Great Place to Work 2019
Das machen die besten Arbeitgeber Deutschlands anders

Kicker, Obstkorb und Homeoffice: Damit werben heute viele Firmen – einen attraktiven Arbeitgeber muss das noch lange nicht ausmachen. Was Sie von den besten Arbeitgebern Deutschlands lernen können.

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Ausgezeichneter Arbeitergeber: Stefan Hofmann (unten, 5. v. l.) und seine Mitarbeiter von Hopp und Hofmann Schlüsselfertigbau.
Ausgezeichneter Arbeitergeber: Stefan Hofmann (unten, 5. v. l.) und seine Mitarbeiter von Hopp und Hofmann Schlüsselfertigbau.
© Hopp + Hofmann Schlüsselbau

Die Mitarbeiter kommen jeden Tag gern zur Arbeit, sind motiviert und bringen das Unternehmen voran – ein Traum für jeden Firmenchef. Doch wie gelingt es, eine Unternehmenskultur zu etablieren, die für gute Stimmung und tolle Ergebnisse sorgt?

Die Firmen, die das Beratungs- und Forschungsinstitut „Great Place to Work“ als beste Arbeitgeber Deutschlands 2019? ausgezeichnet hat, zeigen: Es muss nicht gleich ein Besuch mit 50 Angestellten im Kletterwald sein oder der Teamurlaub auf Mallorca. Schon viel kleinere Ideen garantieren zufriedene Mitarbeiter.

Laut „Great Place to Work“ lohnt sich eine gute Unternehmenskultur gleich in mehrfacher Hinsicht: Die ausgezeichneten Firmen beklagen einen deutlich geringeren Krankenstand als andere Unternehmen, halten ihre Angestellten länger und ihre Umsätze entwickeln sich überdurchschnittlich gut.

Das Institut hat Mitarbeiter von 680 Firmen aus verschiedensten Branche dazu befragt, wie sie die Qualität ihres Arbeitsplatzes einschätzen. Eine Auswahl der Ideen und Besonderheiten von ausgezeichneten Firmen mit 20 bis 60 Mitarbeitern.

Mitarbeiter weiterbilden

Für Mitarbeiter ist wenig frustrierender, als jahrelang auf der Stelle zu treten und sich nicht weiterentwickeln zu können. Die Mikroelektronik-Firma Sorel bietet ihren 22 Angestellten daher die Möglichkeit, sich kontinuierlich neues Wissen anzueignen: in Form einer Bücherflatrate.

„Weiterbildung heißt für uns nicht, dass ich mich in ein Seminar setzen muss und am Ende ein Zertifikat mit nach Hause nehme. Man kann sich auch eigenständig schulen“, erklärt Geschäftsführer Jonas Bicher. Wer sich für ein Buch interessiert, bestellt es über die Einkäuferin der Firma. Einzige Voraussetzung: Das Werk muss im weitesten Sinne mit dem Job zu tun haben. „Dreigroschenromane gehen nicht“, sagt Bicher, „aber alle Bücher mit Fachbezug oder solche, in denen es um Persönlichkeitsentwicklung geht.“ Auch Biografien seien denkbar, genauso wie Online-Kurse oder kostenpflichtige Podcasts.

Auch kleine Erfolge feiern

Der Wanderpokal der Agentur Spirit Link© Spirit Link

Zum Wettbewerb
Das Forschungs- und Beratungsinstitut Great Place to Work zeichnet jedes Jahr die besten Arbeitgeber Deutschlands aus. 680 Unternehmen bewarben sich 2019. 100 davon tragen jetzt das Gütesiegel „Deutschlands beste Arbeitgeber“.

Wer in der Agentur Spirit Link eine He-Man-Actionfigur in die Hand gedrückt bekommt, darf sich freuen: Das Kinderspielzeug aus den 80er-Jahren ist ein Wanderpokal, den die Mitarbeiter sich gegenseitig für gute Leistungen verleihen.

„Das kann für Beratung in einer Krise sein, Unterstützung bei einem Projekt oder auch ein inspirierendes Gespräch“, erklärt Markus Hanauer, Gründer und Geschäftsführer der Agentur für Healthcare-Kommunikation. Er hat den Wanderpokal eingeführt, weil sein Team lange Zeit zwar gut darin war, Kritik zu äußern – Wertschätzung aber auf der Strecke blieb. „Wenn ich jeden Morgen meine Runde durchs Büro drehe und den He-Man auf einem Schreibtisch sehe, frage ich den Mitarbeiter, wofür er ihn bekommen hat.“ So erfährt Hanauer regelmäßig, welche Erfolge sein Team feiert und wer sich besonders positiv hervortut.

Wirklich passende Mitarbeiter finden

Für die Hannoveraner Cloud-Hosting-Firma Profihost war Recruiting lange Zeit ein Thema mit Frust-Potenzial: „Wir haben uns geärgert, dass wir die Bewerber nicht richtig gut kennenlernen konnten“, erinnert sich Prokurist Marc Zocher. „Nach einem halben Jahr traten Probleme mit Neulingen auf, die man früher hätte erkennen können. Das wollten wir ändern – und nur noch Menschen einstellen, die wirklich Bock auf das haben, was sie hier tun.“

Dementsprechend richtete die Firma ihre Karriereseite neu aus: Auf der Website erklärt Profihost nun ganz klar, wen das Unternehmen sucht – und wen nicht. „Wenn dein Traumjob Beamter oder Angestellter ist, du keine Leidenschaft für ein Hobby besitzt, dann bist du leider nicht der Richtige für uns – sorry“, steht auf der Website. Wer sich auf eine freie Stelle bewirbt, muss weder Lebenslauf noch Bewerbungsunterlagen an die Firma schicken – sondern ein Rätsel lösen, etwa einen Programmier-Code richtig zuordnen.

Zocher erhält so pro ausgeschriebener Stelle rund 20 Bewerbungen pro Woche – weniger als andere IT-Firmen, aber: „Ich kann in der Regel alle einladen, weil sie sich intensiv mit uns beschäftigt haben“, sagt Zocher. „Oft könnte ich vier der Bewerber einstellen – das ist eine super Quote!“

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Er lädt die Kandidaten anschließend zu einem ungezwungenen Treffen ein, bei denen er ihnen die Firma und die Unternehmenskultur vorstellt. Auf klassische Vorstellungsgespräche verzichtet Zocher, weil er dabei meist die gleichen Antworten hört. „Bei unserer Variante lerne ich die Leute ganz anders kennen, sie sind nicht so aufgeregt“, sagt der Prokurist. Die Entscheidung, ob ein Bewerber angestellt wird, trifft schließlich das Team gemeinsam.

Neue Mitarbeiter einarbeiten

Nicht nur der Bewerbungsprozess, auch die Einarbeitungsphase läuft beim Cloud-Hosting-Anbieter Profihost etwas anders ab als gewöhnlich: Die Neulinge kommen spielerisch an, müssen immer wieder kleine Aufgaben lösen, die nicht unbedingt etwas mit ihrer eigentlichen Position zu tun haben.

„Neue Leute werden anfangs mit vielen Dingen konfrontiert, da fehlen die Erfolgserlebnisse. Daher diese Aufgaben“, erklärt Zocher. Am ersten Tag etwa sollen die Neulinge sich in der Firma einen Gegenstand suchen, der sie charakterisiert – und anschließend erklären, warum er zu ihnen passt.

Nach ein paar Wochen folgt eine Herausforderung, die viele neue Mitarbeiter ins Schwitzen bringt: Sie sollen den Vorstand und zwei, drei andere Kollegen einladen und ihnen von einer ihrer Leidenschaften berichten – auch das muss nichts mit der Stelle zu tun haben. Dem Profihost-Team geht es vielmehr darum, den neuen Mitarbeiter wirklich kennen zu lernen.

Innehalten und Raum für kleine Auszeiten geben

Kurz abschalten: Der Ruheraum bei Spirit Link© Spirit Link

Sich bei der Arbeit von Internet und Telefon ausklinken und kurz durchatmen? Oder ein Nickerchen einlegen? Bei der Agentur Spirit Link kein Problem: Mitarbeiter und Chefs können sich ins sogenannte Baumhaus zurückziehen – ein Raum, in dem Hängesessel, Sofas und Tapeten in Waldoptik zum Entspannen einladen. Die einzigen Regeln: keine Meetings, kein Handy, kein Laptop.

„Nicht jeder nutzt den Raum, aber viele Mitarbeiter sind große Fans davon“, sagt Geschäftsführer Markus Hanauer. Er selbst zieht sich gerne für 15-minütige Power-Naps zurück. „Gute Pausen sind wirklich wichtig. Das lebe ich meinem Team vor.“

Familienfreundlichkeit fördern

Starre Arbeitszeiten können Eltern in Zeitnot bringen: weil sie neben dem Job irgendwie noch die Kinder in die Kita und die Schulebringen und in den Ferien Betreuung organisieren müssen ­– und trotzdem immer pünktlich zur Arbeit erscheinen sollen. Anders beim Mikronährstoffhersteller Biogena: „Wir versuchen, alle möglichen Lebensmodelle unterzubringen“, sagt Geschäftsführerin Julia Ganglbauer.

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Jeder der Mitarbeiter darf in Absprache mit seinem Team seine Arbeitszeiten frei gestalten – solange er irgendwann zwischen 6 und 20 Uhr arbeitet. Auch Homeoffice ist kein Problem. Damit Eltern in den Schulferien keine Schwierigkeiten haben, ihre Kinder zu betreuen, ist zudem ein Ferienbetreuungsscheck fester Bestandteil des Gehalts.

Voneinander lernen und neue Ideen fördern

Endlich die Videotelefonie-Software testen, die eine günstigere Alternative zum aktuellen Tool wäre? Oder in Ruhe durchdenken, wie die Firma auf nachhaltigere und gesündere Getränke und Lebensmittel umsteigen könnte? Gute Ideen – nur, wann?

Die Agentur Spirit Link veranstaltet für eben solche Zwecke dreimal im Jahr ein sogenanntes Barcamp. Die Idee: Jeder darf eigene Themen mitbringen, das Team erstellt dann gemeinsam eine Agenda für den Tag. „Insgesamt gibt es so am Ende 20 Themen und vier Zeitslots in verschiedenen Räumen“, sagt Geschäftsführer Markus Hanauer. „Jeder kann selbst wählen, zu welchen Sessions er geht.“

In den vergangenen Jahren konnte so eine kleine Gruppe endlich ein Tool testen, das sie schon monatelang ausprobieren wollte. Ein anderes Team stellte einen Plan auf, wie man Büro-Obst und -Milch durch Bio-Alternativen ersetzen und auf Fairtrade-Kaffee umsteigen könnte – ein Thema, dass die Firma schon lange beschäftigt hatte. Eine andere Mitarbeiterin nutzte das Barcamp, um ihr Problem, Aufgaben abzugeben, zu besprechen. „Sie brauchte kollegiale Beratung. Drei Leute haben sich mit ihr zusammengesetzt, danach ging es ihr besser“, berichtet Hanauer.

Gute Leistungen anerkennen

Stefan Hofmann und ein Teil der Mitarbeiter seines Handwerksbetriebs© Hopp + Hofmann Schlüsselfertigbau

Stefan Hofmann hängt jeden Monat eine Tabelle in seinem Handwerksbetrieb auf. Darauf sind nicht etwa die Mannschaften der Fußballbundesliga zu sehen: Der Geschäftsführer von Hopp und Hofmann Schlüsselfertigbau listet darauf seine Angestellten auf – sortiert nach ihrem sogenannten Mitarbeiter-Aktienwert.

Hintergrund: Hofmann wollte gute Leistungen einzelner Mitarbeiter besser erkennen und sie mehr loben. Dabei stieß er auf den Mitarbeiter-Aktien-Index, eine Software, die das Hotel Schindlerhof entwickelt hatte – ein Unternehmen, das bereits früher als „Great Place to Work“ ausgezeichnet worden war. Über das Programm schätzen Hofmanns Mitarbeiter ihre Leistung einmal im Monat selbst ein: Aus 30 verschiedenen Kriterien wie Arbeitsqualität, Weiterbildungsaktivitäten oder Einholung von Kundenreferenzen setzt sich so ein Wert zusammen, den nur Hofman einsehen kann. „Selbst wenn jemand mal nicht gut ist, hat das keine negativen Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz“, sagt Hofmann. Die besten Mitarbeiter macht er über die Tabelle öffentlich.

Außerdem nimmt er sich jeden Monat einen halben bis ganzen Tag Zeit, um auf die Selbsteinschätzung jedes Mitarbeiters einzugehen und ihm schriftliches Lob zu schicken – keine Kritik. Der Mitarbeiter des Monats erhält darüber hinaus einen kleinen Gutschein. Teams, die im gesamten Jahr besonders punkten konnten, bekommen Geldprämien.

Anfangs sah seine Belegschaft die neue Software skeptisch: „Manche hatten Angst, dass wir das nur einführen, um schlechte Mitarbeiter zu erkennen und uns von ihnen zu trennen“, erinnert sich Hofmann. „Sie haben dann aber gemerkt, dass es nur um Lob geht.“ Über die Jahre konnte er beobachten, dass sein Team dank des Tools motivierter arbeitet.

Die Mitarbeiter kommen jeden Tag gern zur Arbeit, sind motiviert und bringen das Unternehmen voran – ein Traum für jeden Firmenchef. Doch wie gelingt es, eine Unternehmenskultur zu etablieren, die für gute Stimmung und tolle Ergebnisse sorgt? Die Firmen, die das Beratungs- und Forschungsinstitut "Great Place to Work" als beste Arbeitgeber Deutschlands 2019? ausgezeichnet hat, zeigen: Es muss nicht gleich ein Besuch mit 50 Angestellten im Kletterwald sein oder der Teamurlaub auf Mallorca. Schon viel kleinere Ideen garantieren zufriedene Mitarbeiter. Laut "Great Place to Work" lohnt sich eine gute Unternehmenskultur gleich in mehrfacher Hinsicht: Die ausgezeichneten Firmen beklagen einen deutlich geringeren Krankenstand als andere Unternehmen, halten ihre Angestellten länger und ihre Umsätze entwickeln sich überdurchschnittlich gut. Das Institut hat Mitarbeiter von 680 Firmen aus verschiedensten Branche dazu befragt, wie sie die Qualität ihres Arbeitsplatzes einschätzen. Eine Auswahl der Ideen und Besonderheiten von ausgezeichneten Firmen mit 20 bis 60 Mitarbeitern. Mitarbeiter weiterbilden Für Mitarbeiter ist wenig frustrierender, als jahrelang auf der Stelle zu treten und sich nicht weiterentwickeln zu können. Die Mikroelektronik-Firma Sorel bietet ihren 22 Angestellten daher die Möglichkeit, sich kontinuierlich neues Wissen anzueignen: in Form einer Bücherflatrate. „Weiterbildung heißt für uns nicht, dass ich mich in ein Seminar setzen muss und am Ende ein Zertifikat mit nach Hause nehme. Man kann sich auch eigenständig schulen“, erklärt Geschäftsführer Jonas Bicher. Wer sich für ein Buch interessiert, bestellt es über die Einkäuferin der Firma. Einzige Voraussetzung: Das Werk muss im weitesten Sinne mit dem Job zu tun haben. „Dreigroschenromane gehen nicht“, sagt Bicher, „aber alle Bücher mit Fachbezug oder solche, in denen es um Persönlichkeitsentwicklung geht.“ Auch Biografien seien denkbar, genauso wie Online-Kurse oder kostenpflichtige Podcasts. Auch kleine Erfolge feiern [caption id="attachment_7373492" align="alignnone" width="430"] Der Wanderpokal der Agentur Spirit Link[/caption] Wer in der Agentur Spirit Link eine He-Man-Actionfigur in die Hand gedrückt bekommt, darf sich freuen: Das Kinderspielzeug aus den 80er-Jahren ist ein Wanderpokal, den die Mitarbeiter sich gegenseitig für gute Leistungen verleihen. „Das kann für Beratung in einer Krise sein, Unterstützung bei einem Projekt oder auch ein inspirierendes Gespräch“, erklärt Markus Hanauer, Gründer und Geschäftsführer der Agentur für Healthcare-Kommunikation. Er hat den Wanderpokal eingeführt, weil sein Team lange Zeit zwar gut darin war, Kritik zu äußern – Wertschätzung aber auf der Strecke blieb. „Wenn ich jeden Morgen meine Runde durchs Büro drehe und den He-Man auf einem Schreibtisch sehe, frage ich den Mitarbeiter, wofür er ihn bekommen hat.“ So erfährt Hanauer regelmäßig, welche Erfolge sein Team feiert und wer sich besonders positiv hervortut. Wirklich passende Mitarbeiter finden Für die Hannoveraner Cloud-Hosting-Firma Profihost war Recruiting lange Zeit ein Thema mit Frust-Potenzial: „Wir haben uns geärgert, dass wir die Bewerber nicht richtig gut kennenlernen konnten“, erinnert sich Prokurist Marc Zocher. „Nach einem halben Jahr traten Probleme mit Neulingen auf, die man früher hätte erkennen können. Das wollten wir ändern – und nur noch Menschen einstellen, die wirklich Bock auf das haben, was sie hier tun.“ Dementsprechend richtete die Firma ihre Karriereseite neu aus: Auf der Website erklärt Profihost nun ganz klar, wen das Unternehmen sucht – und wen nicht. „Wenn dein Traumjob Beamter oder Angestellter ist, du keine Leidenschaft für ein Hobby besitzt, dann bist du leider nicht der Richtige für uns – sorry“, steht auf der Website. Wer sich auf eine freie Stelle bewirbt, muss weder Lebenslauf noch Bewerbungsunterlagen an die Firma schicken – sondern ein Rätsel lösen, etwa einen Programmier-Code richtig zuordnen. Zocher erhält so pro ausgeschriebener Stelle rund 20 Bewerbungen pro Woche – weniger als andere IT-Firmen, aber: „Ich kann in der Regel alle einladen, weil sie sich intensiv mit uns beschäftigt haben“, sagt Zocher. „Oft könnte ich vier der Bewerber einstellen – das ist eine super Quote!“ Er lädt die Kandidaten anschließend zu einem ungezwungenen Treffen ein, bei denen er ihnen die Firma und die Unternehmenskultur vorstellt. Auf klassische Vorstellungsgespräche verzichtet Zocher, weil er dabei meist die gleichen Antworten hört. „Bei unserer Variante lerne ich die Leute ganz anders kennen, sie sind nicht so aufgeregt“, sagt der Prokurist. Die Entscheidung, ob ein Bewerber angestellt wird, trifft schließlich das Team gemeinsam. Neue Mitarbeiter einarbeiten Nicht nur der Bewerbungsprozess, auch die Einarbeitungsphase läuft beim Cloud-Hosting-Anbieter Profihost etwas anders ab als gewöhnlich: Die Neulinge kommen spielerisch an, müssen immer wieder kleine Aufgaben lösen, die nicht unbedingt etwas mit ihrer eigentlichen Position zu tun haben. „Neue Leute werden anfangs mit vielen Dingen konfrontiert, da fehlen die Erfolgserlebnisse. Daher diese Aufgaben“, erklärt Zocher. Am ersten Tag etwa sollen die Neulinge sich in der Firma einen Gegenstand suchen, der sie charakterisiert – und anschließend erklären, warum er zu ihnen passt. Nach ein paar Wochen folgt eine Herausforderung, die viele neue Mitarbeiter ins Schwitzen bringt: Sie sollen den Vorstand und zwei, drei andere Kollegen einladen und ihnen von einer ihrer Leidenschaften berichten – auch das muss nichts mit der Stelle zu tun haben. Dem Profihost-Team geht es vielmehr darum, den neuen Mitarbeiter wirklich kennen zu lernen. Innehalten und Raum für kleine Auszeiten geben [caption id="attachment_7373494" align="alignnone" width="430"] Kurz abschalten: Der Ruheraum bei Spirit Link[/caption] Sich bei der Arbeit von Internet und Telefon ausklinken und kurz durchatmen? Oder ein Nickerchen einlegen? Bei der Agentur Spirit Link kein Problem: Mitarbeiter und Chefs können sich ins sogenannte Baumhaus zurückziehen – ein Raum, in dem Hängesessel, Sofas und Tapeten in Waldoptik zum Entspannen einladen. Die einzigen Regeln: keine Meetings, kein Handy, kein Laptop. „Nicht jeder nutzt den Raum, aber viele Mitarbeiter sind große Fans davon“, sagt Geschäftsführer Markus Hanauer. Er selbst zieht sich gerne für 15-minütige Power-Naps zurück. „Gute Pausen sind wirklich wichtig. Das lebe ich meinem Team vor.“ Familienfreundlichkeit fördern Starre Arbeitszeiten können Eltern in Zeitnot bringen: weil sie neben dem Job irgendwie noch die Kinder in die Kita und die Schulebringen und in den Ferien Betreuung organisieren müssen ­– und trotzdem immer pünktlich zur Arbeit erscheinen sollen. Anders beim Mikronährstoffhersteller Biogena: „Wir versuchen, alle möglichen Lebensmodelle unterzubringen“, sagt Geschäftsführerin Julia Ganglbauer. Jeder der Mitarbeiter darf in Absprache mit seinem Team seine Arbeitszeiten frei gestalten – solange er irgendwann zwischen 6 und 20 Uhr arbeitet. Auch Homeoffice ist kein Problem. Damit Eltern in den Schulferien keine Schwierigkeiten haben, ihre Kinder zu betreuen, ist zudem ein Ferienbetreuungsscheck fester Bestandteil des Gehalts. Voneinander lernen und neue Ideen fördern Endlich die Videotelefonie-Software testen, die eine günstigere Alternative zum aktuellen Tool wäre? Oder in Ruhe durchdenken, wie die Firma auf nachhaltigere und gesündere Getränke und Lebensmittel umsteigen könnte? Gute Ideen – nur, wann? Die Agentur Spirit Link veranstaltet für eben solche Zwecke dreimal im Jahr ein sogenanntes Barcamp. Die Idee: Jeder darf eigene Themen mitbringen, das Team erstellt dann gemeinsam eine Agenda für den Tag. „Insgesamt gibt es so am Ende 20 Themen und vier Zeitslots in verschiedenen Räumen“, sagt Geschäftsführer Markus Hanauer. „Jeder kann selbst wählen, zu welchen Sessions er geht.“ In den vergangenen Jahren konnte so eine kleine Gruppe endlich ein Tool testen, das sie schon monatelang ausprobieren wollte. Ein anderes Team stellte einen Plan auf, wie man Büro-Obst und -Milch durch Bio-Alternativen ersetzen und auf Fairtrade-Kaffee umsteigen könnte – ein Thema, dass die Firma schon lange beschäftigt hatte. Eine andere Mitarbeiterin nutzte das Barcamp, um ihr Problem, Aufgaben abzugeben, zu besprechen. „Sie brauchte kollegiale Beratung. Drei Leute haben sich mit ihr zusammengesetzt, danach ging es ihr besser“, berichtet Hanauer. Gute Leistungen anerkennen [caption id="attachment_7373493" align="alignnone" width="430"] Stefan Hofmann und ein Teil der Mitarbeiter seines Handwerksbetriebs[/caption] Stefan Hofmann hängt jeden Monat eine Tabelle in seinem Handwerksbetrieb auf. Darauf sind nicht etwa die Mannschaften der Fußballbundesliga zu sehen: Der Geschäftsführer von Hopp und Hofmann Schlüsselfertigbau listet darauf seine Angestellten auf – sortiert nach ihrem sogenannten Mitarbeiter-Aktienwert. Hintergrund: Hofmann wollte gute Leistungen einzelner Mitarbeiter besser erkennen und sie mehr loben. Dabei stieß er auf den Mitarbeiter-Aktien-Index, eine Software, die das Hotel Schindlerhof entwickelt hatte – ein Unternehmen, das bereits früher als "Great Place to Work" ausgezeichnet worden war. Über das Programm schätzen Hofmanns Mitarbeiter ihre Leistung einmal im Monat selbst ein: Aus 30 verschiedenen Kriterien wie Arbeitsqualität, Weiterbildungsaktivitäten oder Einholung von Kundenreferenzen setzt sich so ein Wert zusammen, den nur Hofman einsehen kann. „Selbst wenn jemand mal nicht gut ist, hat das keine negativen Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz“, sagt Hofmann. Die besten Mitarbeiter macht er über die Tabelle öffentlich. Außerdem nimmt er sich jeden Monat einen halben bis ganzen Tag Zeit, um auf die Selbsteinschätzung jedes Mitarbeiters einzugehen und ihm schriftliches Lob zu schicken – keine Kritik. Der Mitarbeiter des Monats erhält darüber hinaus einen kleinen Gutschein. Teams, die im gesamten Jahr besonders punkten konnten, bekommen Geldprämien. Anfangs sah seine Belegschaft die neue Software skeptisch: „Manche hatten Angst, dass wir das nur einführen, um schlechte Mitarbeiter zu erkennen und uns von ihnen zu trennen“, erinnert sich Hofmann. „Sie haben dann aber gemerkt, dass es nur um Lob geht.“ Über die Jahre konnte er beobachten, dass sein Team dank des Tools motivierter arbeitet.