der tatsächlich meinte, man hätte einen wunderbaren Vorteil, wenn man in einen Familienbetrieb hineingeboren werde. Das denken viele. Ich halte es für einen Denkfehler und korrigiere den jetzt mal. Auf meine Art. Wortgefecht in der Hotelküche Sommer 2021. Mein Sohn Max und ich stehen in der Küche. Wortgefecht unter den Krenzer-Boys. Grenzwertig. Wir haben uns - wie so oft - über eine Kleinigkeit gestritten, dieses mal ging es um seine besonderen Essenswünsche. Und er antwortet mir frech auf eine Ansage: „Du kannst doch froh sein, wenn jemand den Laden hier weiterführt.“ Ich: „Du musst den Betrieb nicht weiterführen. Ich kann ihn auch verkaufen!“ Stille. In einer sonst sehr betriebsamen und lauten Küche. Drei Wochen lang. Mindestens. Family Business ist die Königsklasse. Und gerade beherrschen wir diese Unternehmer-Champions-League nicht besonders gut. Meinem Urgroßvater ging es nicht um sein Lebenswerk Flashback. Den Laden, also krenzers rhön, den ich gerade in der vierten Generation führe, gibt es seit 1893. Hört sich gut an. Mein Urgroßvater hat den Betrieb für 6.500 Reichsmark gekauft. Damals viel Geld. Warum? Um zu überleben. Und nicht mit der bescheuerten Idee, dass irgendwann die 13. Generation sein „Lebenswerk“ weiterführt. Ich habe diesen Unternehmertypen nie kennengelernt. Dafür aber seine Tochter, meine geliebte Oma Anna. Ein großes Vorbild für mich. Genauso wie meine Mutter, die Schwiegertochter von Oma Anna. Ebenfalls eine fantastische Frau. Oma führte den Betrieb nach dem Kriegstod ihres Mannes seit den 40er Jahren alleine. Genauso wie meine Mutter, deren Mann auch viel zu früh verstorben ist. Keine dieser Frauen hat das freiwillig gemacht. Das war einfach Pflichterfüllung. Aber eine verdammt gute. Gerade arbeiten hier drei von fünf Generationen intensiv miteinander. Mein Sohn Max und seine Partnerin Valentina sind sowohl in der eigenen Biolandwirtschaft als auch im Service und an der Rezeption tätig. Meine Mama ist vor kurzem 80 Jahre jung geworden und arbeitet immer noch in unserem Family Business mit. Das alles ist nicht immer einfach. Aber einfach kann ja jeder. Die ein oder andere Idee von mir ist den anderen manchmal zu verrückt. Und meine Mutter versteht unter Arbeit etwas ganz anderes als ihre Enkelkinder. Für sie ist Arbeit unendlich, für die anderen endlich, um es mal knackig zusammenzufassen. Ich hatte die Wahl - und bin bewusst ins Familienunternehmen eingestiegen Ich bin tatsächlich im schwierigen Jahr 1988 (ein Jahr vor der Wende, 1.000 Meter von der DDR-Grenze entfernt) bewusst in das Familienunternehmen eingestiegen. Gemischte Gefühle begleiten mich. Ein englischer Gast sagt damals zu mir: „You are wasted here!“ Ich überlege kurz. Und bin anderer Meinung. Wenn nicht wir Jungen an unsere Region und die Potenziale glauben, wer denn dann? Mit meiner Mutter ist es zu dieser Zeit nicht einfach. Eher mit Oma Anna. Die ist halt alterslocker, so wie meine Mama jetzt. Missen möchte ich diese Zeit nicht. Obwohl ich öfter mal drauf und dran war, alles hinzuschmeißen und abzuhauen. Ich baue etwas ganz Neues auf. Das ist meine Idee. Klar, dass das den Alten nicht gefällt. Warum mache ich das? Ich tue es für mich. Ganz egoistisch. Mein Weg. Mein Leben. Meine Welt. Basta! Ich denke zu dieser Zeit gar nicht an die nächste Generation. Sondern nur an mich. ICH will hier glücklich werden. Ist das denn so verkehrt? Nein. Denn ich bin der erste in diesem Family Business, der wirklich eine Wahl hatte. Auch bei mir war latent der Druck vorhanden, dass es weitergehen muss. Aber eben nur latent. Meine Mama und meine Oma hatten gar keine Wahl. Ich dagegen habe mich bewusst dafür entschieden. Meine Kinder haben andere Vorstellungen als ich - natürlich! Und jetzt? Ja, ich habe meine Herausforderung selbst geschaffen. Warum sollten mein Sohn oder meine beiden Töchter in meine egoistischen Fußstapfen treten? Das tun die natürlich nicht. Weil sie unter Spaß und Freude etwas anderes verstehen als ihr Vater. Da entstehen Konflikte. Ein Familienunternehmen ist voll davon. Willkommen in meiner Welt. Die Zusammenarbeit innerhalb der Familie ist schwierig. Weil jeder seinen eigenen Kopf hat und selbst konstruktive Kritik oft als persönlichen Angriff sieht. Mich selbst schließe ich da gar nicht aus ... Da bist du echt froh, wenn du mal wieder mit Mitarbeitern zusammenarbeiten darfst. Hätte ich auch nicht gedacht. Ist aber so! Was ich der nächsten Generation wünsche? Sie müssen den Betrieb nicht übernehmen. Ich weiß, sie können das. Auf ihre eigene Art und Weise. Ich möchte nur, dass meine Kinder glücklich sind. So wie ich. Ob mit oder ohne Familienbetrieb in der 5. Generation. Scheißegal. Hauptsache glücklich.
Mehr lesen über