Frank Thelen
„Die Leute sagten, ich sei jetzt ein Verlierer“

Frank Thelen scheiterte mit zwei Geschäftsideen. Heute ist er Juror der TV-Show "Die Höhle der Löwen" - und Multimillionär. Wie er sich nach seinen Pleiten wieder aufgerafft hat und was ihn bei "Die Höhle der Löwen" auf die Palme bringt, erzählt er im impulse-Interview.

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Klare Kante: In der TV-Show "Die Höhle der Löwen" ärgert sich Start-up-Investor Frank Thelen oft ernsthaft über manche Gründer und nimmt bei seiner Kritik oft kein Blatt vor den Mund.
Klare Kante: In der TV-Show "Die Höhle der Löwen" ärgert sich Start-up-Investor Frank Thelen oft ernsthaft über manche Gründer und nimmt bei seiner Kritik oft kein Blatt vor den Mund.
© Frank Thelen

impulse: In „Die Höhle der Löwen“ stehen Sie als erfolgreicher Unternehmer da. Aber Sie haben auch schon mal ein Unternehmen in die Insolvenz geführt. Wie haben Sie das erlebt?

Frank Thelen: Scheitern wird in Deutschland nicht gerne gesehen. Man fühlt sich schon sehr gebrandmarkt. Als ich mit Anfang 20 das erste Mal mit meinem Start-up gescheitert bin, haben gefühlte Freunde auf einmal Abstand genommen. Als ich das zweite Mal gescheitert bin, mit meiner Dokumenten-App doo, bin ich gerade als Juror bei „Die Höhle der Löwen“ eingestiegen. Damals haben sogar Leute vorgeschlagen, dass ich nicht mehr in die Show gehen soll, weil ich doch jetzt ein Verlierer sei.

Für junge Gründer sind solche Reaktionen nicht gerade ermutigend.

Das ist ein riesiges Problem. In den USA ist das ganz anders. Jeff Bezos zum Beispiel hat mit seinem Firephone mehrere Milliarden verloren – und jeder dort fand das okay. Wenn wir diese Scheitern-Kultur nicht annehmen und sagen: Es ist in Ordnung, wenn Dinge daneben gehen, weil sich jemand aus seiner Komfortzone bewegt hat, dann werden wir in Deutschland nicht vorankommen.

In den USA – so sagt man zumindest – soll es ja geradezu ein Qualitätsmerkmal sein, schon einmal gescheitert zu sein.

Es ist nicht cool zu scheitern. Es tut weh, man verliert Kapital. Aber es muss möglich sein zu scheitern, damit man mal mit 300 in die Kurve fahren und Risiken eingehen kann. Wenn wir alle nur das machen würden, was immer funktioniert hat, gäbe es viele Dinge nicht.

Wie konnten Sie sich nach den Pleiten aufraffen weiterzumachen?

Man muss besessen sein von dem, was man tut. Wenn man nur ein Möchtegern-Unternehmer ist, der einfach reich und berühmt sein will, funktioniert das nicht. Es darf niemals um Geld oder Ruhm gehen. Ich habe nie ein Unternehmen gegründet, um reich zu werden. Von daher war ich nicht so schockiert, als ich auf einmal arm war. Ich habe nach der Pleite einfach wieder gegründet.

Haben Sie nach Ihrer ersten Pleite nicht doch mal mit einer Festanstellung geliebäugelt?

Der Großteil meiner Freunde hatte einen festen Job, ihr erstes Auto, eine Freundin. Und ich habe Tag und Nacht gearbeitet und fand mich als der komplette Verlierer wieder. Ich hatte nicht einmal mehr ein Mobiltelefon, weil ich mir das nicht mehr leisten konnte.

In dieser Phase habe ich kurzzeitig überlegt zu studieren. Bei „guter Führung“ – so nennt man das im Insolvenzrecht – kommt man nach sechs Jahren aus der Insolvenz raus. Mit diesem Gedanken habe ich relativ intensiv jongliert. Aber am Ende konnte ich mich mit der Bank auf einen Vergleich einigen und musste nicht in die Privatinsolvenz. Und dann war für mich klar: Ich werde wieder gründen und schauen, dass ich etwas Neues und Erfolgreiches aufbaue.

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Einem Pleitier gibt aber doch kaum jemand wieder Geld.

Ja, es ist in so einer Phase fast unmöglich, wieder eine Bank an seine Seite zu bekommen. Als ich nach der Insolvenz neu gegründet habe, musste ich den ersten Kunden überzeugen, dass er eine Anzahlung leistet, damit wir überhaupt starten konnten.

Wie haben Sie die zweite Pleite erlebt? In Ihre Dokumenten-App doo hatten Investoren ja sogar 10 Millionen Dollar investiert.

Bei doo hat es mich im Hinblick auf das Finanzielle nicht mehr so getroffen, da nur ein Teil meines Geldes weg war. Im Hinblick auf die Investoren und mein Team war es aber sehr wichtig, offen zu kommunizieren und zu erklären, was passiert ist: Warum sind wir gescheitert? Und was werden wir ab jetzt besser machen? Durch harte Arbeit und das notwendige Glück wurde aus doo mit dem Produkt Scanbot am Ende doch noch ein großer Erfolg.

Sie gelten bei „Die Höhle der Löwen“ als Meckerer, äußern Kritik immer sehr direkt. Haben Sie manchmal Mitgefühl mit den Gründern, für die womöglich gerade der große Traum platzt?

Wenn ich eine Meinung zu einem Produkt oder Team habe, stimmt diese meist. Und wenn ich mir recht sicher bin, gebe ich Gas und sage: Hört damit auf.

Ich ärgere mich in der Show oft. Zum Beispiel wenn einer seine Geschäftszahlen nicht kennt und als Entschuldigung auch noch sagt: Ich war vorher noch eine Woche im Urlaub, das hatte ich schon lange geplant. Eine Gründerin hat ernsthaft gesagt: “Ich habe so hart als Mitarbeiterin einer Agentur gearbeitet. Da wollte ich mich selbstständig machen, damit ich meine Freizeit besser planen kann.” Wenn ich solche Sätze höre, werde ich aggressiv.

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Das merkt man Ihnen in der Sendung durchaus an.

Das ist kein Unternehmertum, das ist schlecht vorbereitet. Und solche Gründer müssen aus der Show rausfliegen. Das Zeichen, das ich mit meinen Aussagen setzen will, ist: Seid extrem gut vorbereitet, wenn Ihr in die Show kommt! Ich will damit auch unsere Ehre als Unternehmer retten. Wir arbeiten brutal hart. Wir sind auf jedes Meeting vorbereitet. Genau deswegen haben wir auch Erfolg. Wenn einer dann ein lustiges Gedicht oder einen süßen Hund dabei hat, aber gar nicht weiß, wie das Business läuft, wäre es schlecht, wenn ich nicht hart durchgreifen würde.

Wie groß ist Ihre Angst, bei einem Investment falsch zu liegen?

Auch hier muss Scheitern eine Option sein. Davor habe ich keine Angst. Meine Kalkulation ist immer, dass bis zu 50 Prozent unserer Start-ups nicht überleben und die andere Hälfte funktioniert. Aber wir liegen glücklicherweise deutlich darüber und haben bisher eine verrückt hohe Erfolgsquote. Das Start-up Ankerkraut, in das ich bei „Die Höhle der Löwen“ investiert habe, läuft unfassbar gut.

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Wenn wir diese Scheitern-Kultur nicht annehmen und sagen: Es ist in Ordnung, wenn Dinge daneben gehen, weil sich jemand aus seiner Komfortzone bewegt hat, dann werden wir in Deutschland nicht vorankommen. In den USA – so sagt man zumindest – soll es ja geradezu ein Qualitätsmerkmal sein, schon einmal gescheitert zu sein. Es ist nicht cool zu scheitern. Es tut weh, man verliert Kapital. Aber es muss möglich sein zu scheitern, damit man mal mit 300 in die Kurve fahren und Risiken eingehen kann. Wenn wir alle nur das machen würden, was immer funktioniert hat, gäbe es viele Dinge nicht. Wie konnten Sie sich nach den Pleiten aufraffen weiterzumachen? Man muss besessen sein von dem, was man tut. Wenn man nur ein Möchtegern-Unternehmer ist, der einfach reich und berühmt sein will, funktioniert das nicht. Es darf niemals um Geld oder Ruhm gehen. Ich habe nie ein Unternehmen gegründet, um reich zu werden. Von daher war ich nicht so schockiert, als ich auf einmal arm war. Ich habe nach der Pleite einfach wieder gegründet. Haben Sie nach Ihrer ersten Pleite nicht doch mal mit einer Festanstellung geliebäugelt? Der Großteil meiner Freunde hatte einen festen Job, ihr erstes Auto, eine Freundin. Und ich habe Tag und Nacht gearbeitet und fand mich als der komplette Verlierer wieder. Ich hatte nicht einmal mehr ein Mobiltelefon, weil ich mir das nicht mehr leisten konnte. In dieser Phase habe ich kurzzeitig überlegt zu studieren. Bei "guter Führung" – so nennt man das im Insolvenzrecht – kommt man nach sechs Jahren aus der Insolvenz raus. Mit diesem Gedanken habe ich relativ intensiv jongliert. Aber am Ende konnte ich mich mit der Bank auf einen Vergleich einigen und musste nicht in die Privatinsolvenz. Und dann war für mich klar: Ich werde wieder gründen und schauen, dass ich etwas Neues und Erfolgreiches aufbaue. Einem Pleitier gibt aber doch kaum jemand wieder Geld. Ja, es ist in so einer Phase fast unmöglich, wieder eine Bank an seine Seite zu bekommen. Als ich nach der Insolvenz neu gegründet habe, musste ich den ersten Kunden überzeugen, dass er eine Anzahlung leistet, damit wir überhaupt starten konnten. Wie haben Sie die zweite Pleite erlebt? In Ihre Dokumenten-App doo hatten Investoren ja sogar 10 Millionen Dollar investiert. Bei doo hat es mich im Hinblick auf das Finanzielle nicht mehr so getroffen, da nur ein Teil meines Geldes weg war. Im Hinblick auf die Investoren und mein Team war es aber sehr wichtig, offen zu kommunizieren und zu erklären, was passiert ist: Warum sind wir gescheitert? Und was werden wir ab jetzt besser machen? Durch harte Arbeit und das notwendige Glück wurde aus doo mit dem Produkt Scanbot am Ende doch noch ein großer Erfolg. Sie gelten bei „Die Höhle der Löwen“ als Meckerer, äußern Kritik immer sehr direkt. Haben Sie manchmal Mitgefühl mit den Gründern, für die womöglich gerade der große Traum platzt? Wenn ich eine Meinung zu einem Produkt oder Team habe, stimmt diese meist. Und wenn ich mir recht sicher bin, gebe ich Gas und sage: Hört damit auf. Ich ärgere mich in der Show oft. Zum Beispiel wenn einer seine Geschäftszahlen nicht kennt und als Entschuldigung auch noch sagt: Ich war vorher noch eine Woche im Urlaub, das hatte ich schon lange geplant. Eine Gründerin hat ernsthaft gesagt: “Ich habe so hart als Mitarbeiterin einer Agentur gearbeitet. Da wollte ich mich selbstständig machen, damit ich meine Freizeit besser planen kann.” Wenn ich solche Sätze höre, werde ich aggressiv. Das merkt man Ihnen in der Sendung durchaus an. Das ist kein Unternehmertum, das ist schlecht vorbereitet. Und solche Gründer müssen aus der Show rausfliegen. Das Zeichen, das ich mit meinen Aussagen setzen will, ist: Seid extrem gut vorbereitet, wenn Ihr in die Show kommt! Ich will damit auch unsere Ehre als Unternehmer retten. Wir arbeiten brutal hart. Wir sind auf jedes Meeting vorbereitet. Genau deswegen haben wir auch Erfolg. 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